Die wilden Boyz sind zurück
Das Ohm Force Ohmboyz Infinity Delay-Plug-in ist der Nachfolger eines des vibe-igsten Plug-ins überhaupt. Als am Ende der 1990er Plug-ins als Hardware-Ersatz zum Normalfall wurden, gab es im Jahr 1999 Ohm Force aus Frankreich, die mit sehr analogem Klang und retro-space-lastigen Bedienoberflächen der Traum aller Jung-Musikproduzenten waren. Nach über zwanzig Jahren hat sich Ohm Force allerdings verändert.
Inhaltsverzeichnis
Ohm Force Ohmboyz Infinity
Zwar hat Ohmforce auf der Superbooth 2024 die absolute begehrenswerte Eurorack-Version der Ohmicide Wave-Folding Distortion Software vorgestellt, das mit 111 Verzerrermodellen das Thema erschöpfend abdeckt, jedoch wurden im Jahr 2023 leider sämtliche anderen Plug-ins als „Legacy“ kostenlos verfügbar gemacht und ad acta gelegt (AMAZONA.de berichtete). Alle – bis auf eines.
Die initiale Ankündigung von Ohm Force Ohmboys Infinity geht aber schon auf das Jahr 2018 zurück und erst jetzt, kurz vor dem Jahr 2025, ist Version 1.1.1. mit Apple Silicon-Kompatibilität ausgestattet und das Plug-in in einem „fertigen“ Zustand angekommen und damit testfähig.
Installation des Delay-Plug-ins
Ohm Force Ohmboys Infinity ist ein 2-facher Delays-Effekt mit acht Tap-Lines und vier Macros. Das Plug-in gibt es als VST3, AudioUnit und AAX für macOS und Windows. Autorisiert wird das Plug-in über eine Seriennummer, die bei der Installation eingegeben wird und das war’s dann auch schon. Die Seriennummer wird per E-Mail zugesandt. Der Preis von 99,- Euro ist zwar nicht gering, bewegt sich aber im normalen Rahmen.
Aufbau des Ohmboys Infinity Plug-ins
Nachdem das Eingangssignal die globale Meta-Column mit Eingangslautstärke, Effektanteil, Hüllkurvensensitivität und finale Ausgangslautstärke passiert hat, gelang es in die Taps (zu den vier Makroreglern kommen wir später).
Die Taps sind der einzige Punkt des Plug-ins, der nicht wirklich selbsterklärend ist. Zunächst einmal sind die Taps in Stereo ausgeführt. Aktiviert wird ein Tap, indem der GAIN-Regler eingestellt wird, was einen Tap-Balken im Display erzeugt, der dann im Zeitfenster platziert werden kann. Die Links/Rechts-Ausgänge des Taps können bei Bedarf über das kleine Rad auch getrimmt werden, bevor es dann in die beiden Delay-Lines geht, die im übrigen mono sind. Über den PAN-Regler im Tap-Panel wird dann eingestellt, in welche Delay-Line der Tap geroutet wird.
Die Delay-Lines bieten bis zu 4.000 ms Verzögerungszeit oder das Äquivalent in Takten. Am Ausgang werden die beiden Delay-Lines dann wieder zu einem Stereosignal kombiniert. Allein daran lässt sich schon erahnen, was Ohm Force Ohmboys Infinity an Möglichkeiten bietet. Dabei erlauben alle Delays und Taps individuelle Einstellungen.
Effekte
Jedes Tap ist identisch aufgebaut. Neben Zeit (Takt/Millisekunden), Tonhöhe, Panorama, High- und Low-Cut (ohne Resonanz) sowie Stereobreite, stehen die Effekte Multifilter mit Resonanz und Q, Distortion mit Foldback-Waveshaper und harmonischer Unterdrückung und Frequency-Shifter bereit.
Die Delay-Lines sind ebenfalls identisch aufgebaut und bieten die gleichen Effekte plus ein Reverb, dessen Decay-Zeit aber nur in Prozent angegeben wird. Das klingt jetzt nicht nach einer übermäßigen Auswahl, aber durch die Modulationsmöglichkeiten wird das mehr als ausgeglichen.
Modulationsmöglichkeiten
Es gibt acht Modulationsquellen und vier Makroregler in den vier Grundfarben. Jede Modulationsquelle bietet 13 Schwingungsfomen inklusive maximal 16 Step-Sequencer und Hüllkurvenverfolger. Als Parameter gibt es Phasenlage, einstellbares Sample & Hold, „Weichzeichner“ und Chaos. Es gibt auch eine Verzerrung der Schwingungsform (Dist Amnt), wobei hier 50 % eine exakt symmetrische Periode ist. Bei Werten darunter oder darüber wird der Nulldurchgang der Periode entsprechend nach vorne oder hinten verschoben, z. B. von Rechteck zum Nadelimpuls.
