Zwei Software-Pianos mit unterschiedlichem Fokus
Software-Pianos, die Standalone oder als Plug-in in der DAW eingesetzt werden können, gibt es mittlerweile in den unterschiedlichsten Varianten zu kaufen. Native Instruments bietet sowohl klassische Flügel- und Upright-Pianos, aber auch immer wieder mal Pianos an, die aus der großen Masse herausstechen. So wie beispielsweise Una Corda, The Giant oder Noire, für das der Konzertflügel von Nils Frahm als Vorlage diente und das neben herkömmlichen Piano-Sounds auch eine mit Filz gedämpfte Variante bietet. Auch Native Instruments Claire Avant bietet solch eine Kombination, wobei hier neben den klassischen Piano-Sounds eines Fazioli 308 Flügels vor allem avantgardistische Sounds im Fokus stehen.
Kurz & knapp
- Kreativpotenzial: Claire Avant überzeugt mit experimentellen Sounds und eignet sich ideal für Sound Design und Filmmusik.
- Flexibilität: Die Particles-Engine verwandelt einfache Piano-Sounds in komplexe Klanglandschaften.
- Bedienkomfort: Übersichtliches Interface und intuitive Steuerung ermöglichen einen schnellen Einstieg.
- Klangqualität: Der Fazioli 308 klingt in beiden Varianten (Claire & Avant) ausdrucksstark und detailliert.
- Preis-Leistung: Attraktiver Bundle-Preis für zwei hervorragend klingende und vielseitige Librarys.
Inhaltsverzeichnis
Native Instruments Claire und Claire Avant
Das Software-Piano Claire hat Native Instruments in Zusammenarbeit mit Galaxy Instruments entwickelt. Die Firma hat bereits mehrfach mit Native Instruments zusammengearbeitet und u. a. Piano Colors, die o. g. Pianos The Giant und Noire sowie die neuen E-Pianos Jade und Ivory von NI entwickelt. Aufgenommen wurde der Fazioli 308 in den belgischen Galaxy Studios.
Native Instruments bietet sein neuestes Software-Piano in zwei Varianten an. Zum einen gibt es das Claire Piano, das klassische Piano-Sounds des erwähnten Fazioli Flügels bietet. Darüber hinaus gibt es mit Claire Avant eine weitere Variante, bei der sich alles um avantgardistische Piano-Klänge dreht, die auf unkonventionelle Art und Weise, darunter gebürstete Töne, gedämpfte Una Corda- oder Flageolett-Sounds, erzeugt wurden. Klanglich geht das stark in Richtung Sound Design, lässt sich in der passenden Dosierung aber auch im Filmmusik- und Multimedia-Umfeld sehr gut einsetzen.
Die beiden Librarys sind neben dem Einzelkauf auch zum vergünstigten Bundle-Preis erhältlich.
Installation und Aufbau des Software-Pianos
Nachdem man die Library über die Native Instruments Website gekauft hat, erhält man eine Seriennummer, die in Natives Registrierung- und Installations-App Native Access eingetragen werden muss. Nach erfolgter Prüfung kann die Library dann hierüber heruntergeladen und installiert werden. Während des Tests funktionierte das einwandfrei und Native Instruments Claire Avant war innerhalb von einer halben Stunde installiert.
Die Library basiert auf Native Instruments Kontakt (Player) und erfordert Version 8.1.0. Somit ist Claire Avant in der Kombination mit Kontakt sowohl Standalone als auch in jeder gängigen DAW einsetzbar.
Das GUI von Native Instruments Claire Avant macht einen übersichtlichen Eindruck. Auf der Hauptseite steht der virtuelle Flügel im Fokus des GUI, die wichtigsten Funktionen und Parameter sind am oberen bzw. unteren Rand zugänglich. In der linken oberen Ecke lassen sich die von Native Instruments erstellen Sound-Presets durchsteppen, in der rechten oberen Ecke gelangt man zu den weitergehenden Einstellungen, über die sich die klanglichen Eigenarten des Flügels, die Effekte, der virtuelle Raum sowie Particles einstellen lassen.
Bei Particles handelt es sich um eine Funktion, über die sich der Klang des Pianos zum Leben erwecken lässt, in dem zusätzliche Sound-Layer hinzugefügt und der Klang in rhythmische Klangtexturen verwandelt werden kann. Dazu später noch mehr.
Ansonsten lassen sich über die Hauptseite des GUI die Parameter Color (dunkler bis heller Klang), Dynamic (von statisch bis dynamisch), der Reverb- und Delay-Anteil sowie die Mikrofonposition (naher Direktklang bis größtmöglicher Raumklang) einstellen.
Wie im folgenden Bild zu erkennen, lassen sich die Eigenschaften des Flügels auf vielfältige Art und Weise verändern und an die eigenen Vorstellungen anpassen. Sowohl der Sound, in Form eines breiteren, dünneren oder obertonreicheren Klangs, als auch die instrumentenspezifischen Geräusche, die durch die Mechanik, Resonanzen und das Pedal entstehen, lassen sich hier detailliert dem Grundklang hinzumischen.
