Eine der besten iOS-Apps ist zurück

Marcos Alonso Samplr
Im Jahr 2014 berichteten wir über eine iPad-App namens Samplr von Marcos Alonso. Die App wurde vor einigen Jahre aus dem iOS-App-Store entfernt und konnte nicht mehr erworben werden. Nun, 6 Jahre später ist sie als 64 Bit-App wieder da und wurde für das neuste iPad-OS upgedatet. Dass diese App auch noch nach so langer Zeit wichtig ist, zeigen die euphorischen Reaktionen in diversen iOS-Music-Foren. Grund genug für uns noch einmal dem „Warum“ auf den Grund zu gehen.
Der erste Aspekt der die Aufmerksamkeit von Samplr auf sich zieht, ist die starke optische Anlehnung an den OP-1 von Teenage Engineering. Damit enden aber die Gemeinsamkeiten zwischen diesen eigenständigen Produkten. Tatsächlich war Marcos Alonso aber an der Entwicklung des Reactable Synthesizers beteiligt und führte das Produkt im Jahr 2009 zur marktreife. Auf der Homepage von Beebox Design wurde im Februrar 2020 ein ausführlicher Artikel veröffentlicht, der die Hintergründe und Entstehung von Samplr beleuchtet.
Samplr ist ein Live-Performance Granular Sampler, der damals wie heute aufzeigte, warum Touchscreen-Apps ihren Weg jenseits der skeuomorphen Designs von Desktop-Plugins suchen müssen und die Praxis gab ihm recht. Für viele iOS-Musiker entwickelte sich Samplr zum unverzichtbaren Instrument in ihrem Setup.
Samplr kann sechs verschiedene Samples laden und auch per Mikrofon oder über ein Core Audio-Gerät (Eingänge 1 und 2 eines externen Audiointerfaces) live aufnehmen. Wird Samplr in Audiobus im Ausgangs-Slot instanziiert, lässt sich so auch von anderen Apps aufnehmen. Es wird auch der WAV / AIFF-Import von Samples über iTunes-File-Sharing und Dropbox angeboten.
Was leider noch nicht umgesetzt wurde, ist die Integration in die Unterstützung für das iOS-Filesystem. Marcos Alonso arbeitet aber bereits an weiteren Updates. Was diese beinhalten werden ist derzeit unbekannt, Gerüchten zufolge soll sich aber alles um die AUv3-Unterstützung drehen.
Es lässt sich aber auch die Audioausgabe von Samplr selbst aufnehmen, um eine Performance aufzuzeichnen, oder in Samplr weiter zu verwenden. Die Unterstützung für eine externe MIDI-Clock und die Möglichkeit die Aufnahmen zu quantisieren, sorgen dafür, das Sample auch in größerem musikalischem Kontext einsetzbar ist. Auch die neue die Unterstützung für Ableton Link, Audiobus und IAA tragen dazu bei. Eine weiterführende MIDI-Steuerung gibt es bei Sample aber nicht.
Beim Laden eines Samples wird ein 4/4-basiertes Raster bis max. 32 Slices (0 = ausgeschaltet) über die Aufnahme gelegt. Die Position der einzelnen Slices lässt sich bei Bedarf auch manuell anzupassen. Aber mittlerweile wären auch Slices jenseits der 4/4-Vielfachen angemessen.
Transponiert wird in ganzen Notenschritten, aber ein Pitchbend um +/- 2 Noten ist genauso möglich, wie das automatische Anpassen der Abspielgeschwindigkeit an das Tempo des Projekts.
Unter der Transponierungsfunktion ist der Gestenrekorder. Dieser bietet pro Sample sieben Abspielmodi und bis zu drei aufzeichenbare Gestensequenzen. Also quasi dreifach Multitimbralität und achtfacher Polyphonie pro Sample. Eine Sequenz kann dabei bis zu 64 Takte lang sein und die Sequenzlänge passt sich dabei automatisch an. Das heißt aber auch, dass man beim Aufnehmen aufpassen muss, wenn man z.B. nur eine 4-Takte Sequenz haben will. Spielt man ungewollt zu lange muss man die Sequenz neu einspielen. Um das Ganze zu beherrschen, muss man schon etwas üben, wie bei jedem Instrument.
Die Samples können in acht Modi manipuliert werden, wenn man den Reverse-Modus mitzählt. Es erklingt zwar immer nur ein Modus auf einmal, es kann aber fließend zwischen ihnen umgeschaltet und Gesten-Sequenzen aufgenommen werden.
