Der ehrgeizige Nachfolger
Nun ist es so weit. Mit dem Numark NS6II den Nachfolger der ersten Generation des all-in-one DJ-Controllers Numark NS6, über den wir bereits (HIER) berichteten. Der neue Controller bietet wie gehabt das klassische 4-Deck Setup mit integriertem Audiointerface. Dazu kommen zwei umschaltbare Decks und ein standalone Mixer. Der neue Controller bringt jedoch auch einige Neuerungen und Veränderungen mit sich. Das Gerät reiht sich somit in die Welle der veröffentlichten Controller der zweiten Generation, wie etwa dem Denon DJ MC6000 MK2, dem Traktor Kontrol S4 MKII oder dem Pioneer DDJ-SX2, ein.
Numark NS6II – Auf den ersten Blick
Eine der größeren Neuerungen ist zunächst einmal der Preis. Musste man für das Erwerben der ersten Generation des Numark NS6 noch ca. 1200 Euro investieren, so sinkt der Anschaffungspreis beim neuen Modell um rund ein Drittel auf ca. 800 Euro. Dies macht das Gerät deutlich wettbewerbsfähiger und siedelt den Controller im mittleren Preisfeld dieses Segments an.
Auf den ersten Blick vermittelt der Numark NS6II ein recht wertiges Gefühl, das in erster Linie durch die Faceplate aus gebürstetem Aluminium suggeriert wird. Jegliche andere Komponenten des Gehäuses sind aus dicken Hartplastik gefertigt, das jedoch ebenfalls einen recht robusten und gut gefertigten Eindruck mit sich bringt. Aufgrund dieser Tatsache ist das Gerät mit seinen ca. 4,5 kg deutlich leichter als sein Vorgänger. Dies macht das Gerät ebenfalls für DJs interessanter, die es von Club zu Club oder Wohnzimmer zu Wohnzimmer mitnehmen möchten.
Im Lieferumfang enthalten sind neben der obligatorischen Handbücher, Aufkleber und dem Controller selbst ein Netzteil und ein USB-Kabel. Eine Serato Vollversion ist im Lieferumfang enthalten. Nach der Registrierung des Controllers kann dieser sofort „Plug and Play“ in Betrieb genommen werden. Unter Zunahme der DVS-Expansion von Serato wird aus dem Numark NS6II ein vollwertiger DVS-Mixer.
Oberfläche und Workflow
Der DJ-Controller bietet die klassische 2-Decks plus Mixer Aufteilung. Jeweils über den Jog-Wheels befinden sich sowohl Touchstrips zum schnellen Durchsuchen der gespielten Tracks als auch die Sektion zum Kontrollieren und Aktivieren der softwarespezifischen Effekte. Neben dem Jog-Wheel befindet sich der Pitch-Fader. Unter diesem befindet sich eine umfangreiche Performance-Pad Sektion. Diese ermöglicht den schnellen Zugriff auf Hot Cues, Auto Loops und Rolls, manuelle Loops sowie Sampler und Slicer. Im Zentrum des Gerätes ist der 4-Kanal Mixer verbaut. Dieser bietet pro Kanal Gain, Dreiband-EQ und Filterpotis sowie jeweils einen Kippschalter zur Zuweisung des Crossfaders. Darunter zu finden sind die Linefader sowie ein austauschbarer Crossfader.
Über der Mixersektion befinden sich ein gerastertes Poti mit Druckfunktion sowie Druckknöpfe zur Software-Navigation und zum Aktivieren und Deaktivieren der pro Kanal zuweisbaren Effektsektionen A und B. Der schlüssige und durchdachte Aufbau des Controllers ermöglicht einen guten Workflow, bei dem die Maus – und bei vorbereiteten Sets und standalone oder DVS Anwendung – sogar der Blick auf den Laptop überflüssig wird.
Der Numark NS6II „angeschlossen“
Rückseitig sind neben dem Einschaltknopf und der Buchse für das Netzteil zunächst zwei USB-Anschlüsse zu finden. Die zwei auf der Rückseite verbauten Buchsen machen einen nahtlosen Übergang von DJ zu DJ bzw. Laptop zu Laptop problemlos möglich. Per Knopfdruck lässt sich nach Anschluss der Geräte zwischen beiden Setups hin- und herschalten. Rechts daneben befinden sich zwei Cinch-Inputs zum Anschluss weiterer Decks, deren jeweilige Vorverstärkung sich an selbiger Stelle über Kippschalter von Line zu Phono ändern lässt. Dass sich diese nicht auf der Oberfläche des Gerätes befinden, ist sinnvoll, da sich die Wahrscheinlichkeit, dass diese jemand während des Clubbetriebs betätigt, so auf ein Minimum reduziert. Ebenfalls befindet sich hier der Schraubsockel für das beim Anschließen von Plattenspielern benötigte Erdungskabel.
Rechts auf der Rückseite befinden sich zwei 6,35 mm Klinke-Mikrofoneingänge, jeweils ein unsymmetrischer Stereo-Cinch Booth- und Masterausgang sowie ein in diesem Segment angemessener symmetrischer XLR-Ausgang. Die Buchsen an sich machen allesamt einen sehr soliden Eindruck.
