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Test: NAAD Drum LD4, Eurorack Drum Synthesizer

Digitale Drums fürs Eurorack

16. August 2019
NAAD Loopjunkie DRUM LD4

NAAD Drum LD4, Eurorack Drum Synthesizer

Aus Tokyo eingeflogen: Das Modul „LD4 Flexible Digital Drum Synthesizer“ ist der ambitionierte Erstling der Firma „Nishiasakusa Audio Developments“, kurz „NAAD“. Die stetig wachsende Community rund um das Eurorack-Format hat sich längst vom monolithischen Analog-Fetischismus abgewandt. Wo einmal schon ICs verpönt waren, wächst das Interesse an und die Toleranz gegenüber digitaler Module. Dieser Offenheit verdanken wir wohl auch einige der interessantesten Projekte jüngster Zeit und wahrscheinlich auch das LD4-Drummodul. Anstelle eines vorsichtigen Antastens wagen NAAD mit diesem vierstimmigen digitalen Drum-Synthesizer den Sprung ins kalte Wasser.

Als kleiner Fisch im großen Modulteich gilt es sich gegen starke Konkurrenz durchzusetzen und die Überlebenstechnik des LD4 ist bestechend simpel. Das Gerät ist, ganz salopp gesagt, saubillig. Was nicht bedeuten soll, dass es ansonsten nichts drauf hätte.

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Bevor ich auf das Innenleben des LD4 eingehe, will das Frontpanel erkundet werden. Starten wir also in den Testbericht und lenken unsere Aufmerksamkeit auf …

… das Äußere des NAAD Drum LD4

Das LD4-Modul benötigt satte 36 TE und nimmt in meinem kleinen Case circa 2/3 der „oberen Etage“ ein. Auf diesem Raum findet man ein klassisches LED-Display, je eine MIDI-In und -Out-Buchse, je 4 CV- und Gate-Ins, 7 Drucktaster und insgesamt 6 Endlos-Encoder.

Als Audioausgang stehen zwei mit R und L gekennzeichnete kleine Klinkenausgänge zur Verfügung. Wenn man das so liest, dann denkt man sich noch nichts Böses dabei. In der Tat funktionieren die Drucktaster und Encoder wie sie sollen. Leider wurde bei zwei(einhalb) Punkten definitiv geschlampt: Was sofort ins Auge fällt, ist eine von der MIDI-In-Buchse halb verdeckte Schraube.

NAAD LD4 Midi In

NAAD LD4 MIDI In

Ein sehr unschöner Designfehler, der auf einem Prototypen noch zu verzeihen, aber für die Massenfertigung niemals hätte freigegeben werden dürfen. Generell stechen die Schrauben wortwörtlich unangenehm hervor, da sie nicht komplett in der Frontplatte versenkt sind. Auch bei der aufgedruckten Beschriftung wurde kein Wert auf Ästhetik oder Langlebigkeit gelegt. Die Schrift ist eher blass und schon bei ganz normalem Kontakt wird der Lack angegriffen. Wenden wir uns nun aber Positiverem zu.

Inhaltsstoffe des NAAD LD4 Eurorack Modul

Beim Innenleben des LD4-Moduls wurde deutlich gründlicher gearbeitet. Die vier Stimmen des Moduls können unabhängig voneinander entweder über ein Gate-, MIDI- oder internes Sequencer-Signal angespielt werden. Die Drum-Synthese beginnt hier in ihrer rudimentärsten Form mit der Auswahl einer Schwingungsform.

NAAD LD4 Oscillator 2

NAAD LD4 Oscillator 2

Zur Auswahl stehen Sine-, Saw- oder Pulsewave. Die mit „Oscillator“ betitelte Menüseite enthält außerdem die Parameter „Pitch“, „Mod-Depth“ und „Mod-Type“. „Mod“ steht hier als Abkürzung für Modulation und bezieht sich auf einen von drei Modi, mit denen die Schwingungsform manipuliert werden kann. Zur Auswahl stehen Frequenzmodulation („FM“) oder Amplitudenmodulation („AM“). Auf der „Amplifier“-Page kann die Amplitude und Position im Panorama eingewählt werden. Des Weiteren lassen sich hier Attack-, Hold- und Release-Phase anpassen.

