Nektarine zum Steuern nutzen
Das Jahr neigt sich so langsam dem Ende zu und für alle Freunde der Controllerkeyboards war und ist das durchaus ein ereignisreiches Jahr, denn nahezu alle Hersteller der top Controllerkeyboards haben in diesem Jahr ihr Modell erneuert. Bereits Ende letzten Jahres erschien die aktuelle Version des Native Instruments Komplete S49/S61 MK2, dieses Jahr folgten dann das Arturia Keylab 49/61 MK2 sowie Novations 49SL/61SL MK3. Zu guter Letzt hat auch Nektar Technologies die Panorama Serie mit einem Update versehen. Schauen wir mal, wie sich das Nektar Panorama T6 im Test schlägt.
Nektar Panorama T6 – Ausgepackt und angespielt
Das Panorama Controllerkeyboard bietet Nektar in zwei Versionen an. T6 ist das größere der beiden und bietet eine Tastatur mit 61 Tasten. Panorama T4 nennt sich die zweite Version, die technisch identisch ist, aber über eine kleinere Tastatur mit 49 Tasten verfügt. Für den Test stand die T6 Version zur Verfügung.
Beim Panorama T6 handelt es sich zunächst um einen klassischen USB/MIDI-Controller, allerdings hat Nektar seinem Keyboard ein gewisses Extra mit auf den Weg gegeben. Hierbei handelt es sich um das Plugin Nektarine. Und ja, es heißt wirklich so wie das Obst. Im Grunde arbeitet das Plugin als Schnittstelle zwischen DAW und Keyboard und hostet alle gängigen Plugin-Formate. Über Nektarine lassen sich die Hardware-Bedienelemente des Panorama Keyboards zuweisen, so dass man nach schneller Programmierung die wichtigsten Parameter vom Keyboard aus fernsteuern kann. Das geht natürlich auch per MIDI-Learn-Funktion, mit Nektarine ist es aber deutlich komfortabler. Per Drag’n’Drop zieht man den gewünschten Parameter auf den virtuellen Fader, Poti, Button oder Pad und schon ist alles zugewiesen. Auch die DAW-Integration wird bei Nektar groß geschrieben, diese geht an vielen Punkten deutlich weiter als die der Konkurrenz. Wie das alles in der Praxis funktioniert, schauen wir uns später noch genauer an.
Das Outfit des Nektar Panorama T6/T4 ist ansprechend gestaltet. Klassisch in Schwarz gehalten, passt sich das Keyboard überall gut ein. Die Tastatur des Controllers steht am linken Ende etwas über dem restlichen Bedienfeld, was dem Keyboard ein etwas ungewöhnliches Aussehen beschert. Dies hat zur Folge, dass Pitchbend- und Modulationsrad sowie die Oktavierungstasten und die Buttons Key Repeat/Pad Repeat etwas unterhalb der Tastatur liegen. In der Praxis macht dies keinen großen Unterschied, die tieferliegenden Elemente sind für meinen Geschmack sogar besser zu erreichen als bei anderen Controllern.
Ansonsten bietet das Nektar Panorama T6/T4 die klassische Ausstattung. Neun Fader mit zugehörigen Buttons, ein 128 x 64 Pixel LED-Display mit passenden Funktionstasten, acht Endlosdrehregler sowie acht Pads. Komplettiert wird das Ganze von einer sechsteiligen Transportsektion. Im Grunde also alles da, was man zur Steuerung von Software-Instrumenten und Plugins benötigt.
Dank der fünfpoligen MIDI-Schnittstelle lässt sich das Nektar Panorama auch zum Steuern von MIDI-Hardware nutzen, im Jahr 2018 bei Weitem keine Selbstverständlichkeit mehr. Auf der Tastatur lassen sich maximal vier Zonen einrichten, die u. a. auf unterschiedlichen MIDI-Kanälen senden können.
Ansonsten bieten die Panorama Keyboards einen USB-Port zur Verbindung mit dem Computer, einen Power On/Off, ein Kensington Lock sowie zwei Pedalanschlüsse (Expression, Sustain). Die Stromzufuhr erfolgt über USB, es wird entsprechend kein externes Netzteil benötigt. Ausgeliefert wird das Keyboard mit einer Lizenz für Bitwig 8-Track sowie einem gedruckten englischsprachigen User Guide.
Tastatur und Verarbeitungsqualität des Nektar Panorama T6 und T4
Die Tastatur des Panorama Controllerkeyboards ist gut verarbeitet und bietet ein angenehmes Spielgefühl. Die Tasten federn schnell in ihre Ausgangsposition zurück, dazu ist die Tastatur mit Aftertouch ausgestattet. Als etwas störend empfinde ich die relativ lauten Tastaturgeräusche, die beim Zurückfedern der Tasten in die Nullstellung entstehen.