An der Vorderseite des Numark NS6II befinden sich links die Potis für das Einpegeln der Mikrofone sowie jeweilig ein Zweiband EQ. Rechts daneben befindet sich noch ein Poti zur Justierung der Crossfader-Kurve. Auf der rechten Vorderseite befindet sich die Monitoring-Sektion, an der sich zwei Kopfhörer simultan anschließen lassen, da sowohl ein 6,35 mm als auch ein 3,5 mm Stereoklinke-Kopfhörerausgang verbaut sind. Nutzt man das Gerät zu zweit mit zwei Kopfhörern, so muss man sich jedoch auf eine gemeinsame Abhörlautstärke einigen, da es, wie bei den meisten Geräten, nur ein Mastergain für beide Outputs gibt.
Das Verhältnis von Summe und Vorhörsignal lässt sich in selbigem Segment über ein weiteres Poti stufenlos regeln, ebenfalls ist ein Kippschalter verbaut, der einen Stereosplit auf dem Kopfhörer ermöglicht und die gecueten Tracks auf die linke und rechte Seite des Kopfhörers verteilt. Links und rechts an der Vorderseite befinden sich eine Art Plastikgriffe, welche die verbauten Potis bei einem Sturz auf eine glatte Oberfläche schützen sollten.
Mixer, Fader, Potis, Audiointerface
Sowohl die Pitch- als auch die Linefader haben mit ihren jeweils 100 mm und 45 mm eine angenehme Länge. Die Fader liegen sehr gut in der Hand, auch wenn die Linefader fast keinen Widerstand aufweisen und extrem leichtgängig sind. Ob das im Sinne des Nutzers ist, muss wohl jeder für sich selbst erörtern. Der Pitch-Fader bringt bei Nullstellung eine Statusleuchte à la 1210er zum Leuchten. Bei Tempoänderungen durch Sync oder andere softwareinterne Modulation leuchtet am Pitch-Fader ein Richtungspfeil auf. Dieser zeigt, in welcher Richtung sich das veränderte Tempo mit dem Fader „abholen“ lässt.
Der Crossfader lässt sich gut und präzise von links nach rechts schmeißen und springt selbst bei kräftigeren Manövern nicht zurück. Hier hat Numark beim NS6II extrem gute Arbeit geleistet. Ebenfalls der feste Sitz im Gehäuse überzeugt nachhaltig.
Die EQ-, Filter- und Gain-Potentiometer fühlen sich sehr wertig und griffig an. Hier lässt sich an nichts rütteln oder zerren. Auch optisch machen die Drehknöpfe mit ihrer Oberfläche aus gebürstetem Aluminium und den gut erkennbaren Anzeigen einiges her. Im Auge des Betrachters liegen hier jedoch Größe und Spielgefühl. Mir persönlich fehlt der Übersichtlichkeit halber eine dezente, erkennbare Abhebung der Gain–Potentiometer von den EQ-Potis. Außerdem berührt man beim beherzten Griff zum Equalizer mit seinen durchschnittlich dicken Fingern häufig die anderen Potis.
Etwas mehr Abstand hätte hier meiner Ansicht nach nicht schaden können. Ebenfalls negativ fielen die Einrastpunkte der Potis bei Nullstellung auf, die einen recht schwammigen, weichen Eindruck machen, was insbesondere bei präzisen Eingriffen in der Clubsituation zu Fehlern führen kann.
Bei den EQs ist das nicht wirklich erheblich, da diese durch deren gute Berührungswiderstände ein präzises Mixing ermöglichen. Bei den Filterpotis wirkt es jedoch extrem störend, nach einer Filterfahrt den entsprechenden Nullpunkt nicht durch ein „Schmeißen“ des Potis in Richtung des Selbigen erreichen zu können. Leider gibt es hierfür auch keinen Master-On/Off-Schalter, wie beispielsweise bei den Pioneer Geräten gibt. Die Filterpotis kommen mir zudem etwas überproportioniert vor. An dieser Stelle sei jedoch nochmals zu erwähnen, dass diese Meinung komplett subjektiv ist.
Insgesamt überzeugt der Numark NS6II mit einer robust anmutenden Haptik und Verarbeitung. Auch klanglich ist das Gerät mit lauten und klaren Ausgangspegeln sowohl im Kopfhörerverstärker als auch im Master- und Booth-Out absolut auf der Höhe. Auch die Line-, Mic- und Phono Eingänge überzeugen durch ein gutes, klares und lautes Signal. Der symmetrische XLR-Ausgang eignet sich für Club-Situationen. Mit dem verbauten Audiointerface hat Numark also ebenfalls ganze Arbeit geleistet.
