Ein Rectifier, der keiner sein will!
Mit dem Badlander bringt Mesa Boogie den Rectifier-Sound ins Hier und Jetzt – tighter, aggressiver und bereit für moderne Metal-Spielarten.
- Moderner Rectifier-Sound: Straff, aggressiv und voll auf heutige Metal-Genres abgestimmt – ohne Mid-Scoop und matschige Bässe.
- Durchdachte Ausstattung: Zwei Kanäle, CabClone IR, Variac-Mode, Powerscaling und USB-IR-Import machen den Amp extrem flexibel.
- Top Verarbeitungsqualität: Mesa-typisch solide gebaut mit EL34-Röhren und praxisnaher Bedienung.
- Professionell & kompromisslos: Für Bühne und Studio konzipiert – weniger geeignet für Bedroom-Producer oder Einsteiger.
Inhaltsverzeichnis
- Mesa Boogie Badlander
- Das Fazit vorab: Moderner Rectifier-Sound ohne Kompromisse
- Ein Rectifier, der keiner sein will
- Konstruktion und Ausstattung: Praxisorientiert ohne Schnörkel
- CabClone IR: Mehr als nur ein Gimmick
- Klangcharakteristik: Britische Aggression trifft amerikanische Power
- Variac vs. Bold: Zwei Charaktere in einem Amp
- Extended Range und Downtuning: Der Mesa Boogie Badlander in seinem Element
- Konkurrenzvergleich: Alleinstellungsmerkmale des Badlander
- Schwächen und Kritikpunkte
Mesa Boogie Badlander
Der Mesa Boogie Badlander 100 Head bringt die legendäre Rectifier-DNA ins 21. Jahrhundert und richtet sich an Gitarristen, die tightere, aggressivere Sounds für zeitgenössisches Metal und Hardcore suchen. Mit EL34-Röhren und verbesserter Mittentextur positioniert sich der Amp als moderne Alternative zum klassischen Dual Rectifier.
Das Fazit vorab: Moderner Rectifier-Sound ohne Kompromisse
Wer glaubt, hier eine weitere aufgewärmte Rectifier-Kopie in den Händen zu halten, wird schnell eines Besseren belehrt. Der Mesa Boogie Badlander ist das Ergebnis von über drei Jahrzehnten Verstärkerentwicklung und zeigt deutlich, dass Mesa Boogie die Kritikpunkte der Metal-Community ernst genommen hat. Statt des typischen Mid-Scoops und der mitunter schwammigen Bassanteile liefert der 100-Watt-Bolide einen straffen, durchsetzungsstarken Sound, der auch ohne externen Booster seine volle Wirkung entfaltet.
Für Gitarristen, die Extended-Range-Instrumente spielen oder in tiefen Stimmungen unterwegs sind, ist der Badlander eine sehr gute Wahl. Die kompakte Bauweise bei 18,5 kg macht ihn vergleichsweise transportabel, während das integrierte CabClone-IR-System schnelle Aufnahmen ermöglicht. Der Preis von knapp 3.000,- Euro ist selbstbewusst, aber angesichts der Leistung und Ausstattung gerechtfertigt. Käufer erhalten hier einen modernen High-End-Verstärker, der sich sowohl für Studio- als auch Live-Einsätze eignet.
Ein Rectifier, der keiner sein will
Die „neue“ Version des Mesa Boogie Rectifier unterscheidet sich grundlegend von ihrem Übervater, der vor über 30 Jahren das Licht der Welt erblickte. Um den klassischen Metal-Klang zu erreichen, war früher immer ein typischer Overdrive-Booster nötig – zumindest bei Gitarren mit passiven Pickups. Beliebt war etwa der TS9, der mit seinem Lowcut für etwas mehr „Luft“ im Klang sorgte. Ähnlich war es auch bei den JCM-Modellen aus den Achtzigern, die nur mit EMG-Pickups (aktive Alternativen gab es damals nicht) einen brauchbaren Rhythmussound lieferten.
Mesa Boogie beschreibt den Badlander als „tighter, meaner and more aggressive twist on the Dual Rectifier theme“ – und trifft damit den Nagel auf den Kopf. Bereits 2020 präsentierte der US-Hersteller seinen Versuch, einen Amp zu entwickeln, der den Anforderungen moderner Metal-Subgenres gerecht wird – inklusive Downtunings und Extended-Range-Gitarren.
