Test: Novation Nocturn

Einstieg

Der Workflow ist so gestaltet, dass man jedes zu steuernde PlugIn zunächst im Automap-PlugIn-Manager wrappen muss, d.h. es gibt einen Automap-Wrapper, der den PlugIns eine zusätzliche Funktionsleiste spendiert, die dann mit der Nocturn Hardware zusammenarbeitet. Leider funktioniert dieser Wrapper nicht mit Host-internen PlugIns, da diese nicht als separate DLLs zur Verfügung stehen. Automap klinkt sich so zwischen Sequenzer und PlugIn via Automationssteuerung, was bedeutet, dass zunächst nur die Parameter gesteuert werden können, die der PlugIn Hersteller auch als Automationsfähig anbietet. Durch das neue Speed-Dial kann man aber generell auch fast alle Parameter steuern, die man mit der Maus erreichen kann (z.B. auch Windows-Fenstergrößen).

Nach dem Wrappen eines PlugIns verteilt Automap Universal dann die Parameter nach mehr oder weniger passenden Konventionen über die Hardware-Bedienelemente. Das wird in der Regel nicht 100% überzeugend ablaufen, so dass man sich meist für jedes PlugIn die bevorzugte Belegung zurechtstricken muss. Glücklicherweise muss man das pro PlugIn nur einmal tun, denn Automap Universal kann sich für jedes PlugIn die Belegung merken und bei jeder neuen Instanz wieder automatisch abrufen. Das schützt wiederum nicht davor, dass der PlugIn-Hersteller irgendwann in einem Update einen Parameter verschiebt und umbenennt. In einem solchen Fall muss man dann Automap manuell anpassen.

Das Automap Overlay-Fenster ist übrigens in Vectorgrafik dargestellt. Das bedeutet, dass man die Fenstergröße nahezu beliebig skalieren kann. Dennoch sollte man zur komfortablen Steuerung einen großen Monitor besitzen, denn so schön das Overlay Fenster auch ist, nach einer gewissen Zeit nervt es, dieses immer wieder aufzurufen und zu verstecken. Besser man hat es immer an der gleichen Stelle umgehend parat, schon alleine deswegen, weil der Nocturn außer den LED-Kränzen keinerlei Display besitzt.

Verarbeitung

Die Verarbeitung geht für ein Gerät unter 100€ in Ordnung. Einziger Wermutstropfen sind die Drehgeber, die leider extrem wackelig sind und der Crossfader, der recht schwergängig ist. Mit der Haptik der Silikontaster kann man sich jedoch arrangieren, indem man nicht mittig darauf drückt sondern seitlich. Der Nocturn wiegt mit seinem Kunststoffgehäuse nur wenige hundert Gramm und hat zwei großzügige und effektive Rutschhemmer in Form von Gummimatten auf der Unterseite. Die Ausführung der seitlichen USB-Buchse ist je nach Aufstellung zu bewerten, im Regelfall ist jedoch eine Buchse auf der Rückseite praktischer.

Installation

Die Installation erfolgt problemlos: CD einlegen, installieren und die gewünschten PlugIns als Automap-Variante ummappen.

Nach der Installation bettet sich Automap Universal in der Task-Leiste ein, und das Overlay-Fenster ist sichtbar. Sobald man den Audio-Sequenzer oder andere Host-Programme startet und ein Automap-PlugIn lädt, werden die Parameter erstmals verteilt, und man kann sofort mit der persönlichen Parameterverteilung loslegen, indem man mit dem Learn-Modus den Parameter des PlugIns betätigt und dann die Bedienelemente berührt. Anschließend speichert man das Setting ab und hat hoffentlich für alle Ewigkeit die gleiche Belegung für dieses PlugIn.

Automap Universal steuert dabei entweder immer das PlugIn, welches im Fokus ist, was man daran erkennen kann, dass das Novation Logo magentafarben (und nicht mehr graustufig) ist. Ein zweiter Weg kann über die vier Silikonbuttons erfolgen. Diese sind nach vier Kategorien geordnet (User, FX, INST, MIXER) und können jeweils viele Settings enthalten. Für jedes geöffnete PlugIn erscheint nach dem Druck auf die Buttons im Overlay-Fenster ein Preset, das man durch einfaches Berühren der entsprechenden Bedienelemente auswählt. So kann man auch ohne mit der Maus auf dem Bildschirm zu wühlen, das zu steuernde PlugIn recht flott am Gerät auswählen.

Einen Tribut an den günstigen Preis von nur 99 Euro zollt der Tatbestand, dass man am Nocturn keine Displays zur Parameterbeschriftung und auch keine Anzeige der aktuellen Page hat. Somit muss man ständig kontrollieren, ob man auf der richtigen Seite (Page) ist und ob man das richtige PlugIn kontrolliert. Am Besten man positioniert den Nocturn direkt unter oder neben den Monitor und das Overlay-Fenster in die Nähe.

