Eine Diva ohne Allüren
Aktive 2-Wege Fullrange-Lautsprecher mit 12-Zoll Tieftöner sind so etwas wie der Standard bei kleineren Gigs. Sie gehören auch seitens der Beschaller zum immer wieder gern eingesetzten Handwerkszeug, wenn es um solide Beschallungsaufgaben geht. Ich habe heute den Proel Diva 212A Aktivlautsprecher unter der Lupe. Bin gespannt, ob sich diese Lautsprecherbox getreu dem Motto „Nomen est Omen“ tatsächlich divenhaft verhält, oder ob ich mit einem soliden und stressfreiem Umgang rechnen kann. Let’s go!
Inhaltsverzeichnis
Proel – eine italienische Marke
Proel Audio Equipment steht für Perfektion in Klang und Performance zu moderaten Preisen. Hauptsitz des Unternehmens ist in Sant’Omero in der italienischen Provinz Teramo (Region Abruzzen). Im Jahr 1991 gegründet, hat Proel mit der Herstellung von Kabeln einmal ganz klein angefangen. Mittlerweile ist das Unternehmen in über 100 Ländern vertreten. Proel entwickelt, produziert und vertreibt professionelles Audio- und Video Equipment für die Unterhaltungs- und Veranstaltungsbranche. Darunter Lautsprechersysteme, Mischpulte, Mikrofone und Zubehör.
Diva klingt heutzutage nicht unbedingt positiv
Die Bezeichnung „Diva“ ist in den letzten Jahrzehnten zunehmend negativ behaftet. Einst galt die Diva aufgrund ihres Talents oder ihres Charismas als die „Göttliche“. War der Begriff ehemals positiv besetzt, wird er heute mit Launenhaftigkeit und Hochmut assoziiert. Der Duden, der den Begriff seit 1887 führt, nennt als weitere Bedeutung „jemand, der durch besondere Empfindlichkeit, durch exzentrische Allüren o. Ä. auffällt“. Mitunter steht ein solches Diventum auch in Verbindung mit Launenhaftigkeit und Missachtung oder gar Schikanierung. Dann hätten wir das auch geklärt ;-)
Proel Diva 212A – vier Jahre Garantie
Als ein typischer Vertreter der Gattung Multifunktionslautsprecher kommt die Proel Diva 212A mit einem Kunststoffgehäuse aus Polypropylen in den Abmessungen 364 x 617 x 346 mm (B x H x T). Integriert ist hier dann auch ein Monitorwinkel, der diese Aktivbox quer liegend als Bodenmonitor einsetzen lässt (Abstrahlwinkel 45°). An zwei ergonomisch geformten Tragegriffen (einer seitlich, einer oben) lassen sich die 16 kg der Diva ganz gut hantieren.
Der 35 mm Boxenflansch mit sehr geräumigem Eingriff auf der Rückseite und einem Feststellmechanismus gegen Verdrehen auf dem Ständer dient der Montage in klassischer Art und Weise. Soll die Diva 212A ihre Fähigkeiten in Festinstallationen unter Beweis stellen, freut man sich über vier M10 Flugpunkte, die ohne Abdeckungen offen im Gehäuse zugängig sind.
Ein Wermutstropfen ist die Anordnung des seitlichen eingelassenen Griffs. Beim Einsatz als Bodenmonitor liegt er leider an der Unterseite und ist damit nicht zu gebrauchen. Das macht zwar eine angenehme Optik, doch zur besseren Feinjustierung der Position auf dem Boden wäre es besser, wenn der Griff zugängig ist, also auf der anderen Längsseite angeordnet.
