Use it and abuse it
Ich war immer schon großer Freund von Geräten, die dazu einladen, mal etwas beherzter reinzugreifen, um sein Eingangsmaterial auf befriedigende Art und Weise richtig ankratzen und kolorieren zu können. Nicht nur die Wespenfarbe, auch das polnische Unternehmen an sich lädt förmlich dazu ein und bittet sein Klientel ganz aktiv dazu, hier auch mal extremere Einstellungen vorzunehmen. Doch halt – ein Gerät zum überschwelligen Färben für den Preis eines Masteringkompressors? Hier muss es noch eine zweite Wahrheit geben. Warum Musikproduzentin Sylvia Massy (RHCP, System of a Down, Tool, Johnny Cash) ab und zu gerne ihre Fairchilds gegen den Looptrotter Monster 2 Compressor von Entwickler Andrzej Starzyk austauscht, versuchen wir heute im Test zu ergründen.
Was ist und macht der Kompressor?
Äußerlich ist der Looptrotter Monster 2 Compressor vor allen Dingen eines: unübersehbar. 3 HE hoch, zwei riesige VU-Meter, gelb-schwarze Warnfarbe. Der Name „Monster 2“ prangt in Großbuchstaben auf der Front; links- wie rechtsseitig finden sich graffitiartig auflackierte Röhrenbildchen. Die Legenden der jeweiligen Sektionen verraten es bereits: Hier findet sich zum einen eine Stereo- oder Dual-Mono-FET-Kompressor/Limiterkombo mit rasantem Timing, zum anderen eine Röhrensättigungsschaltung – also quasi das beste aus beiden Welten. Das vielleicht beste Feature des Gerätes: Dry/Wet-Regler für beide Kanäle.
Die Farbe mag vielleicht zunächst nach etwas anderem anmuten, aber wenn man sich diese einmal wegdenkt, merkt man – hier erfüllt alles seinen Zweck, ist nahezu perfekt aufgebaut und geordnet, und auch der größte Amateur könnte das Gerät recallen und einstellen.
Sämtliche Parameter, bis auf die stufenlose Sättigung, sind entsprechend der Beschriftungen auf der Frontplatte gerastert. Wo wir schon dabei sind: Die Potentiometer stammen vom Zulieferer, die Potis der Sättigungsstufe kenne ich aus meinem Dreadbox-Synthesizer. Die Bedienbarkeit des Ganzen gestaltet sich großartig und aufgrund der Griffigkeit der großen Regler auch recht beherzt.
Ebenfalls immer gerne gesehen: Für die unterschiedlichen Klangregelungssektionen gibt es auch unterschiedliche Potikappen. Die sich sehr solide anfühlende Rasterung unterstützt das Gefühl der Robustheit noch. Auch die Kippschalter scheinen von guter und haltbarer Qualität zu sein, die Skalierungen sind sauber aufgebracht und auch die 12 segmentigen LED-Meter für Gain-Reduktion und Ausgangslautstärke überzeugen nachhaltig. Das VU-Meter lässt sich bequem per Kippschalter zwischen Gain-Reduktion und Ausgangslevel umschalten.
Bypass-Schaltungen findet man ebenfalls eine ganze Menge – fünf an der Zahl. So lassen sich beide Sättigungsstufen aus dem Signalweg nehmen, sowie auch beide Kompressoren. Unten in der Mitte, in der Master-Sektion des Kompressors, findet sich zudem ein True-Bypass für beide Kanäle des Gerätes. Diese sind so „true“, dass das Gerät, sind diese aktiviert, auch im ausgeschalteten Zustand das Signal passieren lässt. Der Link-Schalter zur Nutzung des Gerätes mit Kanalverlinkung befindet sich ebenfalls hier .
