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Test: Neumann TLM 102, Großmembran-Kondensatormikrofon

Klassiker im stylischen Gewand

28. November 2022
Neumann TLM 102, Großmembran-Kondensatormikrofon

Neumann TLM 102, Großmembran-Kondensatormikrofon

Das Neumann TLM 102 ist schon seit 2010 am Markt – warum testet es AMAZONA.de erst jetzt? Als es vor etwa 12 Jahren vom deutschen Hersteller als Einstiegsmikrofon auf den Markt kam, war es medial omnipräsent. Hunderte von Videos und Testberichte – kann man da noch etwas Sinnvolles hinzufügen? Zum 25-jährigen Jubiläums des großen Bruders TLM 103 hat man auch eine auf 1.000 Stück limitierte Version des TLM 102 in schickem Weiß produziert.

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Neumann_TLM102-Nickel2

Im Test habe ich zwar „nur“ die Variante im klassischem Nickel-Design bekommen – für besonders stylische Studios ist die weiße Variante sicher ein toller Blickfang (eine schwarze Version gibt es ebenfalls). Nutzen wir also die Gelegenheit und schauen wir, ob der Einsteiger von Neumann noch sein Geld wert ist.

Ausstattung und Technik des Neumann TLM 102

Neumann_TLM102_studio

Die wichtigste Info vorab: Das TLM 102 ist in jeder Farbe baugleich – es gibt also keinerlei technische Unterschiede. Hier die wichtigsten Daten zusammengefasst:

  • Großmembran-Kondensatormikrofon
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Nennimpedanz: 50 Ohm
  • Nennlastimpedanz: 1 kOhm
  • Ersatzgeräuschpegel A-bewertet: 12 dBA
  • Phantomspeisung +48 V
  • Durchmesser: 52 mm
  • Länge: 116 mm
  • Gewicht: ca. 260 g

Im Gegensatz zu den teureren Modellen von Neumann kommt das TLM 102 in einer recht schlichten Verpackung. Keine Edelholzkiste oder Metallkoffer – nein: ein einfacher Karton mit Formschaumstoff – mehr gibt es nicht. Wenn man sich für das Studio-Set entscheidet, dann erhält man für etwa 110,- Euro Aufpreis eine Mikrofonspinne in einem weiteren Karton dazu.

Neumann_TLM102_karton

Das Großmembranmikrofon ist Neumann-typisch perfekt verarbeitet. Selbst mein Demogerät wirkt immer noch wie neu und alle Spaltmaße, Schrauben und Befestigungen sitzen spielfrei und bombenfest. Wer andere Mikrofone in dieser Preisklasse ( 500,- bis 800,- Euro) kennt, wird sich über die Dimension wundern: Das TLM 102 ist ausgesprochen klein. Wenn ich da an das Icon Pro Audio Cocoon (500,- Euro) oder das formidable Warm Audio WA-47F denke (789,- Euro) – die waren schon ganz andere Kaliber! Außerdem wurde bei diesen Mikrofonen wesentlich mehr Aufwand bei der Verpackung getrieben.

Warm Audio WA-47

Warm Audio WA-47 Paket mit Edelholzkiste

Aber ist es nicht besser, wenn man die komplette Summe in das Hauptprodukt investiert und nicht in eine hochwertige Verpackung? Ich würde mich freuen, wenn Sie, verehrte Leser, dazu in den Kommentaren Ihre Meinung abgeben würden. Ich persönlich finde schon, dass ein hochwertigen Mikrofon auch in eine solche Verpackung sollte. Was denken Sie?

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Das Neumann TLM 102 ist zwar als Gesangsmikrofon konzipiert, allerdings bietet es aufgrund seiner Konstruktion sehr viele Einsatzbereiche. Die Nierencharakteristik erlaubt den Einsatz im Studio sowie auf Live-Bühnen. Mit nur 12 dB-A ist es extrem rauscharm und kann gleichzeitig Pegel von 144 dB verzerrungsfrei verarbeiten. So steht auch dem Einsatz für Percussion, Gitarren und Tasteninstrumenten nichts entgegen. Ein großer Mehrwert, wie ich finde.

Neumann_TLM102-guitar

In Sachen Frequenzgang arbeitet es ab 60 Hz sehr linear und zeigt erst über 5 kHz einen Anstieg um maximal 5 dB bis 8,5 kHz um dann wieder flach abzufallen. Somit zeigt es nicht diesen sehr crispen Charakter der größeren TLM Modelle, die schon ab 3,5 kHz ansteigen und so in manchen Settings sehr hell klingen. Vielleicht wird dieser Effekt auch vom integrierten Poppschutz unterstützt, der als Schaumstoff-Inlay innerhalb des Mikrofonkorbs vor Explosivlauten (z. B. die Konsonanten P, B, K, D, T) schützen soll. Der Mikrofonkorb ist, wie man es von Neumann kennt, leicht abgeschrägt und so wirkt das kleine Mikrofon ein wenig wie ein teures Kleinod.