Als Schallwandler sind ein 12-Zoll Tieftöner (2-Zoll Voice-Coil) und ein 1-Zoll Hochtöner (1,35-Zoll Schwingspule und Titanmembran) hinter dem stabilen Frontgitter (mit Hinterspannung) im Bassreflexgehäuse montiert. Der Abstrahlwinkel beträgt 90° x 60° (H x V), was ich als Standard bezeichnen würde. Beim Thema Gesamtspitzenleistung gibt der italienische Hersteller 1.000 Watt an. Diese teilen sich auf in Dauerleistungen von 100 Watt (Klasse AB) für den Hochtonbereich und 400 Watt (Klasse D) für die Bässe. Daraus ergibt sich rechnerisch eine Dauerleistung vom 500 Watt. So gesehen sind die 1.000 Watt Spitzenleistung ein durchaus realistischer Wert.
Andere Hersteller multiplizieren in vielen Fällen einfach die gemessene Dauerleistung mit dem Faktor vier und kommen so auf teils übertriebene Werte, die sich im Marketing dann gut verkaufen lassen. Der maximale SPL ist mit 127 dB beziffert, und im Frequenzspektrum darf man laut Datenblatt 50 Hz bis 20.000 Hz erwarten.
Schaltzentrale der Proel Diva 212A
Wie bei vielen Lautsprechern dieser Bauart üblich, sitzt das Anschluss- und Bedienfeld leicht vertieft eingelassen auf der Rückseite des Gehäuses. Auf diese Weise finden die Regler einen gewissen Schutz.


Es gibt drei mischbare Eingangskanäle. Die Kanäle eins und zwei sind identisch aufgebaut. Sie verfügen über Combo Buchsen, die XLR-Stecker oder große 6,35 mm Klinkenstecker aufnehmen. Per Schiebeschalter lässt sich die Eingangsempfindlichkeit in drei Stufen anpassen: Mic, Guitar, Line. Zusätzlich gibt es in den beiden Kanälen Eingänge für die Verwendung der drahtlosen Mikrofone PROEL U24H (Handsender) oder U24B (Taschensender) 2,4 GHz USB. Die Lautstärke kann mit zwei Drehreglern unabhängig voneinander justiert werden.
Kanal drei hat ebenfalls einen eigenen Lautstärkeregler. Doch die Anschlussmöglichkeiten unterscheiden sich. An der 3,5 mm Klinkenbuchse (Line in) lassen sich Stereo-Signale einspeisen, die dann intern summiert werden. Die Bluetooth-Funktion läuft ebenfalls über diesen Kanal. Bluetooth in der Version 5.0 ist für einfaches Audio-Streaming zuständig, lässt als STEREO LINK (TWS) aber auch zwei DIVA Lautsprecher mit einem Bluetooth-Gerät koppeln und somit als Stereoanlage nutzen. Der erste Lautsprecher gibt dann den linken Kanal wieder, während der zweite den rechten Kanal bedient.
Proel Diva 212A mit DSP-Funktionen


Die DSP-Funktionen der Proel Diva 212A werden im farbigen LCD-Display dargestellt. Dort gibt es grundsätzliche Systemeinstellungen, oder auch Funktionen wie das Ein-oder Ausschalten der frontseitigen Betriebs-LED. Die Anzeige der Gesamtlautstärke ist ebenfalls im LCD-Display ersichtlich.
Um Zugriff auf die fünf zur Verfügung stehenden Presets zu bekommen, führt der Weg via Push-Dreh-Regler (gleichzeitig Regler für die Gesamtlautstärke) in das Menü. Dort gibt es die Einstellungen Music, Live, Monitor, DJ und Speech. Sie sind klanglich jeweils auf ihre definierten Aufgaben hin abgestimmt und werden mit ihren ganz eigenen EQ-Kurven im LCD-Display visualisiert. Dazu ist dort das Frequenzspektrum von 20 Hz bis 20.000 Hz grafisch dargestellt, mit einer Unterteilung in acht sichtbare Frequenzen. Je nach gewähltem Preset ist dann eine andere Frequenzkurve zu sehen, die optisch darstellt, welche Frequenzbereiche jeweils angehoben oder abgesenkt sind.