Optionen für die Klangregelung am Kompressor
Der verbaute, umschaltbare Kompressor/Limiter bietet jeweils 11 verschiedene Optionen für die Ein- und Ausschwingphase. Die Vorzüge des Feldeffekttransistors offenbaren sich vor allen Dingen bei Betrachtung des niedrigsten Attack-Wertes von 0,1 Millisekunden – damit ist man dem 1176er schon fast auf der Spur. Der längste Einschwingwert beträgt 100 ms – was das tausendfache der schnellsten Einschwingphase darstellt. Wenn man es so betrachtet, bekommt man hier also etwas ziemlich vielseitiges geboten.
Die Releasezeiten, typischerweise etwas langsamer als die Attack, reichen, ebenfalls auf 11 Werte verteilt, von 15 ms bis 1,5 Sekunden. Eine Ratio lässt sich hier ähnlich wie bei bekannten „Tube-Levelern“ nicht festlegen (außer genau genommen vielleicht mit dem switchen von „Comp“ auf „Limiter“ oder dem heißeren Anfahren durch die Input-Stage). Laut Aussage von Andrzej Starzyk verstärkt sich die Ratio aber, je stärker man den festen Threshold des Kompressors mit der Inputstage anfährt. So bekommt man hier ein sehr simples, vielleicht etwas unpräzises Design geboten, dass aber dennoch sehr vielseitig einstellbar ist.
Die Röhrensättigung tut dem keinen Abbruch – ganze zwei Kontrollen für die Klangregelung finden sich hier: Ein stufenloses Poti zur Regelung der Intensität der Sättigung sowie ein Kippschalter, durch den sich eine Betonung der Sättigung mit Gewicht auf der zweiten Obertonordnung aktivieren lässt – so wird es schnell einmal ein wenig dreckiger – genial für Drums oder Zerr-Gitarre.
Praktisch: Der Sättigungspoti ist ein duales Poti, so erfolgt hier auch eine automatische Gain-Kompensation.
Der Aufbau des Looptrotter Kompressors
Der Simplizismus des Gerätes setzt sich auch im Inneren fort. Hier ist es deutlich leerer und auch deutlich geordneter, als man beim Blick auf die Frontplatte vermuten würde. Sämtliche Sektionen scheinen auf getrennten PCBs aufgebracht zu sein und auch einige ICs finden sich hier.
Vereinzelt findet man jedoch auch einige diskrete Bauteile. Das Ganze ist sauber verarbeitet und gibt wahrscheinlich Grund zur Freude bei etwaiger Wartung oder Reparatur, es erinnert fast an eine Art Cartridge System.
Das Highlight für die Augen stellen natürlich die großen zwei Röhren dar. Die verbauten 6N2P New Old Stock sind mal etwas anderes als die 12AX und Co, die man sonst in den Geräten häufig findet. Diese lassen sich aber für den Fall, dass man etwas herumprobieren möchte oder einfach andere Präferenzen hat, ausdrücklich auch durch andere Modelle ersetzen. Übertrager findet man hier keine, dafür aber solide Schalter der Marke Grayhill. Hören wir rein.
Wie klingt der Looptrotter Monster 2 Compressor?
Beim ersten Durchschleifen von Material lasse ich mir Zeit. Ich aktiviere den Bypass der Sättigungsstufe hinter dem Kompressor und fahre diesen auf ein paar Drums an. Der frisch kalibrierte Kompressor an sich tönt großartig, vielseitig und erinnert mich klanglich zunächst einmal an ein paar ältere FET Schätze der Marke Drawmer. Oder liegt es vielleicht an der Farbwahl?
Die bereits angesprochene Vielseitigkeit bestätigt sich auf jeden Fall im Hörtest und man hat das Gefühl, die Auswahlmöglichkeiten für Ein- und Ausschwingphase sind sehr musikalisch gewählt. Wenn man möchte, kann man hier mit etwas gutmütigeren Zeiten auch gerne das GR-Lämpchen bei -12 dB ausschlagen lassen, ohne groß an Natürlichkeit einbüßen zu müssen; charaktervoll ist es aber trotzdem. Er hat durchaus Leveling-Qualitäten, ob man es ihm ansehen mag oder nicht.
