Der Nachfolger des legendären Neumann U67
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Wie bereits beim Neumann TLM 49 Mikrofon erfolgreich geschehen, will der traditionsreiche Mikrofonhersteller Neumann auch mit dem TLM 67 den Sound einer Mikrofonlegende, in diesem Fall dem U67, mit den Vorzügen der aktuellen Technik dem Vorbild nach empfinden. Das U67 war in den 60er Jahren, also einer Zeit, in der alle Kondensatormikrofone in Röhrentechnik gebaut wurden, weil es die FET Technologie noch nicht gab, das Standardmikrofon im Rundfunkbereich. In den 70ern ging aus der Weiterentwicklung des U67 mit der neuen Transistortechnik das U87 hervor, das sicher das bekannteste Studiomikrofon überhaupt sein dürfte. Die Messlatte liegt heute also sehr hoch.
Die Neumann Mikrofon-Legende
Neumann selbst bezeichnet das U67 als legendär. Auf der Suche nach einer Begriffserklärung findet man, dass Legenden ursprünglich Leidensgeschichten von heiligen und anderen religiösen Autoritäten waren, die in kirchlichem Rahmen verlesen wurden. Seit dem 15. Jahrhundert tauchen Legenden
auch im außerkirchlichen Bereich auf. Hier meinen sie nichtbeglaubigte Berichte oder unwahrscheinliche Geschichten, die eng mit einem volkstümlichen, später auch mit einem kunstvoll-literarischen Erzählen verbunden sind. In dieser verweltlichten Form werden die Legenden zu moralisch-didaktischen Erzählungen über außergewöhnliche Schicksale, die nicht nur im Rationalen gründen. Aber was hat das mit Mikrofonen zu tun? Das U67 stammt zwar nicht aus dem 15. Jahrhundert, ist aber dennoch alt und selten genug, um mich vor das Problem zu stellen, den Wahrheitsgehalt der Legende nicht überprüfen zu können.
Ich habe noch nie ein U67 in der Hand gehalten, geschweige denn gehört. Welche Ausmaße eine Mikrofonlegende annehmen kann, erlebe ich regelmäßig, wenn sich Sänger ohne Studioerfahrung wochenlang darauf freuen, zum ersten mal in ihrem Leben durch ein U87 zu singen. Diese Vorfreude ist fast immer in der Legende um dieses Mikrofon und nicht einer eigenen Erfahrung begründet. Hören sie dann ihre Stimme im Kopfhörer, kehrt meist erst Ernüchterung und anschließend die Bereitschaft ein, auch mal ein paar weniger legendäre Mikrofone zu testen. Meistens macht dann ein anderes mehr Spaß. Das soll jetzt aber keine negative Bewertung des Neumann U87 Mikrofon sein, sondern lediglich das Problem mit einer derartigen Erwartungshaltung aufzeigen.
Die Features des Neumann TLM 67
Äußerlich ist das TLM 67 dem U87 recht ähnlich. Lediglich das geprägte Emblem mit dem Gesicht des Firmengründers zur Feier des 80-jährigen Firmenjubiläums passt nicht so recht ins sonst bei Neumann übliche Understatement. Die schlichte Holzschachtel, in der das Mikrofon geliefert wird, trifft das schon mehr. Leider beschränkt sich der Lieferumfang auf das Mikrofon. Die Originalspinne kostet ca. 320 Euro. Da mag der ein oder andere geneigt sein, das gleiche Geld lieber in mehrere fernöstliche Mikrofone inklusive Spinne zu investieren, in der dann das U67 seinen Dienst verrichten darf.
Das Herz des Mikrofons ist wie bei seinem historischen Vorbild die K67 Kapsel. Statt einer Röhre arbeitet das Mikrofon jedoch mit einer FET-Schaltung, die den Klang der Röhre nachahmen soll. Es bietet die umschaltbaren Richtcharakteristiken Kugel, Niere und Acht und verfügt über einen Lowcut sowie -10dB Abschwächer. Laut Herstellerangabe verträgt das TLM 67 105 dB ohne PAD, mit entsprechend 10 dB mehr. Also ein Wert, der für Rock-Maßstäbe bestenfalls als „gehobene Zimmerlautstärke“ empfunden wird. Andere Hersteller geben teilweise mehr als 140 dB an. Dieser Wert besagt allerdings nur, wann der Klirrfaktor die 0,5% Marke erreicht. Transistormikrofone liefern bei nur wenig mehr Schalldruck schlagartig extrem hässliche Verzerrungen . Bei Röhrenmikrofonen wie dem Neumann TLM 67 jedoch steigt von da an der Klirrfaktor sehr langsam an und lässt harmonische Verzerrung in den Klang einfliessen.