Neumann_TLM102-korb-black

Obwohl die Kapsel im Neumann TLM 102 federnd und dämpfend gelagert ist, sollte man für so ein klassisches Stativ-Mikrofon immer den Einsatz einer Spinne erwägen. Anders als bei meinem Sennheiser e865S, das als Handmikro ausgelegt ist, haben Trittschall und andere Erschütterungen immer eine Auswirkung auf die Aufnahme. Die im Studioset gelieferte Spinne erfreut durch eine gute Handhabung. Einfach das Mikrofon von oben einstecken und verschrauben. Die klassische Gummibandkonstruktion der Spinne ist bewährt und kann auch gegen aufwendigere Shockmounts, wie beim Icon Audio Cocoon, sehr gut bestehen. An der Spinne ist ein üblicher ¼ Zoll Schraubanschluss und das Mikrofon wird klassenüblich mit einem XLR-Kabel verbunden.

Neumann_TLM102-white-Spider

In Sachen Charakteristik kann das Neumann TLM 102 mit seiner Niere auch in lauten Umgebung sehr gut performen: Rückkopplungen sind nur im Extremfall ein Thema. Das ist beim Sennheiser e865 ein wenig anders, denn durch dessen Supernierencharakteristik besteht immer eine Restempfindlichkeit hinter dem Mikro. Da das Sennheiser aber vorwiegend in der Hand gehalten wird, ist dies meist auch kein Problem.

Wie klingt das Neumann TLM 102?

Ich habe das Neumann in meinem Tonstudio an dem Superanalog Channels des SSL SiX Analogmischpults getestet. Zum Vergleich wurde das etwa halb so teure Sennheiser e865 herangezogen – ebenfalls ein Kondensatormikrofon mit Schwerpunkt auf Vocal-Performances. Der SSL Mixer ist mit einem Universal Audio Apollo X6 verbunden. Aufgenommen wurde mit Apple Logic X auf einem Mac Studio.

Neumann_TLM102_double

In meinem Setting habe ich Neumann und Sennheiser sehr nah übereinander positioniert – beide entsprechend deren optimaler Ausrichtung: Das Neumann wird von vorne besprochen und das Sennheiser von oben. Ich habe frontal und dann im 45 Grad Winkel gesprochen. Dabei habe ich den Abstand Mund-Kapsel in drei Schritten von 50 cm zu 25 cm zu 10 cm reduziert, um den Einfluss des Nahbesprechnungseffekts zu demonstrieren.

Im zweiten Beispiel habe ich ein paar Akkorde mit einer Fender Newporter Classic Akustikgitarre gespielt. Die Mikrofone waren dabei auf den 12. Bund im Abstand von etwa 30-40 cm gerichtet.

Abschließend noch ein paar Töne auf meinen Bongos, um die Impulstreue zu zeigen. Der Abstand der Kapseln zu der offenen Unterseite der Congas beträgt hier ca. 50 cm.

Ergebnisse und Beurteilung

Alle drei Szenarien zeigen die Überlegenheit des Neumann gegenüber dem Sennheiser, was bei etwa dem doppelten Preis kein Wunder sein sollte. Aber gerade bei Mikrofonen muss der Preis nicht immer ein Anzeichen von Qualität sein. Das wird beispielsweise beim Shure SM58 deutlich: Es gibt wohl niemanden in der Studioszene, der dieses Arbeitspferd als schlecht bezeichnen wird – trotz des Preises von nur 119,- Euro.

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Neumann TLM 102 White Edition
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Kundenbewertung:
(4)

Zunächst fällt beim Neumann die tonale Neutralität auf: Feindynamisch, hochauflösend zeigt die Traditionsfirma, dass sie auch im mittleren Preissegment eine tolle Qualität abliefern können. Sibilanten (die Laute S, Z, SCH) oder harte Anschläge der hohen Gitarrensaiten werden ohne Übertreibung oder Härte wiedergegeben – gerade hier bringt das Sennheiser manchmal etwas zu viel Energie. Die Zunahme der Bässe in Richtung Nahbesprechung ist sehr linear und lässt sich gut kontrollieren. Erfahrene Sänger können dies zu ihrem Vorteil nutzen und die Performance leise und intim mit viel Tiefe oder dynamisch und durchsetzungsstark gestalten.

Neumann_TLM102-electronic

Mit einem Handmikrofon geht dies natürlich prinzipiell leichter: Es kostet weniger Energie, das Mikrofon mit dem Arm zum Mund zu führen, als den gesamten Körper zu bewegen. Dafür ist das Halten in der Hand oft ein Graus für den Tontechniker, denn manch ein Künstler kann ob der Emotionen seinen Mund-Mikrofon-Abstand nicht konstant halten und so ist im Nachgang viel Korrektur nötig. Auch ein Grund, warum man im Studio überwiegend auf festinstallierte Mikrofone setzt.

