Does it flex? Brandneue Features im günstigsten 4-Kanäler!
Der Pioneer DDJ-FLX6 ist der preiswerteste Vierkanal-Controller aus dem Hause Pioneer DJ. Das ist schon einmal ein wichtiger Punkt, zudem hat der DJ-Controller mit den „Merge-FX“ und dem „Jog-Cutter“ ein paar brandneue Effektkonzepte an Bord, die speziell, aber nicht nur speziell für Einsteiger DJs gedacht sind. Ein Praxis-Test ist also spannend und die Frage angebracht, wie sich der DJ-Controller in der Praxis schlägt.
Der Pioneer DDJ-FL6X ist ein DJ-Controller für Rekordbox, der sich an ambitionierte Bedroom-DJs wendet, die etwas in der Hand haben wollen, auf große Jogwheels Wert legen, aber nicht unbedingt Ambitionen haben, das Gerät in einen Club zu tragen oder an eine PA anzuschließen. Was beim Pioneer DDJ-FLX6 als erstes auffällt ist seine schiere Größe. Mit seinen Maßen von 676 x 69 x 346 mm benötigt er fast so viel Platz auf dem Tisch, wie der Pioneer DDJ-1000. Nur in der Breite ist er 4 cm schmaler, Höhe und Tiefe sind mehr oder weniger identisch. Das ist mal eine ziemliche Ansage.
Dass er nicht in der gleichen Liga spielt, zeigt allerdings sein wesentlich geringeres Gewicht. Er bringt 3,8 kg auf die Waage, wo es beim DDJ-1000 glatte 6 kg sind.
Das Layout des Pioneer DDJ-FLX6
Wer den „Flex“, wie er gerne verkürzt genannt wird, oberflächlich betrachtet, sieht einen stinknormalen Vierkanal-Controller mit einigen Pioneer DJ typischen Merkmalen vor sich. Eine recht simple Mixereinheit in der Mitte mit einer Beat-FX-Einheit am rechten Rand. Flankiert wird das Mixerteil von den Steuerungen für die Decks links und rechts davon.
Diese sind pretty standard für Pioneer, könnte man sagen. Gut, die Taster für CUE und PLAY sind schwarz, das bleibt aber auch das einzig Ungewöhnliche. Unterhalb der Jogwheels ist wenig überraschend die PAD-Einheit mit den Performance Pads platziert, am rechten Rand der Pitchfader. Die Jogwheels selbst dominieren das Layout total, so groß sind sie. Sie haben mit 206 mm Durchmesser tatsächlich die gleiche Größe wie die des DDJ-1000 und damit auch der CDJs von Pioneer DJ. Doch davon später mehr.
Oberhalb der Wheels wurde -wenig überraschend- die Pioneer DJ typische Loopsteuerung platziert. Wie bei den CDJs, vermischen sich die Knöpfe für die Loops mit denen, die zum Setzen, Aufrufen und Löschen der Memory Points vorgesehen sind.
Dazu kommen noch SHIFT-Tasten und die Deck-Umschalter. Soweit, so erwartbar.
Die große Überraschung sind die großen und weit hochstehenden Encoder für das neue „Merge FX“ genannte Effektkonzept, dass im Moment das Alleinstellungsmerkmal des Pioneer DDJ-FL6X ist. Auch dazu kommen wir später.
Oberhalb des Mixers sitzt noch der Browser-Bereich. Erwähnenswert: Mit einem langen Klick auf den Umschalter zwischen auf- und zugeklappten Decks befördert man den gerade markierten Titel in die Tag-Liste. Sehr praktisch. Und mit SHIFT springt der Knopf zur „Ähnliche Tracks“-Liste.
