Neuauflage einer Vintage-Legende
Das Marshall Bluesbreaker Pedal zählt zu den begehrtesten Overdrive-Klassikern der 90er-Jahre – und ist endlich zurück! In authentischer Handarbeit neu aufgelegt, bringt das Reissue-Pedal den unverwechselbaren Sound des Marshall JTM-45 zurück aufs Pedalboard. Was die Neuauflage klanglich wie technisch leistet, für wen sie sich lohnt und ob sie dem Original gerecht wird, erfährst du in diesem Test.
Inhaltsverzeichnis
Ein kultiges Marshall Verzerrerpedal neu aufgelegt
Da die erste Version des Marshall Bluesbreaker-Pedals nur relativ kurzzeitig produziert wurde, sind deren Gebrauchtpreise inzwischen „überhitzt“ hoch. Umso erfreulicher, dass Marshall diesen „nachkriegstauglichen Boliden“ neben einiger anderen Kollegen wie dem Guv’nor, Shredmaster und Drivemaster wieder neu auflegt. Laut Hersteller handelt es sich dabei um authentische Neuauflagen der Original-Pedale.
Alle Reissue-Pedals werden im Marshall-Hauptquartier in Bletchley „von Hand gebaut“ – in exakt der Fabrik, die seit 60 Jahren die legendären Marshall-Verstärker fertigt. Die wieder aufgelegten „Elektronengehirne“ wurden in ausgesprochen stabilen Stahlgehäusen verbaut. Solide und road-taugliche Verarbeitung kennen wir von Marshall.
Marshall Bluesbreaker Reissue – Facts & Features
Mit seinem schlichten Design strebt dieses Pedal danach, die Sounds des legendären Marshall Bluesbreaker-Verstärkers zu reproduzieren. Seit seiner Einführung im Jahr 1992 wurde dieses Pedal auf unzähligen Bühnen eingesetzt und hat sich zu einem Klassiker entwickelt, der unter Rock-Enthusiasten heiß begehrt ist. Die Features dieses Pedals sind schnell abgehandelt. Einfacher geht es nicht: drei Regler, stabiles Gehäuse und ein gewisser Kultstatus.
Das Design und die Verarbeitung des Blues Breakers sprechen für sich, die zur Verwendung kommende Originalschaltung ist nicht komplexer als die eines Tube-Screamers. Trotzdem hat dieses Teil, auch wenn es den Sound eines Röhren-Marshalls sicherlich nicht mit jedem Verstärker exakt herstellen kann, einen geilen Sound, der nicht umsonst so oft kopiert („ausgeliehen“) wurde.
Die Stromversorgung erfolgt über ein optional zu erwerbendes 9 V, DC Netzteil (Hohlsteckerbuchse 5,5 x 2,1 mm, Minuspol innen), eine 9 V Batterie kann auch eingesetzt werden, der Stromverbrauch des Pedals beläuft sich nur auf einige Milliampere, deswegen wäre dies auch eine Option. Am besten, man vergisst die Batterieoption, platziert das Pedal auf dem Board und versorgt es mittels eines Multi-Netzteils.
Regler des Marshall Bluesbreaker Reissue
Die Anzahl der Bedienungselemente halten sich in spartanischen Ausmaßen, so haben wir hier lediglich drei Regler: Gain bestimmt den Verzerrungsgrad, der sich zwischen Clean-Boost und Crunch bewegt, Tone ist ein schlichter Höhenregler und Volume bestimmt die Ausgangslautstärke. Alle Buchsen wurden stirnseitig positioniert. Die Potis bieten den gewünschten leichten Widerstand beim Drehen, die Knöpfe fühlen sich gut an. Eine kleine rote Leuchtdiode leuchtet bei aktiviertem Effekt. Die Umschaltung verläuft knackfrei.
Geschichte des Pedals
Die MK1-Version des Marshall Bluesbreaker-Overdrives erschien erstmals 1991 gemeinsam mit seinen „Kollegen“, dem Shredmaster und dem Drivemaster. Letzterer war ein Reissue des u. a. von Gary Moore geschätzten Marshall Guv’nor Pedals. Der Bluesbreaker-Overdrive sollte dem Sound des Marshall JTM-45 Combos nahekommen.
