Frisch vom Guitar Summit 2025 - Mehr als nur ein Metal-Amp
Vor wenigen Tagen erst auf dem Guitar Summit 2025 vorgestellt, darf der Peavey invective. 112 bei uns im Test zeigen, was er draufhat. Ein moderner Amp mit tollem Cleansound und sahnigem High-Gain.
- Clean: Satter, ausgewogener Cleansound mit eigenem 3-Band-EQ, gute Pedal-Plattform.
- Highgain: Druckvoller, klar definierter Lead-Sound – besonders stark mit Mikrofonabnahme.
- Features: Power-Attenuator, MSDI, USB, Speaker-Defeat und vielseitige Schaltoptionen.
- Fazit: Kompakt, leicht und bühnentauglich – einzig der Plastik-Footswitch trübt den Eindruck.
Inhaltsverzeichnis
Die ersten 5 Minuten mit dem Peavey invective.112
Wenn man einen Peavey-Amp geschickt bekommt und den Karton allein tragen kann, fragt man sich zunächst, ob da tatsächlich drin ist, was draufsteht. Denn Peavey verbinde ich persönlich mit großen und schweren Vollröhren-Boliden, die auf großen Bühnen oftmals nicht wirklich aufgedreht werden können. Mit dem invective.112 scheint das allerdings anders zu sein – interessant!
Lieferumfang & erster Eindruck
Packt man den Amp aus, wird bestätigt, was man zuvor schon erahnt hat: Der Combo ist wirklich leicht – und das trotz 20 W Vollröhrenpower. Mit aus der Verpackung fallen auch zwei Stromkabel (eins für das US-Stromnetz), der beiliegende Fußschalter sowie ein Peavey-Sticker – klar! Leider ist der Fußschalter aus Plastik und so leicht, dass er bei beherztem Treten vermutlich schnell wegrutscht. Schade …
Optisch macht der eher kompakte Amp dagegen einiges her: Das Tolex glänzt, der lederne Griff fühlt sich wertig an. Auch die Verarbeitung wirkt augenscheinlich sehr gut. Die Potis laufen geschmeidig, könnten für meinen Geschmack aber etwas mehr Widerstand bieten. Da es auf dem Frontpanel mit seinen vielen Reglern recht eng zugeht, dürfte es öfter passieren, dass man versehentlich etwas verstellt. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.
Line Check
Feuert man den Amp an, kommt einem dieses leise Rauschen entgegen, das vermittelt, dass der Raum jederzeit von Killer-Gitarrensounds erfüllt werden kann. Insgesamt ist der Amp im Ruhezustand angenehm leise.
Der erste Eindruck vom Cleankanal zeigt sofort, dass dieser Amp keineswegs nur für Metalsounds konzipiert wurde – ein klarer Pluspunkt in Sachen Flexibilität. Schaltet man jedoch in den zweiten Kanal, geht gainmäßig richtig die Post ab! Auch hier fällt der Ersteindruck durchweg positiv aus: Das Anspielen macht extrem Spaß.
Peavey invective.112 – die Facts
Die invective-Serie von Peavey entstand in enger Zusammenarbeit mit Misha Mansoor von der Band Periphery. Ausgehend vom legendären Peavey 6505 haben Peavey und Mansoor der invective-Serie alle Features verpasst, die der Gitarrist in einem modernen Amp haben wollte. Der invective.112 stellt hierbei die Combo-Variante des invective.120-Topteils dar. Die Zahl 112 weist auf den verbauten 1× 12″-Speaker hin.
Frontseite
Der invective ist als Amp konzipiert, der nicht nur im Metal-Genre glänzen soll, sondern unabhängig vom Musikstil hervorragende Sounds liefern kann. Besonders der Clean-Channel wird hervorgehoben: mit eigener 3-Band-Klangregelung und als fantastische Pedal-Plattform geeignet. Der Lead-Channel hingegen beherbergt alles, was man für härtere Gangarten braucht: Pre- und Post-Gain, 3-Band-EQ sowie Boost, einen Tight-Switch und ein regelbares Gate.
Rückseite
Auf der Rückseite bietet der Amp – neben einem FX-Loop – die Möglichkeit, einen Fußschalter für Kanalumschaltung und Tight-Switch anzuschließen sowie einen weiteren für Reverb und Gate/Boost. Mit dem mitgelieferten Fußschalter muss man sich hier entscheiden.
Der Peavey invective.112 ist außerdem mit einem MSDI-Output ausgestattet. Dabei handelt es sich um Peaveys „Microphone Simulated Direct Interface“, das den Sound eines Mikrofons in 3″ Entfernung zum Speaker simuliert. Man kann den MSDI-Output als symmetrischen XLR-Ausgang oder als USB-C-Interface nutzen, um den Amp direkt mit dem Computer zu verbinden.
Weitere Features auf der Rückseite: Ground Lift, Kopfhörerausgang, Power-Attenuator (20 W/5 W/1 W), Impedanzwahlschalter sowie ein Schalter, mit dem man den Speaker (Celestion Vintage 30) vom Amp entkoppeln kann – perfekt für nächtliche Recording-Sessions.