Auch die nächste Seite des GUI erlaubt ein detailliertes Einstellen des Klangs von Native Instruments Claire Avant. Hier stehen ein Equalizer, Kompressor, Sättigung, Transientenkontrolle etc. zur Verfügung, so dass man – nimmt man die zusätzliche Seite für die Effekte Reverb und Delay noch hinzu – den Klang des Software-Instruments insgesamt sehr nach seinen eigenen Vorstellungen editieren kann, toll.
Wie klingt Native Instruments Claire?
Während das eingangs erwähnte Software-Piano Noire eher für Minimal- oder LoFi-Tracks eingesetzt werden kann, bietet Native Instrumente Claire den klassischen Sound eines Fazioli Flügels, der von sanft und leicht bis hin zu groß und majestätisch klingen kann. Native Instruments und Galaxy Instruments haben eine Vielzahl passender Presets kreiert, die diesen klanglichen Rahmen sehr gut abbilden und den virtuellen Flügel gut in Szene setzen.
Das Software-Piano Claire sehe ich entsprechend im „typischen“ Flügel-Bereich, d. h. Solo Piano, klassische wie auch jazzige Stücke, bei denen das Klavier aber stets im Fokus bleibt, oder aber auch als Begleitung bei Pop-Songs. Der Klang ist sehr gefällig und rein. Im Gegensatz zu anderen Native Librarys hat Galaxy Instrument diesen bewusst ohne klangliche Ecken und Kanten designt. Wer das sucht, sollte Claire unbedingt einmal ausprobieren.
Im folgenden Video könnt ihr euch einen guten Eindruck davon machen. Weitere Klangbeispiele findet ihr weiter unten.
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Insgesamt lässt sich Native Instrumente Claire wunderbar spielen und ist natürlich auch zum NKS-System von Native Instruments und damit zu den Komplete Kontrol Keyboards des Herstellers, kompatibel. Der Test erfolgte mit einem Komplete S88 Mk3 und darüber lässt sich das Software-Piano sehr dynamisch spielen.


Was bietet Native Instruments Claire Avant?
Wie eingangs erwähnt, bietet Native Instruments die Version Claire Avant sowohl als eigenständiges Software-Instrument als auch als Bundle zusammen mit Claire an. Beide basieren auf demselben Fazioli Flügel, sind stilistisch aber anders ausgerichtet.
Native Instruments Claire Avant enthält spezielle Artikulationen, mit denen der Flügel „gespielt“ bzw. „bearbeitet“ wurde, so dass die Avant-Version nicht die klassischen Piano-Sounds bietet, sondern auf den Bereich Sound Design oder Effekt-Einsatz ausgerichtet ist.
Über 120 Sound-Presets sind in Avant enthalten und auch diese sind, wie beim reinen Claire Piano, sehr gut ausgewählt. Es gibt allerdings wenige Sound-Presets, die für einen weichen, sanften Klang gedacht sind. Die Mehrheit der Presets passt eher zu einem härteren und knackigeren Klavier-Sound.
Hier einige Beispiele:
Was bietet die Particles-Engine?
Mit der Particles-Engine bietet Native Instruments Claire (Avant) eine tolle Möglichkeit, die integrierten Sound-Presets (und die eigenen Kreationen) per Knopfdruck zum Leben zu erwecken. Aktiviert man Particles, verwandelt sich das Software-Piano in einen Arpeggiator und Melodie-Erzeuger. Je nach Einstellung reichen oftmals bereits einzelne oder wenige Töne aus, um komplette Klanglandschaften zu erzeugen, die als Hintergrund für eine Multimedia-Produktion, Filme oder Ambient-Tracks ausreichen.
Dabei hat man als Nutzer Zugriff auf die zwei wichtigsten Parameter Algorithm und Source, die zum einen das rhythmische Geschehen, zum anderen den Klang bestimmen. Von seichten 8tel-Noten, die vor sich hin fließen, bis hin zu hämmernden, komplexen Arpeggien, die in Windeseile über mehrere Oktaven laufen oder Ping-Pong-artig hin und her springen, lässt sich hier viel realisieren.
Schnell ist es dann von allem aber etwas viel, daher sollte man Particles meiner Meinung nach eher subtil und leicht dosiert einsetzen. Vor allem als kreativer Ideengeber macht die Particles-Engine aber viel Spaß und sorgt für neuen Input.
