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Test: Nyström Crum Hum, generativer digitaler Synth

Zufällig hypnotisch

12. Februar 2025
Test Nyström Crum Hum Synthesizer Aufmacher

Test: Nyström Crum Hum, generativer digitaler Synth

Der Nyström Crum Hum ist das Synth-Pendant zum Crum-Drum desselben Solo-Entwicklers Albert Nyström. Dieses Mal dreht sich aber alles um zufällig generierte Melodien. Der Nyström Crum Hum ist ein dreistimmiger Synth mit insgesamt zwölf verschiedenen Synth-Engines. Wie das klingt und was das alles mit Johann Sebastian Bach zu tun hat, werden wir gleich sehen.

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Nyström Crum Hum Hardware

Nyström Crum Hum - Sonnenansicht

Nystöm Crum Hum, ein generativer Synthesizer

Der Nyström Crum Hum wird in einem schlichten Pappkarton mit einem Micro-B-USB-Kabel geliefert. Die knappe Anleitung steht als 8-seitiges PDF-Handbuch zum Download zur Verfügung. Das Gerät misst 125 x 175 mm und wird von 17 Drehreglern mit einem angenehmen Drehwiderstand besiedelt. Dazu gesellen sich noch fünf Micro-Schalter und sechs weiße LEDs, die zum Glück nicht zu hell sind. Die Potis sitzen richtig fest, sind aber nicht mit der Frontplatte verschraubt.

Nyström Crum Hum - Frontalansicht

Der Nyström Crum Hum ist robust verarbeitet

Der Nyström Crum Hum Desktop-Synthesizer verzichtet dabei auf ein Gehäuse und besteht aus drei lilafarbenen PCBs, die mit Abstandhaltern zu einem Sandwich verarbeitet sind. Obwohl das Spaltmaß der unteren Schutzplatte zum eigentlichen PCB sehr klein ist, besteht dennoch die Gefahr, dass hier leitende Gegenstände landen können und einen Kurzschluss verursachen. Ich bin kein Fan dieser Bauweise und hätte ein vollständiges Gehäuse bevorzugt.

Nyström Crum Hum - Sandwich-Bauweise mit von außen zugänglichen gestackten Platinen

Die Sandwich-Bauweise kann problematisch sein

Ganz unten befinden sich die Pads, die allesamt berührungsempfindlich sind und je nach Sens-Einstellung die Lautstärke und den tonalen Charakter einer Synth-Voice beeinflussen. Die Dreiecksform hilft bei der Dosierung, der erzeugte Wert ist proportional zur berührten Fläche des Pads.

Manche Einstellungen können nur über den Shift-Button erreicht werden, sind aber eindeutig auf der Frontplatte verzeichnet.

Anschlüsse des Nyström Crum Hum

Der Nyström Crum Hum besitzt einen Micro-B-USB-Port, der sowohl für die Stromversorgung als auch die MIDI-Anbindung zuständig ist. Dazu gibt es einen Stereoausgang sowie einen Clock- und einen CV-Ausgang. Hier liegt ein CV-Signal von 0 V bis 3 V an, das mit den berührungsempfindlichen Pads korrespondiert. Welche Pads genau abgefragt werden, ist einstellbar.

Der Nyström Crum Hum hat dabei u. U. mit dem weiterverbreiteten Problem der USB-Einstreuung zu kämpfen, die einen hohen Ton (Whining) auf dem Audioausgang erzeugt. Dieser ist zwar recht leise, ganz vermieden werden kann er allerdings nur durch eine USB-Weiche, die Stromversorgung und Datenbus voneinander trennt.

Clock- und CV-Anschlüsse

MIDI-Implemetation

Der Nyström Crum Hum besitzt eine zwar vollständige, aber eigenwillige MIDI-Implementation. Jedes Bedienelement ist mit einem MIDI-CC verknüpft, aber eben nicht mit einer Funktion. Das bedeutet dann eben, dass Shift-Funktionen über zwei CC-Nachrichten erreicht werden können. Zuerst muss der CC für den Shift-Button gesendet werden, danach der eigentliche Wert. Schließlich muss dann der Shift-CC wieder zurückgesetzt werden. Das hätte man deutlich einfacher machen können, indem jeder Funktion ein eigener MIDI-CC zugeordnet worden wäre.

