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Test: Millennia TD-1, Twin Direct Recording Channel

Das Studio Multi-Tool

14. August 2020
millennia td 1 test

Millennia TD-1, Twin Direct Recording Channel

Seit nun gut 30 Jahren entwickelt und baut der amerikanische Hersteller Millennia aus Kalifornien hochwertiges und viel gelobtes Audio-Equipment. Eine Sonderstellung nimmt in der Produktpalette sicher der hier zu testende TD-1 ein, in den Einflüsse aus einer Vielzahl von Millennia Produkten mit eingebracht wurden. Schauen wir uns den 1-Kanaler doch mal genauer an.

Auspacken

Der TD-1 kommt gut geschützt in einem Pappkarton an. Vier dicke Gummifüße und ein stabiler Haltegriff liegen bei und können selbst angeschraubt werden. Dabei ist auch eine Hochkant-Montage möglich. Optional sind Rack-Winkel erhältlich um zwei Units zu einer 19“-Einheit zu verbinden. In der Höhe braucht der TD-1 2 HE, die Tiefe inklusive der Potis kommt auf ca. 34 cm.

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Das Gehäuse ist rundherum aus massivem Stahlblech, die Frontplatte aus dickem Aluminium gefertigt und ist schwarz glänzend lackiert. Auch die geriffelten Potiknöpfe bestehen aus diesem Material.

Millennia TD-1

Superdicke Stahlbleche

Alle Taster sind zur Funktionskontrolle hintergrundbeleuchtet. Die solide Bauweise schlägt sich im Gewicht nieder, ganze 7 kg bringt das Gerät auf die Waage. Alle Potis laufen sehr smooth, die beleuchteten Buttons sind alle per Relais geschaltet und arbeiten ohne jegliches Knacksen.

Mitgeliefert wird eine DIN-A5 Bedienungsanleitung, die auf ganzen 38 Seiten Infos und Möglichkeiten zu dem Edel-Preamp liefert.

Millennia TD-1

Geht auch als schicke Herrenhandtasche

Die Möglichkeiten

Bevor wir uns die vielfältigen Ein- und Ausgangsvariationen im Detail anschauen, wollen wir kurz zusammenfassen, was mit dem TD-1 alles möglich ist.

  • DI-Box für Instrumente, schaltbar als Transistor- oder Röhreneingang
  • Line-Input
  • Mikrofon-Vorverstärker aus dem HV-3
  • Speaker-Soak zum Anschluss eines Verstärkerausgangs
  • Reamping-In- und Outputs
  • 2-Band vollparametrischer EQ aus dem NSEQ-2
  • Kopfhörerverstärker

Wie das alles verschaltet ist und welche Optionen sich ergeben, sehen wir im nächsten Kapitel.

Vorder- und Rückseite des Preamps

Fangen wir mit den Eingängen an und ordnen diese den entsprechenden Schaltern zu. Links auf der Frontplatte befinden sich ein Klinken- und ein XLR-Input. Klinke ist unsymmetrisch und kommt für Instrumente und Signale aus Endverstärkern zum Einsatz. Für diesen Verwendungszweck ist der Speaker-Soak-Button vorhanden, ansonsten kann der Preamp durch die Leistung beschädigt werden.

Für den Klinkeneingang stehen drei Impedanzen zur Verfügung. Standard ist die hohe Impedanz von 10 Megaohm, mit zwei Schaltern sind auch 2 Megaohm und 470 Kiloohm möglich. Da ist, je nach Signal, ausprobieren angesagt. Dieser Eingang verfügt außerdem über einen Ground-Lift-Schalter. Eine Besonderheit ist die Twin-Topology, der DI-Input verfügt über zwei Vorverstärker, Transistor und Röhre, zwischen denen mit dem entsprechenden Button rechts außen umgeschaltet wird.