Das Gegenteil? Kann er noch besser. Bei kürzester Ein- und Ausschwingphase wird es auch ohne Röhrensättigung dreckig, eine schöne Transistorpappe macht sich klanglich bemerkbar. Die Attack wieder ein wenig zurückgedreht und das ganze per Dry/Wet-Regler 30% hinzugemischt? – „Sounds like a Record!“
Mein erster maßgeblicher Konsens in meinem Produktionsalltag war zunächst: Er ist nicht nur das, wonach er aussieht. Kein überteuertes Fuzz-Pedal, kein Allesfresser, oder doch? Als Vocal-Leveler vor einer schnelleren Kompression auf Stimmen überzeugte er mich, genau wie als Zähmer von Peaks bei gezupftem Kontrabass.
Am meisten bewirken kann man mit dem Gerät jedoch auf transientenreichem Material wie Drums oder Percussion. Bis hierhin wird ebenfalls klar, dass es aufgrund der Limitationen der grobschrittigen Rasterung ein Leichtes ist, die beste Einstellung vorzunehmen; man kommt schnell zum angestrebten Ergebnis.
Sehr gewünscht hätte ich mir feinere Einstellmöglichkeiten, was Gain-Kompensation und das Anfahren des Gerätes anbelangt – hier komme ich, gerade bei der Nutzung auf dem Stereobus, leider einfach nicht mit den groben 1 Dezibel-Schritten zurecht; das A/B Hören über meinen bypassbaren Insertweg macht so nicht wirklich Spaß.
Nun aber weiter in Richtung Röhrensättigung. Legt man hier, bereits ohne zusätzliches Anfahren der Röhren, die Bypass-Schalter um, zerstreut sich auf einmal der Eindruck vom „Luxus-Drawmer“. Zwar haben die Röhren im Signalweg mit der Kompression an sich rein gar nichts zu tun, dennoch ergibt sich hier der Eindruck einer starken Komplementierung. Hier hat man nicht nur irgendeine zweite Komponente eingebracht, sondern sich einige Gedanken gemacht. Dennoch: Vielleicht hat Frau Massy ja einen Looptrotter für ihre Aussagen gestellt bekommen?
Mit einem Fairchild hat das Gerät meiner Meinung nach jedenfalls überhaupt nichts gemein, was jedoch nicht implizieren soll dass es besser oder schlechter ist. Es ist einfach etwas ganz anderes. Und vielseitiger. Meint man es nun ganz ernst und möchte wirklich alles aus den Röhren herausholen, kann man den Kompressor mit Limiter-Ratio zum Wegdrücken der Pegelspitzen vor der Sättigung nehmen und sich mit dieser dann hinterher den für sich optimalen „sizzle“ herausholen. Der „Sizzle“ reicht nicht ganz? Den Kippschalter „2ndboost“ umgelegt und das Gerät wird noch einmal ein Stück biestiger. Gerade auf Rockgitarren oder Vocal-Passagen kann man hier richtig Charakter herauskitzeln – und das auf eine wirklich geniale Art und Weise. Oder eben „Loops“ oder „Beats“ zum Leben erwecken – hört Euch gerne die nachfolgenden Audiobeispiele an und lasst Euch vom Monster die Ohren massieren.
Oh Mist… GAS!
@Tyrell Na für dich und dein Drummachine Arsenal wäre das auf jeden Fall der „Godmode“! ;)
ich liebe diese Caterpillar Optik -sehr lecker.
Sehr geiler Klang bei den Soundbeispielen!
In meinem Rack werkeln ein Drawmer Stereo FET Compressor und ein SPL Charisma (neuerdings auch ein Omnitronic 5 Band Parametrischer EQ) am Master Out; da könnte man schon schwach werden und der Aufpreis würde sich sicher Lohnen.
Schönes Stúck Outboard.
@BetaDance Klingt aber auch schon nach einem feinen Masterbus! Vielleicht kannst du die Drawmerbiene ja irgendwann durch die Bienenkönigin ersetzen! ;)