Da wäre zunächst der Slicer-Modus. Die „Attack‟-Optionen sorgt dafür, dass der Slice erst zum nächsten Taktschlag gestartet wird. Ist einem auch das zu viel, spielt der Auto-Trigger die Slices temposynchron ab und die Abfolge der Slices kann dabei wahlweise gewürfelt werden.
Der nächste Modus ist der Looper, in dem man Fragmente, also Sub-Slice-Größen, des Samples permanent loopt. Die Größe und Position des Fragments wird dabei mit zwei Fingern festgelegt. Es lassen sich bis zu acht Loops gleichzeitig erzeugen, was aber für einen Knoten in den Fingern sorgt. Als Optionen gibt es eine automatische Größenanpassung des Fragments auf Grundlage des Tempos und ein PingPong-Loopmodus.
Für den Streicher-Modus wird nur ein Finger pro Stimme benötigt, um ein Fragment des Samples abzuspielen bzw. zu loopen. Die Größe des Fragments wird dabei von der Breite des „Bogen‟-Parameters bestimmt.
Im Tape+Scratch Modus bestimmt die horizontale Position des Fingers, ausgehend von der Mitte der Sampledarstellung, die Abspielgeschwindigkeit und -richtung des Samples inklusive dem beliebten Tape-Start/Stopp-Effekt. Die vertikale Position bestimmt die Lautstärke.
Weiter geht es zum Arpeggiator. Dieser spielt die maximal 8 Slices automatisch temposynchron in fünf verschiedenen Abfolgemodi ab. Die Arp-Geschwindigkeit wird dabei in Notengrößen angegeben.
Der Keyboard Modus verhält sich wie ein klassischer Hardware- Sampler. Es wird ein akustisches Ereignis aufgenommen, welches dann mit der Overlay-Klaviatur transponiert wird, Hamster-Pitch-Effekt inklusive. Bereitet man aber ein Sample mit beispielsweise 32 chromatischen oder anders skalierten Tonhöhen vor, kann dieses im Sampler Modus auch tonal akkurat gespielt werden. Der abzuspielende Ausschnitt kann aber auch mit Hilfe von zwei Markern beliebig ausgewählt werden.
Zuletzt gibt es noch einen einfachen Loop-Modus, der auch nicht anderes macht. Zur Abglättung der Slice-Übergänge beim Spielen gibt es noch eine einfache AR-Hüllkurve.
Neben der Engine-Sektion befinden sich die Effekte. Verzerrung, Filter, Amplitudenmodulation, Delay mit Feedback und Hall sind als Performance-freundliche XY-Pads ausgelegt, die sich allesamt auch sehr ordentlich anhören und wenn gewünscht auch alle gemeinsam auf jedes Sample angewendet werden könne, sowie auf einen gemeinsamen Masterausgang (der 7. „Sample-Slot“)
Zum schnellen Einstieg in die Bedienung gibt es ein knappe, aber gut ausgeführte Overlay-Hilfe.
Samplr muss man eigentlich erleben um ihn wertzuschätzen, simple Audiobeispiele allein reichen da nicht hin, deswegen hier das Tutorial von Cuckoo:
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Mir ist gerade die Mütze weggeflogen, noch nie hatte ich das Gefühl, eine App wäre für meine musikalischen Machenschaften gewinnbringend. Danke für den tollen Test.
Mir kann’s egal sein als Altbesitzer aber der Preisanstieg von 11,- auf 33,-€ ist schon nicht ohne für so ein bischen update.
6 Jahre ??? Also ich habe die App vor ca. 3 Jahren für 5 Euro gekauft….das die App jetzt 33 Euro kostet find ich ganz schön Krass!
@Mopad Die App wurde vor 6 Jahre veröffentlich. Dann wurde sie aus dem AppStore genommen, als Apple die ganzen 32-Bit Apps gekillt hat. Das muss so Ende 2017 gewesen sein, hast sie dann wohl gerade noch erwischt.
Ja, der Preisanstieg ist heftig.
Ich will jetzt nicht geizen aber ich habe das gefühl bald fangen auch die ios apps die preispolitik der Vst`s. Sprich da werden ja preise von 100-300 immer mehr „normal“. Bei ios gibt es die „10 euro Fraktion“ udn dann solche die 30+ kosten. Bloß sind die mit 30+ euro meistens ganze Daw´s etc. Jetzt ein einziger Sampler für 32 euro oder was er kostet das finde ich ein bisschen zu hoch.
@DrSpan Ja, die 1€-Phase konnten ja nicht ewig weitergehen. Die Preise werden auch weiterhin anziehen und besonders im Hinblick auf die kommenden „Universal Purchases“.