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Crum Hum MIDI CC-Übersicht

MIDI CC-Übersicht

So wie es ist, sind Probleme bei der DAW-Steuerung beinahe vorprogrammiert. „Warum verstellt er nicht Tone! Ach … ich hatte vergessen, den Shift-CC zurückzusetzen, als ich den LFO eingestellt habe.“ Zumindest leuchtet die Shift-Button-LED auf, wenn die Funktion aktiv ist.

Nyström Crum Hum - Nyström Logo

Ansonsten sind die drei Stimmen unabhängig voneinander per MIDI steuerbar, denn jede Stimme hat einen eigenen MIDI-Kanal. Zu guter Letzt gibt der Nyström Crum Hum seine Sequenzen auch über MIDI aus und kann so andere Geräte oder Plug-ins steuern.

Bedienung des Nyström Crum Hum

Die wichtigsten Einstellungen sind Scale und Type. Mit Tone wird eine der folgenden Synthese-Engines ausgewählt:

  • SAW with lowpass filter
  • SQUARE with lowpass filter
  • Wavetable 1
  • Wavetable 2
  • FM 1
  • FM 2
  • Chords x 3
  • Bass + Chord + Melody 1
  • Bass + Chord + Melody 2
  • Wavetable 3,
  • Chaotic, Glitchy, Noisy FM
  • Noise

Der globale Tone-Parameter verstellt dann jeweils einen anderen Aspekt der entsprechenden Engine.

Nyström Crum Hum - Engines Gehäuseaufdruck auf der Unterseite

Gehäuseaufdruck auf der Unterseite

Mit Scale wird die Tonleiter ausgewählt, aus der der Nyström Crum Hum seine Tonabfolge zufällig auswählt, wenn er über seine Pads gespielt wird, die als Noten-Trigger dienen. Geboten werden wieder zwölf Skalen:

  • Minor Pentatonic
  • Major Pentatonic
  • Minor (aeolian)
  • Lydian
  • Blues Scale
  • Phrygian dominant (mixo b2 b6)
  • Melodic Minor
  • Whole Tone
  • Chromatic
  • Microtonal
  • Harmonic Series (Overtones)
  • Unquantized

Auch eine automatische sequentielle Abfolge ist möglich, wenn der Play/Pause-Button unterhalb des BPM-Reglers betätigt wird. Läuft der interne Sequencer, so erzeugt er auf den Skalen basierende Abfolgen, die definitiv nicht rein zufällig aus dem Tonvorrat ausgewählt werden. Die Tonabfolgen haben nämlich stets einen Bezug zueinander, der mich irgendwie an Stücke von Bach erinnert. Um nicht ständig die Pads zu halten, gibt es die Hold-Buttons, deren Aktivität durch die Voice-LED direkt daneben angezeigt wird.

Die Mikroschalter bieten eine Hold-Funktion pro Stimme

Der jeweilige Freq-Regler bestimmt dabei die tiefste Note und der Rand-Regler jeder Stimme, wie oft der Ton gewechselt wird. Die niedrigste Rand-Einstellung bedeutet demnach, das der Nyström Crum Hum Synthesizer die Note auf diesem Kanal hält, die höchste, dass er beinahe bei jedem Step eine andere Note der Skala auswählt. Verschiedene Tonarten oder Synth-Engines für jede Stimme sind nicht möglich, was einerseits die Homogenität fördert, anderseits das Klangspektrum einschränkt.

Die Effekte des Nyström Crum Hum

Der Nyström Crum Hum Synthesizer hat drei Effekte. Ping-Pong-Delay, Reverb und Drive. Je nach Engine dient auch der Tone-Regler der Klangänderung. Das Reverb klingt ok und wird bis zu ca. 75 % beigemischt, wobei auch dessen Decay-Zeit ein Maximum erreicht. Damit gelingen schön großräumige Flächen. Leider ist der Reverb lediglich in Mono zu hören. Der einzige Stereo-Effekt ist das Ping-Pong-Delay, das jedoch auch einen eigenen Reverb beherbergt und somit viel stärker für einen räumlichen Eindruck sorgt.

Das Delay kann auch über den Mix-Regler in eine Feedback-Schleife geschickt werden, dessen Einsatz aber wohl dosiert werden will. Denn es kommt hier schnell zu internen Übersteuerungen, die sich in Verzerrungen der eher digitalen Sorte bemerkbar machen.

