Die Wahrsagerkugel zieht bei Dir ein
Wer auf der diesjährigen Musikmesse durch Halle 5 gelaufen ist, wird mit Sicherheit am Naonext Crystall Ball vorbeigekommen sein. Bei älteren Semestern kamen dabei sicherlich Erinnerungen an die ersten Theremin Vorführungen zurück, während die Nachwuchs-Produzenten einfach die ansehnliche Performance genossen. Geschickte Bewegungen mit beiden Händen führen beim Crystall Ball nämlich zur Steuerung von MIDI-Daten, was nicht nur optisch ein Hit ist, sondern es ergeben sich vor allem im Studio und auf der Bühne neue Möglichkeiten. Wir haben uns den Naonext Crystall Ball einmal genauer angeschaut.
Naonext Crystall Ball
Info
Schon beim Auspacken erfreut man sich als Nutzer mehrerer Hardware-Controller über das frische und eben ganz andere Design des Crystall Balls. Manche mögen sich an eine Wahrsagerin erinnert fühlen, sobald sie den Controller aus dem Hause Naonext vor sich platzieren, denn vor einem befindet sich jetzt ein Gerät mit 24 plus 8 nicht-anschlagdynamischen Drucktastern und einer Wahrsager-ähnlichen Halbkugel. Auf der Halbkugel sind im Abstand von rund 4 cm Sensoren angebracht, die auf herankommende Gegenstände jeglicher Art reagieren und so bestimmte MIDI-Befehle triggern bzw. modulieren können. Prinzipiell ähnelt das System dieser Sensoren dem von Rolands D-Beam Controller, wobei man bei den Roland Produkten grundsätzlich nur einen D-Beam Controller vorfindet und nicht gleich fünf.
Mit einer Größe von rund 30 x 19 x 12 cm sollte der Crystall Ball sowohl im Studio als auch auf der Bühne überall ein sicheres Plätzchen finden. Dank vier Gumminoppen steht das Gerät absolut fest und mit leicht nach vorne geneigter Bedienoberfläche auf seinem Platz. Verbindungen zum Computer oder anderen MIDI-Geräten kann der Crystall Ball entweder per MIDI- oder USB-Kabel herstellen. Kompatibel ist er dabei sowohl zu Mac als auch PC und das ganz ohne zusätzliche Treiberinstallation. Ansonsten findet man am Crystall Ball noch einen MIDI-Eingang, dessen eingehende Signale wahlweise an USB, MIDI oder beide Ausgänge weitergeleitet werden, die Möglichkeit einen Fußcontroller anzuschließen und den Anschluss für das obligatorische externe Netzteil. Da es keinen An- und Ausschalter gibt, aktiviert sich die Kristallkugel, sobald der Crystall Ball am Netz hängt. Die Anschlüsse befinden sich übrigens etwas versteckt direkt unterhalb der Halbkugel, was den Vorteil hat, dass man die Kabel von dort galant herausführen kann, ohne dass der Zuschauer das komplette Anschlussfeld vor Augen hat.
Als seit zig Jahren begeisterter User des Alesis AirFX und AirSynth find ich das Konzept erst einmal sehr interessant, zumal es _sparsam und sinnvoll_ eingesetzt, die Bühnenperformance ordentlich aufwerten kann.
Wahrscheinlich werden aber wieder nur dutzende Experten wild über dem Ding rumfuchteln, um Cutoff und Resonance sinnfrei durchzustrubbeln :)
Die genannten Minuspunkte finde ich persönlich nur in teilen relevant; schlechte Taster sind wirklich nicht gut, aber Anschlagsdynamik bräuchte zumindest ich da auf keinen Fall. Der Rest ist ja mehr oder minder softwarebasiert und könnte via Update irgendwann gefixt werden. Sollte man zumindest bei dem Preis erwarten können, denn den find ich nun wirklich sehr sehr heftig.
Ich frage mich oft auf der ersten Seite eines Reviews, wo denn in etwa der Straßenpreis liegt. Auf Seite 2 murmelte ich in mich hinein „nicht übel, für 99 EUR bestell ich das Ding gleich“, eingedenk der Möglichkeit, dass das Gerät vielleicht doch das Doppelte kosten könnte.
Aber 499 EUR? Da bin ich als spontaner „Keine-Ahnung-ob-ich-das-gebrauchen-kann-aber-ich-kaufs-trotzdem-mal“-Käufer raus.
Das Geld nimmt wirklich nur derjenige in die Hand, der einen konkreten Anwendungszweck im Kopf hat, denn wie ja schon im Test beschrieben, ist kurzes Ausprobieren im Musikgeschäft des Vertrauens ja eher rudimentär möglich.
Ich wünsche Naonext viel Glück mit diesem Produkt, insbesondere, weil sie sich trauen, so ein Gerät auf dem Markt zu bringen, ich bin aber ob der Marktakzeptanz etwas skeptisch….