Wenn der Professor im Kosmos ...
Die finnischen Effektspezialisten von Mad Professor gehören zweifellos zur Elite auf ihrem Gebiet, davon konnten wir uns schon in einigen Tests überzeugen. Besonders hängengeblieben sind da die Pedale Mad Professor 1 und Mad Professor Golden Cello, die ich damals testen konnte und nur ungern wieder abgegeben habe. Das alte Problem mit dem GAS, wir kennen es ja alle … Das ist aber auch nun schon wieder fast drei Jahre her und von daher wird es Zeit, dass wir uns eines dieser coolen Effektkistchen aus dem nördlichsten Norden Europas genauer betrachten. In den Fokus geraten ist dabei der neue Mad Professor Kosmos – ein Hallpedal, das mit seinen 11 Presets eine Rundumversorgung in Sachen Raumsimulationen bieten soll. Wir sind gespannt, ob der Trip in den Weltraum gelungen ist!
Mad Professor Kosmos – Facts & Features
Der Hall – der ewige Dauerbrenner auf unseren Effekt-Boards. Dabei sind die Ansprüche des Benutzers so unterschiedlich, wie der Hall selbst es in seinen vielen Facetten sein kann. Der eine mag einfach nur einen schlichten, kleinen Raum oder die Nachbildung einer Federhallspirale, der andere kann von sekundenlangen Flächen nicht genug bekommen oder hat Gefallen am zurzeit immer noch sehr populären Shimmer-Effekt gefunden. Um dies alles unter einen Hut zu bringen, haben die Jungs von Mad Professor ihrem Kosmos 11 Presets mit auf den Weg gegeben, die genau diesen Spagat zwischen klassischen und modernen Hallsounds schaffen sollen. Folgende Presets stehen auf Abruf bereit und werden mit dem Preset-Poti ausgewählt:
- P – Plate, der klassische Plattenhall
- R – Room, die Abteilung für kurze und knallige Hallfahnen
- S – Spring, die Nachbildung einer Federhallspirale
- H – der klassische Hall
- SH1 – die Kombination aus großem Raum und einem Shimmer-Effekt
- SH2 – ein weiterer Room-Reverb, allerdings deutlich kleiner und ebenso mit einem Shimmer-Effekt ausgestattet
- SH3 – In diesem Modus kann man stufenlos zwischen einem Room-Reverb und dem Shimmer-Effekt mischen. Das geschieht mit dem Control-Poti, dazu gleich mehr.
- RSB – „Room with Slapback Delay“, so steht es in der Beschreibung
- RM – „Room with Multihead Delay“ – ein kleiner Raum mit Anleihen an Echosounds der klassischen Magnetscheiben-Delays, wie etwa dem guten alten Binson Echorec
- SW1 – ein Swell-Sound mit einem großen Hallraum, bei dem der Fußschalter im gedrückt gehaltenen Zustand den Effekt aktiviert und hält und zwar so lange, bis man den Schalter eben wieder löst
- SW2 – im Prinzip das Gleiche wie beim Preset zuvor, hier jedoch mit einem größeren Raum als Basis
Jedes der Presets verfügt über wenige individuelle Parameter, die mithilfe des Control-Potis gesteuert werden. Ein Großteil der Sounds verwendet den sogenannten „Ducking“-Effekt, bei dem die Hallfahne automatisch in den Hintergrund rückt, sobald das eigentliche Signal erklingt. Das Control-Poti bestimmt hierbei, wie stark der Hall aus dem Signal abgesenkt wird. Man möge mir an dieser Stelle auf die Sprünge helfen, aber wurde dieser Effekt nicht ursprünglich von Rocktron entwickelt? Ich meine mich erinnern zu können, diesen Effekt erstmals in einem Intellifex Anfang der 90er Jahre gehört zu haben. Und ich mochte ihn damals schon, denn so versinkt der ursprüngliche Klang der Gitarre nicht zusammen mit der Hallfahne in einem breiigen Etwas. Weitere Funktionen des Control-Potis: Bestimmen der Geschwindigkeit des Rise-Effekts: wie schnell soll der Effekt nach dem Gedrückthalten des Schalters einsetzen? Oder die Intensität der Echos der Presets RSB und RM: Wie viel Delay soll denn im Hall bitte schön mit dabei sein?
Unabhängig vom gewählten Preset bietet der im Mad-Professor-Logo eingebettete Metallschalter zudem die Möglichkeit, den Sound „einzufrieren“ und weiter mit dem puren Gitarrensignal darüber zu improvisieren. Oder eben zuzuhören, wenn die Mitmusiker mal dran sind. Der Schalter ist natürlich ein Softklick-Typ, alles andere wäre bei dieser doppelten Belegung auch mehr als nervig. Das ist also positiv, nicht ganz so schön ist jedoch der Fakt, dass das Preset-Poti trotz seiner elfstufigen Rasterung sehr weich auf seiner Achse läuft und ein Verstellen im Eifer des Gefechts deshalb nicht ausgeschlossen werden kann. Das zweite Poti mit dem großen Knopf (Level) bestimmt die Effektstärke und die zwei übrigen Regler Tone und Time sorgen für das Anpassen des Klangs der Hallfahne bzw. für deren Länge. Ein weiteres nettes Feature verbirgt sich unter der Haube des metallicblauen Pedals, zu dem man durch gedrückt halten des Metallschalters bei Einstecken der Stromzufuhr Zugang erhält. In diesem Modus kann der man entscheiden, ob das Kosmos sein pures Effektsignal abgibt – sehr praktisch für Spieler von Amps mit regelbarem Effektweg.
