Wie gut klingt günstig?
Sortiert man bei Thomann die System 500 Komponenten nach “Günstigste zuerst” sind die ersten drei Module aus dem Hause Midas. Der Midas 502 V2 Preamp und der Midas 522 V2 Kompressor/Limiter machen für 155,- Euro den Anfang, dicht gefolgt vom parametrischen EQ Midas 512 V2. Bei solch günstigen Preisen bin ich ehrlich gesagt von Natur aus etwas skeptisch. 155,- Euro für einen Mikrofonvorverstärker im 500er Format? Was wird man dafür schon kriegen, außer vielleicht die Einsicht darüber, dass man doch lieber gleich etwas mehr Geld in hochwertigen Klang investiert hätte? Ich bin trotzdem gespannt, was mich beim Midas 502 V erwartet, denn bei meinem Test des Klark Teknik EQP-KT (ebenfalls ein Sprössling der Firma Music Tribe) wurde ich sehr positiv überrascht.
Es dürfte heute fast jedermann bekannt sein, das Uli Behringer mit seiner Firma Music Tribe hinter Namen wie Klark Teknik, Midas, TC Electronic, Tannoy und vielen anderen steckt. Es scheint als wolle Uli die Audiowelt erobern, was ihm besonders im Bereich der Synthesizer schon fast gelungen ist. Wie es möglich ist, solch günstige Preise für Audio-Equipment aufzurufen, bleibt mir Rätsel. Ein wichtiger Faktor dürfte aber die moderne Music Tribe Produktionsstätte in China sein.
Midas 502 Preamp in neuer Version
Der vorliegende Midas 502 Preamplifier kommt in der 2. Version und trägt daher den Zusatz V2. Die Typenbezeichnung 502 hatte Behringer übrigens schon vor Jahrzehnten für einen 19 Zoll Preamp verwendet, der Midas 502 V2 hat damit aber nichts gemein. Leider ist über die genauen Unterschiede zur ersten Version wenig zu erfahren. Meinen Recherchen zufolge war die Vorgängerversion mit einem zuschaltbaren Übertrager ausgestattet. Dieser fehlt in der neuen Version. Laut Handbuch ist das Schaltungsdesign des Midas 502 V2 Preamps identisch zu jenen Vorverstärkern, die in den Midas Pro Konsolen verbaut werden. Das lässt aufhorchen, denn diese Mischpulte bewegen sich immerhin in einem Preisbereich zwischen 6.000,- und 25.000,- Euro. Die Filtersektion wiederum wurde den klassischen Midas XL4 Konsolen entlehnt, die mit noch viel höheren Preisen zu Buche geschlagen haben.
Lieferumfang
Ich bin etwas erstaunt vom hohen Gewicht des gelieferten Kartons und traute meinen Augen kaum, als ich darin eine hochwertig verarbeitete Holzbox entdecke. Ein 500er Modul, das in einer Holzbox geliefert wird? Das grenzt ja schon fast an Dekadenz.
Klar, einerseits hebt es das Gefühl der Wertigkeit für den Kunden, andererseits ist die Frage berechtigt, welchen Zweck ein Holzetui bei einem 500er Modul erfüllt. Bei einem Mikrofon ist so etwas sinnvoll (und manch renommierte Hersteller könnten sich an der schönen Holzbox ein Beispiel nehmen), aber ein 500er Preamp wird ohnehin sofort nach der Lieferung in ein Rack eingebaut und benötigt keine hübsche Aufbewahrungsbox. Im Sinne der Nachhaltigkeit und im Zeitalter ressourcenschonenden Handelns würde mich als Kunde das schlechte Gewissen packen, dass für diesen sinnlosen Zweck ein Baum sein Leben lassen musste.
Der Preamp selbst macht einen soliden Eindruck. Die Potikappen wirken nicht ganz so hochwertig wie bei den Vorbildern, die Potis selbst aber haben einen guten Drehwiderstand und fühlen sich sehr solide an. Nichts wackelt, alles sitzt fest und lässt sich gut bedienen. Auch die Druckschalter machen eine gute Figur und die Metallverarbeitung und Lackierung wurde sorgfältig ausgeführt. Im Lieferumfang befindet weiterhin eine gedruckte englische Bedienungsanleitung mit den wichtigsten technischen Informationen zum Gerät.
Bedienelemente im Detail
Das große gerasterte Poti an der Oberseite des Midas 502 V2 regelt die Höhe der Vorverstärkung in 12 Schritten zwischen 0 dB und +60 dB. Ein LED-Kranz gibt in 4 dB Schritten Auskunft über die Signalstärke.
