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Test: Locomotive Audio Weight Tank WT-COMP, Röhrenkompressor

Ein Schwergewicht jenseits des Mainstreams

12. Mai 2025
Locomotive Audio Weight Tank WT-COMP test

Locomotive Audio Weight Tank WT-COMP, Röhrenkompressor

Der Locomotive Audio Weight Tank WT-Comp ist ein 1-Kanal-Röhrenkompressor im Rack-Format. Der Kompressor soll ausdrücklich kein Klon oder Nachbau eines bekannten, legendären Gerätes sein, sondern er verkörpert „amerikanisches Erbe, das für die Gegenwart aufbereitet wurde“. Zudem ist seine Funktionsweise als Vari-Mu-Kompressor sehr besonders. All diese Eigenschaften positionieren das Gerät jenseits des Mainstreams im Bereich der Studio-Kompressoren. Wir haben uns dieses Schwergewicht genauer angesehen.

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Locomotive Audio Weight Tank WT-COMP: Übersicht

Locomotive Audio? Weight Tank? Damit hier keine Verwirrung herrscht: Der Hersteller des WT-COMP ist Locomotive Audio, der seinen Sitz in St. Louis, Missouri hat, von wo aus der Designer Eric Strouth im Jahr 2015 begann, seine eigenen Interpretationen klassischer und bezahlbarer Studiogeräte zu bauen. Für besondere Geräte hat man dann ein Subunternehmen bzw. eine Sub-Marke gegründet, nämlich Weight Tank. Dieser recht schwer zu übersetzende Begriff steht im Englischen für ein massives Gegengewicht, der die Masse eines schweren Objektes ausgleichen soll. Ob dieser Name schon ein Vorzeichen für das klangliche Erlebnis sein soll?

Weight Tank WT-COMP_front

Wenn man den WT-COMP vor sich stehen hat, dann kann man diesen Begriff gut nachvollziehen: Alles an diesem Kompressor ist massiv. Die Metallschalter sind schwergängig und die Bakelit-Drehregler liegen satt in der Hand, drehen sich wie ein Löffel in einem Honigglas. Mit 7 kg ist der 1-Kanal-Kompressor zwar nicht extrem schwer, aber insgesamt fühlt sich alles am WT-COMP stark, kraftvoll und massiv an.

Der WT-COMP funktioniert nach dem Vari-Mu-Prinzip. Dies ist ein Röhrenkompressor, der eine variable Verstärkungsreduzierung zur Steuerung der Dynamik verwendet. Der Begriff „Vari Mu“ stammt vom griechischen Buchstaben mu (μ), der für Verstärkung steht, daher ist „vari mu“ die Abkürzung für „variable mu compressor“ oder „variable gain compressor“. Dieses Design ermöglicht eine sanfte und musikalische Kompression, die in der Welt der Tontechnik sehr begehrt ist.

Weight Tank WT-COMP_Rack

Diese Kompressoren arbeiten, indem sie die Verstärkung eines Audiosignals in Abhängigkeit von seiner Amplitude reduzieren. Wenn das Signal einen bestimmten Schwellenwert überschreitet, schaltet sich der Kompressor ein und reduziert die Verstärkung, wodurch Spitzen effektiv kontrolliert und dem Audiosignal Sustain hinzugefügt wird. Die einzigartige Eigenschaft von Vari-Mu-Kompressoren ist ihre Fähigkeit, einen warmen, satten Klang zu erzeugen, der besonders für Gesang und Instrumente wünschenswert ist.

Die Ausstattung des Weight Tank WT-COMP

Gemäß diesem Aufbau als Vari Mu Kompressor sind auch die Bedienelemente ausgelegt. Er bietet je einen schwarzen Input- und Output-Regler sowie zwei kleinere weiße Regler für Attack und Release.

Dazu haben die Entwickler dem Gerät zwei Schaltkreise spendiert. Im Round-Mode klingt der Kompressor warm, rund und sehr typisch nach einem Röhrenkompressor und im Drive-Mode werden die internen Röhren heißer angefahren und reagieren klanglich schneller, direkter und harscher. Wir werden überprüfen, ob dies nachvollziehbar ist.

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Weight Tank WT-COMP_in studio

Neben dem sehr schönen Vintage VU-Meter gibt es noch einen Bypass-Schalter zur Kontrolle der Kompression und einen Netzschalter mit glimmender, orangenen Betriebsanzeige.

Anschlüsse und Lieferumfang

Die Rückseite des Locomotive Audio Weight Tank ist geradezu spartanisch ausgeführt: Input als XLR-Buchse, Output als XLR-Buchse, eine TRS-Buchse und der Anschluss für das Stromkabel, fertig.

Weight Tank WT-COMP_back

Die Anleitung zum Gerät beschreibt dazu noch zwei weitere Funktionen, die man aber zuerst suchen muss. Die TRS-Buchse neben dem XLR-Ausgang ist kein optionaler Ausgang, sondern dient dem Stereo-Linking von zwei WT-COMP Kompressoren. Leider ist die Buchse noch gesondert beschriftet und auch im Handbuch finden sich keine weiteren Details.

