Herrlich dreckige Drone-Synth-Sounds
Der Neutral Labs Elmyra 2 ist ein Desktop-Drone-Synthesizer mit vier Stimmen. Er bietet zahlreiche Modulationsmöglichkeiten und hat einen ganz eigenen Sound-Charakter. Kürzlich gab es ein Update des Gehäuses, und wir wollen die neue Version einmal testen.
Inhaltsverzeichnis
- Gehäuse, Potis und Buchsen des Neutral Labs Elmyra 2
- Die vier Stimmen des Drone-Synthesizers
- Die Modulation des Neutral Labs Elmyra 2
- Die Effekte des Desktop-Synthesizers
- Ouch – das besondere Feature
- Der Signalweg des Elmyra 2
- Die erweiterten Modulations- und Einstellmöglichkeiten
- Neutal Labs Elmyra 2: Der Sequenzer
- Firmware-Update
Gehäuse, Potis und Buchsen des Neutral Labs Elmyra 2
Der Drone-Synthesizer arbeitet als Hybrid-Synthesizer sowohl analog als auch digital. Er ist semimodular aufgebaut und für die vier Stimmen stehen insgesamt 41 Patch-Punkte zur Verfügung. Gespielt wird der Elmyra 2 entweder über die integrierten Touchpads, den Sequenzer oder per CV. Die Touch-Pads funktionieren sehr gut und schon ein leichter Dreh am Env-Poti verändert das Spielgefühl.
In der hier vorliegenden Desktop-Version hat der Neutral Labs Elmyra 2 Synthesizer vor kurzem ein neues Gehäuse spendiert bekommen. War es zuvor aus Kunststoff mit Seitenteilen aus Holz, ist es nun komplett aus Bambusholz gefertigt. Das macht den Synthesizer noch stabiler und standfester. Hiermit hat Neutral Labs auf einen Kritikpunkt bei der vorherigen Version reagiert. Das neue Gehäuse ist absolut robust und hochwertig gefertigt, und mit den mitgelieferten Gummifüßen steht es fest auf dem Tisch.

Den Neutral Labs Elmyra 2 gibt es sowohl als bereits fertig zusammengebaute als auch als DIY-Version.
Übrigens gibt es das Gehäuse auch separat zu kaufen – eine Möglichkeit für alle bisherigen Besitzer des Synthesizers, ihren Synth auf den aktuellen optischen Stand zu bringen. Der Umbau ist denkbar einfach: Hier müssen lediglich vier Schrauben gelöst und der Stromanschluss gesteckt werden.
Der Neutral Labs Elmyra 2 ist wie gesagt ein semimodularer Synthesizer. Er hat eine Breite von 42 HP. Die Stromversorgung erfolgt über einen USB-C-Anschluss, der an der Stirnseite angebracht ist. Ein gewinkeltes USB-Kabel gehört ebenfalls zum Lieferumfang. Wenn man den Synthesizer in ein Modularsystem einbaut, stehen natürlich die entsprechenden 12V-Anschlüsse zur Verfügung.
Die vier Stimmen des Drone-Synthesizers
Herzstück des Drone-Synthesizers sind die vier identisch aufgebauten Stimmen. Die Klangerzeugung basiert auf Wavetables mit bis zu 12 Oszillatoren, die per 1 V/Oktave gesteuert werden können. Pro Stimme steht jeweils ein sehr hochwertiges Touchpad zur Verfügung, das aus zwei runden Metallplatten besteht. Ist die Stimme aktiviert, leuchtet eine LED in der Mitte dieses Touchpads.
Beide Pads müssen berührt werden, um einen Ton zu erzeugen. Die Lautstärke des Sounds wird durch die Intensität der Berührung beeinflusst, was ein sehr ausdrucksstarkes Spielen ermöglicht. Die Touchpads selbst erzeugen ebenfalls ein CV-Signal, das am CV-Ausgang der Stimme anliegt.
Mit einem großen Tune-Poti pro Stimme ist das Tuning stufenlos einstellbar. Das Poti läuft butterweich und eine weiße Markierung zeigt die aktuelle Einstellung an. Die daneben angebrachte 3,5mm-Klinkenbuchse bietet die Möglichkeit, den Oszillator per externer CV-Spannung zu steuern. Das Poti wird dann deaktiviert.
Darunter befinden sich jeweils drei kleinere, schwarze Potis mit weißer Markierung. Hier werden MOD, WAV und ENV eingestellt. Das Mod-Poti regelt je nach gewählter Modifikation mithilfe des MODP-Tasters unterschiedliche Parameter. Mit dem WAV-Poti kann man durch die Wavetables „sweepen“. Die Auswahl der Wavetables ist umfangreich und bietet eine große Vielfalt an Grund-Sounds. Mit einem kleinen PG-Taster kann man diese wechseln. Der Taster dient auch für erweiterte Einstellungen des Neutral Labs Elmyra 2, indem hier Codes eingegeben werden. Das Envelope-Poti verändert die Ansprache und das Ausklangverhalten – von kurzem Attack und Decay bis zu langen Einstellungen ist hier alles möglich.