Das Delay hat zudem das Problem, dass es nicht besonders gut auf Veränderungen der BPM reagiert, an die es gekoppelt ist.

Apropos Verzerrungen: Einen globalen Drive gibt es auch, der sich aber eher nach einem Wavefolder anhört. Dieser macht mächtig Alarm und und sorgt in höheren Einstellungen für interessante harmonische Strukturen, vor allem, wenn alle drei Stimmen spielen.

Sens-Regler und Gain-Staging-Probleme des Nyström Crum Hum

Über den Sens-Parameter wird eingestellt, wie stark die von den Pads erzeugte CV auf die Lautstärke der jeweiligen Stimme wirkt. Auf 12-Uhr Stellung bedeutet das genau das. Auf höheren Einstellungen werden die Stimmen dann lauter und kommen defintiv in den Drive-Bereich. Außerdem beeinflusst das die Ausgabelautstärke erheblich.

Das Gain-Staging scheint mir nicht optimal gelöst zu sein oder ist absichtlich so abgestimmt, dass der Nyström Crum Hum recht schnell in die (digitale) Übersteuerung kommt. Auch ohne Einsatz des Drive-Parameters ändert sich die Übersteuerung, wenn ich den Master-Volume-Regler aufdrehe. Maximiere ich dann noch den Sens-Parameter, ergibt sich ein brutales Klangbild. Allerdings finde ich diese Option recht reizvoll, jedoch schränkt sie den Bereich der absolut sauberen Wiedergabe ein. Diese ist nur bei der kleinsten Sens-Einstellung und mittleren Lautstärken möglich.

Der Nyström Crum Hum übersteuert so leicht an allen Ecken und Enden, dass ich zum Schluss gekommen bin, es könnte eigentlich nur Absicht sein, das so umzusetzen.

Crum Hum Regler Nahaufnahme

Modulation im Nyström Crum Hum

Der Synth besitzt auch einen LFO, der zwar nicht in den Audiobereich reicht, dafür aber drei Modulationsziele haben kann. Das sind entweder Frequenz, Tone oder Amplitude. Die Geschwindigkeit kann dann über die obere rechte LED abgelesen werden, außerdem lässt sich der Anteil selbstverständlich beeinflussen.

Klang des Nyström Crum Hum

Die zwölf Synth-Engines, unter denen sich auch eben bewusst schräge befinden wie z. B. „Chaotic, glitchy, noisy FM“, decken eine gute Bandbreite an Klängen ab. Auch wenn sich kaum etwas Unerhörtes darunter befindet, ist für jeden Einsatzzweck etwas dabei.

Nyström Crum Hum - Pads

Der Charakter ist meistens definitiv brachial digital, Nyström Crum Hum kann aber auch die leiseren Töne anschlagen. Das Gerät kann zudem über MIDI als Soundexpander genutzt werden, muss für eine polyphone Wiedergabe dafür aber umständlich über drei verschiedene MIDI-Kanäle angesteuert werden.

Zusätzlich werden die erzeugten Sequenzen auch über MIDI ausgegeben. Eine genauere Untersuchung des MIDI-Streams ergab allerdings, dass der Nyström Crum Hum ungebührlich viele MIDI-Off-Befehle sendet. Und zwar für alle 126 nicht gespielten Noten des jeweiligen Kanals.

Exzessive Note-Off-Befehle im MIDI-Stream

In manchen Engines gibt es sogar mehr als drei Stimmen, so z. B. in Bass + Chords + Melody. In sparsameren Einstellungen und im cleanen Bereich mit viel Delay und Reverb gelingen dem Synth auch schöne ambientartige Sachen.

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Fazit

Der Nyström Crum Hum ist ein spaßiges kleines Sandwich, das mit erstaunlich abgestimmten Zufallsmelodien punkten kann. Der Klang kann verhalten sein, der Charakter liegt aber sicherlich in den mannigfaltigen Möglichkeiten der digitalen Übersteuerung. Das kann man nun mögen oder nicht – Charakter hat er aber definitiv.

Durch die etwas ungelenke, aber vollständige Steuerbarkeit über MIDI, ist der Nyström Crum Hum auch einfach in eine Studioumgebung zu integrieren. Leider gibt der Synth keine MIDI-CCs aus – damit wäre eine komplette Integration möglich gewesen.