Weight Tank WT-COMP_manual

Zum anderen soll es eine „Balance“-Regelung geben, damit man die interne 6BC8-Röhre nachkalibrieren kann. Dieser Regler befindet sich im Inneren des Geräts und man muss den Kompressor öffnen, um diese Justierung vorzunehmen. Laut Handbuch ist dieser Regler auf der Frontplatte – nein, ist er nicht.

Die technischen Daten des Weight Tank WT-COMP

Der WT-COMP hat einen fixen Threshold von 4:1 und eine Soft-Knee-Charakteristik, die eine deutlich wahrnehmbare Kompression ab einem bestimmten Pegel bewirkt. Hier die technischen Daten im Kurzüberblick:

  • Röhren: 1x 6BC8 und 1x 12AU7
  • Attack: 12 ms bis 50 ms
  • Release: 200 ms bis 2 sec
  • Ratio: 4 : 1
  • echter Bypass
  • Eingangsstufe mit 2 Übertragern und Ausgangsübertrager
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20.000 Hz
  • THD + N: <1 %
  • Signal-Rausch-Verhältnis (S/N): >70 dB
  • XLR-Eingang, XLR-Ausgang und TS-Klinke (Link-Anschluss)
  • Abmessungen: 19″/2 HE
  • Gewicht: 7 kg

Der Weight Tank WT-COMP in der Praxis

Der Locomotive Audio Weight Tank Kompressor ist eine eigenständige Konstruktion und soll nicht einem anderen Kompressor, wie dem Universal Audio 1176 oder Teletronix LA-2A, nacheifern.

Im Pressetext schreibt man: Der weiche und wohlklingende Sound der Soft-Knee-Vari-Mu-Kompression, gepaart mit einer dichten, ausgeprägten und farbigen harmonischen Sättigung, macht den Weight Tank Kompressor einzigartig.

Weight Tank WT-COMP_VU

Ich habe den Weight Tank also an meinen Universal Audio Apollo X6 angeschlossen und verschiedenste Eingangssignale ausprobiert. Dabei fand ich für mich heraus, wie unterschiedlich der WT-COMP im Gegensatz zu herkömmlichen Kompressoren zu bedienen ist. Wenn man die „Klassiker“, wie einen 1176 oder meinen Drawmer 1978 (FET Kompressor), gewohnt ist, dann hat man nach einiger Zeit einen Weg gefunden, wie man an das Thema Kompression herangeht. Also beispielsweise über Threshold und Ratio den Grad der Gainreduction einstellen, Attack und Release anpassen und über den Makeup-Gain den Gesamtpegel wieder anheben oder absenken.

Weight Tank WT-COMP_schraeg

Beim Locomotive Audio ist das mehr ein Spiel zwischen Input und Output und je nachdem, wie man Attack und Release verändert, muss man wieder von vorne anfangen, denn die Einstellungen dieser Parameter verändern das Verhalten des Kompressors nachhaltig.

Dazu sollte man sich auch sehr schnell entscheiden, ob man den WT-COMP im Round- oder Drive-Modus laufen lässt. Eine Reglereinstellung zu finden und dann versuchsweise zwischen den beiden Modi hin- und herschalten, ist wenig hilfreich, denn je nach Eingangssignal verändert auch dieser Schalter die Wirkweise des Kompressors ganz gewaltig.

Weight Tank WT-COMP_VU2

Außerdem: Der Weight Tank ist kein Feingeist und er ist auch nicht sehr schnell. Zwar schneller, als man das von Kompressoren mit Opto-Element (z. B. LA-2A) gewohnt ist, aber keinesfalls in den Speed-Bereichen von VCA- oder FET-Kompressoren.

Weight Tank WT-COMP_left

Zusätzlich muss man wissen, dass der WT-COMP ein Effektkompressor ist. Hier geht es nicht einfach nur um Lautheit oder Dichte, sondern es wird dem Signal immer auch eine Klangveränderung hinzugefügt. Verglichen mit dem Ausgangssignal ist der Anteil von Röhrenklang, harmonischen Verzerrungen und Dynamikveränderungen sehr groß.

So kann man insbesondere Männerstimmen mit dem Weight Tank mehr Wärme und „Maskulinität“ verleihen. Eine Bassdrum bekommt mehr Saft und Gewicht und durch die Sättigung je nach Stellung der Regler auch etwas Harschheit und Charakter.

