Fetter Sound und reichlich Sustain
Heute testen wir einen weitere Kandidatin aus der 70th-Anniversary-Serie, die PRS 70th SE McCarty 594 SC, also eine Single-Cut-Gitarre, die ähnliche Features wie eine Gibson Les Paul aufweist. Auch dieses Modell ist weltweit auf eine Auflage von 70 Stück limitiert und zeigt sich in einer interessanten Farbgebung (Blue Fade). Die heutige Testkandidatin wäre alternativ auch in Grün bzw Blutorange zu erstehen. Die Preise der verschiedenen Varianten differieren geringfügig. Ein passender Gigbag ist im Lieferumfang enthalten.
Inhaltsverzeichnis
Der moderate Preis der PRS-SE-Modelle erklärt sich durch die Fertigung in Indonesien, wobei man anmerken darf, dass die „Fernost-Ware“ gerade aus Indonesien qualitätsmäßig im Allgemeinen absolut überzeugt. Die deutlich teureren in Amerika gefertigten PRS-Core-Modelle bedienen sich darüber hinaus einer selektierten Holzqualität, welche die Qualität dieser Instrumente noch hörbar besser macht. Da nicht jeder den Geldbeutel besitzt, ins oberste Regal zu greifen, kann man sich der bezahlbaren SE-Instrumente bedienen.
PRS 70th SE McCarty 594 – Facts & Features
Auch hier ist der erste Eindruck sehr positiv. Auffällig ist die recht dicke Decke aus Ahorn, die vermuten lässt, dass die Gitarre übermäßig schwer sein könnte. Nach Überprüfung mit der Waage kann jedoch Entwarnung gegeben werden, da die Gitarre es, trotz ihrer massiven Bauweise (an der dicksten Stelle des Korpus besitzt diese eine Stärke von satten 54 mm), auf erträgliche 3,7 kg bringt. Dieses Gewicht ist letztlich nur durch „Chambern“ zu erreichen. Beim Abklopfen der Decke scheint es mir, als ob der Mahagonikorpus an manchen Stellen „aufgebohrt“, also gekammert, wurde. Bezüglich dieses Verfahrens gehen die Geschmäcker bekanntermaßen auseinander. Manche meiner Kollegen würden niemals eine „gechamberte“ Gitarre spielen wollen. Steht man dagegen regelmäßig und lange auf der Bühne, freut man sich über jedes Gramm weniger, das auf die Schultern drückt.
Korpus
Der Korpus besteht aus Mahagoni und wurde mit einer aufgeleimten Ahorndecke (Wölkchenahornfurnier) versehen.
Der Korpus der Gitarre wurde aus drei Teilen zusammengeleimt, dies ist nur bei genauem Hinsehen wahrzunehmen. Der Übergang von Hals zum Korpus wurde „ergonomisch“ geformt, sodass die hohen Bünde mühelos zu erreichen sind.
PRS SE McCarty 594 SC – Hals
Ähnlich einer Gibson Les Paul, wurde der eingeleimte Hals aus Mahagoni mit einem Griffbrett aus Palisander versehen. Wie zu erwarten, besitzt das Griffbrett die firmentypischen Bird-Inlays. Die Verarbeitung des Halses sowie des ganzen Instruments ist absolut top.
Der Griffbrettradius beläuft sich auf 254 mm (10″) und ist damit etwas traditioneller gehalten, als es bei „modernen“ Gitarren üblich ist. Viele Gitarissten und Gitarristinnen bevorzugen auch gerne mal die sportlichere Variante von 12″ oder gar 14″. Wie bei PRS-Instrumenten üblich, beträgt die Mensur: 625 mm (24,61″) und ist damit die Symbiose aus einer Fender und Gibson Gitarre. Die Sattelbreite beträgt knapp 43 mm. Wie auch eine Les Paul, wurde die Gitarre mit 22 Bünden ausgestattet. Der Hals (vom Hersteller mit „Pattern Vintage“ definiert) ist recht massiv bzw. fett und eignet sich vorzugsweise für Humanoide mit großen Händen und kommt somit nicht für jeden infrage.