Auch sehr schön: Mit einem Doppelklick auf einen der dezidierten Load-Buttons pro Kanal erzeugt man auf diesem Kanal ein Instant Double des Tracks der gerade on air ist. Außerdem sortieren die Load-Buttons im Zusammenhang mit der Shift-Taste die Playlisten nach Key, BPM, Interpret und Titel um. Zu guter Letzt zoomt SHIFT + Browse-Encoder in die Wellenform.
Alles in allem wurde hier viel getan, um es zu ermöglichen, die Finger von der Tastatur zu lassen. Gefällt mir gut.
Konnektivität des DJ-Controllers
Der Pioneer DJ DDJ-FLX6 ist ein reiner Rekordbox DJ Controller ohne jegliche Standalone-Funktionalität und ohne die Möglichkeit, externe Geräte anzuschließen. Einzig eine Klinkenbuchse auf der Rückseite dient als Eingang für ein dynamisches Mikrofon, das an Rekordbox vorbeigeführt und direkt dem Mastersignal zugemischt wird.
Ausgangsseitig gibt es einen an der Front herausgeführten Kopfhörerausgang in kleinem und großem Klinkenformat, der laut genug ist, um in meinem HD-25 Pegel zu erzeugen, die schnell ungesund werden sollten. Will sagen: Der Ausgang ist laut genug.
Ansonsten gibt es noch den Master- und Booth-Out, beide werden mittels Cinch-Buchsen aus dem Gerät geführt. Das ist eine etwas seltsame Design-Entscheidung, finde ich. Mir ist schon klar, dass ein Einsteiger- bzw. Bedroom-DJ-Controller nicht unbedingt XLR-Ausgänge benötigt und dass symmetrische Ausgänge auch Geld kosten aber ehrlich: zwei mal Cinch und keine Alternativen?
XLR, als das System, das den problemfreiesten Anschluss an die Monitorlautsprecher ermöglicht, die ein Großteil der Nutzer*innen von Mama und Papa zum FL6X dazubekommen dürfte oder selbst gekauft werden, wäre in meinen Augen wesentlich zielgruppengerechter gewesen. Was ich auch noch clever gefunden hätte: Ein Miniklinkenausgang, wie ihn NIs Traktor Kontrol S2MK3 bietet, denn das ist das Format, mit dem man an viele Kompaktanlagen oder auch Bluetooth-Boxen kabelgebunden andocken kann.
Eine USB-Buchse dient zum Anstöpseln an den Computer. Das sei ja fast nur rhetorisch erwähnt.
Klang des DJ-Controllers für Einsteiger
Von einem DJ-Controller dieser Preisklasse lassen sich keine Wunder erwarten, das ist klar.
Deswegen habe ich den Sound des DDJ-FL6X gegen mein Alltagsinterface, eine über 10 Jahre alte M-Audio Fast Track Pro getestet.
Wie zu erwarten war, nehmen sich die beiden Interfaces nicht viel über meine Adam F7. Der Controller klingt ein bisschen druckvoller im Bass und der Klang hat insgesamt ein bisschen mehr Tiefe.
Für ein Gerät, das sich an (ambitionierte) Bedroom-DJs wendet und nicht dafür gedacht ist, große PAs anzutreiben ist der Klang auf jeden Fall mehr als nur gut genug.
Die Jogwheels am DDJ-FLX6
Die Jogwheels sind definitiv DER Hingucker. Sie dominieren die Oberfläche des Controllers und sehen auf den ersten Blick aus, wie die der aus Festival, Funk und Fernsehen bekannten großen Brüder des Geräts. Sie haben zwar nicht deren zentrale Displays und müssen mit induktiver Berührungsdetektion auskommen, aber dennoch sind einfach nur der Wahnsinn. Anders kann ich es nicht sagen. So sehr ich persönlich auch mit kleineren Wheels auskomme und so sehr ich auch die des Kontrol S4MK3 von NI mag, diese dicken Brummer vermitteln sehr viel Freude und Kontrolle.
