Partytaugliche Low-Budget-Podcast-Konsole
“All-in-one Podcast Production Studio” nennt der chinesische Hersteller Maono seinen Maonocaster AME2, der in den gut sieben Jahren seit seiner Gründung besonders die Streamer als Zielpublikum im Visier hat. Aber ist der AME2 tatsächlich die eiermilchlegende Wollmilchsau, wie die sie angepriesen wird? Und das auch noch zu einem Preis von gerade einmal 111,- Euro? Was steckt wirklich in dieser Podcast-Konsole? Schauen wir mal nach.
Inhaltsverzeichnis
Die Maonocaster-Familie
Aktuell hat Maono fünf Podcast/Streamer-Mixer im Portfolio. Der Maonocaster G1 NEO (ca. 60,- USD) ist ein kleiner 1-Kanal-Gaming-Mixer mit einigen Effekten, aber mit Bluetooth 4.2 (das war 2014 mal Standard) nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit. Für denselben Preis gibt es auch den etwas größeren Maonocaster AMC2 NEO, ein All-in-one-Audiomischer für Podcasting und Streaming. Auch hier folgen die technischen Daten (48 kHz / 16 Bit, Bluetooth 4.2) dem niedrigen Preis. Etwas teurer ist mit ca. 80,- Euro der zweikanalige Maonocaster Lite AM200. Zu denken gibt da der Hinweis des Herstellers: „Angesichts der Komplexität und Erschwinglichkeit des Produkts kann es sein, dass das Produkt in Ihrer Anwendung einige Mängel aufweist.“ Und: „Es funktioniert gut für Streaming und Podcasting, aber die Klangqualität ist möglicherweise nicht so gut wie die eines professionellen DJ-Mixers.“ Huch? Den Maonocaster AM100 (200,- USD), das „Flaggschiff“ der Maonocaster-Reihe hatte bereits mein Kollege Stephan Merk im Dezember 2021 im Test, und kam zum vernichtenden Urteil „Ungenügend“. Kein Mixing, unflexibles Konzept und schwache Preamps waren da einige der genannten Minuspunkte. Und schließlich gibt es da noch den Maonocaster AME2 (E2) für 119,- USD, das wir heute hier im Test haben. Macht es seine Sache besser als der AM100?
Der Lieferumfang des Maono Maonocaster AME2
Irritierend: Auf der schwarz-gelben Verpackung zum Maonocaster steht die Typenbezeichnung E2, auf der Website hat das Modell den Zusatz AME2 und im Handbuch wieder heißt es einerseits E2, aber „Model No.: AME2“. Vielleicht als Vorbereitung eines weiteren E“-Submodells? CME2? So taucht der Podcastmixer dann im Internet auch mal als E2, mal als AME2 auf. Seltsame Geschichte.
Zurück zum Inhalt der Verpackung. Die enthält – neben dem Mixer selber natürlich – eine Box mit Kabeln: Einmal USB-A auf USB-C sowie zwei TRRS-Verbindungskabel, also vierpolige Miniklinke (Tip-Ring-Ring-Sleeve), die neben dem Stereosignal auch einen Kanal für den Mikrofoneingang unterstützt. Gebraucht werden die zum Beispiel an Smartphones, um gleichzeitig hören und sprechen zu können. TRS-Kabel (Tip-Ring-Sleeve) übertragen „nur“ das Stereosignal (Stereo-Miniklinke). Das eben nur als Erklärung für all die, die in der Welt der Kabelkürzel nicht so zu Hause sind. Es ist auf jeden Fall eine nützliche Sache, dass diese Kabel mitgeliefert werden, gehören doch TRRS-Verbindungskabel nicht unbedingt zur Heimstudio-Grundausstattung.
Ebenfalls mit dabei ist ein großformatiges Blatt mit Verkabelungshinweisen sowie ein mehrsprachiges gedrucktes Handbuch, das sich auf den 12 deutschen Seiten viel Mühe gibt, jeden Aspekt ausführlich zu erklären, oft aber am anscheinend genutzten Übersetzungsprogramm scheitert (wie etwa „Begleitungs-Lautstärkeregler“ oder „Kopfhöreranschlüsse, die zwei Personen gleichzeitig zum Monitoring befriedigen können“).
