Test: MusicLab RealGuitar V2, Plug-in für Gitarren-Simulation

Mit dem Upgrade auf Version 2 hat sich Einiges beim Akustikgitarrenvirtuosen RealGuitar getan. Siehe Testbericht auf Amazona: RealGuitar 1 von MusicLab.
So gibt es nun auch Samples von Hammer-Ons und Pull-Offs, die im Legatospiel des Solo Modi automatisch ausgelöst werden, sofern sich zwei gespielte Noten zeitlich überlappen.
Im Cord Modus kann man nun auch die Anzahl der gespielten Saiten bestimmen und eine unterste Saite festlegen. Auf diese Weise kann man z.B. nur die drei hohen Saiten für Akkorde verwenden.
Die wichtigste Neuerung einer extensiven Patternlibrary (mit 1250 Rhythmus Pattern) dürfte vor allem für Produzenten interessant sein, die schnell Zugriff auf authentische Riffs haben wollen, ohne sich mit den Eigenheiten dieses ausgeklügelten Instrumentes auseinander setzen zu müssen.

Die neuen Features

Im Folgendem eine Auflistung aller neuen Eigenheiten der verschiedenen Modi.

• Solo Modus
• Hammer-On, Pull-Off
• Hammer-On mit automatischem Pull-Off beim Key Release
• Legato Slide (auf- und abwärts) – automatischer Slide zwischen zwei beliebigen Noten
• Note-Off Wiederholung – automatische Wiederholung der losgelassenen Note(n), um so ganz einfach einen Tremoloeffekt zu erzeugen
• 4 Key-Switch FX Tasten (C1 bis D#1), die bei Bedarf auf verschiedene Spieltechniken umschalten können (z.B. Harmonics und Pull-Offs)
• ‚Silent’ Key-Switch bedeutet, dass die Sounds der vorherigen Spieltechnik ausklingen und die neue Spieltechnik bereits verwendet werden kann.
• Pedal Switch FX ermöglicht das Umschalten der Spieltechniken per Sustain Pedal.

Chords Modus

Man kann nun die Anzahl der Saiten, sowie die unterste und oberste Saite festlegen

Chords, Bass&Chord, Bass&Pick Modi

beim Slash Bass Chords kann man nun nicht nur den Grundton eines Dreiklangs im Bass spielen, sondern eben jede Note des Dreiklangs (Grundton, III, und V) in den Bass schicken

beim Legato Chords greift man von einem zum anderen Akkord. Es bleiben gemeinsame Noten im Sustain und werden nicht neu getriggert.

Neu in Version 2L: Pattern Manager

• Patternbrowser mit Suchfunktion
• Detaillierte Patternansicht mit Farbkodierungen für schnelle Anschläge, Mutes etc.
• Vorhören des Patterns durch einfache Selektion im Browser und Akkord am MIDI-Keyboard
• Hostsynchronisation
• Drag’n’Drop vom Browser direkt in den MIDI-Sequenzer
• In Echtzeit Pattern arrangieren
• Verschiedene Steuerungen der Velocity des Patterns (u.a. Stufenlos über Pitch Bend)

Bedienung und Konzept

Im Testbericht des Vorgängers kann man Nachlesen, welche Konzepte bei RealGuitar angewendet wurden, um eine möglichst authentische Gitarrensimulation zu bekommen. Hier deswegen nur ein kurzer Überblick.