Millennia TD-1

Ganz schön voll

Darunter liegt der Input-Select, der vom Klinken- zum XLR-Eingang umschaltet. Dabei befindet sich der Line/Reamp-XLR auf der Vorderseite, den Mikrofoneingang finden wir auf der Rückseite der Einheit. Für diesen ist natürlich eine 48 V Phantomspeisung vorhanden.

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Gemeinsam für alle Inputs wirken der Phasendreher und der -20 dB PAD Schalter.

Auch der EQ kann für alle Eingangssignale zugeschaltet werden und er ist extrem flexibel aufgebaut. Die tiefe Frequenz reicht von 20 – 250 Hz, die hohe von 200 Hz bis 2,5 kHz. Diese Frequenzen lassen sich jeweils mit einem Taster um den Faktor x10 erhöhen. Beide Bänder besitzen ein Poti für die Güte von 4,0 bis 0,4 und einen großen gerasterten Drehknopf, der das Gain von -15 dB bis +15 dB in 1,5 dB Schritten regelt. Jedes Band ist zudem einzeln ein- und ausschaltbar.

Das Gain wird für alle Eingänge mit einem gemeinsamen Poti geregelt, das für Mic In 65 dB Verstärkung zulässt, bei allen anderen Anschlüssen liegt der Wert bei +45 dB.

Drei LEDs informieren über den Betriebszustand, Power, Signal und Overload.

Nochmals richtig spannend wird es auf der Rückseite. Hier befinden sich massig Ausgänge, die gleichzeitig das Eingangssignal wieder ausspielen. Doppelt vorhanden sind die Main-Ausgänge, die symmetrisch und unsymmetrisch vorhanden sind und zudem XLR- und Klinkenbuchsen bieten. Dazu gesellt sich der XFMR-Ausgang, der mit einem Übertrager arbeitet und über einen eigenen Ground-Lift-Schalter verfügt. Auch ein Direct-Out als Klinke ist vorhanden, der das DI-Signal unbearbeitet wieder weiterleitet.

Millennia TD-1

Auch die Rückseite gut bestückt

Eine weitere Besonderheit sind die beiden Reamp-Ausgänge, die unterschiedliche Übertrager im Signalweg haben. So soll Reamp I die Charakteristik einer Les Paul mit Humbucker simulieren, Reamp II ist für Strat Spieler mit Singlecoils vorgesehen.

Als letzter Ausgang ist noch ein Kopfhörerausgang zu finden, der in der Lautstärke mit einem versenkten Mini-Poti angepasst wird.

Neben Netzbuchse und Sicherungshalter ist noch ein weiterer Earth-Ground-Lift zu finden, der universell auf die gesamte Schaltung wirkt. Weitere Möglichkeiten für Ground-Lift, Bufferung oder Polarität lassen sich im Inneren des TD-1 über Jumper realisieren.

In Betrieb

Nachdem wir uns nun einen Überblick über die vielfältigen Einsatzgebiete des TD-1 geschaffen haben, wie klingt der Bolide denn nun?

Ich starte mit dem E-Bass. Bei meinem ersten Versuch möchte ich den direkten Sound, den Main-Out und den trafosymmetrierten Ausgang miteinander vergleichen.

Das scheitert daran, dass die ausgegebenen Pegel sehr unterschiedlich sind, d. h. beim Normalisieren der Spuren treten beim Direct-Out (-25 dB) und beim Trafo-Out (-30 dB) die Nebengeräusche stark in den Vordergrund. Der Direct-Out ist also vorwiegend dazu gedacht, das originale Signal unverstärkt an eine weitere Einheit zu schicken, der Trafo-Out wird benutzt, wenn das Main-Signal zur Weiterverarbeitung ansonsten zu stark ist.

Also gehen wir direkt zum nächsten Punkt über, dem Vergleich von F.E.T.- und Röhrenvorstufe.

Die fette Grundcharakteristik ist in beiden Versionen vorhanden. Die F.E.T.-Stufe klingt klarer und drahtiger, die Röhre liefert mehr Punch und geht leicht in die Kompression. Beide Varianten liefern ein druckvolles Ergebnis, das sich gut im Mix durchsetzt.

