Ein ernsthafter Gegner für Traktor, Serato & Co.?
Unser letzter Test von Mixvibes CrossDJ DJ-Software stammt aus dem Jahr 2014 und beschäftigte sich mit der Version 3 der DJ-Software. Mit der Mixvibes CrossDJ 4 ist man nun nach einiger Zeit bei Version 4 angelangt. Höchste Zeit also, mal wieder ein bisschen genauer hinzusehen – schließlich ist es immer gut zu wissen, was sich abseits der Platzhirsche Serato DJ Pro, Traktor DJ und Rekordbox DJ oder auch Virtual DJ tut.
Ein bisschen kann man noch sehen, dass Rekordbox DJ eigentlich ein Ableger von CrossDJ ist, aber auch, dass die Entwicklung schon geraume Zeit getrennte erfolgt.
Layout von Mixvibes CrossDJ 4
Das GUI präsentiert sich aufgeräumt und flach und insgesamt im für DJ-Apps normalen Rahmen. Dominiert wird die Bildschirmdarstellung der DJ-Software von den Waveformes, die sich in verschiedenen Farbmodi darstellen lassen. Ich bevorzuge ganz prinzipiell und systemübergreifend die RGB-Darstellung, bei der die Farben Rückschlüsse auf das Frequenzspektrum der geladenen Tracks zulässt. Eine Besonderheit gegenüber den Mitbewerbern ist die Flexibilität, wie die Waveformes sich über den Bildschirm verteilen.
Mit einem Doppelklick auf den Deckbuchstaben wird die Wellenform dieses Decks über die ganze Breite des Bildschirms aufgezogen, was sehr hilfreich für die Trackvorbereitung sein kann. Ein Klick ins Zentrum des Phasenmeters zoomt sehr weit in die Übersichtswellenformen, streckt beide Wellenformen über die gesamte Bildschirmbreite und ordnet sie übereinander an. Damit lässt sich die Phasenlage der beiden Tracks sehr detailliert beurteilen. Das Phasenmeter an sich ist ein Kreis, was ich sehr anschaulich finde.
Ebenfalls sehr gut gelöst finde ich die Anordnung der Mixerelemente, die abweichend von der senkrechten Kanalzuglogik, wie man sie von der Hardware kennt, unter den Wellenformen angeordnet und eher horizontal verteilt sind. Das nutzt den Platz am Bildschirm besser. Apropos Platznutzung: Alle Mixerelemente, die Transportfunktionen, die Effektsteuerung und der Sampler lassen sich getrennt direkt auf dem GUI verstecken. Vorbildliche Nutzung der Bildschirmfläche, die -vor allem am Laptop, nie ausreicht.
Die Schalter dafür befinden sich am oberen Rand der Oberfläche, wo sich auch Abletons LINK und Quantize aktivieren lassen, die Aufnahme gestartet und der Master- bzw. Kopfhörerpegel eingestellt wird. Bis auf die ein wenig versteckten vorher erwähnten Schalter zur Veränderung der Wellenformdarstellung erschließt sich die ganze Oberfläche sehr schnell und wirft keinerlei Fragen auf, wenn man in seinem Leben schon mal mit einer beliebigen anderen DJ-Software gearbeitet hat.
Das Layout ist übrigens anpassbar, wenn man die hauseigene Scriptsprache „Maquillage“ beherrscht. Außerdem ist CrossDJ dazu geeignet, mittels Touchscreen bedient zu werden.
Der Browser der DJ-Software
Den unter Teil des Bildschirms nimmt – ebenfalls kaum überraschend – der Browser-Bereich ein. Auch hier keine Überraschungen. Ganz links wird ausgewählt, was der Browser-Bereich anzeigt.
Was mir persönlich am Browser gar nicht zusagt, ist die Trennung von normalen Play-Listen und Smart-Listen in verschiedenen Knoten des Browsers. Ich möchte intelligente und normale Listen gerne in denselben Ordnern mischen. Die Trennung ergibt überhaupt keinen Sinn. Links neben dem Collection-Baum und den Play-Listen findet man die Auswahl dessen, was der Browser-Bereich überhaupt anzeigt. Neben der Collection wären das unter anderem Soundcloud Go+ Library, die als einziger Streaming-Dienst eingebettet werden kann und iTunes-Library. Außerdem kann man an dieser Stelle auch den Prepare-Modus und den Autoplay-Bereich erreichen.
Der ganze Browser erinnert stark eine abgespeckte Version von Rekordbox ohne die Paletten, ohne MyTags und all die Finessen, die RB im Lauf der Jahre zur besten Library-Management-Software für DJs gemacht haben.
Import der Bibliotheken von Drittherstellern und Export zu Rekordbox
Ein hochinteressantes Feature von Cross-DJ ist die Möglichkeit, die Librarys von Drittherstellern zu importieren. Von iTunes kennen wir das ja bereits aus praktisch jeder anderen DJ -Software, doch die Möglichkeit, direkt die Traktor- bzw. Rekordbox-Library inklusive Cue-Punkten usw. einlesen zu können, ist schon sehr praktisch.
Was noch viel wichtiger ist: Zusammen mit der einzigartigen Möglichkeit, die CrossDJ-Library nach Rekordbox zu exportieren, ist dieses Feature eine echte Waffe, um Traktor- oder Cross-DJ-Librarys mit wenig Aufwand und einem sehr kleinen Umweg rekordboxformatiert auf USB-Sticks zu bekommen, die man direkt in den CDJs von Pioneer nutzen kann.
