Next level Distortion
Mit THERMAL, einem Distortion-Plugin der besonderen Art, meldet sich die Soundschmiede Output aus Los Angeles zurück. Dabei verspricht Thermal weit über die Grenzen traditioneller Multi-Band Distortion Effekte hinauszugehen. Herzstück des Plugins ist die Multi-Layer-Soundengine, die mittels X/Y-Control-Interface angesteuert werden kann. Jeder Layer ist ausgestattet mit analogen und digitalen Distortion-Algorithmen, Effekten, Modulationsmöglichkeiten und einem Stereo-Imager.
Outputs Thermal läuft auf Mac OS X 10.9 und höher, auf PCs sogar noch unter Windows 7, weshalb hier auch 32- und 64-bit Versionen mitgeliefert werden. 8 GB RAM werden mindestens benötigt, wobei Output stolze 16 GB empfiehlt. Überraschend daher, dass Thermal hingegen sehr CPU-freundlich ist. Unterstützt werden die Schnittstellen AAX, AU, VST und VST3.
Output Thermal Interface
Beim ersten Öffnen erinnert das Design von Thermal an Portal, Outputs Granular-Synthese Effekt Plugin, welches 2019 released wurde. In der Basis-Ansicht liegt das Augenmerk auf dem prominent platzierten X/Y-Controller, über den man die verschiedenen Multi-Layer-Effekte ansteuern kann. Bewegt man den Cursor-Punkt in der Mitte mit der Maus, so verändern sich die Farben und Formen um ihn herum passend zur Klangveränderung. An dieser Stelle ein Shoutout an die UI-Designer von Output, denn Thermal zählt definitiv zu einem der schönsten User Interfaces, die mir in letzter Zeit untergekommen sind.
Neben dem X/Y-Controller finden sich auf der rechten Seite ein DRIVE und WIDTH-Regler, mit denen man respektive die Stärke der Verzerrung und die Weite des Stereobildes einstellen kann. Über den darunter befindlichen Dry Wet-Regler kann man den Effekt-Anteil einstellen und diesen natürlich ebenfalls durch Automation modulieren.
Die meisten User dürften ihre Zeit in dieser Ansicht verbringen. Alleine mit dem Macro-X/Y-Controller und den hier verfügbaren Parametern kann man bereits von dezent bis brachiale Distortion-Effekte erzielen und Thermal wird mit einer Menge Presets ausgeliefert, die durch die Bank weg fantastisch klingen.
Presets des Effekt-Plug-ins
Die Presets sind nach Instrumentengruppen sortiert, wobei ich sagen muss, dass es gerade unabhängig von den Kategorien Spaß macht, die verschiedensten Presets auf einem Sound auszuprobieren. Insgesamt stehen über 250 Presets zur Verfügung und geben einen Eindruck über die Vielseitigkeit des Distortion Plugins. Enthalten sind subtile Effekte, die sich grundsätzlich dafür eignen einzelne Tracks zu veredeln, komplexe Multi-Effekte, die sich gut für Übergänge oder auch Sound Design eignen, bis hin zu brachialen Effekten, mit denen man einen Sound komplett durch den Wolf drehen kann.
Klangbeispiele
Die nachfolgenden Klangbeispiele verdeutlichen die Vielseitigkeit von Thermal. Bei jedem Klangbeispiel wurde der X/Y-Controller automatisiert, so dass verschiedene Effekt-Settings- und -Intensitäten im Verlauf hörbar sind. Alle Samples entstammen Arcade von Output, ein Sample-Instrument, das wie ein Streaming-Service funktioniert und auf monatlicher Basis abonniert werden kann.
E-Gitarre
Gegenüber dem trockenen E-Gitarrenriff verleihen die Effekte von Thermal dem Sample Lebendigkeit, Tiefe und Modernität. Während man das Original-Sample ganz klar einer Rocknummer zuschreiben würde, klingt es mit Hilfe von Thermal plötzlich poppig, elektronisch.
Pads mit dem Output Thermal
Thermal eignet sich auch wunderbar für Sound Design, wie die nachfolgenden Beispiele zeigen. Der hier verwendete atmosphärische Pad-Sound bekommt durch die zusätzliche Modulation noch mehr Charakter oder wird durch Presets wie „Shred Space“ und „Spin Cycle“ vollständig verändert, so dass es eher nach einem Soundeffekt klingt, den man in einem Sci-Fi oder Horrorfilm vermuten würde.