Der grundlegende Unterschied zwischen dem Mesa Boogie Badlander und dem klassischen Rectifier zeigt sich schon beim Einschalten: Statt der gewohnten 6L6-Bestückung kommen hier serienmäßig EL34-Röhren zum Einsatz, die dem Amp einen deutlich strafferen Grundcharakter verleihen. Die Mittentextur wurde vollständig überarbeitet, der typische Rectifier-Scoop ist Geschichte. Per Schalter lässt sich der Betrieb aber auch auf 6L6-Röhren umstellen. Mit Abmessungen von 575 × 260 × 240 mm gehört der Badlander zur kompakten Klasse moderner Topteile.
Konstruktion und Ausstattung: Praxisorientiert ohne Schnörkel
Ja, der Mesa Boogie Badlander hat alles, was heutige Plugin-Bubis fürchten wie der Teufel das Weihwasser. Er ist groß, schwer, teuer – und er klingt hervorragend! Ich frage mich immer, wie „moderne“ Gitarristen ihren Wocheneinkauf nach Hause tragen. Wahrscheinlich vom Lieferservice oder in mehreren Tüten à maximal 5 kg – das scheint zumindest das Höchstgewicht zu sein, das man heute noch schultert, ohne zusammenzubrechen. Immerhin scheinen Gitarristen kräftiger zu sein als Bassisten, die oft nur noch eine DI-Box heben können. (Späßle!)
Die Bedienelemente sind klassisch Mesa-typisch angeordnet: Zwei identische Kanäle mit jeweils drei Modi stehen zur Verfügung, jeder Kanal verfügt über separate Regler für Master, Presence, Bass, Mid, Treble und Gain. Auf einen integrierten Reverb verzichtet Mesa Boogie konsequent – eine sinnvolle Entscheidung für einen derart auf Metal fokussierten Amp.
Interessant ist der On/Off-Schalter mit den Modi „Bold“ und „Variac“. Während „Bold“ den Standardbetrieb darstellt, reduziert „Variac“ die Betriebsspannung und beeinflusst sowohl Klang als auch Spielgefühl merklich. Das integrierte Powerscaling erlaubt zudem eine Reduktion der Leistung von 100 auf 50 oder 20 Watt – ein praxisrelevantes Feature, besonders für das Üben zu Hause.
CabClone IR: Mehr als nur ein Gimmick
Frühere Mesa-Verstärker arbeiteten noch mit rein analogen Cab-Clone-Systemen. Der Badlander nutzt hingegen moderne, IR-basierte Speaker-Simulation. Pro Kanal stehen acht verschiedene Impulse Responses zur Verfügung, entwickelt in Zusammenarbeit mit Two Notes. Die Auswahl basiert auf klassischen Mesa-Boogie-Cabs mit Vintage-30- oder C90-Speakern, inklusive einer 1×12″ Jensen-Box. Die Anwahl erfolgt über rückseitige Drehschalter – beide Kanäle sind identisch belegt.
Besonders praktisch: Der Mesa Boogie Badlander fungiert über USB als Speichergerät, sodass eigene IRs problemlos aufgespielt werden können – ganz ohne zusätzliche Software. Der Amp verhält sich wie ein übergewichtiger USB-Stick. Werks-IRs sollten vor dem Überschreiben gesichert werden, da ein Factory-Reset nicht vorgesehen ist.
Klangcharakteristik: Britische Aggression trifft amerikanische Power
Der Clean-Mode liegt klanglich zwischen amerikanischer Offenheit und britischer Direktheit. Bei niedrigen Gain-Einstellungen entstehen glasklare Sounds, ideal für Singlecoil-Pickups. Doch der Badlander ist hörbar für härtere Gefilde gebaut: Schon bei geringem Gain zeigt sich ein harmonischer Halbwellen-Cut, der sich für Classic-Rock besonders eignet.
Im Crunch-Mode geht es kerniger zu. Er deckt das Spektrum von körnigen Indie-Sounds bis zu härteren Rock-Riffs ab. Deutlich wird hier der Unterschied zum klassischen Dual Rectifier: Das Low-End bleibt straff, die Mitten treten klarer hervor und eine subtile „marshallische“ Note ist hörbar. Die Rectifier-DNA bleibt erhalten, wird aber um eine modernere Klangästhetik erweitert.
