Sound & Praxis mit der Line6 JTV-89F Blood Red
Grundsätzlich bietet die JTV-89F eine gute Bespielbarkeit. Das flache Halsprofil, die nur geölt/gewachste Halsrückseite und das überraschend gute Werkssetting lassen die linke Hand mühelos über die gesamte Halslänge des Instrumentes flitzen. Alle 24 Bünde lassen sich problemlos bespielen und auch erreichen, was dem großzügig ausgefrästen unteren Cutaway und dem gut gelungenen Hals/Korpus-Übergang zu verdanken ist. Der akustische Grundsound ist frequenztechnisch relativ ausgewogen und besitzt einen schönen knackigen Attack. Eben genau den Sound, den man bei der Kombination Mahagoni-Body und (geschraubter) Maple-Hals erwarten darf.
Eine erwartungsgemäß einwandfreie Funktion liefert das Graphtech Floyd Rose Style-Vibrato, bei dem aufgrund der Fräsung im Body auch Up-Bendings möglich sind, dessen Vibratohebel aber leider eingeschraubt wird. Auch bei massivstem Einsatz bis hin zur völligen Erschlaffung der Saiten treten keinerlei Stimmprobleme auf. So soll’s sein!
Am Verstärker eingestöpselt kann die JTV-89F mit einem typischen und Mitten-geprägtem Sound einer modernen Strat glänzen. Bis auf die Singlecoil-Schaltung des Fronthumbuckers, welche von der Lautstärke ungewöhnlich stark abfällt, sind alle Sounds, welche der Fünfwege-Schalter dem Spieler anbietet, gut nutzbar. Und das nicht nur im Distortion-Betrieb, für den die Gitarre aber höchstwahrscheinlich in 99% aller Fälle genutzt werden wird. Das Nebengeräuschverhalten der beiden Tyler/Line6-Humbucker hält sich in Grenzen und auch in puncto „matschen bei hohen Gain-Settings“ kann hier nur Entwarnung gegeben werden.
Und wie klingen nun die Modelle?
Nun, die Auswahl ist groß und genauso groß ist auch die Auswahl der Tops und Flops. Schlechte Sounds gibt es nicht wirklich, allerdings bedarf es manchmal schon einiger Fantasie, um manche Klänge den originalen Vorbildern zuordnen zu können. Sehr gut gelungen sind die Tele– und Stratocaster Emulationen und auch die Nachbildungen der ES-Serie von Gibson können sich durchaus hören lassen. Weniger überzeugend wirken allerdings die akustischen Vertreter, bei denen ganz besonders das zwölfsaitige Modell (Martin D12-28) doch sehr künstlich rüberkommt. Witzig wiederum klingt der Sound der Coral Sitar – schon mal eine Sitar mit Vibrato Dive-Bombs gespielt? Hier geht das, wenn auch mit einem etwas dünnen Grundsound.
Recht wirkungsvoll dagegen präsentiert sich der mit werksseitig zehn Stimmungen ausgestattete „Stimmungs-Regler“, mit dem sich das Tuning der Line6 JTV-89F Blood Red innerhalb einer Sekunde bestimmen lässt. Also mal eben Drop D, Drop C oder Drop B spielen – ohne die Saiten neu zu stimmen und/oder erschlaffte Saiten in Kauf nehmen zu müssen. Unter Zuhilfenahme der Workbench-Software lassen sich gar eigene Tunings erstellen – und ebenso wie die selbst kreierten Presets dauerhaft abspeichern.