Klein, böse und stylish
Das zweite der drei mir zur Verfügung stehenden One Control Pedale ist am Start. Das Baltic Blue Fuzz will den markanten Sound der Vintage Muff bzw. Fuzz-Effekte nachahmen, ohne allerdings diese fiesen Spitzen der Originale zu kopieren. So weit der Hersteller in seiner Beschreibung. Klingt ganz so, als könnten wir Freunde werden, denn genau das stört mich bei Fuzz-Pedalen immer. Diese schlecht steuerbaren, kratzigen Höhen.
Baltic Blue Fuzz -Facts & Features
„Wir glauben, dass es wichtig ist, ein Modell anzubieten, das universell und einfach in jeder Situation eingesetzt werden kann. (…) Obgleich die Grundidee für dieses Design aus dem Big Muff stammt, verwendet er einen Operationsverstärker, um Stabilität sicherzustellen und die Schaltung an moderne Komponenten anzupassen.“ Somit ist schon mal klar, in welche Richtung es geht: Ein modernes, flexibles Fuzz ohne Schnörkel und mit Lust auf einen Platz auf dem universellen Effektboard. Damit letzteres schon klein gehalten werden kann, verfügt das Baltic Blue Fuzz über ein sehr kleines Gehäuse von gerade mal 39 x 100 x 31 mm. Die Verarbeitung des Pedals ist auf hohem Niveau; es wirkt trotzt der Mini-Bauweise sehr hochwertig. Mit 160 g ist das Pedal nicht sonderlich schwer, was eine zuverlässige Befestigung des Pedals erforderlich macht. Die Ein- und Ausgangsbuchsen befinden sich rechts und links am Pedal, was die Platzersparnis wieder ein kleines bisschen relativiert. An der Stirnseite wäre aber nicht genug Platz. Wohl aber wäre dort Platz gewesen für die Netzbuchse, diese befindet sich leider unterhalb der Eingangsbuchse und dort dürfte es, je nach verwendetem Stecker, etwas eng werden. Neben dem Bypass-Schalter befinden sich noch 3 Potis auf der Oberfläche des Gehäuses: Volume, Tone und Sustain. Das Volume-Poti macht, was von ihm erwartet wird: Es regelt die Lautstärke des Effekts. Tone greift in die hohen Frequenzen des Ausgangssignals ein, und Sustain ist der Intensitätsregler. So weit, so übersichtlich. Ein paar selbstklebende Gummifüße und eine deutschsprachige Bedienungsanleitung liegen dem Baltic Blue Fuzz bei. Batteriebetrieb ist vorgesehen. Wer Lust und Zeit hat, die vier Schrauben der Bodenplatte zu entfernen, darf dies gern tun und dort einen 9 V-Block einsetzen. Diese Prozedur ist bei Bedarf zu wiederholen und nervt. Keine Ahnung, warum die Pedalhersteller keine Batteriefächer in ihre Pedale bauen. Optisch ist das Baltic Blue Fuzz ein Knaller, die Oberfläche schimmerte in metallischem Blau und bildet einen wunderbaren Kontrast zur roten LED, die bei Betrieb des Zerrschaltkreises hell illuminiert. Leider ist das mit dem Kontrast bei der Beschriftung der Regler eher in die Hose gegangen, die Beschriftungen sind eher zu erahnen als zu lesen. Das gilt für Tageslicht. Im Bühnenlicht dürfte davon gar nichts mehr lesbar sein.
Wie klingt das Baltic Blue Fuzz Verzerrer Pedal?
Um das Baltic Blue Fuzz zu testen, kommt es in mehreren Settings zum Einsatz. Zum einen natürlich einfach direkt vor dem Amp, das ist die wohl meistgenutzte Anwendungsmöglichkeit. In Mittelstellung der drei Regler macht das Pedal schon ordentlich Alarm, der Fuzz-Charakter ist hörbar, allerdings nur in seinen guten Eigenschaften. Das, was ich vorher als schwierig zu steuernden, kratzigen Höhen bezeichnet hatte, sind nur in äußerster Rechtsdrehung des Tone-Tellers zu vernehmen und selbst da noch erträglich. Wer den ganz klassischen Fuzz-Sound sucht, wird hier vielleicht vergeblich an den Reglern schrauben. Die Verzerrung ist harmonisch, bildet sogar Akkorde gut ab und sägt bei extremeren Einstellungen die Wand zum Nachbarn durch. Prima! Das ist ganz hohe Klangkultur, ohne die Bezeichnung „Fuzz“ hätte ich das Pedal als Overdrive verkauft. Naja, letztendlich ist es völlig egal, was draufsteht, wenn es denn gut klingt. Und um das zu demonstrieren, kommt das kleine Brüllkästchen in den Distortion Loop des Kempers. Als Referenz-Profile dient das des Morgan AC20, im ersten Soundbeispiel hört ihr den cleanen Referenz Sound. Die verwendete Gitarre ist meine Ibanez AZ226, ihr hört den Singlecoil am Hals und den Humbucker am Steg. Der Hall kommt aus dem Kemper, sonst sind keine weiteren Effekte im Signalweg.
Im Folgenden gehe ich ein paar Settings des Pedals durch, die jeweilige Bezeichnung des Audiofiles gibt Auskunft über die Reglerstellung. Zunächst stehen alle Regler auf 12 Uhr.
Zum Schluß folgen noch zwei Beispiele vor dem angezerrten Amp. Das Profile bleibt gleich, lediglich der Gainregler wird etwas hochgezogen. Bei 0:04 im Beispiel wird das Baltic Fuzz eingeschaltet. Das letzte Beispiel ist dann mein Lieblingssound aus dem Pedal, garniert mit etwas Delay. Ein Wohlfühlsound, dick und rund mit schönem Anschlagsschmatzen.