RealGuitar bietet hochklassige Samples von 6 verschiedenen akustischen Gitarrentypen.
Es gibt vier verschiedene Modi, mit denen man RealGuitar 2 spielen kann. Dabei setzt das Programm, je nach Modus die auf dem Keyboard gespielten Akkorde in gegriffene Akkorde auf dem Griffbrett um. Dabei orientiert sich das Instrument an einer Grifftabelle, welche auch im gut geschriebenen PDF Handbuch abgedruckt ist. Dabei werden verschiedene Variationen eines Akkords gespielt, je nach dem von welcher Seite (und auch Saite) sich man diesem nähert.
Nur so ist es möglich, die über 120 Töne einer Gitarre auf einem 44 Tasten Keyboard zu spielen (die Oktavspanne einer Gitarre beträgt ja nur ca. 4 Oktaven).
Es gibt Modi, die besser zur Begleitung passen (Chords Modus), oder welche, die die Gitarre Eigenständiger präsentieren, so z.B. der Bass&Chord, bzw. Bass&Pick Modus.
Über Parameter, die für jeden Modus etwas unterschiedlich sind kann man zudem festlegen, dass die Anschlaggeschwindigkeit (engl. Strum) ab einem bestimmten Velocitiy Wert sinkt, oder ein Slide ausgelöst wird. Selbstverständlich dürfen auch die Einstellung der Velocity Kurve sowie Zuweisungen von Pitch Bend, Modulation und Aftertouch nicht fehlen.
Durch viele solcher kleinen Anpassungen lässt sich letztendlich ein überzeugendes Ergebnis erzielen, das mit einer rein samplerbasierten Gitarre gar nicht möglich wäre.
Das Besondere an RealGuitar ist also sozusagen die ‚Mechanik’ hinter den eingehenden MIDI-Noten.

Vergleichbar hiermit ist nur das Instrument ‚Independence’ von Yellowtools, das solche Variationen, die sich aus dem Spiel eines realen Instrumentes ergeben, ebenfalls darstellen kann.
In Version 2L ist eine gewaltige Veränderung der Pattern Library zu verzeichnen. Diese Pattern sind auf RealGuitar optimiert, und bieten sofort beim Einstieg hervorragende Ergebnisse.
Das ist zunächst einfacher als sich mit dem Instrument zu beschäftigen, und alle Eigenheiten kennen, und vor allem ‚spielen’ zu lernen. Nach einer gewissen Einarbeitung aber ist es durchaus möglich, live eine täuschend echte Sologitarre mit dem Keyboard zu spielen – was für eine Show!
Vermisst habe ich jedoch wie beim Vorgänger eine E-Gitarre in entsprechender Verarbeitung. Diese hätte ja auch nur ‚clean’ in entsprechenden Pick-up-Kombinationen vorliegen müssen. Danach hätte man mit den zahlreichen erhältlichen Amp-Simulationen schon den richten ‚drive’ herausholen können. Es trotzdem mal mit den vorhandenen Modellen auszuprobieren schadet jedoch nicht…

Pattern Library

Die Pattern Library der Version 2L (für Library…) besteht aus 1250 vorkomponierten Pattern, die verschiedene Stilrichtungen abdecken, und die Möglichkeiten des Instruments perfekt ausnutzen. Die Pattern können in alle möglichen Akkorde transponiert werden. Eine einfache Vorhörfunktion erleichtert das Auffinden des idealen Patterns. Einen Eindruck wie das Pattern klingen mag, bekommt man durch die detaillierte Darstellung im Browser.

Man kann dort genau erkennen, welche Spieltechniken verwendet werden, kann also Balladen Pattern von  Rock oder Funkpattern schon optisch unterscheiden. Eine vorbildliche Hostsynchronisation macht alles was man von ihr verlangt. Wichtiger Faktor ist die Dynamiksteuerung der Pattern. Hier gibt es verschiene Optionen. Eine davon ist die Dynamik stufenlos mit dem Pitch Bend Rad zu steuern, durch das man gefühlvolle Passagen besser begleiten kann, in dem man auch gefühlvoll die Dynamik ändert!

Klang

Die Beurteilung fällt hier eindeutig sehr positiv aus. Zum einen sind da die authentisch gesampleten Gitarren Typen (Nylon, Steel, Fingered, Picked etc.). In Version 2 kommen dazu die Hammer-Ons und Pull-Offs, sowie auch die Harmonischen einer Saite. Die zweite Komponente ist aber ebenso wichtig und auch (fast) einzigartig. Hinter dem Instrument versteckt sich das Wissen und die Erfahrung von Gitarristen UND Programmierern. Dieses wurde umgesetzt in eine einzigartige Engine, die dafür sorgt, dass auch die richtigen Samples zur richtigen Zeit gespielt werden. Das Statische, welches reine Samplergitarren verrät, lässt sich hier nur selten erleben.
Beides zusammen ergibt die z.Zt. beste Simulation von akustischen Gitarren.