Deutlicher sind die Unterschiede bei der akustischen Gitarre zu hören.

Während die F.E.T. Spur auch hier klar klingt, wirkt die Röhre hier durch fehlende Präsenz doch etwas matt. Da versuche ich nun, mit der Impedanzumschaltung gegenzusteuern.

Und tatsächlich, mit der Reduzierung der Standard-Impedanz von 10 Megaohm zu 470 Kiloohm sind die Höhen wieder da und das Signal klingt auch mit Röhre durchsetzungsfähig und plastisch. Für den passiven Bass hatte ich keinen großen Effekt bei der Impedanz-Umschaltung erzielt, bei der akustischen Gitarre sind hörbare Unterschiede da, so dass auch hier die Röhrenvorstufe eine gute Option ist.

Insgesamt macht der TD-1 als Instrumenten-D.I. eine prima Figur, die gute und druckvolle Sounds anbieten kann.

Millennia TD-1

Jetzt mal alle Lämpchen an

Weiter machen wir mit den Reamp-Ausgängen. Hier soll eine schon gemachte Aufnahme in Impedanz und Pegel an ein originales Instrument angepasst werden, um so eine zu saubere Überspielung zum (RE-) Amp zu vermeiden. Dabei simuliert Reamp 1 ein Singlecoil-Instrument, wie z. B. die Stratocaster, Reamp 2 ist für Humbucker-Gitarren prädestiniert. Zum Vergleich hätte ich da gern den Direct-Out mit hinzugenommen, der ist in dieser Konstellation aber leider nicht mit im Signalweg. So kommt die originale Zuspielspur aus zwei verschiedenen Logic Gitarren-Samples zum Einsatz.

Nun, leichte Unterschiede sind schon da. So wird die funky Gitarre durch die beiden Reamp-Ausgänge etwas komprimiert und klingt dadurch lauter. Auch scheint sie bei Reamp 1 ein wenig runder und gefälliger mit mehr Bauch zu klingen. Auch die verzerrte Einspielung bekommt hier etwas mehr Volumen und Räumlichkeit. Minimal sind hingegen die Unterschiede zwischen Original und Reamp 2. Insgesamt bisher ein Ergebnis, das zwar Nuancen rausarbeitet, aber keine weltbewegenden Verbesserungen erzielt.

Dem will ich noch etwas näher auf den Grund gehen. Auch für den Instrumenten-Input sind die Reamp-Ausgänge verfügbar, hier können sie also mit dem Direct-Out verglichen werden. Das erledige ich anhand einer Bass-Einspielung.

Hier ist wieder bei Reamp 1 eine deutliche Klangveränderung zu hören, die das Instrument nicht unbedingt charakterisiert. Nun, für E-Bass soll auch, laut Anleitung, der zweite Ausgang gut geeignet sein. Hier kann ich nun nur minimale Änderungen wahrnehmen. Zudem sind beide Ausgänge gegenüber dem Main-Out stark im Pegel reduziert, also ist auch diese (definitiv so nicht von Millennia vorgesehene) Vorgehensweise wenig erfolgreich.

Millennia TD-1

Das Schaltdiagramm

Jetzt ist der TD-1 aber nicht nur ein D.I.-Preamp, sondern er hat auch noch einen Mikrofonkanal des HV-3 mit an Bord. Ein schöner Zufall, dass ich den HV-3C hier im Rack habe, so kann ich einen direkten Vergleich durchführen.