Ist die „Dist Amnt“ nicht auf 50 % einsgestellt, lassen sich mit Distortion-Offset die asymmetrischen Schwingungshälften innerhalb der Gesamtperiode verschieben. Die Phasenlage kann auch mit dem Plus/Minus-Taster noch zusätzlich invertiert werden.
Die Schwingungsdauer reicht von 10 ms / 1/64-Takten bis 100.000 ms / 128 Takten. Jeder Parameter kann nun durch einfaches Anklicken einem der acht Modulatoren zugewiesen werden – und zwar positiv oder negativ unipolar.
Makros
Bei den Makroreglern gibt es die singuläre Zuweisung nicht. Ihnen können beliebig viele Parameter zugewiesen werden und ein Parameter kann auch allen vier Makros zugewiesen werden. Mit einem Sekundärklick auf den Markoregler lassen sich dann, neben der Animation der Werteänderung bei den Parametern, auch die Liste der zugewiesenen Parameter einsehen und durch Listenauswahl auch Einzeleinträge löschen.
Außerdem können die Makros zu besseren Übersicht auch umbenannt werden. Des Weiteren kann pro Parameter-Zuweisung auch das Regulierungsverhältnis der Parameterwerte eingestellt werden. Ob linear oder kurvig oder als Schalter, kein Problem.
Verwaltung
Der Browser ist vorbildlich! Nicht nur sind die Presets und Bänke sauber ersichtlich dargeboten, sondern haben mit Bildchen und Preset-Beschreibungen auch einen hohen Wiedererkennungswert. Für eigene Bänke können ebenfalls Bilder eingebaut werden. Dazu muss einfach eine PNG-Datei im Ordner hinterlegt werden. Wie das genau geht, steht im knappen, aber ausreichend detaillierten, englischsprachigen PDF-Handbuch.
Infinity
Ach ja und dann gibt da noch den Infinity-Taster, der das Eingangssignal abschaltet und das Ausgangssignal direkt wieder in das Delay führt – für unendlich lang anhaltende Delays.
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Danke für die guten Audio-Impressionen und den ausführlichen Artikel! 😍
Da kribbeln bei mir die Ohren! Mein Capistan Plugin ist mir lieb, jedoch ist die Fülle der Möglichkeiten hier schon eine andere…😅
Klare Kaufempfehlung, für jeden, der Echo als Instrument verstehen möchte.😑
„Nach über zwanzig Jahren hat sich Ohm Force allerdings verändert.“
Stimmt, bei deren alten PlugIns habe ich mal ein angebotenes Skin installiert. Danach habe ich mich gefragt, welche Droge muss ich nehmen um das bedienen zu können? Jetzt klares Design, immer gut.
@Tai Es gab ja immer zwei Skins zur Auswahl, und den Funky Skin hätte man halt nicht wählen müssen.
Die PlugIns waren immer gut- man mußte halt nur eine weise Entscheidung treffen.
@mort76 Ja klar, weiss ich, war eher eine Spitze zur Wende im Design. Hatte es ja auch bei funky gelassen😁.
@Tai Ich hab die Funky Skins geliebt! Da sind mir schon beim reinen Ansehen die abgefahrensten Ideen gekommen :D
Vielen Dank für den tolle Bericht. Es unterstreicht auch meine Meinung, denn OHMBOYZ INFINITY ist der würde Nachfolger des Originals. Das Original nutze ich seit damals und die neue Version seit Einführung von INFINITY.
Ich kann jedem dieses Plugin empfehlen, der kreative und aussergewöhnliche Delay Linien zu schätzen weiß.
Danke für den Bericht! Ich habe das Infinity tatsächlich 2018 als Betatester getestet und konnte es dann im Anschluss für einen sehr niedrigen Preis kaufen. Leider war es über die Jahre sehr buggy und ich habe es ad acta gelegt gehabt. Durch den Bericht hier habe ich es mal geupdatet (1.1.1) und muss sagen es klingt phantastisch und es gab bislang keine der damaligen Bugs. Die Möglichkeiten für Rhythmus und Sounddesign sind immens und das liegt u.a. am grosszügigen Einsatz von LFO`s/Modulatoren. Das war übrigens immer ein Superfeature bei den Ohmforce Plugins. Im Ohmboyz Delay z.B. war das schon früh genial – jeder der Parameter hatte einen eigenen LFO, in sehr angenehmer Weise in die GUI integriert. Die Funkyskins waren kreativ und stachen aus der Pluginflut heraus, aber ich habe immer die standard Skins verwendet, es war mir einfach zu anstrengend den Überblick zu behalten…:-))