Zu Berühmtheit gelangte dieser durch Eric Clapton (John Mayalls Album „Blues Breakers with Eric Clapton“). Da das Bluesbreaker-Pedal zu Beginn der 90er-Jahre keinen reißenden Absatz fand und sein Dasein eher als Ladenhüter verbrachte, wurde die Produktion schnell wieder eingestellt. Erst John Mayers Continuum-Album, bei dessen Studio-Sessions das Bluesbreaker-Pedal auf seinem Pedalboard erblickt wurde, verhalf dem Pedal zu erneuter Bekanntheit. Ca. drei Jahre zuvor erblickte übrigens der legendäre Analogman King Of Tone das Licht der Erde, Der ebenfalls stark von dessen Schaltung „inspiriert“ war. Auch Pedal-Hersteller wie JHS (Morning Glory) oder Wampler (Pantheon) bedienen sich gerne der Schaltung, wenn auch geringfügig modifiziert, z. B. indem man einfach eine weitere Diodensektion (Pfennigartikel) zuschaltet oder die Werte einiger Kondensatoren geringfügig veränderte.
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Sound des Marshall Bluesbreaker
Klinkt man den Boliden ein, wird schnell klar, wofür er konzipiert wurde. Sein Aufgabenbereich befindet sich erwartungsgemäß im Classic-Rock. Das bedeutet, seine Verzerrung liegt maximal im Crunch-Bereich, er soll ja schließlich den Sound eines Bluesbreaker-Verstärkers „imitieren“, der kein „Metal-Amp“ war, da solche damals schlicht noch nicht existierten.
Das Pedal klingt angenehm „linear“, die Frequenzen werden also nicht extrem verbogen, man findet keine Einstellung, die schlecht klänge. Erstaunlich ist, dass man den Volume-Regler mindestens bis auf 12 Uhr aufdrehen muss, um das sogenannte Unity-Gain, also eine etwa gleiche Endlautstärke zwischen dem Bypass-Signal und aktiviertem Effekt zu bekommen. Das ist letztlich erfreulich erfrischend, da die Lautstärke hier sehr feinfühlig einzustellen ist und nicht gleich „explodiert“, wie das bei der Mehrzahl der Verzerrerpedale geschieht, wenn man bei hoher Gain-Einstellung den Volume-Regler rechts der 9 Uhr Markierung positioniert.
Wir hören zunächst den klaren Kanal meines Peavey Classic, um einen besseren Vergleich zu erhalten, wie das Pedal klingt. Alle Regler stehen auf 12 Uhr.
Je weiter der Tone-Regler aufgedreht wird, desto mehr Biss und Aggressivität bringt der Sound mit sich. Für die hier zur Verwendung kommende Telecaster womöglich unnötig, bei einer fetten Les Paul durchaus wünschenswert.
Hier mit voll aufgedrehtem Gain-Regler. Tone steht auf 12 Uhr.
Bei voll aufgedrehtem Gain-Regler kann man sehr schön das Dioden-Clipping hören und dies auf eine sehr kultivierte und angenehm klingende Weise. Da ich mir einst einen Analogman Prince of Tone (Klon) „bastelte“, fällt tatsächlich ein nahezu identischer Sound zum Bluesbreaker-Pedal auf. Auch die Regler Tone und Gain reagieren identisch, man könnte also tatsächlich davon ausgehen, dass gewisse Boutique-Pedalschmieden sich bei der Schaltung des Bluesbreakers „bedienten“ und diese nur in einem kleineren Gehäuse unterbrachten und mit einem neuen Design versahen.
Hier nun mit mehr Höhen und einer Suhr Classic Strat (SSH) auf dem Steg-Pickup, man kann den „Marshallesquen-Sound“) heraushören.
Schließlich hören wir den Hals-Pickup der Suhr-Strat mit spielerischen Anleihen an Jimi.
Die Klangbeispiele wurden mit folgendem Equipment aufgenommen:
Fender Telecaster, Suhr Classic Stratocaster – Marshall Bluesbreaker – Peavey Classic 20 MH – MESA/Boogie 1 x 12″ Thiele Box mit Creamback Celestion Lautsprecher – Sennheiser e 609 – MOTU M4 – Mac Studio mit Logic.
Ich habe noch ein altes Original-Pedal, das nach wie vor mein go-to-Anheizpedal ist. Zwischendurch hatten die Gebrauchtmarktpreise recht absurde Höhen erreicht, daher ist es kein Wunder, dass Marshall mit der Neuauflage auch ein bißchen vom Hype abgreifen will.
Was ich wirklich schade finde und auch als Minuspunkt gesehen hätte: die Neuauflage ist so originalgetreu, dass sie ebenfalls keinen True Bypass hat. Das ist der größte Schwachpunkt des Originals, und je nachdem, wo es in der Kette hängt und welche Gitarre hineingeht, kann man das auch hören. Hier wurde eine Möglichkeit vergeben, ein wirklich tolles Pedal noch besser zu machen.