In der Preiskategorie wetteifert er aber mit Geräten wie einem Roland JU-06A oder JD-08, die nicht nur ein Vielfaches an Stimmen besitzen, sondern bis auf die Zufallsmelodien in jedem Punkt überlegen sind.

Plus

  • interessante automatische generierte Melodien und Akkorde
  • 12 verschiedene Synthese-Engines
  • brachiale digitale Übersteuerung möglich
  • komplette Fernsteuerung über MIDI

Minus

  • Gain-Staging neigt zu Übersteuerung
  • umständliche Fernsteuerung über MIDI
  • Regler-CC werden nicht ausgegeben
  • emitiert viele Note-Off-Nachrichten

Preis

  • 326,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    xooloox

    Ich würde mich freuen, wenn du etwas näher das Problem der USB Einstreuung beschreiben könntest und wie man es mit welcher Weiche lösen könnte. Ist zwar nicht Thema des schön geschriebenen Artikels, würde mir aber sehr weiterhelfen. Ich habe schon sämtliche Kabelverbindungen (außer USB) aus und eingestöpselt, große Musikhäuser angerufen und einiges andere versucht. Der fröhliche Pfeifton ist trotz allem ständiger Begleiter. Erst wenn der Sub 37 & Matriarch getrennt werden, wird es still. Die anderen Geräte machen keine Probleme. Auf eine USB Einstreuung wäre ich so erst einmal nicht gekommen.

    • Profilbild
      t.goldschmitz RED

      @xooloox Edit: damn, I’ve been ninja’d :)

      Also diese Einstreuungen über USB passieren, wenn das Gerät auch über USB mit Strom versorgt wird. Unter ungünstigen Umständen auch wenn nur MIDI über USB kommt.
       
      Im Artikel wird ein Splitter angesprochen, der Datenleitung von Stromleitung trennt. So kannst Du ein USB-Netzteil nehmen, die meistens viel sauberer sind als Strom vom HUB oder PC. z.B.
       
      https://shorturl.at/F1eUw
       
      Aber VORISCHT. Ich weiß nicht ob das hier auch wirklich getrennt ist. Ich habe solche Splitter auch schon erlebt, wo Strom und Daten eben nicht getrennt wurden. Ausprobieren.
       
      Dein Problem könnten aber auch Erdungs-Schleifen sein. Was ich an Deiner Stelle vlt. probieren würde wäre die Audioausgänge der Moogs mit DI-Boxen zu versehen, also einem Trenntrafo. Gibts für relativ günstiges Geld, z.B. bei Thomann.
       
      https://shorturl.at/Viwmd
       
      Dazu wurde übrigens DIN-MIDI mit einem Optokoppler versehen – um keine direkte galvanische (sprich hier: über Kabel) Verbindung zu haben. Steuer die Moogs mal nur über DIN-MIDI an.

    • Profilbild
      Tai AHU

      @xooloox Wenn ich A. als Amazona lese und USB-Isolator als Suchbegriff eingebe, habe ich keinen Treffer. Stunden später fiel mir ein, da gibt es doch noch ne Firma mit ähnlichem Namen.😎
      https://tinyurl.com/25hckkuk
      Sehe gerade, ich war zu langsam

  2. Profilbild
    Ashatur AHU

    Eine sehr interessante Kiste. Aber ich geselle mich zu der Meinung des Autors über die Bauweise. Selbst in einer MFB ähnlichen Standart Plastikwanne wäre dieses Gerät um einiges sicherer als in dieser Nacktheit.
    Und Strom über eine USB C Buchse ist ja auch Geschichte für sich.
    Na vielleicht kommt ja noch eine Pro Version 😉
    Zu hoffen wäre es. Für ein gescheites Gehäuse und verbessertes Midi wär ich auch bereit 100 Euro mehr zu zahlen.

  3. Profilbild
    xooloox

    Vielen Dank euch allen, für die aufschlußreichen Kommentare.😀 Ich werde heute einmal alle USB-Verbindungen kappen und die Geräte nur per MIDI verbinden. Bin gespannt ob das funktioniert.

      • Profilbild
        xooloox

        @masterBlasterFX Was soll ich sagen, nachdem ich die USB-Verbindungen entfernt habe, sind auch die hohen Töne verschwunden. Diese waren sehr leise, dennoch hörbar. Nochmals vielen Dank für die Ratschläge, nun ist endlich Ruhe im Kopfhörer 😁

  4. Mehr anzeigen
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