Ein Manko aus meiner Sicht ist die Anbringung der beiden Audiobuchsen und des Netzschalters an den Außenseiten des Gehäuses, hier dürfte bei dem einen oder anderen also wieder Gerangel auf dem Pedal-Board entstehen. Obwohl das Mad Professor Kosmos mit einem 9-Volt-Block betrieben werden kann, sei zum Anschluss eines Netzadapters geraten. Das meint auch der Hersteller in der Beschreibung, legt dem Pedal aber natürlich keinen passenden Adapter bei. Zum Glück aber gilt auch hier wieder der Ibanez/Boss-Standard, sodass sich der Kosmos in eine bestehende Netzumgebung problemlos eingliedern oder aber mit einem Standardnetzteil entsprechend bei Laune gehalten werden kann. Nun aber rüber in die Praxis bzw. in den Kosmos mit dem durchgeknallten Professor!
Mad Professor Kosmos – in der Praxis!
Um die Klangqualität und das Rauschverhalten des Kosmos bestmöglich beurteilen zu können, habe ich das Pedal aus seinem Ausgang direkt in mein UAD-Interface eingestöpselt. Als Gitarre wurde eine Framus Steelstring benutzt, aufgenommen wurden die Tracks in Logic Audio ohne weitere Effekte. Der Spaß beginnt bereits nach dem Einschalten, denn ohne einen Knacks aus dem Schalter oder dem Speaker und mit einem beeindruckend niedrigen Rauschenpegel zeigt das Pedal durch eine (leider viel zu helle) blaue LED seine Betriebsbereitschaft an. Man muss wirklich schon die Ohren spitzen, um hier irgendein Nebengeräusch zu hören, im Zweifel kommt das garantiert von einem Teil des übrigen Equipments – und nicht vom Kosmos!
Und der Mad Professor hat nicht zu viel versprochen, denn der Kosmos bietet eine Komplettversorgung für Hallfetischisten: egal, ob die kleinen Räume, die Swell-Sounds oder die Shimmer-Effekte, hier merkt man sofort, dass Fachmänner ihre Hände bzw. ihre Ohren beim Sounddesign im Spiel hatten. Die weiteren Features, wie das Halten (Freeze) der Sounds oder die Bedienung der Swell-Effekte mit dem Fußschalter, funktionieren in der Praxis ebenfalls wunderbar und geschmeidig. Bei den Klangbeispielen habe ich bewusst das Mischverhältnis gut Dreiviertel zugunsten des Effekts benutzt, in der Praxis sollte man mit spürbar weniger Effektanteil auskommen.
Bei einigen der Effekte, insbesondere bei den „gelayerten“, wie etwa dem Shimmer, würde man sich wünschen, dass der Kosmos ein Stereosignal bieten könnte, dann würde das Ganze sicher noch eine Spur aufgeräumter wirken und zudem noch eine ganz andere Käuferschicht anlocken. Denn mit diesen Werten in puncto Signal- und Effektqualität könnte man die kleine blaue Kiste ohne Probleme auch in einem Keyboard-Setup oder im Studio einsetzen. So aber werden leider einige Nuancen der gebotenen Sounds durch ein Mononadelöhr gepresst und verlieren entsprechend an Tiefe und Schärfe.
Mad Professor Kosmos – die Klangbeispiele
Nun aber zu den Hörproben. Im ersten Beispiel der Sound des Presets P – der Plattenhall.
Weiter geht es im zweiten Beispiel mit dem Preset R (Room) mit einem etwas größeren Raumhall.
Klangbeispiel 3 zeigt den Sound des Presets S – den Spring Reverb oder auf Deutsch „Federhall“. Wie so oft kann ich auch in diesem Fall keine Ähnlichkeit zur klassischen Federhallspirale erkennen. Dafür aber ein weiteres, sehr brauchbares Preset für kleine und knallige Räume.
Nun zu den Shimmer-Effekten, die beiden folgenden Beispiele zeigen die Presets SH2 und SH3.
Bei den abschließenden drei Beispielen habe ich die Hold-Funktion des Pedals benutzt, um den Sound einzufrieren.
Toller Test. Bin beim Namen Mad Professor wach geworden. kannte die Firma nicht, aber den Interpreten, der diesen Namen trägt. Da dieser ein Star unter den Dub-Künstlern ist, wo ja Hall eine wichtige Rolle spielt, dachte ich „dann kann das Teil ja nicht schlecht sein“. Und umso weiter ich las, umso mehr dachte ich „das Teil will ich für meine Synthies haben“. Aber dann: Leider nur Mono-Out :(
Aber warum sollten nur Gitarren einen Mono-Hall verwenden dürfen?