Die Jog-Wheels des Controllers
Betrachtet man die Oberfläche des Gerätes, so fallen die neuen Jog-Wheels ins Auge, die mit ihren 6 Zoll recht standardmäßig proportioniert sind. Diese bieten aufgrund ihrer justierbaren Berührungsempfindlichkeit mehrere Funktionen. So lassen sie sich zum einen für klassisches Pitch-Bending, zum anderen aber auch beim stärkeren Druck auf die Oberfläche und beim Aktivieren des „Scratch“ Knopfes zum Scratchen und als Tool zum Suchen innerhalb der zu spielenden Tracks verwenden.
Eine Neuerung stellt jedoch dar, dass die Jog-Wheels jeweils ein Farbdisplay zur Anzeige von BPM, Nadelposition, Restlaufzeit, Key Lock und dem jeweiligen aktiven Deck beinhalten. Das Display ist, auch wenn dessen Anzeige an die alten Flüssigkristallanzeigen von Casio Uhren erinnert, gut lesbar und dessen Layout wirkt sinnvoll arrangiert. Die Machart und Verarbeitung der Jog-Wheels selbst wirkt jedoch etwas, als hätte man hier Kompromisse eingehen müssen. Die Teller wurden komplett aus Kunststoff gefertigt. Dessen Oberfläche in ebenfalls gebürsteter Optik greift die Aluminium-Kopfplatte nur stilistisch aufgreift. Dessen Randfläche in einem Silberton aber weist beidseitig kleine Verarbeitungs- und Lackierungsfehler auf.
Die inneren Aussparungen für die Displays der Jog-Wheels wurden zudem nicht komplett rund und bündig ausgestanzt/geschnitten. Dies erweckt beim schnellen Drehen der Teller den Eindruck, als würden diese etwas „eiern“. Dieser Eindruck spiegelt sich ebenfalls in deren Haptik wider. Trotz des recht angenehmen Gewichts fühlen sich die Decks nicht sonderlich „griffig“ an und beim Druck auf das mittig verwendete durchsichtige Plastik, durch das die Displays zu erkennen sind, gibt dieses zu sehr nach.
Die Berührungsempfindlichkeit der Jog-Wheels lässt sich nicht einstellen. Die Pitch-Fader sind zudem etwas zu nah an den Jogs positioniert. Beim manuellen Beatmatching am Gerät berührt man diese schnell und häufig beim Verschieben des Tempos. Die Transportknöpfe Play, Cue und Sync sind dahingegen sehr überzeugend gestaltet, so kommen diese in einer angenehmen Größe daher und fühlen sich aufgrund eines guten Druckpunktes und der gummierten Ausführung sehr stabil an. Ebenfalls der Keylog-Druckknopf zur Fixierung der Tonhöhe ist praktisch und gut am Gerät untergebracht.
Performance-Pads und Effekte
Mit den sich unterhalb der Jog-Wheels des Numark NS6II befindlichen berührungsempfindlichen Performance-Pads lassen sich zum einen die jeweils gespielten Tracks durch automatische und manuelle Loops, Rolls, einstellbare Cue-Punkte und einen Slicer manipulieren. Zum anderen bieten diese aber auch Zugriff auf die Sampledecks. So können sich von diesen wahlweise quantisiert oder nicht quantisiert Samples triggern lassen. Über den Shift-Knopf lassen sich hier noch spezifischere Unterfunktionen der insgesamt 16 Pads, wie das Aktivieren der Berührungsempfindlichkeit oder spezielleren Rolls realisieren.
Die gummierten Pads haben eine angenehme, sinnvoll wirkende Größe und der Umgang mit diesen bereitet großen Spaß. Gerade das Setzen von unterschiedlich langen Loops beim Einsatz mit vier Decks macht einen kreativen Workflow möglich. So lassen sich hier beispielsweise beim Loop-basierten Spielen interessante Polyrhythmen erzeugen. Auch das Abfeuern von Samples geht leicht und intuitiv von der Hand, die Pads bieten gutes Feedback und eine angenehme Velocity.
Ein weiteres interessantes Effekt-Feature stellen die berührungsempfindlichen Filter-, EQ- und Effektpotentiometer dar, die beim Aktivieren von den „Touch FX“-Knöpfen am Gerät zum Leben erwachen. Hier genügt bei voreingestelltem Effektwert ein Antippen des Potentiometers, um beispielsweise den Return-Weg des Hall-Effektes kurz mit Eingangssignal zu versorgen. Auch, um eine punktuelle Reverb-Fahne zu kreieren. Diese Funktion orientiert sich bei den Effekten an den Dry/Wet-Werten, die man vorher am Poti eingestellt hat. Bei der EQ-Sektion wird das jeweilige Band, dessen Knopf man berührt, gekillt.
Einen kleinen Abstrich dieser nützlichen Spielerei stellt jedoch dar, dass die Funktion nicht gegeben ist, wenn man beispielsweise gleichzeitig mit der anderen Hand das Filter justiert. Dass hier die Funktion nicht aktiv wird, ergründet sich mir nicht wirklich. Ich finde es zudem etwas schade, da ich die Effekte generell am häufigsten in Kombination mit dem Filter nutze. Dass hier beide Werte nicht simultan abgeholt werden können, macht es für mich recht schwer, die Funktion vernünftig zu nutzen.