Die Verarbeitungsqualität des Keyboards ist gut. Ein deutliches Klick gibt Auskunft darüber, dass die Buttons ausgelöst haben, die Potis sind für meinen Geschmack etwas zu leichtgängig. Pitchbend- und Modulationsrad weisen dagegen einen angenehmen Widerstand auf. Allerdings stellt sich bei mir nicht der sofortige „wollen haben“ Effekt ein, da war der haptische Eindruck bei den zuletzt getesteten Controllerkeyboards (Novation, Arturia, NI) einfach besser, was zum Teil auch an den recht klein geratenen Buttons unterhalb des Displays liegt.
Auf in die Praxis mit dem Nektar Panorama T6 und T4
Nektar unterscheidet beim Panorama T6/T4 Controllerkeyboard drei grundsätzliche Arbeitsmodi. Zunächst einmal lässt sich das Keyboard als herkömmlicher MIDI-Controller einsetzen. Alle Bedienelemente lassen sich frei mit MIDI-Control-Change-Befehlen programmieren. Die Programmierung erfolgt direkt am Keyboard, einen Software-Editor, mit dem man dies am Computerbildschirm erledigen könnte, bietet Nektar nicht an.
Maximal 10 Presets lassen sich im Panorama Controllerkeyboard speichern. Diese umfassen alle Bedienelemente sowie die Möglichkeit, Min/Max-Werte zu bestimmen, Noten, CCs oder NRPN-Befehle einzusetzen. Darüber hinaus lassen sich vom Panorama auch Tastatur-Shortcuts senden.
Die Programmierung ist klar gegliedert und nach kurzer Einarbeitungszeit stellt dies auch Anfänger vor keine Probleme. Das Display leistet hierbei gute Hilfe und lässt sofort erkennen, wo und wie etwas programmiert wird. Allerdings ist die Anzeige des Displays meiner Meinung nach nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Die Auflösung ist mit 128 x 64 Pixel einfach nicht mehr ganz zeitgemäß.
Für den Einsatz in der Praxis bietet das Nektar Panorama T6/T4 eine Chord-Funktion sowie die Möglichkeit, über die Key/Pad-Repeat-Buttons Noten bzw. die auf den Pads anliegenden Sounds zu wiederholen. Somit sind auch unterschiedliche Einstellungen für diese Funktion für Key- und Pad-Repeat möglich.
Das Tempo lässt sich intern, aber auch zu einer externen MIDI-Clock synchronisieren. Die Notenwerte können zwischen 1/96 und Viertelnote eingestellt werden. Ebenso lassen sich die Parameter Velocity, Swing und Gate-Time individuell einstellen.
Die acht Pads lassen sich gut spielen und können zweifach mit unterschiedlichen MIDI-CCs belegt werden.
DAW-Steuerung mit Nektar Panorama T6 und T4
Wie es sich für ein Controllerkeyboard gehört, kann das Panorama Keyboard auch zur Steuerung der DAW herangezogen werden. Nach Registrierung des Keyboards auf der Nektar Website stellt der Hersteller für jede DAW eine kurze PDF-Anleitung sowie eine Installationsdatei bereit. Unter den aufgeführten DAWs sind Bitwig, Cubase, GarageBand, Logic, Nuendo, Reason and Reaper. Dieser Support wird für jede DAW einzeln programmiert und kann auch Parameter Feedback an der Hardware geben.
Schön ist, dass die DAW-Steuerung bei Nektar deutlich über das hinausgeht was andere Hersteller unter DAW-Steuerung verstehen. Deutlich mehr Funktionen, beispielsweise Fenster-Zoom oder das Öffnen von Mixer- oder Plugin-Fenstern sind direkt vom Keyboard aus möglich. Auch bietet Nektar Soft-Take Over mit DAW-Integration, d.h. eingestellter Wert springt nicht abrupt bei Bewegen des Faders, Potis etc. sondern muss zunächst eingefangen/überfahren werden damit sich der Wert ändert.
Getestet habe ich den DAW Support mit Garage Band und Cubase 9.5 und hier funktioniert der Panorama T6 Controller einwandfrei. Einmal richtig ins DAW-Setup aufgenommen, lässt sich neben den erwähnten Funktionen u. a. auch die Kanallautstärke über die Fader steuern, Sends, Panorama, Quick-Controls und Mute/Solo umschalten bzw. fernsteuern sowie die Transportsektion für die Funktionen Play/Pause, Stop, Record etc. nutzen. Auch der Mixer lässt sich aufrufen und das Setzen bzw. Bewegen zwischen Markern samt Undo-Funktion lässt sich über das Controllerkeyboard steuern.