NAAD LD4 Amplifier

NAAD LD4 Amplifier

Unter gedrückter „Shift“-Taste kann man unter dem „Hold“-Reiter auch einen Lautstärkeabfall eintippen. Auf der mit „Modulator“ gekennzeichneten nächsten Menüseite wird die Frequenz und die aus der AMP-Page bekannte A-H/Slope-R-Hüllkurve editiert.

NAAD LD4 Modulator

NAAD LD4 Modulator

Mit eben jener Hüllkurve kann der Amplitudenverlauf des Modulators und somit die Modulationstiefe separat vom „M.Depth“-Parameter feinjustiert werden. Die Frequenz („FREQ“) des zur Modulation genutzten Sub-Oszillators ist an die Grundfrequenz des Hauptoszillators gekoppelt.

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Weiter geht es mit einer integralen Funktion zur Drumsynthese: Auf der „Bend“-Page kann ein Pitch-Sweep generiert werden, der den für Percussion-Instrumente typischen Tonhöhenabfall nachempfinden lässt.

NAAD LD4 Bend

NAAD LD4 Bend

Das Verhalten des Bends wird über dessen „Amount“-Parameter gesteuert, der auch mit einer A-H/s-R-Hüllkurve versehen wurde. Wo wir gerade bei integralen Bestandteilen sind: Auf der nächsten Seite des LD4-Moduls wird der Noise-Anteil der angewählten Stimme reguliert.

NAAD LD4 Noise

NAAD LD4 Noise

Über den „Level“-Parameter lässt sich der Höchstwert des Noise anpassen und auch hier findet sich der Wiederholungstäter in Form einer A-H/s-R-Hüllkurve wieder. Fahren wir nun fort mit den letzten beiden Menüseiten „Filter“ und „LFO“.

NAAD LD4 Filter

NAAD LD4 Filter

NAAD haben hier ein simples Multimode-Filter mit High-, Band- und Low-Pass zur Verfügung gestellt. Selbstverständlich können „Cutoff“-Frequenz und Resonanz kontrolliert und der Dry/Wet-Anteil über den „Amount“-Parameter verändert werden. Als Zusatz mit gehaltener Shift-Taste kann der Dry/Wet-Anteil mit einem Decay versehen werden. Last but not least sind wir beim LFO angelangt.

NAAD LD4 LFO

NAAD LD4 LFO

Dessen Destination können entweder Cutoff, Oscillator-Pitch, Suboscillator-Pitch (Mod-Pitch) oder Modulationstiefe sein.

Etwas dürftig sind die angebotenen Schwingungsformen des LFOs. Lediglich Sinus- und Triangel-Form stehen zur Wahl; hoffentlich werden mit den kommenden OS-Updates neue Formen integriert. Der LFO kann über den „Speed“-Parameter von sehr langsamen Cycles bis in den unteren Audiobereich schwingen. Abschließend will dann noch der Dry/Wet-Anteil bestimmt werden. Nachdem also alle Pages erklärt sind, möchte ich noch einen Kritikpunkt anbringen und der ist, dass sich weder Modulator oder LFO mit dem Hauptoszillator synchronisieren lassen. Natürlich hat der leichte „Drift“ der beiden Oszillatoren und dem LFO zueinander seinen Charme. Es verhindert, dass der Groove statisch wird, manchmal sehnt man sich aber doch nach größerer Kontrolle. Mit diesem kleinen Feature würde die Flexibilität der Klangformung deutlich gesteigert werden. Da die Firmware aber ein Open-Source-Projekt ist, könnten enthusiastische Nutzer an der Weiterentwicklung des Moduls teilhaben und das zur Realität werden lassen.