Drückt man den kleinen PG-Taster etwas länger, schaltet man die Stimme in den Drone-Modus, sodass sie konstant spielt. Dies wird besonders interessant, wenn man die Stimme oder das Delay moduliert, um Bewegung in den Sound zu bringen. Das Touchpad kann übrigens weiterhin ein CV-Signal erzeugen, das dann nicht mehr die entsprechende Stimme beeinflusst, sondern am Env-Ausgang anliegt.
Drückt man den PG-Taster kurz, schaltet man zwischen den verfügbaren Wavetable-Seiten um. Mit dem WAV-Poti kann man sich durch die Table-Inhalte bewegen oder ihn über den WAV-Eingang per LFO modulieren, was interessante Sounds ermöglicht.
Pro Stimme gibt es in der oberen Reihe noch jeweils vier 3,5mm-Buchsen für CV. Hier können Gate, Mod und WAV extern moduliert werden. Der Env ist ein Ausgang, was farblich sehr schön dargestellt ist. Höhere Spannungen am Gate simulieren eine kräftigere Berührung des Touchpads, während niedrigere Spannungen eine leichtere Berührung widerspiegeln.
Die Modulation des Neutral Labs Elmyra 2
Das Mod-Poti regelt pro Stimme die Intensität der per MODP gewählten Modulation. Der MODP-Taster dient zur Auswahl der 10 verfügbaren Modulationsprogramme. Diese können auch pro Stimme durch gleichzeitiges Drücken eines PG-Tasters gewechselt werden. Die Programme umfassen Detune, Sub-Oszillator, Chord, Waveshaper, Saturator, Bitmangler, Sample Rate Reduction, Noise, LPF und HPF. Die gewählte Modulation wird durch eine farbige LED angezeigt. Besonders Detune und Sub-Oszillator verleihen dem Sound Charakter. Mit Saturator, Bitmangler und Sample Rate Reduction kann der Sound stark verändert werden, während die Filter ihn wieder fokussierter machen.
Mit dem CHRM-Taster kann ein chromatischer Modus aktiviert werden, der die Tune-Potis der Stimmen quantisiert. Dieser Modus kann pro Stimme aktiviert werden und erleichtert das Spielen von Akkorden, wobei trotzdem ein leichtes Verstimmen der anderen Stimmen möglich bleibt.
Zwei LFOs stehen für die Modulation zur Verfügung. Der erste LFO mit Sinusschwingungsform hat ein Poti für die Frequenz, die auch per CV-Eingang gesteuert werden kann, sowie einen Output. Der zweite LFO verfügt zusätzlich über ein WAV-Poti samt CV-Eingang, mit dem die unterschiedlichen LFO-Schwingungsformen gewählt werden können. Die LFOs können frei laufen oder synchronisiert werden.
Die darunterliegenden Module für ADD und ATT agieren als Voltage-Generatoren, Multiplier und Attenuator. Sie verfügen jeweils über zwei Potis und zwei Inputs und einen Output beziehungsweise einem Input und zwei Outputs.
Die Effekte des Desktop-Synthesizers
Der LPF verfügt über ein Cutoff-Poti und eines für die Resonanz. Beide können natürlich auch per CV gesteuert werden. In den erweiterten Einstellungen können andere Filtertypen gewählt werden. Das werkseitige Filter, ein resonantes 2-Pol State Variable Lowpass-Filter, passt aber sehr gut zum Sound des Elmyra 2. Mit einem etwas zurückgenommenen Cutoff nimmt man dem Sound etwas Schärfe, was besonders für Drones ideal ist.
Das Delay verfügt über Time-, Feedback- und Mix-Potis, die alle ebenfalls per CV gesteuert werden können. Die maximale Delay-Zeit beträgt bis zu 1,6 Sekunden. Das Feedback reicht bis zur Oszillation, die aber meist kontrollierbar bleibt. Das Mix-Poti reicht bis zum 100% Wet-Signal.
Mir gefällt der schmutzige Charakter des Delays in Verbindung mit dem Sound des Elmyra 2 sehr gut. Es lassen sich wunderbare Flächen bilden und der Sound ergänzt sich hervorragend.
Ouch – das besondere Feature
Der „Ouch“-Schaltkreis ist analog aufgebaut und kombiniert Verzerrung, Waveshaper und Lowpass-Filter. Das Choke-Poti mit zugehörigem CV-Eingang regelt das Filter. Das Bite-Poti, das ebenfalls per CV gesteuert werden kann, regelt die harmonische Verzerrung.
Hier können unterschiedliche Modifier eingesteckt werden. Diese kleinen Platinen enthalten verschiedene Kombinationen aus Widerständen, Kondensatoren und Transistoren. Der Sound wird durch diese Circuitbending-Optionen beeinflusst. Es können auch einzelne elektronische Bauteile eingesteckt werden – die Gebrauchsanleitung erklärt hier einige Möglichkeiten. Wichtig ist nur, dass keine polarisierten Kondensatoren verwendet werden dürfen, da diese platzen könnten. Ansonsten kann nichts schiefgehen, da alles entsprechend abgesichert ist.