Das Neumann TLM 67 Mikrofon in der Praxis
In den letzten Wochen habe ich das TLM 67 mit zahlreichen unterschiedlichen Stimmen getestet. Positiv ausgedrückt fiel dabei immer ein sehr weicher Klang auf, mit dem sich aber niemand auf dem Kopfhörer wohl fühlte. Der Sound wurde einstimmig als sehr dumpf eingestuft. Manche mögen das damit rechtfertigen, dass das Material aber gerade durch diesen Klang extrem gut nachzubearbeiten ist und beispielsweise auch bei extremer Kompression und Klangreglung keine unerwünschten Verzerrungen oder Resonanzen hörbar werden, wie man es erlebt, wenn man bei zunächst einfach nur schön transparent klingenden fernöstlichen Billigmikrofonen beherzt Präsenzen hervorhebt. Das hilft mir jedoch wenig, wenn es darum geht, einen Sänger zu Höchstleistungen zu bringen.
Damit er selbstbewusst singt, muss er sich in seine eigene Stimme im Kopfhörer verlieben, anstatt mir zu glauben, dass ich sie wundervoll nachbearbeiten kann. Das wäre etwa so abwegig, wie eine E-Gitarre clean aufzunehmen und zu hören, um sie erst beim Mix zu verzerren. Gerade bei digitalen Aufnahmesystemen wird meist erst beim Mix Klangregelung und Kompression ins Spiel gebracht. Da ist es viel wert, ein Monitorsignal anbieten zu können, das bereits unbehandelt eine Vorstellung vom zu erwartenden Endergebnis liefert. Dafür, dass dieser Wunsch nicht mit den guten Eigenschaften bezüglich der Nachbearbeitung im Widerspruch stehen muss, gibt es genug Beispiele. Wer z.B. mit Brauner Mikrofonen arbeitet, weiß wovon ich spreche. Bei allem Genörgel gibt es jedoch auch etwas zu loben. Die Basswiedergabe des TLM 67 ist sehr beeindruckend. Tiefe Männerstimmen klingen gewaltig. Johnny Cash hätte dieses Mikrofon sicher gut gestanden.
Solch ein Mikrofon liegt dramatisch weit ausserhalb meines Zugriffskreises. Mir fallen Spontan mehrer Dinge ein, die ich für das gleiche GEld *zusammen* kaufen könnte. Ok, ich bin nur Hobbymusiker und damit ausserhalb der anvisierten Zielgruppe. Aber wer ist die Zielgruppe? Gibt es einen Grund dieses Mikrofon zu kaufen (ausser Teil eines „Leidensweges“ zu sein)?
Bitte, ich will das Teil nicht schlecht machen oder gering schätzen, aber wo im Profistudio wird dieses Gerät als die richtige Wahl angesehen? Was kann man mit diesem 2.000-Euro-Teil machen, was sonst nicht geht? Oder habe ich den Test falsch verstanden …
nein, den Test hast du ganz richtig verstanden. Auf meiner persönliche Mikrofonwunschliste stehen wenige weiter unten als dieses.
Lediglich für tiefe rauhe Männerstimmen gefällt mir das TLM 67. Allerdings lassen sich die auch mit anderen Mikros eindrucksvoll aufnehmen.
Ich bin froh, dass ich diesen Test nicht gelesen habe, bevor ich mir das TLM-67 zugelegt habe. Sonst hätte ich es wohl nicht ausprobiert. So aber bin ich sehr zufriedener Besitzer dieses Mikrofons und habe mein U-87Ai mittlerweile verkauft. Interessant, wie unterschiedlich die Meinungen sein können. Mir und den singenden Künstlern gefiel das TLM67 im Vergleich fast immer besser als das U87. Das U87 ist halt nicht nur sehr höhenlastig, es hat auch sehr harte Mitten. Das gefällt nicht jedem. Im Vergleich lässt sich das Signal des TLM67 einfach besser mischen und benötigt weniger Nachbearbeitung. So jedenfalls meine Erfahrung. Als PreAmps kommen hier Manley Voxbox oder Great River ME1NV zum Zuge.
Ist im Test eigentlich das „alte“ U87 oder ein Ai benutzt worden?
@hoshigoshi hallo,
das u87, das ich für den Test verwendet habe, ist ein AI.
Wenn dir ein U87 zu scharf ist, wundert es mich nicht, daß dir das TLM67 gefällt.
sicher ist deine voxbox daran auch nicht ganz unschuldig.
Ich finde den Artikel rundum gut, weil die m.M.n. wichtigsten Aspekte hier auch angesprochen wurden. Neumann-typisch einwandfreie Qualität, zu einem überzogenen Preis-Leistungs Verhältnis, und die Tatsache dass es sich einmal mehr nicht um ein modern klingendes Mikrofon handelt sondern versucht wird, die Vergangheit widerzubeleben bzw an Altem festzuhalten. In meinem Studio habe ich auch einige vintage Mikros, die ich nicht missen möchte – für besondere Fälle. Die täglichen Arbeitspferde sind aber durchweg modernere Exemplare, und es findet sich kein einziges Neumann darunter, gedankt der absurden Preispolitik des Herstellers. Die Spinnerei mit den Spinnen verdeutlicht das mehr als alles andere es könnte…
Totaler Schwachsinn, der Testbericht. Es zeugt einfach von großer Unwissenheit, wenn man ein solches Mikrofon „mangelhaft“ bewertet. Ich habe im Studio ein TLM 67 und ein Brauner VMA. Also wie es unterschiedlicher nicht mehr geht.