Haptik, Bauform und Verarbeitung der Podcast-Station
Der Maonocaster AME2 hat mit einer Grundfläche von 245 x 157 mm in etwa DIN-A-5 Format, ist also im Vergleich zu anderen Podcast-Konsolen wie der Rode Rodecaster Pro II (305 x 270 mm), Zoom Podtrak P8 (295 x 248 mm) oder Tascam Mixcast 4 (375 x 267 mm) deutlich platzsparender und mit 800 g auch leichter. Das aber natürlich auf Kosten des Kanal- und Feature-Angebots. Die Höhe der in dezenter Pultform gearbeiteten Konsole beträgt vorne 22, hinten 42 mm (jeweils ohne Berücksichtigung der Bedienregler).
Das Gehäuse ist komplett aus Kunststoff gefertigt und wirkt nicht besonders wertig und stabil, der AM100 hatte immerhin noch eine Deckplatte aus Aluminium. Die Drehregler und die beiden Fader sitzen etwas wacklig und scheinen nicht mit dem Gehäuse verschraubt, sondern nur an der Platine befestigt zu sein, zudem produzieren die beiden Fader ein leichtes mechanisches Kratzgeräusch. Immerhin aber laufen die Regler alle rund und nicht zu leichtgängig. Die (beleuchteten) Taster indes sind zwar etwas schwergängig, haben aber einen klaren Druckpunkt. Auf dem Boden befinden sich vier Gummipads, die dem Maonocaster zu einem sicheren Stand verhelfen. Das Design in den Maono-Vereinsfarben – mattschwarz/glänzend schwarz mit gelben Kennlinien auf den Reglern und zwei gelben Maono-Logos sieht recht ansprechend aus, das muss man nicht verstecken.
Die Anschlüsse des Maono Maonocaster AME2
Lediglich zwei Anschlüsse (2x Kopfhörer-Miniklinke – gut so, dann hängen die Strippen nicht über dem Pult) sind auf der Vorderseite untergebracht, der Rest befindet sich auf der Rückseite. Die XLR/Klinke-Kombobuchse ist für „MIC1“ da und kann per Schalter zwischen „Condenser 40 dB“, „Dynamic 50 dB“ und „Dynamic 60 dB“ umgeschaltet werden. Da scheint Maono also aus dem Vorwurf gegenüber dem AM100 und seiner schwächelnden Preamps gelernt zu haben. MIC 2 muss sich mit einer Miniklinkenbuchse begnügen, zum Beispiel für ein Lavalier-Mikrofon. Wobei ich da wesentlich lieber einen zweiten XLR-Anschluss sehen würde. Fun Fact am Rande: Auf einem Foto auf der AME2-Website sitzen zwei Frauen dann auch vor zwei Großmembran-Mikrofonen, angeschlossen an das Pult ist aber deutlich sichtbar nur eins.
Etwas ungewöhnlich ist, dass Maono seinem AME2 als ausgewiesener Podcast-Konsole auch einen Instrumenteneingang (große Klinke) spendiert hat, der sogar Hi-Z-tauglich ist, auch wenn das nicht im Handbuch vermerkt ist. So ist das Pult eventuell ja auch für Singer-Songwriter interessant, auch wenn ein simples Audiointerface es da auch tut.
Die übrigen Buchsen sind – bis auf die beiden USB-C-Buchsen natürlich – als Miniklinke ausgelegt: AUX-IN zum Anschluss von Musikbett-Zuspielern, MONITOR-SPK für kleine Tischboxen sowie zwei Mal LIVE OUTPUT. Gedacht ist das „für die Ausgabe von Audiosignalen an mobile Geräte wie Telefone oder iPads über Live-Streaming-Plattformen“. Heißt übersetzt: Hier sollen mit den mitgelieferten TRRS-Kabel Mobilgeräte oder Kameras ran. Als Anwendungsbeispiele führt das Handbuch da „Karaoke über das Mobiltelefon“ und „Live-Streaming auf Mobiltelefonen“ auf. Warum der Maonocaster AME2 nun gleich zwei USB-C-Buchsen benötigt – eine zur Übertragung von Audiosignalen und eine zur Aufladung des internen Akkus, der bis zu acht Stunden halten soll – ist mir nicht so ganz klar. Warum kann ich den Akku nicht mit über den PC-Port laden? Alle anderen Audiointerfaces werden doch auch auf diese Weise mit Strom versorgt. Und wenn ich schon – mit dem internen Akku – ganz auf Portabilität setze: Warum hat der AME2 dann keine eigene Recording-Funktion mit SD/micro-SD-Karte? Vielleicht ist das dem günstigen Preis geschuldet. So muss ich dann doch wieder noch ein weiteres Gerät mitnehmen.