Ganz identisch sind die beiden Aufnahmen nicht, der Mikrofonspezialist HV-3C bietet „ein Mü“ mehr Auflösung in den Höhen und Straffheit in den Mitten. Das ist aber nur im direkten Vergleich zu hören, der Mic-Input im TD-1 ist ein waschechter HV-3. Und eins hat er dem 19“-Zweikanaler voraus, es ist noch ein umfangreicher EQ mit an Bord. Den hören wir uns jetzt noch an. Ich nehme eine schmalbandige Betonung von 3 dB bei ca. 100 Hz und eine breitere Absenkung um 4,5 dB bei 15 kHz vor. Durch die Vollparametrik und den Frequenzumfang von 20 Hz bis 25 kHz bietet der EQ einen weiten Funktionsspielraum.

Millennia TD-1

Der EQ in Betrieb

Wie wir hören, kommt durch die Anhebung der Bass schön zum Tragen und stellt sich dominant dar. Die Höhen werden zu stark beschnitten, das ist dem Vorführeffekt geschuldet. Trotzdem klingt auch diese recht starke Klangbeeinflussung durchaus natürlich und musikalisch. Der 2-Band-Equalizer ist also mehr als eine nette Zugabe, er wertet den guten Grundklang des Gerätes nochmals deutlich auf.

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Fazit

Der Millennia TD-1 ist nicht ganz einfach zu beurteilen. Er bietet sich als hochwertige D.I. für Instrumente an, da ist er durch die Umschaltung F.E.T./Röhre und die drei Impedanzstufen sehr flexibel. Zudem kann der Sound noch mit der hervorragenden 2-Band-Klangregelung verfeinert werden.

Die kommt auch dem Mic-Preamp zugute, der auf den HV-3 aufbaut und zu 98 % die Qualität des Spezialisten HV-3C erreicht.

Nicht ganz schlüssig sind für mich die zahlreichen Ausgänge. Durch die unterschiedlichen Ausgangspegel ist die Vergleichbarkeit hier nicht gegeben. So hatte ich mir beim trafosymmetrierten Ausgang eine weitere Klangnuance versprochen, geliefert wird eine 10 dB (-35 dB zum Main-Out) Abschwächung zum Eingangssignal. Auch von den Reamp-Ausgängen hatte ich mir mehr versprochen.

Aber vielleicht deckt sich in diesen Punkten meine Erwartungshaltung schlicht nicht mit den Vorgaben der Entwickler, deshalb vergebe ich für das Allround Talent trotzdem die volle Punktzahl.

Plus

  • toller Instrumenten-Preamp
  • sehr neutraler Mic-Preamp
  • vollwertige 2-Band-Klangregelung
  • zahlreiche Recording-Möglichkeiten
  • extrem massive Bauweise, sehr gute Komponenten

Minus

  • Reamp-Funktion bei mir recht wirkungslos
  • Preis

Preis

  • 2.435,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    mdesign AHU

    das ding ist zweifelsohne von hoher auditiver qualität, es entspringt aber der gedankenwelt von designern, die auch am hummer mitgewirkt haben könnten. und es erschließt sich mir nicht, warum alle seiten massiv stoßgeschützt sind, nur die frontseite nicht …

  2. Profilbild
    Jante Loven

    Ich habe den MILLENNIA TD-1 seit einigen Jahren und bin sehr zufrieden damit. Benutze ihn aber zu 99% als Mic-Pre. Ich kann KEINEN Unterschied zum HV-3 feststellen und der EQ ist wie im Test erwähnt ein großer Vorteil, weil er sehr gut klingt und eine schnelle Korrektur schon vor der Aufnahme erlaubt. der TD-1 ist mein Lieblingspreamp!

  3. Profilbild
    Armin Bauer RED

    Gratulation zu dem Preamp. Ganz identisch sind die Mic Stufen im TD-1 zum HV-3C tatsächlich nicht, aber ich revidiere mein Fazit von 98 auf 99% :-)
    Im realen Betrieb ist da sicher kein Unterschied zu hören, der HV-3C hat vorwiegend Vorteile für Stereoaufnahmen durch die gerasterten Gain Stufen.
    Wenn ich nur einen Kanal bräuchte käme für mich sicher auch der TD-1 in Frage.

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