Nektar Panorama T6 und T4 mit Nektarine
Einen deutlichen Schritt weiter geht die Einbindung des Controllerkeyboards mit dem eingangs erwähnten Plugin Nektarine. Nektarine wird in einem Kanal geladen und dient als Schnittstelle zwischen Controllerkeyboard und der DAW und kommuniziert direkt mit der Hardware. Hierdurch bietet es Kontrolle über die Software Instrumente und ermöglicht Zugriff auf alle Parameter.
Nachdem Nektarine das System nach kompatiblen Plugins (AU, VST, VST3) durchsucht hat, lassen sich diese in Nektarine hosten. Im Vergleich zum direkten Laden in der DAW hat Nektarine den Vorteil, dass sich Parameter des Plugins schnell und einfach den Hardware-Bedienelementen zuweisen lassen. Nektarine ist dazu ab Werk bereits mit Mappings beliebter Software-Instrumente ausgestattet. Die komplette Liste findet sich hier. Einmal ein Mapping erstellt, kann dieses auch beim nächsten Laden des Plugins erneut aufgerufen werden. Dazu wird alles auch im Display des Panorama T6/T4 Controllers dargestellt. Mit “Direct Access” kann man auch die Tasten unterhalb der Fader programmieren, so dass die Encoder OSC, Filter, LFO etc. kontrollieren.
Einmal geladene Presets des Software-Instruments merkt sich Nektarine auf Wunsch, so dass diese im Nektarine Browser aufgelistet und für ein erneutes Laden gespeichert werden. Auch das Importieren aller Patches eines Plugins ist möglich. Hierzu lädt man sich auf der Nektar Website die Factory-Presets für Nektarine herunter, hier sind eine Vielzahl bekannter Plugins aufgeführt, darunter u-he und Native Instruments Synthesizer, FabFilter One/Twin, Omnisphere etc. Das Importieren gelingt mit Hilfe dieser Factory Listen mit wenigen Mausklicks. Eigens erstellte Presets müssen dagegen Preset für Preset aufgerufen werden, danach befinden sie sich im Browser, der dazu die Möglichkeit bietet, die Presets nach Plugin, Kategorien, Timbre und weiteren Tags zu sortieren. Schön ist die Möglichkeit, bis zu acht Plugin zu layern.
Nektarine funktioniert in jeder DAW, so dass sich über diesen „Umweg“ auch eigentlich nicht kompatible Plugins laden lassen, beispielsweise VST-Plugins in Logic, AU-Plugins in Cubase oder VST3-Plugins in Reason.
Ich gehe davon aus, dass wenn man das Nektarine-Mapping benutzt, DAW-Projekte in der Zukunft nicht ohne Nektarine geöffnet werden können und auch aktuell keine DAW-Projekte mit anderen Musikern ohne Nektarine ausgetauscht werden können, oder liege ich da falsch?
@donmalteaushb Hallo. Nektarine übernimmt ja nur das Mapping für die Hardware Steuerung, die eigentlichen Einstellungen der Plugins werden weiterhin in der DAW gespeichert.
Ich tendiere da eindeutig eher zum neuen Novation.
Tastaturgeräusche beim spielen gehen mal gar nicht. Schade. Wahrscheinlich ist die M-Audio Code immer noch der beste Kompromiss. Besseres ist erheblich teurer.
Ich war aufgrund dieses Testberichts anfangs etwas skeptisch, was die Tastatur betrifft.
Seit einigen Tagen steht das Keyboard nun bei mir und ich muss sagen, die Tastatur fühlt sich sehr gut an. Auch die Lautheit der Tasten ist für mich absolut kein Thema. Aftertouch kann hervorragend dosiert werden und mit 5 Velocity-Kurven kann man die Tastatur sehr gut an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Ich habe zum Vergleich noch das alte M-Audio Axiom 2nd und das Novation Impulse hier stehen. Da schneidet für mich das Nektar Panorama, was Tastatur und Bedienung angeht, mit Abstand am Besten ab.
Da dürfte Nektar im Laufe der Jahre wahrscheinlich noch nachgebessert haben.
„Auf der Tastatur lassen sich maximal vier Zonen einrichten, die u. a. auf unterschiedlichen MIDI-Kanälen senden können.“
Schön wär’s. Das dies NICHT möglich ist, hat mir inzwischen auch der Support bestätigt. Dadurch wird der Controller für mich nutzlos und ich versuche ihn wieder zu verkaufen…