Im Crunch-Mode spielt der Mesa Boogie Badlander seine Stärken voll aus. Das Gain ist im Überfluss vorhanden, dennoch bleibt der Bassbereich kontrolliert. Die Saitentrennung erreicht die für Mesa typische Qualität und der Sound setzt sich auch in dichten Metal-Arrangements souverän durch.
Variac vs. Bold: Zwei Charaktere in einem Amp
Der Umschalter zwischen Bold und Variac mag auf den ersten Blick wie ein kleines Detail erscheinen, entpuppt sich aber als cleveres Feature. Bold liefert die maximale Definition und Kompaktheit, während Variac für ein weicheres, „looses“ Spielgefühl sorgt, ideal für 80s-inspirierte Riffs oder dynamischere Spielweisen.
Diese Flexibilität macht den Badlander zu einem erstaunlich vielseitigen Werkzeug, das sich sowohl für moderne Metal-Produktionen als auch für klassischere Rock-Anwendungen eignet. Das Powerscaling funktioniert dabei in allen Modi mit bewundernswerter Klangtreue.
Extended Range und Downtuning: Der Mesa Boogie Badlander in seinem Element
Besonders bei Extended-Range-Instrumenten und extremen Downtunings zeigt der Badlander seine wahren Qualitäten. Während klassische Rectifier bei tiefen Stimmungen oft schwammig werden, behält der Badlander seine Kontur und Definition. Die straffe Bassantwort verhindert matschige Low-End-Anteile, während die überarbeitete Mittentextur auch bei extremen Gain-Einstellungen für Klarheit sorgt.
Konkurrenzvergleich: Alleinstellungsmerkmale des Badlander
Im direkten Vergleich zum Dual Rectifier positioniert sich der Badlander als modernere, straffere Alternative. Wer den klassischen, „raumgreifenden“ Rectifier-Sound sucht, wird hier nicht fündig – der Badlander agiert grundsätzlich kompakter und kontrollierter.
Gegenüber modernen High-Gain-Konkurrenten wie z. B. dem EVH 5150 III oder Peavey 6550+ punktet der Badlander mit seiner überlegenen Dynamik und Pedalfreundlichkeit. Die für Mesa typische Auflösung und Klarheit bleibt auch bei extremen Einstellungen erhalten.
Schwächen und Kritikpunkte
Bei aller Begeisterung sollten auch die Schwächen nicht verschwiegen werden. Ein schaltbarer Effekt-Loop wäre wünschenswert, ebenso wie ein zusätzlicher, reiner Clean-Kanal. Ein integrierter Boost würde die Flexibilität erhöhen, auch wenn externe Booster problemlos funktionieren.
Mich persönlich stört sehr, dass Mesa Boogie fest davon ausgeht, dass man als Nutzer in Sachen 412er Cabinet ebenfalls auf Mesa Boogie setzt. Der Amp hat in der Tat keinen 16 Ohm Lautsprecherausgang, dafür aber 2x 4 Ohm, wenn man einen Mesa Boogie Fullstack fahren möchte. Alte Marshall Cabinets bzw. der überwiegende Teil aller 412er Boxen können somit nur mit Fehlanpassung gefahren werden.
Der Preis von knapp 3.000,- Euro positioniert den Badlander im High-End-Segment, wobei man bedenken muss, dass sich auch andere Mesa-Modelle wie der Triple Crown oder Mark VII jenseits der 4.000,- Euro Marke bewegen.


































Danke für die gute Review. Mir fehlt bei dem Sound eine gewisse „Wärme“, sagen wir mal „Vintage Distortion“ vom Typ Plexi bis aufgemotztem High-Gain-Plexi.
Aber dafür wurde er sicherlich auch nicht gebaut.
Nun, die eher aggressive (Metal-) Distortion ist einfach nicht jedermanns Geschmack.
Vielleicht ließe sich mit einem Clean-Sound in Kombination mit Pedalen etwas in diese Richtung erreichen, aber damit wäre es auch nicht mehr der Amp meiner Wahl.
@tubeheat Mir gefällt der Sound. Die leichte Kühle dürfte im Zusammenspiel mit der Band bzw. im Mix sehr positiv für einen aufgeräumten Sound sein.
Weißt ja: Was alleine für sich geil klingt – egal ob Gitarre oder Synth – geht im Proberaum unter oder nervt alle.