Der Signalweg des Elmyra 2
Die vier Stimmen werden zusammengemischt und durch den LPF und das Delay geleitet, wobei beide in ihrer Reihenfolge in den erweiterten Einstellungen getauscht werden können. Das LPF kann ebenfalls in den erweiterten Einstellungen gewechselt werden. Zur Auswahl stehen LPF, Bandpass, HPF und HP/LP. Zusammengeführt mit dem Ext. Audio wird das Signal durch den „Ouch“-Schaltkreis mit den entsprechenden Modifiern geleitet. Über das Master-Volume liegt das Signal dann am Ausgang an.
Die erweiterten Modulations- und Einstellmöglichkeiten
Die zusammengemischten Signale erzeugen einen leichten Schmutz und eine gewisse Verzerrung. Der Grad der Verzerrung kann in den erweiterten Einstellungen angepasst werden. Ganz clean und sauber wird das Signal allerdings nie. Der Neutral Labs Elmyra 2 Synthesizer behält immer seinen klanglichen Charakter – und das auf eine sehr harmonische Weise. Dadurch ergänzt sich der Elmyra 2 sehr gut mit anderen, cleaneren Instrumenten und bringt etwas Schmutz und Lebendigkeit in den Sound. Ich mag beispielsweise den Drone-Sound als Kontrast zu einem Piano.
Ein wichtiger Hinweis ist, dass die erweiterten Einstellungen mit jedem Neustart wieder deaktiviert werden. Hat man also den Überblick verloren, welchen Filtertyp, welche Verzerrungsstufe und welchen LFO-Sync man aktiviert hat, reicht ein Neustart, um wieder zum Ausgangs-Sound zurückzukehren. Einige Nutzer könnten dies bedauern; ich persönlich finde es jedoch großartig. Auf diese Weise beschäftigt man sich immer wieder neu mit dem Synthesizer und verlässt sich nicht auf eine einmal eingestellte Konfiguration.
Die erweiterten Einstellungen gibt es übrigens als Infoblatt zum Ausdrucken. Man merkt sich die relevanten Einstellungen aber ziemlich schnell. Über das Halten des MODP-Tasters in Verbindung mit Zahlenkombinationen der vier PG-Taster der vier Stimmen werden die Einstellungen eingegeben. So kann man beispielsweise die Stimme oktavieren, indem man die Kombination 231 für die erste Stimme oder 232 für die zweite Stimme eingibt. Alles ist sehr logisch aufgebaut und schnell zu merken.
Neutal Labs Elmyra 2: Der Sequenzer
Per Sync-Taster kann das Tempo eingetappt werden. Dieses Tempo wird dann für den Sequenzer und optional auch für das Delay oder die LFOs verwendet. Mit der darüber liegenden Klinkenbuchse kann der Elmyra 2 auch zu externen Geräten synchronisiert werden.
Der Sequenzer wird mit den Rec- und Play-Tastern gesteuert. In bis zu 128 Steps können hier die einzelnen Stimmen individuell oder gemeinsam aufgenommen werden, wodurch auch unterschiedliche Längen möglich sind.
Da hier das Tuning im Sequenzer gespeichert wird, ist eine Aufnahme und Wiedergabe im Drone-Modus sinnvoll. Die Sequenz lässt sich nicht abspeichern. Nach dem Neustart beginnt man mit seiner kreativen Reise erneut.
Firmware-Update
Für ein Firmware-Update muss das Modul aus dem Gehäuse beziehungsweise dem Rack ausgebaut und per Micro-USB mit einem Computer verbunden werden. Anschließend kann die Datei per Drag-and-Drop auf das entsprechende Laufwerk kopiert werden.
Ist zugegeben nicht meine bevorzugte Art eines Synthesizers, aber der Elmyra macht vom Preis, – Leistungsverhältniss einen hervorragenden Eindruck! Man denke nur an den Mitbewerber Soma Lyra4 und Lyra8. Die Tatsache mit den Seitenteilen aus Bambus ist eine mega Idee! Erstens ist es sehr stabil wie im Bericht schon erwähnt (es werden ganze Hausgerüste aus Bambus gefertigt) und es ist ein schnellwachsender Rohstoff. So entfällt die katastrophale Abholzung jahrhundertalter Regenwaldbäume. Greenwashing von Bambus findet lediglich in der Textilindustrie statt. Für Bastler und Sparfüchse gerade einmal ~380€ für dieses semimodulare 4-Voice-Teil! Wäre ich ein Freund von Drone-Synthesizer, wäre der Elmyra meine erste Wahl.
Auch wenn die Klangbeispiele alle in die gleiche Richtung gehen:
Mein Ohr mag das, wenn’s analog warm und schmutzig zugleich klingt. 🙂
Und bevor ich’s vergesse:
Allen Lesern, Autoren und Redakteuren von AMAZONA.DE ein Gesundes Neues Jahr!!!
Vielen Dank für die vielen informativen Beiträge und bitte weiter so!