Darunter befindet sich ein roter Schalter zur Aktivierung der Phantomspannung. Es folgt die Filtersektion, angeführt von einem (bei einem Preamp selten anzutreffenden) Lowpass-Filter, das über einen Regelbereich zwischen 40 kHz bis 1 kHz verfügt. Das Highpass-Filter agiert zwischen 10 Hz und 400 Hz und hält die tiefen Frequenzen im Zaum. Aktivieren lassen sich die beiden Filter mit Schaltern auf der rechten Gehäuseseite. Der blaue Schalter in der Mitte dient der Phasenumkehr, der grüne Schalter mit der Aufschrift „TX“ aktiviert einen zweiten Ausgangskanal, wenn der 500er Rahmen ein Aux Option anbietet. Dadurch lässt sich beispielsweise ein Signal direkt in den Wandler und ein zweites Signal durch eine Effekt-Sektion schleifen. Abschließend gibt es noch einen stufenlosen blauen Output-Regler, der das Signal um 20 dB absenken oder anheben kann. Zusammen mit den oben erwähnten +60 dB stehen beim Midas 502 V2 also ganze +80 dB Verstärkungsleistung zur Verfügung. Für einen Preamp dieser Preisklasse sind das ungewöhnlich hohe Leistungsreserven. Zur optischen Kontrolle des Ausgangssignals ist auch dieses Ausgangspoti von einem LED-Ring umgeben, der die Signalstärke anzeigt.
Technische Daten des Mikrofonvorverstärkers
Neben den bereits erwähnten 80 dB Verstärkungsleistung interessieren vor allem die damit verbundenen Rauschwerte. Diese liegen laut Datenblatt bei sehr guten -127 dBu (60 dB Gain, 150 Ohm Quelle). Steht der Gain-Regler auf 0 dB, kann der Preamp Signale bis + 24 dBu im Eingang verkraften. Daher bietet sich der Midas 502 V2 auch für Line-Signale an.
Harmonische Verzerrungen liegen laut Hersteller bei unter 0,005 % (1 kHz), bei +20 dBu steigen diese auf 0,01 % an. Die Eingangsimpedanz liegt bei 10 kOhm, die Impedanz des Ausgangs bei 50 Ohm. Phantomspannung ist oft ein heikles Thema, denn manch billige Preamps liefern nicht genügend Spannung – je nach verwendetem Mikrofon kann das erhebliche klangliche Auswirkungen haben (ich habe schon sehr teure Preamps gemessen, die statt der offiziellen 48 Volt nur 26 Volt bereitgestellt haben …) Der Midas 502 V2 liefert konstante 48 Volt bei 7 mA, das sind identische Werte im Vergleich zum RME UFX.
Der 502 V2 Mikrofon-Preamp im Studio
Für den Praxistest verbaue ich den Vorverstärker im neuen Bento 8 Pro Rack von Fredenstein, das ich vor Kurzem einem Test unterziehen konnte. Der Einbau selbst verläuft ohne Probleme, alle Bohrungen des Midas 502 V2 sind passgenau, es gibt keinerlei überstehende Kanten, denn diese sind abgerundet.
Die insgesamt 27 LEDs sind in ihrer Helligkeit sehr gut abgestimmt und es lässt sich wunderbar damit arbeiten. Bei einigen Konkurrenten hat man ja inzwischen das Gefühl, es würde sich bei den verbauten LEDs um Laserpointer handeln, die einem die Augen verbrennen sollen – das ist beim Midas 502 nicht der Fall. Die Tatsache, dass auch alle Schalter hintergrundbeleuchtet sind, vereinfacht die Erkennung der aktuellen Einstellungen.
Bevor es an den Klang geht, teste ich das Grundrauschen und ich muss sagen, ich bin doch schwer begeistert – der Midas verhält sich ausgesprochen ruhig im Betrieb. In dieser Hinsicht steht er den Preamps von API, RME oder Rupert Neve Design in nichts nach. Das ist schon mal sehr erfreulich – aufgrund des fehlenden Trafos gibt es auch keinerlei Brummgeräusche oder sonstige Einstreuungen.
Wer also gern mit Bändchenmikros arbeitet oder ein dynamischer Leisetreter wie das Shure SM7B oder Electro Voice PL-20 benutzt, kann das Signal mit dem Midas rauschfrei verstärken.