Workflow des Drum-Synthesizer Eurorack Moduls LD4

Ein wichtiger Entscheidungsfaktor bei der Auswahl eines Moduls oder Instruments im Allgemeinen ist nicht nur das, was rauskommt; auch auf das „wie“ kommt es an. Wer erst durch ein mieses User-Interface irren muss, um mit dem Modul zu interagieren, wird schnell frustriert werden und eher früher als später kapitulieren. Für das LD4-Modul kann ich aber eine klare Entwarnung aussprechen. Die großzügige Dimensionierung des LD4 hat es NAAD ermöglicht, eine extrem übersichtliche Navigationsstruktur zu schaffen.

NAAD LD4 Ansicht 2

NAAD LD4 Ansicht 2

Man kommt sehr schnell zu einem natürlichen Workflow, den man lediglich zum Speichern wirklich unterbrechen muss. Alle oben angesprochenen Klangformungsfunktionen sind mit den unteren Endlos-Encodern und gelegentlichem Shift-Taster-Halten anwählbar.

Der obere Encoder wählt eine der vier Stimmen (A, B, C und D) und der Encoder links unten die Edit-Page an. In der auf die Frontplatte aufgedruckten Tabelle signalisiert eine kleine LED die aktuell angewählte Page, auf dem Zwei-Zeilen-Display der Name und Parameter der Page. Es braucht kaum eine Stunde und man hat den Prozess verinnerlicht – deshalb kann ich das LD4-Modul nur als sehr intuitiv beschreiben. Minimal irritiert hat mich aber die Reihenfolge der Edit-Pages. Klar ist der Start auf der Oscillator-Page ziemlich logisch, aber warum die Filter- und Noise-Pages erst nach „Modulation“ und „Bend“ kommen, habe ich nicht ganz verstanden. Vielleicht ist meine Vorstellung vom klassischen VCO-VCF-VCA-Signalweg auch nur veraltet. Ganz bestimmt haben sich die Schöpfer des LD4 auch ihre Gedanken dazu gemacht und an sich ist es wirklich eher kurios als ärgerlich. Ansonsten gibt es für mich nichts am Workflow auszusetzen.

Sequencing mit dem NAAD LD4

Durch MIDI- und Gate-Eingänge lässt sich das LD4-Modul sowohl aus einem typischen Eurorack-Sequencer als auch direkt vom Computer anspielen. Viel zu sagen gibt es dazu nicht, alles funktioniert so wie es sollte. Durch die MIDI-Out-Buchse kann man das angelegte Signal oder auch die Clock des internen Sequencers weiterleiten.

Mit Aktivierung des „Echo Back“-Features werden auch die ankommenden MIDI-Noten weitergeleitet.  Üner eine analoge Clock-In-Buchse verfügt das LD4-Modul leider nicht, was den internen Sequencer nur im MIDI-Kontext wirklich brauchbar macht. Dieser Fehler wird aber irgendwie verzeihbarer, wenn man bemerkt, dass der interne Sequencer wirklich sehr rudimentär gebaut ist. Es gibt 16 Steps im klassischen XOX-Stil.

NAAD LD4 Step

NAAD LD4 Step

Die Bedienung des Sequencers ist einfach zu unübersichtlich. Auf den zwei Zeilen des Displays kann man immer nur einen einzigen Step sehen und welche der 4 Voices angespielt werden. Man springt also zwischen den Seiten 1 bis 16 und ist gezwungen, Steps zu zählen. Es gibt keine Gate-Länge, dafür aber separate Step-Längen und einen Beat-Repeat. 

NAAD LD4 Beat Repeat

NAAD LD4 Beat Repeat

NAAD LD4 Steps

NAAD LD4 Steps

Somit ist der interne Sequencer eher ein netter Zusatz als ein wirkliches Feature. Deshalb habe ich im Test lieber zum Beatstep Pro gegriffen. Mit dem externen Sequencer konnte ich dann die Gate-Länge einstellen und über die CV-Inputs die Tonhöhe variieren. Intern gibt es auch eine „Velocity Curve“, die den Lautstärkeunterschied der eingehenden MIDI-Noten reguliert.