Inzwischen nimmt das meiner Meinung nach etwas überhand mit den Softwarepianos. Vor gut 15 Jahren suchte man generell noch ein sinnvolles, Inzwischen gibt es diese in allen Himmelsrichtungen. Ich kann es mir nicht erklären, aber man hat wirklich enorme Schwierigkeiten ein Piano, was etwas anders klingt, stilvoll in den Mix einzubringen. Es sollte „durchstechen“ neben den meist druckvollen Synthesizerklängen und trotzdem nicht zu hart klingen. Wie soll das funktionieren? Tipps sind gerne willkommen. Wenn ich mir jetzt noch ein gedämpftes Piano vorstelle, dann ist definitiv „Schicht im Schacht“ beim mischen. Es gibt natürlich Genres wo auch das wattigste Piano durchdringt: Meditation, christliches, Soundscapes und ähnliches. Aber die meisten von uns lieben doch fette (Saw-) Synthesizerklänge und in der Regel eine Bassdrum dazu. Da habe ich es nach über 100 veröffentlichten Songs noch nicht auf die Kette bekommen, ein klassisches Piano mit maximal C3 oder C4 wirklich in „the Mix“ zu bringen! Meistens war das brauchbarste ein hochtöniges Hardpiano oder distortionartiges Dancepiano, wie es beispielsweise im Native Instruments Play-Series ‚Ignition Keys‘ vorhanden ist. Also die ganzen „Sonderpianos“ wie z.B. Una Corda und Co. bräuchte man alle nicht, auch wenn es natütlich schön ist sie zu besitzen. Gleiches gillt für World,- und Ethnoinstrumente. Es gibt einen Teeniefilm, der andere Teeniefilme Anfang Nuller Jahre auf’s Korn nimmt. Nennt sich schlicht: „Nicht noch ein Teeniefilm!“ … ich sage hingegen: „Nicht noch ein Samplepiano!“ (btw lieber ein neuer Absynth Synthesizer)
@Filterpad wohl wahr! 😎
die Qual der Wahl.
benutze zwar nur Hardware aber ich finde das auch schon etwas übertrieben. 😃
@Numitron Ahhh ein DAWless-Musiker. xD
Ja, ist etwas uebertrieben. Auch wenn alles irgendwie verwendbar ist. Anscheinend sind Pianos guenstiger zu produzieren als Synthesizer. :o
@Filterpad ja, wobei die MPC Key 37 ist auch eine daw mehr oder weniger 😁
@Filterpad Du hattest nach Tipps gefragt:
Damit ein Solo Klang nicht durch andere Spuren verdeckt wird, gibt es hilfreiche Tools wie PureUnmask von Sonible.
Die Perkussivität von Klavierklängen stelle ich mit NVelope von Elysia ein, wo dies frequenzabhängig recht elegant möglich ist. Hier lässt sich Härte abmildern bzw verstärken.
@Spectral Tune 👌
@Filterpad Das mag für elektronische Musik so sein, aber es gibt ja nicht nur elektronische Musik auf diesem Planeten oder bei AMAZONA. Wenn ich mir alleine überlege, wie viele verschiedene Piano-Sounds im Zeitraum der 60er bis 80er bei bekannten Pop- und Rock-Künstlern zu hören sind: mal ein leicht verstimmt klingendes Upright, mal ein dumpf klingender Flügel, mal ein drahtig klingender Flügel, mal ein noch drahtigeres M1 Piano…von den vielen verschiedenen Sounds, die man im Bereich Ambient hört, mal ganz abgesehen. Und dann wäre da noch der komplette Bereich der Filmmusik.
Natürlich kann man einen Sound auch mit EQs und vor allem Effekt-Plug-ins zurecht biegen, aber noch einfacher ist es, einfach gleich einen passenden Sound parat zu haben.
Beim akustischen Vorbild ist die Vielfalt riesig, warum sollte sie es nicht also auch beim elektronischen Abbild sein? Wir diskutieren hier immerhin auch über Nuancen beim Sound von Klonen, die in der Realität deutlich geringer sind als die Unterschiede bei akustischen Pianos. Und ob die Oszillatoren und Filter von verschiedenen Synthesizern tatsächlich so gravierende Unterschiede haben, dass es sich lohnen würde, hier immer wieder neu zu investieren? Am Ende findet jedes Instrument seine Zielgruppe…so wie auch das fürchterlich klingende M1 Piano seine Freunde gefunden hat und bis heute im Dance-Bereich gerne genutzt wird. In anderen Musikstilen dagegen setzt man auf andere Sounds. Es ist m. E. schön, diese Vielfalt zu haben.
@Filterpad Man selbst ist das Maß aller Dinge. Ignoranz in Reinform.
Ein Blick über den eigenen Tellerrand ist immer eine gute Idee, und wenn er nur zu der Erkenntnis führt, dass andere Menschen vielleicht andere Bedürfnisse haben und diese nicht weniger relevant sind als die eigenen.
@Markus Galla
Mich interessiert nur der Claire Flügel, da ich an den Effektsounds kein Interesse habe. Leider gibt es keine Probeversion zum Antesten, daher meine Frage.
Ich kenne Fazioli Sounds (z.B. von Herbie Hanock) eher etwas anders, das ist schwer in Worte zu fassen: zwar elegant und samtig-trocken, aber doch gut hörbar im Mix mit mehr Stimme und Körper als ich das von dieser Library höre. Claire klingt in den Demos in erster Linie nach perliger Attack (an manchen Stellen schon fast wie ein CP70), aber der eigentliche Ton/Sustain ist dann für mein Empfinden eher etwas flach.
Kannst Du vom Testen irgendwas über Klang und Spielbarkeit sagen, was diese Punkte betrifft? Kann dieser Flügel sich Deiner Meinung nach im Mix über Attack hinaus klar genug plazieren und auch „singen und swingen“?