Weight Tank WT-COMP_right

In den folgenden Klangbeispielen habe ich zunächst das Rohsignal aufgenommen und dann die Kompression in den Modi Round und Drive angepasst:

Stimme (über Shure SM58)

Hier habe ich ein paar Sätze in ein Shure SM58 Mikrofon gesprochen. Im ersten Klangbeispiel die unbearbeitete Version und im zweiten zunächst im Round-Modus und dann im Drive-Modus. Das Beispiel spricht für sich, denn im Drive-Betrieb kommt wesentlich mehr „Pfeffer“ in den Klang:

E-Gitarre (Direct In am Apollo X6)

In diesem Beispiel habe ich eine Gibson Les Paul Standard, beide Humbucker-Pickups aktiviert direkt in den DI-Kanal des Universal Audio Apollo X6 eingespielt. Hier die kurze Sequenz in der ersten Datei unbearbeitet und bei der zweiten Datei mit dem Weight Tank WT-COM komprimiert. Damit das Ganze nicht zu trocken rüberkommt, habe ich bei diesem Klangbeispiel das Universal Audio Galaxy Tape Echo hinzugefügt.

universal-audio-galaxy_tape_echo_carousel_@2x

Universal Audio Galaxy Tape Native Plug-in

Auch beim sehr kräftigen Klang der Les Paul wird die Wirkweise des Lokomotive Audio klar: Wärme und Kraft, kurzum: Gewicht!

Die Mitbewerber des WT-COMP

Wie soll man Kompressoren miteinander vergleichen, insbesondere den Weight Tank, der in kaum eine Schublade zu passen scheint? Im Preisbereich von 1.000,- bis 1.500,- Euro werden bei Thomann.de ganze 19 verschiedene Geräte gelistet.

Mein Drawmer 1978 ist Stereo, hat einen integrierten EQ und eine Saturation-Schaltung mit verschiedensten Charakteristika für nur 1.039,- Euro. Der neue eylsia xpressor neo ist ebenfalls Stereo und für seinen sehr guten und neutralen Klang bekannt (1.489,- Euro). Neve, Warm Audio, Drawmer, SPL sind gute und etablierte Namen und hier weiß man genau, dass man gute, studiotaugliche Qualität bekommt. Aber es ist klar: wer einen Vari-Mu-Kompressor sein Eigen nennen möchte, muss in der Regel noch deutlich tiefer in die Tasche greifen als beim WT-COMP.

Weight Tank WT-COMP_drawmer

Der Locomotive Audio Weight Tank WT-COMP spielt hier eine Außenseiterrolle, die man aber nicht unterschätzen sollte. Sein sehr eigener Klang und das klassische Layout mit sehr hochwertiger Verarbeitung geben ihm einen besonderen Flair und wenn man auf der Suche nach einem Kompressor ist, der Kraft, Wärme und Charakter ausstrahlt, der darf sich das Schwergewicht aus St. Louis gerne anhören.

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Mehr Informationen

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Fazit

Der Locomotive Audio Weight Tank ist ein echtes Schwergewicht unter den Kompressoren. Nicht nur aufgrund des massiven Aufbaus und der Bedienelemente, die aus einem alten Stellwerk stammen könnten. Er gibt durch seine Vari-Mu-Schaltung und den beiden Röhren viel Charakter in das Signal und fügt jedem Instrument und jeder Stimme einige Kilogramm an Masse hinzu.

Dabei orientiert er sich nicht an legendäre Vorbilder, sondern präsentiert sich als völlig eigenständiges Gerät mit individuellem Klang. Wer einen Kompressor jenseits des Mainstreams sucht und bereit ist, ein paar Euro extra für ein handgemachtes US-amerikanisches Studiogerät auszugeben, der wird mit dem Weight Tank sicher glücklich: gut!

Plus

  • sehr eigenständiger, charakterstarker Klang
  • massiver Aufbau und hochwertige Verarbeitung

Minus

  • spartanische Ausstattung
  • Handbuch etwas verwirrend

Preis

  • 1.399,- Euro
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Weight Tank WT-Comp
Weight Tank WT-Comp Bisher keine Kundenbewertung verfügbar
Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Dreitakt

    Vielen Dank für diesen interessanten und informativen Artikel. Schön, dass Weight Tank etwas Aufmerksamkeit erfährt. Eine Begutachtung des WT-72 wäre auch sehr interessant!

    Allein die Einordnung ins Bewerberfeld und das Fazit scheint mir etwas sehr auf den Preis fokussiert. Bitte nicht falsch verstehen, das folgende ist explizit ironisch gemeint, aber es liest sich ein wenig wie „Dieses Cabrio hat seinen Preis. Für etwas weniger Geld bekommt man auch einen vielseitigeren Kombi mit nicht nur zwei sondern sogar fünf Sitzen und elektrisch verstellbaren Außenspiegeln.“

    Will sagen, ja, es gibt günstigere Kompressoren, ein RNLA kostet einen Bruchteil, ist auch charaktervoll und Stereo, aber wenn man den WT-Comp in das Feld der Vari-Mu-Kompressoren einreiht, was in meinen Augen der faire Vergleich wäre, stellt sich die Sachlage anders dar. Es gibt lediglich ein paar 500er-Module die günstiger sind und aktuell die Schwerkraftmaschine, aber die auch nur weil die blaue Variante gerade im Ausverkauf ist. Ansonsten ist doch (fast) alles vergleichbar oder preisintensiver.

    • Profilbild
      Herbie

      @Dreitakt Sehe ich genauso. Preislich einen FET Kompressor mit einem Vari Mu zu vergleichen finde ich albern.

      Wenn man schon mit der Preisdebatte anfängt, dann muss man auch fairerweise Vari Mu Kompressoren unter einander vergleichen.

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