Abspeichern & abrufen am NAAD LD4 Synthesizer

Sobald man mit dem Ergebnis der Voice zufrieden ist, kann man sie in einem von 128 Slots abspeichern und später wieder abrufen.

NAAD LD4 Store Program

NAAD LD4 Store Program

Schaltet man das Modul ab, setzt es sich beim nächsten Start auf das Default-Setting zurück. Wer gerne direkt mit den selbst erstellten Sounds weiterarbeiten will, kann die „Temporary Save“-Funktion einsetzen.

NAAD LD4 Save

NAAD LD4 Save

Dann werden die Einstellungen auch nach Abschalten beibehalten. Per Program-Change-Befehl kann man die Speicherstände sogar über MIDI laden. Darüber hinaus findet sich noch eine „Factory Reset“-Funktion.

Sound des NAAD LD4 Drum-Synthesizers

Dass ich mich bisher zum Sound des Moduls ausgeschwiegen habe, liegt daran, dass es darüber nicht viel zu sagen gibt. Die digitale Klangsynthese ist simplistisch und einen richtigen Charakter kann ich beim LD4 nicht identifizieren. Eine „Sweet-Spot-Maschine“ ist er zwar nicht, aber durch die Freiheit, auch in die Extremwerte zu gehen, ist die Klanggestaltung dem Nutzer überlassen. Wer also die Zeit investiert, kriegt hier grundsolide Percussions raus, wer auf Instant-Satisfaction hofft, muss woanders fündig werden. Am besten orientiert ihr euch an den Klangbeispielen, die direkt aus dem Modul in Ableton aufgenommen und ohne jegliche Nachbearbeitung exportiert wurden. Zu guter Letzt hier noch ein Video zum LD4:

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Fazit

Um ehrlich zu sein, hatte ich beim ersten Anblick keine hohen Erwartungen. Die halb verdeckte Schraube unter der MIDI-Buchse und der blasse Aufdruck weckten keine großen Hoffnungen. Optisch macht sich der geringe Preis wirklich bemerkbar.

Als ich das Modul dann aber eingebaut und etwas Zeit mit ihm verbracht hatte, änderte sich meine Meinung gewaltig. NAAD haben mit ihrem Erstling einen soliden Drum-Synthesizer zu einem äußerst erschwinglichen Preis abgeliefert, der ganz allein die Rhythmussektion im Rack stemmen kann. In einer Welt von Roland-Klonen und >300,- Euro Kickdrum-Modulen braucht man vielleicht genau das: ein Budget-Synthesizer, mit dem man den Einstieg ins Eurorack erproben oder sein Rack mal eben um vier Stimmen erweitern kann.

Plus

  • günstig
  • polyphon

Minus

  • Verarbeitungsqualität

Preis

  • 219,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    [P]-HEAD AHU

    Wirklich erstaunlich, das diese Modul hier einen Artikel bekommt. Da ich das Modul auch seit kurzem besitze (bei dem Preis ists egal), kann ich auch dazu was sagen.
    Negativ: Es fühlt sich nicht richtig nach Eurorack an, dazu sind zu wenig Ein- und Ausgänge vorhanden, und die Größe ist schon arg platzverschwendend. Man kann Presets nicht benennen beim speichern, nur Nummern vergeben. Das Filter ist rein digital und einfachster Art!
    Positiv: Der Preis! Viele Soundvarianten möglich, da gerade das „digitale“, mies programmierte Filter eine riesige Spielwiese für andersartige Sounds bereithält. Sehr große Bandbreite an Sounds möglich, z.B. Toms, klirrende knackende Geräusche, brizzeln und Glitchsounds.
    Ob es jemals ein Update geben wird bezweifle ich, man muss damit leben wie das Modul ist. Und wer nicht schnell ist, wird keines mehr bekommen, denn noch ein Batch wird nicht aufgelegt. Die Jungs in Tokyo machen das eher als ein Projekt!
    Zuschlagen, wer ein bißchen Zeit, Rackspace und den Mut hat, dieses Gerät wie einen 19″ Racksynth zu programmieren.

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