Bleiben wir gleich beim Thema Bändchenmikrofone. Im Moment habe ich ein paar besondere Schmankerl aus dem Hause Extinct Audio im Studio, die ich euch nicht vorenthalten will. Das Black Ops eignet sich hervorragend für die Abnahme am Gitarrenamp und als Vergleichsgerät kommt der API 512c zum Einsatz. Dieser ist mit Übertrager ausgestattet und kostet mehr als das Sechsfache als der Midas 502 V2. Beide Preamps werden „heiß“ angefahren, beim API steht der Gain-Regler auf 2 Uhr, beim Midas füge ich 45 dB hinzu:
Der Unterschied fällt geringer aus als erwartet. Der API prescht in den oberen Mitten weiter nach vorne und klingt einen Tacken spritziger und lebendiger – aber: nach oben hin wird die Luft dünner wir reden hier doch von Nuancen. Hier die gemessenen Unterschiede im Frequenzspektrum:
Ein anderes Mikrofon, eine Positionsänderung um wenige Zentimeter hat bedeutend größere Auswirkungen auf den Klang. Probieren wir das doch gleich mal aus und lassen das Shure SM7B antreten. Das Sample ist identisch:
Zwar ist bei einer Crunch-Gitarre nach oben hin bei 6-7 kHz Schluss, aber mein erster Eindruck ist durchaus positiv. Was der Midas 502 V2 hier abliefert, ist wahrlich nicht schlecht. Testen wir doch gleich das Highpass-Filter. Bändchenmikrofone sind ja bekannt dafür, dass sie unten rum mächtig auftragen. Das Extinct Audio Black Ops geht klanglich sehr stark in die Royer 121 Richtung und ist in diesem Bereich schon schlanker als die Konkurrenz, trotzdem lässt sich noch etwas wegnehmen. Hier drei Beispiele mit dem Regler des Highpass-Filters auf 12 Uhr, 3 Uhr und voll aufgedreht:
Mein Favorit ist das zweite Beispiel, bei dem der Bassbereich zwar noch vorhanden, aber „aufgeräumt“ ist. Im folgenden Beispiel sehr ihr die Arbeitsweise der beiden Filter auf 12 Uhr Position:
Harmonische Vielfache lassen sich übrigens selbst bei hoher Aussteuerung des Midas 502 V2 nicht wirklich messen. Egal ob bei 0 dBu oder bei +20 dBu – meine Messung zeigt keinerlei nennenswerte Unterschiede. Der Midas ist also kein Färber. Hier ein Beispiel an der Akustikgitarre in Verbindung mit dem neuen Oktava MK-115, das sich sehr gut für diesen Einsatz anbietet:
Das „Eisen“ des API 512 trägt zu einem etwas dreidimensionaleren und insgesamt wertigeren Klang bei, der Midas klingt hier ein wenig „matt“ im Vergleich. Das ist aber Nörgeln auf hohem Niveau.
Das Lowpass-Filter bietet sich an, wenn man einem eventuell scharfen Höhenbereich billigerer Kondensatormikrofone Einhalt gebieten will. Auch für manche Instrumente wie Tamburin, Schellenkranz etc. kann es von Vorteil sein, die hohen Frequenzen etwas abzuschneiden.
Hier noch ein Beispiel mit einem Neumann BCM 104 Sprecher-Mikrofon. Ohne Lowpass-Filter, bei 12 Uhr und bei 8 Uhr (ganz heruntergedreht):
Die S-Laute hören sich beim zweiten Beispiel schon deutlich angenehmer an und für den Zuhörer liegt der Fokus mehr auf der Stimme. Der Midas 502 V2 bietet mit seinen beiden Filtern wirklich sehr praxistaugliche Möglichkeiten, den Klang vor der Aufnahme positiv zu formen.
Schön, das es zur den MIDAS 500tern auch mal einen Test gibt. Das klingt ja hervorragend, hätte ich aber auch nicht vermutet. Zu der Holzbox: Du musst bedenken, das nur wir Deutschen das, weil wir so auf Öko getrimmt sind, als negativen Punkt betrachten. In allen anderen Ländern freuen sich die Kunden an der edlen Optik und fühlen sich umschmeichelt, und dort wird das dann als Pluspunkt bewertet. Wobei eine Holzbox ja eigentlich nachhaltig ist, und besser als ein Plastikcase. Oder sollte Behringer speziell für uns Weltenretter eine spezielle Packung machen?
@[P]-HEAD Genau. Ausserdem gibt es derzeit dermaßen viel Nadelholz, das aus den Wäldern geholt werden muss, weil die Bäume den Klimawandel nicht überleben, dass ein paar Kisten wirklich nicht mal am Rand zählen. Wenn die Kiste nicht gefällt, in den Ofen damit und sie ist CO2-neutral entsorgt.