Kürzlich war ein bekannter Schlagersänger bei mir im Studio. Die Aufnahme mit dem Brauner im VMX Modus war im Höhenbereich zu hart, egal wie man EQ und sonstwas einstellte. Im VM1 Modus ging es gar nicht. Lediglich das TLM 67 war in der Lage, alle Beteiligten zufriedenzustellen. Mit einem guten Preamp ist das TLM 67 eine fantastische Investition und ein echt guter Tipp. Mit SSL funktioniert das TLM 67 z.B. gut. Klar hat das Brauner viel mehr Dynamik und klingt offener, aber das ist nicht immer gefragt. Vor allem bei Popaufnahmen im hochkomprimierten Bereich ist das egal.
Bei Akustikgitarren war der Unterschied übrigens nicht so groß, wie man denken mag. Ich hatte vor einem Jahr 2 Blinde im Studio. Der eine hat Akustikgitarre gespielt. Ich habe zeitgleich mit VM1 und TLM 67 aufgenommen. Selbst jemand mit so guten Ohren (er hörte sogar Kabellängen raus!!!) war sich nicht sicher, welches Mikro er bevorzugen soll.
An den Autor des Testberichtes ein kleiner Tipp: Hol Dir einen Behringer Kopfhöhrerverstärker, der hat eine kleine Klangregelung drin. Im Aufnahmeraum kann sich der Sänger dann soviel Höhen reindrehen, wie er will. Und schwupp: Er fühlt sich wohl!!
Und jetzt hat es auch noch einen TEC Award gewonnen. ;)
Diese Testerbewertung ist für mich nicht nachvollziehbar.
jeder sollte sich erst mal ein micro ausleihen
und paar aufnahmen machen, bevor man sich irdendwelche fremden aufnahmen anhört..die sagen null aus, welcher raum, preamp, distanz, popschutz usw usw,, zum micro gehört auch die eigene erfahrung im umgang damit, alle tricks und kniffe…. wenn man das mal gelernt hat macht man mit fast jeden micro und einem guten preamp ne klasse aufnahme
also ich besitze jetzt das tlm 67
das mikro ist einfach phantastisch und klingt nicht nach typischen höhen anhebungs gegurke. die qualität und der sound sind über jeden zweifel erhaben, gerade beim benutzen
des eqs merkt wie hochwertig das signal gewandelt wurde.
na ja gut, mache seit über 20 jahren musik und ich weiss auf was man achten muss.
aber einen mangelhaften test für das tlm 67 zu
geben, ist ein indiz für wenig erfahrung und vielleicht durch billige kreischer mikrofone beeinflusstes gehör……
Auch ich kann den Test absolut nicht nachvollziehen. Ich besitze das Neumann TLM67 seit über einem Jahr und gerade für Gesang- oder auch Saxophonaufnahmen ist es extrem gut geeignet. Es klingt fantastisch und „offen“, der Sänger / das Saxophon ist zum Greifen nah. Das Mikro kann meiner Meinung nach selbst mit den besten Röhrenmikros locker mithalten. Da hat Neumann etwas wirklich ganz Einmaliges mit Transistortechnik geschaffen. Wenn oben im AMAZONA-TEST von zu wenig Höhen die Rede ist, zeugt das von einem Klangbild vieler Billig-China-Produkte, die zunächst sehr crisp, aber im Mix dann doch topfig und unausgewogen klingen. Ich habe sehr viele Mikrofone im Studio ausprobieren können, aber der warme, ausbalancierte Sound des TLM67 ist wirklich einmalig! Mein Tipp: Unbedingt ausprobieren!!!
Auch die Klangbeispiele bestätigen, dass das 67er eigentlich besser klingt. So können Meinungen bisweilen auseinanderliegen….. Wow, das ist ja auch noch einiges günstiger!! Würde ich zum 67 greifen, wenn ich die Wahl + das zu berücksichtigende Budget hätte. Wie dem auch sei…..Grüße
Immer wieder finden sich bei amazona durchaus hilfreiche Testberichte. Der Test des TLM 67 ist jedoch gründlich daneben gegangen. Dass weder der Test noch das Testergebnis nachvollziehbar sind, ist in den Kommentaren bereits im Einzelnen zutreffend begründet worden. Dem kann ich mich als Nutzer vieler Mikrofone von Neumann (u.a. TLM 67) und anderer namhafter Hersteller nur anschließen. In diesem Qualitätsbereich geht es nicht mehr um besser oder schlechter, sondern um passend zur jeweiligen Aufnahmequelle. Und da setzt sich das TLM 67 im Studioalltag immer mal wieder durch, mitunter sogar gegen ein U67. Wie bereits in anderen Foren festgestellt, weiß der Autor offenbar nicht wovon er schreibt: „Bei Röhrenmikrofonen wie dem TLM 67 jedoch steigt von da an der Klirrfaktor sehr langsam an und lässt harmonische Verzerrung in den Klang einfliessen.“