Auf einen Blick
- Leistung: 20 W RMS
- Bestückung: 1× 12″ Celestion Vintage 30
- Kanäle: 2 (Clean, Lead)
- Vorstufenröhren: 3× 12AX7/ECC83
- Endstufenröhren: 2× EL84
- Impedanz: 16, 8 oder 4 Ohm (umschaltbar)
- Regler: getrennte 3-Band-EQs für Clean- und Lead-Kanal, Pre-Gain und Post-Gain im Lead-Kanal, Master Resonance, Master Presence
- Effekte: Federhall (Reverb)
- Schalter: Power, Standby
- 3-stufiger Power Attenuator (20 W/5 W/1 W)
- Speaker Defeat
- fußschaltbare Funktionen: Tight, Gate, Boost
- Kanalumschaltung
- Reverb
- Instrumenteneingang: 6,3 mm Klinke
- Effektweg (Send/Return)
- XLR-Ausgang mit MSDI
- USB-Ausgang
- Kopfhörerausgang
- externe Lautsprecheranschlüsse
- LED-Röhrenstatusanzeige (T.S.I.)
- Gehäuse: Birke und Pappel
- Farbe: Schwarz
- inkl. 2-Button-Fußschalter
Der invective.112 in der Praxis
Dass der Peavey invective.112 kompakt, leicht und mit geringem Grundrauschen daherkommt, haben wir bereits festgestellt. Gerade für die Praxis und den Transport sind das erfreuliche Eigenschaften! Doch wie klingt er eigentlich?
Zum Test habe ich den Amp mit einem Shure SM57 abgenommen, mittig zwischen Speakerrand und Kalotte positioniert, über ein RME Fireface 802 in Ableton Live 12 aufgenommen. Alle Signale sind unbearbeitet. Gespielt wurde mit einer Tokai Love Rock von 1983.
Clean-Check
Beim Clean-Check beginne ich mit dem 3-Band-EQ auf 12 Uhr. Der Gain-Regler im Clean-Kanal steht auf 9 Uhr – was selbst im 5-Watt-Modus schon ordentlich Lautstärke bringt. Presence und Resonance in der Master-Sektion ebenfalls auf 12 Uhr.
Der Amp liefert hier einen satten, klaren und ausgewogenen, warmen Cleansound, der wirklich überzeugt. Das hat nichts mit den dünnen, fizzeligen Sounds zu tun, die man anderen High-Gain-Amps gerne nachsagt. Durch den gut abgestimmten EQ lässt sich zudem wunderbar ins Feintuning gehen.
Auch das direkte Signal über die Speaker-Simulation liefert einen brauchbaren Sound, der im Frequenzspektrum allerdings nicht ganz so stimmig wirkt. Hier wäre weiteres Feintuning sinnvoll – der EQ greift stark, ohne ins Extreme abzurutschen.
Reverb-Check
Ein Metal-Amp mit Reverb ist nicht alltäglich – daher verdient er besondere Beachtung, vor allem, wenn der Clean-Sound so viel Raum einnimmt. Der Reverb-Regler reagiert im unteren Viertel sehr sensibel. Schon unter Stufe 1 beginnen wir und arbeiten uns dann über 9, 12 und 15 Uhr bis zum Maximum hoch.
Klanglich überzeugt der Reverb, ist jedoch etwas schwer zu dosieren. Vorteil: Man kann den Sound regelrecht im Hall ertränken, was bei Amp-internem Reverb selten der Fall ist. Somit hat man mindestens einen Ambient-Sound gleich an Bord.
Allerdings kommt die MSDI-Simulation bei diesem Setting mit den transientenreicheren Signalen nicht ganz klar und clippt bei Pegelspitzen, obwohl das Interface-Signal weit vom Übersteuern entfernt bleibt. Ansonsten macht der Reverb eine gute Figur.
Gain-Check
Nun zum Gain-Check: Auch hier stehen alle Regler zunächst auf 12 Uhr, Post Gain bei 11 Uhr. Spätestens jetzt merkt man, dass Misha Mansoor an der Entwicklung beteiligt war.
Der Peavey invective.112 liefert sofort ein sattes Brett, das dank Grundscoop in den Mitten nicht ins Matschen abdriftet. Dreht man die Mitten weiter zurück, gewinnt der Sound zusätzlich an Klarheit und Punch – verstärkt durch den Tight-Switch. Das aktivierte Gate im „Mid Scoop“-Beispiel funktioniert zuverlässig und unterstützt das Spielgefühl enorm.
Überraschend: Im Gegensatz zum Clean-Kanal ähnelt der MSDI-Sound dem abgenommenen SM57-Signal kaum – das gesamte Frequenzspektrum wirkt nach unten verschoben. Dennoch klingt die Simulation eigenständig gut.
Besonders spannend wird es bei der Kombination: SM57 und MSDI parallel im gleichen Lautstärkeverhältnis – phasenstabil und klanglich absolut überzeugend. Das Ergebnis gefällt mir am besten: eine echte Recording-Wunderwaffe!
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