Eine Plastikschachtel ist schlechter, eine Pappkiste kaum besser.
Man kann ja eine Weihnachtskrippe reinbasteln.
Da Midas draufsteht haette mich interessiert wie es den klanglich aussieht wenn man uebersteuert. Beim XL4 ist das bei Rock Drums (vor allem Snare und Toms) haeufig sehr interessant fuer den sound und man kann sich manchmal sogar (zumindest live) den kompressor sparen.
Die Holzbox finde ich nachhaltig. Sie eignet sich als Kleinteilebox etc. .
Eine Plastikverpackung oder Pappe ist im besten Fall für die entsprechende Tonne.
Tegeler liefert seine Geräte in einer Holzkiste, die man für Servicefälle aufheben sollte. In beiden Fällen lebt der Baum weiter.
PS.: Midas hat auch zwei, für sechs oder zehn Module, passende Lunchboxes im Programm.
@Franz Walsch Hi Franz, hast du Erfahrung mit den beiden Midas Lunchboxen? Bei mir hat die 6er-Version leider oszilliert und laute Pfeiffgeräusche von sich gegeben…
@Raphael Tschernuth Die Midas 500- Module gefallen mir sehr, aber für mich passt ein Modulsystem akuell nicht zu meiner Arbeitsweise.
Die »Midas Legend L6« Lunchbox kommt bei den »T«-Käufern gut an, obwohl es auch dort Berichte zu Nebengeräuschen gibt, die aber nicht auf die Aufnahme gelangen.
Bei dem geringen Preisunterschied würde ich auch eher die
»Midas Legend L10« Lunchbox kaufen.
@Franz Walsch Bei wenigen Modulen hatte ich kein Problem – bei Vollauslastung (selbst mit sehr stromsparenden Modellen wie dem API 512c) kam der „Tinitus“
Leider scheint das Problem sehr weit verbreitet zu sein. In vielen Foren gibt es Einträge dazu. Auch wenn das Pfeifen selbst „nur“ aussen hörbar ist, kann man weder in der Regie noch im Aufnahmeraum (wo es die Mikros wieder auffangen würden) damit arbeiten.
Hi Raphael,
was mir an dem Preamp gefällt ist die durchdachte Ausstattung. Klanglich höre ich da schon deutliche Unterschiede zum API. Der Midas klingt etwas flach, zweidimensional und wenig impulsfreudig.
Da frage ich mich immer, ob sich da eine Anschaffung in dem Preisbereich lohnt oder ob das nicht jedes Mittelklasse Audio-Interface genau so liefern kann. Der Formfaktor ist bei Outboard Equipment natürlich immer höher, klar.
Einen kleinen Denkfehler möchte ich noch anmerken: Das Output Gain ist i.d.R. zur Anpassung an die weitere Verarbeitungskette und sollte nicht mit dem Input Gain summiert werden. Was der Input nicht liefert, lässt sich hier auch nicht mehr klanglich aufholen. Der Preamp liefert also eine durchaus ausreichende Verstärkung des Eingangssignals von +60 dB plus eine Ausgangsanpassung zum Wandler oder anderen Bearbeitungsketten.
Übrigens sehr interessant, die Extinct Audio Mics, kannte ich noch gar nicht. Gehen auch preislich noch…
Grüße Armin
@Armin Bauer Hi Armin, vor allem beim Thema Rauschen können meines Erachtens sehr viele Interface Preamps bei weitem nicht mithalten. Das SM7 erlebt durch Youtube ja gerade eine Renaissance und viele Einsteiger können sich mit dem Midas eine hohe, rauschfreie Verstärkung leisten und sich Zubehör wie den Triton Fethead sparen. Auch beim Thema Bedienbarkeit ist der Midas natürlich viel schneller einzustellen als viele Interface Preamps bei der man erst in der Software zu den jeweiligen Einstellungen kommt. Daher können ein oder zwei externe Preamps auf jeden Fall Sinn machen. :)
@Armin Bauer Die Extinct Audio Mikros kann ich übrigens sehr empfehlen! Das Black Ops geht stark in Richtung Royer 121 und das Valkyr ist ausgezeichnet als Overhead Stereo Mikro. Wir haben gerade eine Session damit gemacht und der Drummer war absolut begeistert… :)
Hier der Link: https://www.extinctaudio.co.uk/
Der Midas EQ ist schon im Studio und kommt ebenfalls bald! :)