Ein interessanter Testbericht für einen, der seit 30 Jahren einen Triple-Rectifier (erst den Zwei-, dann den Drei-Kanaler) spielt. Ich habe viel Neues über meinen Amp erfahren.
Zu wenig Gain, TS9 nötig ? Lustig. Hat der Autor den Amp mit einem JCM 800er Marshall verwechselt ? Ich habe es gerne satt und fett verzerrt (Thrash-Metal-Sound wie z.B. Exodus) und musste weder im Vintage-, noch im Modern-Modus den Gain Regler jemals ganz aufdrehen. Nach Gain 3-Uhr kann es matschen, aber dann ist man selber schuld.
Mid-Scoop ? Nur wenn ich das so einstelle. Schwammig im Bass ? Nur wenn ich es übertreibe. Der Recto war der erste Amp, der eine tiefe H-Saite vernünftig übertragen hat. Dass moderne Amps das mittlerweile noch besser hinkriegen, nehme ich an.
Zum Badlander: Der eingebaute Cab-Clone ist eine super Idee und wäre der Hauptgrund, mir nochmal einen modernen Mesa-Amp zu kaufen. Das externe Gerät benutze ich ständig.
Wenn der Amp noch mehr zerrt, als ein alter Recto und das heute sein muss, haben sie bei Mesa wieder was richtig gemacht, mir reicht weniger. Den Variac kenne ich vom alten Modell, heißt da Bold oder Spongy und funktioniert bestens.
Die Umschaltung des Gleichrichters von Tube auf Solid State ist hier nicht erwähnt, falls nicht vorhanden wäre das ein entscheidendes Manko beim Badlander.
Das Fehlen eines schaltbaren FX-Loops ist bei dem Preis eine Unverschämtheit.
Die Sound-Files für Crunch und Crush überzeugen mich nicht.
@Quisatz-Haderach Bzgl. TS9, es geht nicht um Gain, es geht um die Frequenzstruktur, die eine entsprechender Booster dem klassichen Rectifier hinzu fügte.
Mit dem dezenten Mittenpeak und der Absenkung im Bassbereich hatte der Amp mehr Durchsetzungsvermögen im Bandkontext, nicht umsonst hatten alle meine Kollegen, die das Setup spielten, einen TS9 o. ä. zwischen Gitarre und Amp geschaltet.
Bzgl. Soundfiles, ich nehme die Amps ohne jede Pedale o. ä. auf und vor allem, ich bearbeite sie danach nicht weiter. Keinen EQ, keine Kompression, keinen Raum o. ä. sondern nur das reine Mikrofonsignal. Für eine prof. Aufnahme würde man hier natürlich nochmal entsprechend Änderungen vornehmen.
@Axel Ritt Okay, mir hat die Klangregelung des Recto genügt und ich war froh, einen Treter weniger benutzen zu müssen.
Bei meinem Meckern am Badlander fehlte mangels Platz: Die nicht vorhandene Boost-Möglichkeit ist bei dem Preis ebenfalls eine Unverschämtheit und schränkt die Bühnentauglichkeit doch sehr ein.
Die Soundfiles hätte ich genau so aufgenommen, so zeigen sie halt, was wirklich im Amp steckt. Die Kritik bezog sich daher nicht auf den Aufnehmenden, sondern auf den Klang des Verstärkers.
Greetz, Quisatz-Haderach
Die hier vorhandenen Soundbeispiele bestätigen meinen Eindruck, den ich in diversen Videos gewonnen habe.
Etwas steril kommt er rüber … nach meinem Geschmack.
Wenn ich nen heiß gemachten Marshall haben möchte, gehe ich zu Friedman.
VORSCHLAG:
Testet doch mal den VOX AC30 Handwired … ggf. mit nem historischen Abriss.
Das wäre interessant.
Also, Still got the blues von Gary Moore würde ich mit dem Amp nicht spielen. Dazu klingt er mir zu steril.
Hatte es schon bei anderer Gelegenheit geschrieben: Mesa neuer Ansatz, Kanäle komplett identisch auszulegen, macht sie für mich langweiliger. In älteren Amps auch der Rectifier-Reihe klangen selbst gleich benannte Soundmodi in unterschiedlichen Kanälen unterschiedlich, weil sich Details wie Presence-Regelung und Negative Feedback-Anteil unterschieden. Das machte das Erkunden für mich deutlich interessanter.