Ebenfalls noch mit auf der Rückseite: Ein Power-Button und eine weitere Taste, die die Hintergrundbeleuchtung ein- und ausschaltet (langes Drücken) oder die „Mikrofonüberwachung“ aktiviert bzw. deaktiviert (kurzes Drücken) – also das Mikrofon-Monitoring.
Bedienelemente, Nutzeroberfläche und Features
Die Benutzeroberfläche des Maonocaster AME 2 macht einen sehr sortierten, übersichtlichen Eindruck und ist zudem teilweise beleuchtet und gut beschriftet. Links und rechts befinden sich die großen Drehregler für die Volume-Regler des AUX-Kanals und für die LIVE OUTPUT 1 und 2 und den USB-C-Ausgang. Letztere können also nur zusammen und nicht einzeln geregelt werden. Dazwischen befinden sich sechs achtgliedrige Pegelanzeigen (Aux, Mic, Inst, Soundpad, Monitor, Output), die aber recht spät ihre Tätigkeit aufnehmen. Darüber sechs weitere Drehregler – drei (mit Mittelrasterung) für die Anteile des 3-Band-EQs, zwei für den Instrumenteneingang (Gain und Volume) – dem hier viel Aufmerksamkeit zuteil wird und einer für die beiden Kopfhörer, die also auch nicht getrennt regelbar sind. Wohl aber die beiden Mikrofoneingänge, die per Fader mit je 30 mm Faderweg eingestellt werden. Hinzu kommen 11 Pad-Tasten, die frei belegt werden können – acht mit einem Limit von 20 Sekunden, drei weitere mit einer Höchstgrenze von einer Minute. Was schon etwas dürftig ist, wie ich finde. Ok, ich bin da mit den beiden Podcast-Konsolen, mit denen ich arbeite, sicherlich verwöhnt, aber ich möchte mir zuweilen schon ein etwas längeres Musikbett mal spontan per Pad unter den Talk legen. Beim Maonocaster AME2 kommt hinzu, dass die Pads auch keine Extras wie „Halten“, „Retrigger“ oder „Wiedergabe-Pause“ kennen, lediglich Start und Stopp ist möglich sowie Loop über eine Extra-Taste. Die Pads haben aber immerhin einen eigenen Volumeregler.
Die Audio-Effekt-Sektion besteht aus sechs Tastern, wobei aber lange nicht alle klassische Effekte sind. Wie und wie gut die funktionieren, teste ich gleich noch im Praxisteil.
- Reverb (mit sechs durchsteppbaren eigenen Presets. Der Reverb-Anteil wird über einen Drehregler gesteuert)
- Side Chain (Ducking für Hintergrundmusik)
- Music Only (soll angeblich Gesang aus der Hintergrundmusik entfernen)
- Dry/Wet (Aufzeichnung des Mikrofonsignals mit/ohne Effekte)
- Loop Back (Zur Übertragung des Audiosignals vom UBS-C-Eingang)
- Denoise (blockiert Hintergrundgeräusche)
Eine weitere Besonderheit ist das Vorhandensein einer Autotune-Funktion, die über eine Touch-Leiste bedient wird, sowie ein Pitch-Drehregler. Wie alle anderen „Effekte“ auch, bezieht sich auch die jeweils auf beide Mikrofone gleichzeitig. Die 48 V Phantomspannung und Bluetooth (immer noch nur 4.2) schließlich werden über zwei weitere Taster aktiviert.
Der Maono Maonocaster AME2 in der Praxis
Treiber benötigt der AME2 als simples 2×2 Interface mit 48 kHz/16 Bit keine. Einfach an den Rechner anschließen (in meinem Fall ein Windows 10 Notebook), und der Maonocaster wird in den Soundeinstellungen als Ein- und Ausgabegerät geführt. Die Podcast-Konsole hat auch für meinen alten, etwas höherohmigen AKG K-501 ausreichend Power, auch meine Mikrofone funktionieren: Der Schalter auf der Rückseite gibt – gut hörbar – auf Wunsch 10 bzw. 20 dB obendrauf, das sollte auch für hungrigere dynamische Mikros ausreichen. Die Verbindung zu Bluetooth-Geräten klappt problemlos, auch die schnelle Neuverbindung ist da fehlerfrei. Und auch die die Übertragung des Mixes auf ein via TRRS-Kabel angeschlossenes Smartphone hat funktioniert. Allerdings musste ich dazu eines meiner älteren Handys aus der Grabbelkiste suchen, haben neuere Geräte doch keine Miniklinkenbuchse mehr.