Ihr Widerstand lässt sich allerdings nicht einstellen, das bleibt den teureren Maschinen von Pioneer DJ vorbehalten. Immerhin lassen sie sich vom Vinyl in den CDJ-Modus umschalten, bei dem die gesamte Oberfläche zum Pitchbenden angefasst werden kann. Kleiner Minuspunkt: Im Gegensatz zur matten Oberfläche des restlichen Geräts sieht man ausgerechnet auf den Jogwheels Fingerabdrücke sehr stark.
Abgesehen von dieser Kleinigkeit sind die Full-Size-Jogwheels eines der, wenn nicht sogar das Argument schlechthin für den DDJ-FLX6.
Beat FX – die klassischen DJ-Effekte
Die von Pioneer DJ Mixern gewohnten Beat FX sind ebenfalls an Bord, allerdings in einer abgespeckten Variante. Die Effekteinheit neben dem Mixer steuert die Rekordbox-Effekte und kann demnach nur die Effektnummer auf dem Controller anzeigen. Welchen Effekt man angewählt hat, muss man entweder wissen, oder auf das Computer-Display schauen. Zusammen mit dem Umstand, dass die Effekte mit einem Button durchgeschaltet werden müssen, ergibt das für mich keine sehr praxistaugliche Effektsteuerung.
Erschwerend hinzu kommt, dass die Zuweisung der Beat FX nach wie vor keine direkte Möglichkeit bietet, Effekte auf mehrere Decks zu legen.
Die Vermischung der Effekt-Konzepte, wie wir sie von den Controllern her kennen, und den Beat FX, die aus Pios Mixerwelt stammen, scheint mir jedenfalls nicht ganz konsistent.
Merge FX – New Tricks on the Block
Eine ganz neue Art mit Effekten zu spielen bringen die sogenannten Merge FX am Flex.
Wir erkläre ich diese am besten? Am ehesten kann man diese als „intelligente Effektmakros“ bezeichnen, deren Haupteinsatzzweck zu sein scheint, instant Build Ups zu erzeugen.
Oder um Pioneer DJ selbst zu zitieren: „Bringe mehr Drama in deine Sets, indem du ganz einfach verschiedene Musikstile mischst.“ In einem Satz steht da, warum die Merge FX einerseits eine tolle Sache sind und andererseits so weit weg von meiner Art, Effekte zu nutzen, dass es mir schwer fällt, sie fair zu beurteilen.
Grundsätzlich kombinieren die Merge FX einen Effekt wie zum Beispiel Delay oder Filter auf dem Track mit einem Sample (z.B. einer Snare) und einem optionalen Drop-Effekt wie einem Brake-Sound oder einem Nebelhorn.
Die Idee ist so bestechend wie simpel: Aktiviert man den Effekt und dreht am Knopf, wird dem Originalsignal immer mehr Effekt zugemischt, dazu kommt das Sample, das immer schneller wiederholt wird, je weiter man den Regler dreht. Hat man genug Drama erzeugt, stoppt ein weiterer Druck auf den Encoder den Effekt und spielt evtl. noch das Dropsample ab.
Jetzt muss man nur noch den nächsten Track im Takt starten und BÄM: Instant-Steve-Aoki-Style out of the box. Wenn man das denn möchte, ist es eine super Sache, an der man sich allerdings recht schnell satthören dürfte, schätze ich mal. Zielgruppengerecht würde ich das nennen.
Alle diejenigen, die Effekte eher einsetzen, um smoothe Übergänge noch smoother zu machen, werden mit den Merge FX allerdings nicht glücklich werden.
Die neuen Effekte sind recht ausführlich konfigurierbar, sogar eigene Samples lassen sich verwenden!
Jog Cutter – What is a DJ, if he can’t scratch?