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Bei den Klangbeispielen mit Gitarre und Bongos zeigt sich die Eignung als Allrounder beim Neumann sehr gut. Großartige Ansprache, impulsfest und rauscharm werden auch härtere Impulse trocken und genau nachgezeichnet. Hier neigt das Sennheiser doch manchmal zum Verschmieren und wirkt in den Klangbeispielen etwas dünn und zu hell. Dies ist sicherlich auch den unterschiedlichen Bauweisen geschuldet.

Neumann_TLM102-white-package

In Sachen Winkelabhängigkeit zeigt sich ebenfalls die unterschiedliche Konstruktionsweise der beiden Mikros, was natürlich nicht verwundert. Eine Superniere ist nun mal enger, als die klassische Niere. Für unsere Leser könnte es aber interessant sein, inwiefern sich dies in der Praxis auswirkt.
Abschließend noch ein Wort zur Empfindlichkeit: Sowohl die Superanalog Channelstrips des SSL SiX Mixers als auch die Mikrofoneingänge der Universal Audio Apollos hatten irgendein Problem mit dem Mikrofon. Die Empfindlichkeit ist sehr praxisgerecht und sollte den Großteil der Mikrofon Preamps keine Probleme bescheren.

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Fazit

Auch wenn es schon über 10 Jahre am Markt ist: Das Neumann TLM 102 ist ein erstklassiges Kondensatormikrofon für den universellen Einsatz in den Bereichen Sprache, Gesang, Bühne und Instrumentenmikrofonierung. Und genau hier zeigt sich, wie preiswert das Neumann ist. Das TLM 102 ist ein echtes Eins-für-alles: Anstatt drei oder vier mittelmäßige Mikros im Schrank zu haben, lohnt es sich für viele kleine Studios sicher, das kleine Neumann als Allrounder einzusetzen und eine in jeder Hinsicht überzeugende Performance zu erhalten. Und für Designfans gibt es nun auch die auf 1000 Stück limitierte Variante in Weiß – für mich ganz klar ein Best Buy!

Plus

  • sehr guter und natürlicher Klang
  • sehr universell einsetzbar
  • perfekte Verarbeitung
  • angemessener Preis

Preis

  • Neumann TLM 102 White Edition: 725,- Euro
  • Neumann TLM 102 Mikrofon Studio Set nickel: 679,- Euro
  • Neumann TLM 102 Großmembran Kondensator Mikrofon: 569,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Garfield Modular AHU 21

    Hallo Jörg,

    Herzlichen Dank für Dein interessanten Artikel! Immer interessant Test Berichte über Mikrophone zu lesen, egal ob die schon eine Weile auf dem Markt sind :-) Hauptsache sie (die Mikrophone) werden getestet ;-)

    Viele Grüße, Garfield.

  2. Profilbild
    calvato

    Ich hab mir das TLM102 vor einiger Zeit gebraucht gekauft, ich bin sehr zufrieden! Was ich besonders mag ist, dass es nicht klingt. Man hört keine besondere Färbung, es klingt wirklich ziemlich neutral und man kann es via Nachbearbeitung in fast jede Richtung schieben.

    Zum Testbericht muss ich allerdings sagen, dass ich den Vergleich zum e865 sehr merkwürdig finde. Es gibt doch etliche Mikros, die man als Konkurrenz des TLM102 sehen kann, das Sennheiser ist es definitiv nicht.
    Ich meine, für einen Vergleich müsste man ein adäquates Produkt mit testen. Und wenn man keins hat oder sich leihen kann, sollte man da besser drauf verzichten. Nur meine Meinung ;)

  3. Profilbild
    MidiDino AHU

    In meinem Projektstudio entfallen zwar Mikrophone, ich nutze bereits professionell aufgenommene Instrumente, dennoch sind die Hörbeispiele interessant. Das Neumann TLM 102 fängt für mich (!) relativ viele tiefe Mitten ein, erst im Sprachabstand von 25 cm und bei einem Winkel von 45 Grad kommen überhaupt Höhen zum Tragen, die die Worte nicht ‚vernebeln‘. Beim Sennheiser e865 ist es genau umgekehrt: mir fehlen tiefe Mitten. Ich würde zu keines der Produkte raten. Aber ich habe einen altersbedingten leichten Hörschaden ;-) Höhen nehme ich erst bei leicht stärkerer Intensität wahr. Wenn ich mit Kopfhörer höre, spielt dies normalerweise keine Rolle.

  4. Profilbild
    Dudel

    Ich würde in fast allen Fällen den Sound des TLM 103 vorziehen, da das TLM102 einfach kleiner klingt (weniger Sparkle u. weniger Bassvolumen). Für Situationen, wo man nicht mehr viel Platz im Arrangement hat, aber unbedingt noch ein weiteres Instrument oder Chöre dazu aufnehmen möchte, ist jedoch auch das TLM102 eine gute Wahl. Gerade bei sehr vielen Dopplungen und Harmonies, wirds nicht so schnell dröhnig, wie bei den meisten anderen Mics.

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