Zur weiteren Klangbeeinflussung gibt es aber noch zwei Klangregler. An den Drehknöpfen High und Low lassen sich schnell Änderungen von +/- 12 dB realisieren, ohne lange oder umständlich in irgendwelchen Menüstrukturen zu suchen. Die Auswirkungen der Regelwege werden im farbigen LCD-Display als Veränderungen der jeweiligen EQ-Kurven unmittelbar angezeigt. Außerdem werden die Werte der beiden Klangregler numerisch unter den Bezeichnungen LF und HF angezeigt.

Veränderungen per EQ-Drehregler werden optisch im Display angezeigt. Einmal als Auswirkung auf die EQ-Kurve, aber auch numerisch unter LF und HF
Die Front-LED lässt sich in drei mögliche Zustände schalten: on, die LED leuchtet blau wenn der Lautsprecher eingeschaltet ist; off erklärt sich von selbst; limit, die LED leuchtet im Betrieb blau, wechselt aber zu rot blinkend, wenn sich der DSP im Limiter Modus befindet.


XLR-Ausgang mit Optionen
Der obligatorische XLR-Ausgang liefert ein symmetrisches Line-Pegel-Signal. Hier gibt es per Schalter zwei Möglichkeiten. Entweder die Mischung aller drei Eingänge (Mix out) vor dem Master- und EQ-Reglern. Oder ein direktes Durchschleifen nur des ersten Kanals.
Proel Diva 212A in der klanglichen Beurteilung
Wie wirken sich die fünf zur Verfügung stehenden Presets klanglich aus? Finden wir es heraus.
Musik klingt im entsprechenden Preset richtig gut. Egal, ob über Bluetooth zugespielt oder per Kabel. Satte und knackige Bässe ohne Wummern und brillante Höhen schmeicheln meinen Ohren. Nun können bei Bedarf auch noch, wie übrigens in sämtlichen Presets, die zwei Klangregler zur Feinabstimmung dienen. Damit sind blitzschnelle klangliche Eingriffe möglich. Wie nicht anders zu erwarten werden in der Einstellung DJ tiefe und hohe Frequenzen mehr betont. Auch das klingt super.
Der Klang meiner E-Gitarre (Channel Preset Guitar) ist recht ordentlich. Hier bieten die DSP-Presets gute Alternativen zum experimentieren. Außerdem gibt es ja auch noch die beiden Klangregler ;-), um dem Wunschsound näher zu kommen.
In diesem Testbericht nehme ich ein dynamisches Behringer BA85A Mikrofon, um den Klang meiner Stimme zu überprüfen. Dazu wechsle ich in der Proel Diva 212A auf die Voreinstellung Speech. Hier kommt vor allem ein deutlich eingestellter Low-Cut-Filter zum Einsatz, der jeglichen Mulm oder dominierende Bassanteile herausfiltert. Zusätzlich sind Frequenzen in den mittleren und hohen Lagen angehoben. Als Ergebnis klingt meine Stimme mit diesem Mikrofon richtig gut.
Bleiben noch die Presets Live und Monitor. Live bietet einen linearen Frequenzgang und bietet sich üblicherweise an, wenn der Aktivlautsprecher als PA eingesetzt wird. Die Einstellung Monitor reduziert ausgewählte Frequenzen um den Lautsprecher optimal auf den besonderen Einsatz auf dem Boden ohne vorzubereiten und um drohende Rückkopplungen zu minimieren.
Die klanglichen Unterschiede der DSP-Presets sind deutlich zu hören und liefern je nach gewählter Einstellung sehr gute Anpassungen auf unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten.
Welche Alternativen gibt es?
Unendlich viele. Die Poel Diva 212A kostet 419 Euro. Von daher bewege ich mich bei den folgenden beiden Alternativen in der 400 Euro Preisklasse.