Vocals mit dem Output Thermal
Während ich mich bei den anderen Klangbeispielen nicht an die Instrumentenkategorien gehalten habe, entspringen nachfolgend alle Presets dem VOCALS Ordner. Wie man hört, lassen sich Vocals auch nur subtil mit Thermal verbessern. Und das ist eine der großen Stärken von Thermal. Während das User Interface zu abgefahrenen Effekten animiert, entpuppt sich Thermal gleichermaßen als Distortion Brot und Butter Plugin, mit dem sich einzelne Spuren dezent veredeln lassen. Das Preset „Crystal Pop“ ist zum Beispiel eine gute Ausgangsgrundlage für Vocal-Spuren. Schlagartig werden die harmonischen Obertöne des Samples verstärkt, wodurch das Vocal transparenter, brillanter und crisper klingt.
Drums
Auch für die Drum-Beispiele habe ich mich ausschließlich an den Presets der Drumkategorie bedient. Der monotone Drum-Loop wirkt durch Thermal plötzlich viel lebendiger, druckvoller oder räumlich tiefer, je nachdem welchen Thermal-Effekt man darauf anwendet. Gerade für Snare-Rolls oder Transitioneffekte ist die Automation des X/Y-Controllers in Verbindung mit Drum-Samples sehr interessant.
Advanced Ansicht des Distortion Plug-ins
Wem die Standard-Ansicht nicht genügt, der wird in der Advanced-Ansicht fündig. Diese ist sehr übersichtlich aufgebaut. Im oberen Bereich sieht man den Frequenzverlauf. Bis zu drei Layer, die in Thermal Stage genannt werden, kann man in der Sektion darunter aktivieren und auswählen. Dabei lässt sich der Frequenzbereich für jede Stage individuell bestimmen und somit lassen sich die Bänder auch überschneiden, was in manch anderen Distortion-Plugins so nicht möglich ist.
Rechts daneben findet sich die Distortion-Sektion, in der man aus 19 unterschiedlichen Distortion-Effekten auswählen kann. Zusätzlich lässt sich in dieser Sektion auch der DRIVE und OUTPUT einstellen.
Daneben findet sich die Effektsektion, die ebenfalls jedem Distortion-Layer zur Verfügung steht. Hier finden sich: Bit Reducer, Chorus, Compressor, Stereo Delay, Filter, Flanger, Freq Shifter, Phaser und Reverb. Im Bereich With-Control lässt sich die Stereobreite einstellen und hinter TONE verbirgt sich ein 2-Band Equalizer.
Unten links befinden sich zwei übereinander gestapelte Envelope-Modulatoren, mit denen sich genau wie mit dem X/Y-Controller ebenfalls mehrere Parameter modulieren lassen. Auch für diese Sektion werden Presets mitgeliefert, man kann den Modulationsverlauf aber natürlich auch nach Belieben selbst einzeichnen. Interessant ist die HUMANIZE-Funktion in dieser Sektion, mit der sich jede vorgefertigte Modulationskurve zusätzlich non-linear verändern lässt. Grafisch wird das durch einen weiß-grauen Verlauf visualisiert, der die Abweichung zur dargestellten Modulation zeigt, so dass man immer nachvollziehen kann, was Thermal gerade anstellt.
Unten rechts finden sich die drei Menüs XY, EFFECTS und MASTER. Im XY-Menü wird eine verkleinerte Version des XY-Controllers dargestellt und wenn man diesen bewegt sieht man, welche Parameter dem Macro-Controller zugewiesen sind und wie sich die Einstellungen je nach Position in der X/Y-Achse ändern.
Hinter der EFFECTS-Sektion verbergen sich zwei Master-Effekte, die man dem Gesamtsignal hinzufügen kann. Auch diese Sektion kann automatisiert und dem Macro-Controller zugewiesen.
Zu guter letzt findet man hier auch die MASTER-Sektion, in der sich jeweils ein Highpass- und Lowpass-Filter befindet sowie ein Kompressor.
Mit all den Einstellungsmöglichkeiten wird deutlich, dass Thermal weit mehr als ein reines Distortion- und Saturation-Plugin ist, sondern es sich hierbei um ein ausgewachsenes und ausgeklügeltes Multieffekt-Plugin handelt.
Das sieht echt sehr spannend aus. Bisher war Saturn 2 von FabFilter mein Lieblings-PlugIn in Sachen Verzerrungen (das ich aber noch nicht besitze). Das hier scheint noch eine Menge mehr zu können. Klar, mit Automationen kann man auch in Saturn so einiges an Rhythmischem anstellen. Aber eingebaute Modulations-Sequenzer … und dann noch eine Standard-Palette an Modulations-Effekten … mmm, doch, lecker.