Die nächste Neuerung, der Jog Cutter, hinterlässt bei mir noch mehr Fragezeichen. Im Prinzip eine Scratch-Automatik, die auch DJs, die nicht scratchen können, die Möglichkeit geben soll, Scratchsounds ins Set zu integrieren. Wenn ich es richtig verstehe, dann wird das Audiomaterial rund um den CUE-Punkt automatisiert gescratcht, wenn der Effekt aktiv ist und man das Jogwheel hin und her bewegt. Die Cuts werden ebenfalls automatisch gesetzt, wodurch ein Stottereffekt entsteht. Je nachdem, an welcher Stelle man das Jogwheel anfasst, kommen unterschiedliche Scratchpattern zum Einsatz.
Leider gelingt es mir nicht, irgendetwas Sinnvolles mit dem Jog Cutter anzustellen. Das Timing scheint immer leicht daneben zu sein, die Pattern unterscheiden sich kaum. Aber hey, das kann ja auch schlicht an mir liegen. Ich bin bisher nicht mit tollen Skills diesbezüglich aufgefallen. Schaue ich mir allerdings die einschlägigen Magazine und Webseiten zu dem Thema an, geht es den Kollegen genauso. Genauso wie ich bekommen sie den Jog Cutter nicht dazu, sinnvolle Ergebnisse auszuspucken. Wenn wir erfahrenen DJs und Technik-Journalisten das nicht hinbekommen, wie soll die Zielgruppe des DDJ-FLX6 das schaffen? Auf jeden Fall hängt es vom gewählten Sound ab, wie gut das klingt. Dezidierte Scratchsamples funktionieren besser. Hier noch ein Video von Pioneer DJ über den Jog Cutter:
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Sample Scratch Mode für die Rekordbox DJ DJ-Software
Genauso wenig meine Baustelle wie Jog Cutter und Merge FX ist die dritte große Neuerung bei Rekordbox DJ, die mit dem FLX6 ausgerollt wird und das ist der Sample Scratch Mode. Dabei handelt es sich um einen PAD-Mode, mit dem man die in den Sampler geladenen Files blitzschnell zum Scratchen in ein Deck laden kann.
Bei Serato DJ erfreut sich diese Feature größter Beliebtheit, mal sehen, wie interessant die Rekordbox-Gemeinde es findet.
Und was eigentlich ist mit Serato DJ?
Ich selbst bin kein Serato DJ User, muss mich an dieser Stelle also auf das Urteil anderer verlassen.
Das fällt allerdings ziemlich eindeutig aus: Der DDJ-FLX6 kann Serato steuern, ist aber nicht dafür gemacht und das merkt man auch. Die Beschriftungen passen alle für Rekordbox. Für Serato gibt es besser geeignete Alternativen.
„Was letzte Preis“?
Pioneers DJs DDJ FLX6 geht für eine UVP von 580,- Euro über den Ladentisch und ist damit de facto der bei weitem preiswerteste 4-Kanal DJ-Controller für Rekordbox DJ. So gesehen handelt es sich um ein sehr günstiges Gerät. Immerhin schaltet es auch Serato DJ Pro und den Controller-Mode von Rekordbox DJ frei.
Angesichts des Fehlens einiger essentieller Ausstattungsdetails wie zum Beispiel symmetrischer Ausgänge und angesichts der 200,- Euro weniger, die zum Beispiel Native Instruments für seinen 4-kanaligen Einsteigercontroller, den Kontrol S3 aufruft, könnte man auch mit Fug und Recht argumentieren, dass das Gerät zu teuer ist. Ich bin zwiespältig und die alles überstrahlenden Jogwheels machen es nicht einfacher.
Danke für den Test. Ein Hobby Controller im Aussehen eines Profi Gerätes.
Es lässt sich schon viel damit arbeiten. Die Effekte sehe ich als Versuch, mit Recorbox an Serato und Virtual DJ heran zu kommen.
Als Anfänger wäre mir das Gerät zu teuer. Selbst im Semi-Bereich würde ich dann noch ein paar hundert Euro sparen und mir etwas anderes kaufen.