Doch an der Stelle muss ich leider die Euphorie etwas dämpfen. Im- und Export von und nach Rekordbox funktioniert über den XML-Ex- bzw. -Import. Und den hat Pioneer mit dem Übergang auf Version Rekordbox 6 gekillt.
Ebenfalls deutlich auf der Minusseite: Beim Importieren meiner iTunes-Library hängt sich CrossDJ reproduzierbar auf. Mit einem Neustart ist es nicht getan, denn die Software macht danach an derselben Stelle weiter bzw. macht eben nicht weiter, sondern hängt genauso. Nur ein Löschen der Library ermöglicht es, CrossDJ wieder zu benutzen.
Showstopper. Für mich persönlich wäre der Test an dieser Stelle zu Ende gewesen.
Track-Vorbereitung in Mixvibes CrossDJ 4
Die Track-Vorbereitung läuft dank der vorher erwähnten flexiblen Möglichkeiten, die Wellenform über den ganzen Bildschirm zu strecken, besonders gut, finde ich.
Beim Thema Beatgrids ist noch positiv anzumerken, dass es möglich ist, flexible Grids zu setzen. Das heißt, Tracks mit Temposchwankungen können dennoch automatisch synchronisiert werden, wenn man sich die Mühe macht, das Grid manuell anzupassen.
Der Klang: Der Sound der Software
Am Klang hatte ich nichts herumzumäkeln, wie zu erwarten war. Auch das Timestretching fiel nicht negativ auf, kommt aber genauso wie bei jeder anderen Software auch schnell an seine Grenzen, wenn man die Keysync-Funktion nutzt und dabei über mehr als maximal 2 Halbtonschritte geht. Besser ist es, das Audiomaterial maximal um einen Halbtonschritt zu verstimmen.
Reichliche Effekt-Palette?
Einer der Punkte, die mir gar nicht gefallen an CrossDJ, sind die Effekte. Ich kann nicht einmal genau sagen, warum. Es kam einfach keine Begeisterung auf. Eventuell liegt das auch an der Auswahl. Bei Mixvibes scheint man ein Faible für alle möglichen Flanger- und Phasing-Spielarten zu haben, Reverb gibt es nur in einer recht aggressiven „Bright Hall“ genannten Variante und die Delays wollten mich einfach nicht wirklich zum Herumspielen inspirieren. Ich gebe einfach mal pauschal meiner Gewöhnung an Traktors Effekte die Schuld an meiner Unzufriedenheit.
[Edit] In der bezahlten Version gibt es einen Effekt Tweaker, mit dem man die einzelnen Parameter der Effekte weiter anpassen kann, der in der Demo, die mir zum Test zur Verfügung stand, nicht enthalten ist.
Konnektivität für Hardware
Ohne eine Hardware, mit der man sie steuert, ergibt so eine DJ-Software wenig Sinn.
Mixvibes wirbt damit, dass es eine große Auswahl an vorgemappten Controllern gibt, doch die Liste enthält wenige aktuelle Controller. Von NI sind sogar nur die hochbetagten S4 MK1 und der X1MK1 auf der Liste. MIDI-fähige Controller lassen sich natürlich manuell mappen.
Die CDJs von Pioneer können direkt via HID CrossDJ steuern, allerdings sind auch hier die aktuelleren Geräte nicht mehr in der Liste vertreten.
Die DJ-Software als VST-Plugin!
Ein Alleinstellungsmerkmal von CrossDJ ist die Möglichkeit, es als VST-Plugin in einer DAW zu nutzen. Auch diese Funktion konnte ich leider nicht selbst testen, aber laut der Beschreibung, schreibt CrossDJ alle Fader-Bewegungen usw. als MIDI-Events in die DAW, wo man sie im Nachhinein auch korrigieren kann. Umgekehrt kann man von der DAW aus auch die Software steuern. Dieser Punkt bedarf eines separaten Tests, um sein Potential zu beurteilen, aber auf den ersten Blick ist das eine hochinteressante Sache.
Seit den seligen Tagen, als Traktor nicht nur Audio aufnehmen konnte, sondern sämtliche Fader-Bewegungen usw. mit aufzeichnete, hat das meines Wissens niemand mehr implementiert.
Varianten und Preise
CrossDJ 4 ist in 3 Varianten erhältlich: einmal als abgespeckte Free-Version und einmal bezahlt als CrossDJ oder CrossDJ Pro. Die kostenlose Variante würde – bis auf die leicht mit Fremd-Software zu realisierende Aufnahmefunktion – eigentlich fast alles enthalten, was ich brauche, aber leider ist sie nicht MIDI-fähig und kann daher nur mit Maus und Tastatur beziehungsweise über einen Touchscreen bedient werden.
Die Videofunktion, DVS und VST stehen nur in der Pro-Variante zur Verfügung.
Cross DJ4 schlägt mit 49,- Euro und CrossDJ 4 Pro mit 99,- Euro zu Buche.
Festpreis anstatt Abomodell. Fast schon eine Seltenheit.
Danke für’s testen der neuen Version. Für den PC nicht meine Software. Aber die App für Android und IOS, nehme ich gerne, da meines Wissens wohl die einzigen, die auch Flac Dateien abspielen.