Die Klangqualität der Mikrofon-Preamps ist ok, aber weit entfernt von Profigeräten – da sollte man halt immer auch die Preisklasse des Maonocaster AME2 berücksichtigen.
Der 3-Band-EQ macht da einen ganz zufriedenstellenden Job, die zweistufige Denoise-Funktion hält tatsächlich einiges an Umgebungsgeräuschen und Grundrauschen im Zaum. Das Loopback funktioniert, so kann ich mir ein Musikbett vom PC zuspielen, die Lautstärke wird da über den AUX-Regler eingestellt. Alternativ kann man auch die Funktion „Side Chain“ aka Musik-Ducking nutzen, die die Musik vom PC radikal auf Null setzt, sobald ein Signal am Mikrofon anliegt – allerdings nicht regelbar und sehr empfindlich schon bei jedem kleinen Atmer.
Von den Karaoke-Features sollte man nicht zu viel erwarten: „Music Only“ funktionierte im Test in den allerwenigstens Fällen, da kommt es halt auf den Mix an, bei „Autotune“ (mit festem Reverb) sollte man im Kopf behalten, dass das ganze Pult nur 111,- Euro kostet und die Pitch-Funktion verfügt über keine Formant-Korrektur. Das alles ist eine nette Karaoke-Party-Spielerei für jugendlich-übermütige Twitch-Streamer, für den seriösen Podcaster aber eher weniger einsetzbar.
Bleiben wir bei den seltsamen Sachen, die mir beim Kreuz-und-Quer-Praxisrundgang aufgefallen sind: Jeder Druck auf eine der Effekt-Tasten wird per Sprachansage bestätigt. Ist ja nett gemeint, und bei den sechs verschiedenen Reverb-Effekten auch ganz hilfreich (so muss man sich da nicht deren Farben der Taste merken), andererseits aber auch zuweilen nervig, wenn ich während eines Talks durch die Reverbs steppe und mir eine Frauenstimme dabei ständig „Karaoke, Church, Room, Valley, Original“ auf den Kopfhörer spricht. Außerdem ist mit jeder Ansage auch ein Ducking des USB-Audiosignals verbunden – allerdings nicht während der Ansage, sondern eine Sekunde später.
Kein Ducking, sondern einen kompletten 3-Sekunden-Aussetzer gibt es beim Zuschalten der 48 V Phantompower. Laut Hersteller, um „POP-Geräusche zu vermeiden“. Das sollte man also besser nicht während einer Aufnahme oder eines Streams versuchen. Apropos Aussetzer: Bei den Volume-Reglern reißt der Sound ein Stück vor der Null plötzlich ab, fährt also die letzten Meter nicht sauber runter.
Und auch das: Triggerpads bei Podcast-Maschinen werden normalerweise entweder über eine Software, über den PC oder über Speicherkarten gefüllt – so kenne ich das. Beim Maonocaster können die 11 Pads jedoch ausschließlich per direkter Aufnahme vom Mikrofon oder vom Bluetooth/USB-Audiosignal mit Sounds gefüttert werden, ohne die Möglichkeit, das aufgenommene Material dann weiter zu bearbeiten, Sounds ab Werk gibt es nicht. Für den AM-100 gibt/gab es eine kleine PC-Anwendung zum Befüllen der Pads; diese App wird beim AME2 aber nicht aufgeführt.
Nicht jeder kann sich High-End Gear leisten. Finde ich gut, das auch mal Low-End Geräte getestet werden. Natürlich sind Abstriche dem Preis geschuldet. Für Anfänger möglicherweise der Einstieg ins Podcasting/Streaming – einfach auch um zu testen, ob der Bereich was für mich wäre, ohne gleich ein Vermögen auszugeben. Fortgeschrittene oder Profis blättern hier sicherlich weiter.
Die Karaoke und Gimik-Funktionen dienen sicherlich dem chinesischen Markt. Die sind ja richtig „wild“ auf sowas. Deshalb musste das wohl irgendwie dazu.
Interessant wäre jedoch gewesen, wenn hier noch Alternativen zum getesteten Gerät aufgelistet wären – z.B. Gerät XY zum gleichen Preis hat zwar weniger Ausstattung – dafür bessere Quali; oder Gerät XY kostet zwar etwas mehr, dafür bekommt man…