Der Aktivlautsprecher Alto TS 412 kostet 399 Euro. Im Unterschied zum Testkandidaten Proel gibt es hier keinen DSP mit Display direkt am Gehäuse. Die Presets werden stattdessen mit einfachen Drucktasten geschaltet. Allerdings kann die Alto TS 412 per App gesteuert werden und liefert auf diese Weise zusätzliche klangliche Möglichkeiten. Als Leistung gibt der Hersteller 1.250 W RMS (2.500 W Peak) an. Das ist ein ordentliches Pfund. Bluetooth, Flugpunkte und Monitorwinkel gehören natürlich dazu und noch eine USB-Ladebuchse. Die Alto TS 412 ist damit bestimmt eine Überlegung wert.
Mit der LD Systems ICOA 12 A BT ist ein weiterer Konkurrent im Rennen. Der Preis: 429 Euro. An diesem Aktivlautsprecher kommen Anwender wieder in den Genuss eines optischenDisplays. Der DSP liefert vier Presets, 3-Band-EQ und Delay. Die Bauweise unterscheidet sich von der klassischen Variante weil hier ein koaxialer Aufbau mit drehbarem Horn zu finden ist. Als Leistungsangabe lese ich 300 Watt RMS (1200 Watt Peak). Flugpunkte, Monitorwinkel, Stativflansch sogar mit zwei Winkeln, alles dran und darüber hinaus sogar vier Griffe, die das Hantieren vereinfachen. Das Kürzel BT in der Modellbezeichnung steht übrigens für Bluetooth. Damit ist die LD Systems ICOA 12 A BT ebenfalls eine gute Alternative.
Wie sollen aus 300 Watt Eingangsleistung, siehe letztes Foto, 500 Watt Dauerleistung entstehen?
@Sangeet Hi,
ich bin kein Elektrotechniker, aber schaut man sich die Netzteilangaben professioneller Endstufen an, so fällt auf, dass die Leistungsaufnahme des Netzteils immer weit unter der maximalen Ausgangsleistung liegt. Ich vermute hier verschiedene Messmethoden, z.B. Sinus vs. RMS, oder schlicht verschiedene Angaben. Bei den Thomann-Endstufen findest du oft den Zusatz 1/3W Maximum Output Power.
Selbst bei Endstufen der 5000€-Klasse ist das so. Aber wie gesagt: Da kann ich mangels E-Technikwissen keine qualifizierte Aussage zu treffen. Es wurde aber schon oft im Internet diskutiert und es gibt viele widersprüchliche Aussagen dazu.
@Sangeet , an der entsprechenden Stelle im Datenblatt ist ein *, die 300 Watt beziehen auf die Leistungsmessung bei PinkNoise in Zimmerlautstärke. Realistisch wird die Box eher mehr als 500 Watt ziehen, die Class D Endstufe ist mit 400 Watt Aufnahme zu beaufschlagen und die HF Class AB 100 Watt mit mindestens 150 – 200 Watt. Wie praktisch die 300 W sind, kann ich nicht beurteilen. Ein Kaltgeräte Stecker kann 10A bei 230V ab.
@TobyB Ah ja. Das macht etwas mehr Sinn. Aber für Zimmerlautstärke 300 Watt?
@Sangeet , also wenn es großes Zimmer ist kann man schonmal mit 300 W ran. Mein Hifi System genehmigt sich auch 250W. Aber weder PinkNoise noch Zimmerlautstärke sind praxisnahe Angaben. Die Zimmerlautstärke ist in Deutschland bis 22Uhr mit 50dB(A) und von 2200h bis 0600h mit 35db(A) definiert. Ich glaub wir sind vorher schon vorm PinkNoise geflüchtet.
Laut Typenschild ist hier eine Träge 3.15A Sicherung verbaut. Da wären wir dann bei ca. 700 Watt max. Aufnahme.
@TobyB Ah ja das Typenschild übersah ich heute Morgen, danke für den Hinweis, nun macht es Sinn.