Nach einiger Zeit im Praxistest stelle sich heraus, dass man immer wieder auf neue Weisen versucht den Nocturn einzusetzen, bis sich eine bestimme Arbeitsweise etabliert hat. Glücklicherweise scheint Automap Universal zu flexibel zu sein, dass es nahezu alles zulässt, was einem so in den Kopf kommt. Man kann z.B. immer spontan die Belegung wechseln, zwischendurch das Speed-Dial benutzen oder einfach alles vorprogrammieren und stickt nach Plan vorgehen – jedem also, wie es Ihm gefällt.

Das Speed-Dial funktioniert am besten, wenn man als Steueroption für die Software-PlugIns den linearen Modus (also nicht den zirkulären) in der Host-Software aktiviert hat. Die Funktionsweise gleicht einer Maus: sobald man das Speed-Dial berührt ist es fast so, als würde man die linke Maustaste gedrückt halten. Beim anschließenden Drehen wird die Maus diagonal bewegt – das Speed Dial ist also eine zweite Maus, die nur einer Diagonalbahn (von oben recht nach unten linke) kennt. So kann man alle Drehregler, vertikalen und horizontalen Schieberegler und auch Buttons bedienen. Da sich die Maus dabei wirklich bewegt, muss man die Berührung während der Parameter-Justage immer aufrecht erhalten, denn wenn die Maus nicht mehr über dem Regler steht und man loslässt, ist die Zuordnung des Ausgangspunktes nicht mehr gegeben. Ein Speed-Dial mit großem Potential also, das aber etwas Disziplin und Aufmerksamkeit vom Anwender verlangt. Unterm Stich ist es eine Frage der persönlichen Präferenzen, ob man mal die Maus oder mal das Speed-Dial bei nicht autogemappten Parametern benutzt.



Praxis

Wir haben den Test unter Cubase SX 3 und Nuendo 4 durchgeführt, mit denen der Nocturn laut Anleitung am besten funktioniert. Je nach Host-Software sollte man sich vorher schlau machen, welche Einschränkungen vorhanden sind. Denn jede Host-Software zu behandeln, würde den Rahmen des Berichtes sprengen. In der Anleitung und den Revisions-Historien der Installer sind alle Informationen enthalten. Unter Cubase gibt es zwar eine extra dezidierte Mixersteuerung, diese ist jedoch leider auf Volume, Pan und Sends beschränkt, EQ-Mapping sucht man hier vergeblich.

Bei all dem Lob gibt es aber auch etwas Kritik: Sehr schnellen Bewegungen der Drehgeber folgt die Software zu langsam, auch wenn man die Abtastgeschwindigkeit anders einstellt. Der Crossfader wird etwas schneller abgetastet. Das fällt vor allem auf, wenn man z.B. auf einen Takt genau einen Parameter von 0% auf 100% bewegen möchte. Dazu reagieren die Encoder zu langsam. Man kann dies aber durch einen Trick umgehen: Man legt einen Button auf den gleichen Parameter, denn so kann man per Kopfdruck umschalten. Dies geht jedoch nur zwischen minimalem und maximalem Wert, also nicht zwischen beliebigen Werten von z.B. 15 und 98.

Das Automap Overlay Fenster hat unter XP immer diesen Windows-Rahmen, der leider nicht entfernbar ist. Schön wäre ein rahmenfreies Fenster.

Möchte man mit dem Nocturn MIDI-Events direkt steuern, so gibt es auch MIDI-Maps, die jedoch leider nur Controller und Pitchbend senden können. Somit fallen relative Werte und hochauflösende NRPNs weg. Das ist schade, denn durch die MIDI-Maps werden auch die Kanalparameter von Cubase über die Generic-Remote erreichbar, jedoch leider nur in 7-Bit Auflösung. Hier sollte Novation noch mal die Flexibilität der MIDI-Programmierung erweitern.

Ebenso ist es derzeit nicht möglich, mehrere Remote SL/Compact/Nocturns gleichzeitig mit Automap Universal zu benutzen. Dieses Feature steht aber laut Novation auf der To-Do-Liste, und wir werden abwarten müssen, wann es kommt.

Was mir persönlich noch fehlt ist ein Modus, in dem der Nocturn der Cubase- (respektive andere DAWs) Channel-Selection folgt und immer z.B. Insert PlugIn Nr.4 bedient. So könnte man sich einfach immer z.B. ein beliebiges EQ PlugIn auf den Nocturn legen und müsste nicht immer erst das richtige Mapping auswählen. So etwas kann nämlich nicht mal der Steinberg Controller.

Mitbewerber

Novation hat derzeit keine Konkurrenz zum Automap Universal System zu befürchten. Lediglich speziell angepasste Controller, wie die Mackie-Control oder der kommende Steinberg-Controller funktionieren integrativer, sind aber auch auf die Funktion festgelegt und damit recht unflexibel. Andere Controller, die auf Keyboards verbaut sind, müssen erst aufwendig programmiert werden und bieten kein Automap an.