Elektrik & Hardware
Jeder der zwei verbauten PRS 58/15 LT „S“ Humbucker besitzt einen eigenen Volume- und Tone-Regler. Die Tone-Regler mit Push/Pull-Funktion schalten den jeweils korrespondierenden Pickup auf Singlecoil. Dadurch lassen sich natürlich eine Reihe von „zusätzlichen“ Klängen aus dem Instrument holen. Der Toggle-Switch (3-Wege Schalter) übernimmt bekanntermaßen die Anwahl der Tonabnehmer.
Die Elektrikfach- und Toggleswitch-Abdeckungen aus schwarzem Kunststoff wurden schlicht auf die Decke geschraubt. Eleganter würde dies natürlich aussehen, wenn man hier entsprechende Fräsungen vorgenommen hätte, damit Abdeckungen plan mit der Korpushöhe abschließen. Dieses Feature ist allerdings nur Instrumenten der PRS-Core-Serie vorbehalten.
Die Hardware wurde vernickelt. Die „Vintage-Style-Mechaniken“ aus eigenem Hause mit elfenbeinfarbigen Flügeln harmonieren stilistisch sehr gut mit dem Instrument, wie ich finde. Der „Two-Piece-Steg“ bzw. die Brücke und das Stoptailpiece, gleichfalls aus eigener Fertigung, bedient sich teilweise Parts aus Messing. Ungewöhnlich, aber dennoch reizvoll. Die sechs Messingbrücken steuern sicherlich auch ihren Teil zum guten Klang des Instruments bei.
Handling
Die PRS 70th SE McCarty 594 SC kommt ausgewogen auf den Knien zu liegen und lässt sich (auch trotz ihres recht kräftigen Halses) sehr angenehm bespielen. Kein „Kleben beim Lagenwechsel. Die Werkseinstellung war gut, ließe sich aber durchaus noch geringfügig optimieren. Die Mechaniken arbeiten zuverlässig und auch die Stimmstabilität der Gitarre (selbst beim Bending einer kleinen bzw. großen Terz auf den Diskantsaiten) überzeugt, nicht zuletzt durch die Masse des Instruments und der Abwesenheit eines Vibratosystems.
Sound der PRS 70th SE McCarty 594 SC
Beim „trockenen“ Spiel ist zunächst anzumerken, dass die Gitarre „leicht hohl“ klingt, was eindeutig dafür spricht, dass der Korpus „gekammert“ (also mit Bohrungen zwecks Gewichtsreduktion versehen) wurde. Das Sustain ist dennoch beeindruckend, da der recht fette geleimte Hals und die Masse des Korpus für ordentlich Druck sorgen, insbesondere in eingeklinktem Zustand, wie wir gleich hören werden.
Wir beginnen mit cleanen Sounds. Die Klangbeispiele sind „zweiteilig“, nach ca. der Hälfte wird mittels des korrespondierenden Push-Pull-Tone-Potis die Umschaltung auf Singlecoils vorgenommen, so erhält man einen direkten Vergleich. Wir hören den Halstonabnehmer:
Der Sound ist „Bluesy bzw. Jazzy“ und gesplittet sicherlich auch für funky Sounds gut geeignet.
Es folgt der Steg-Pickup, der gleichermaßen nach 28 Sekunden „gesplittet“ zu hören ist:
Wird der Test-Amp (Peavey Classic 20 Minihead) auf Zerre umgeschaltet, klingt dies auf dem Stegtonabnehmer extrem fett, obwohl gar nicht besonders viel Verzerrung im Spiel ist (Gain-Regler auf 01.00 h), die Masse der Gitarre ist hier die treibende Kraft. Auch die Singlecoil-Sounds klingen sehr ansprechend:
Hören wir den Halstonabnehmer verzerrt, zunächst als Humbucker, später als Einspuler:
Der Sound ist cremig, singend und mit reichlich Sustain. Bei der Umschaltung auf Singlecoil ist (verzerrt gespielt) kein großer Pegelunterschied auszumachen.
Auch beide Pickups parallel (hier als Doppelspuler) liefern schöne Ergebnisse:
Die Klangbeispiele wurden mit folgendem Equipment aufgenommen:
PRS 70th SE McCarty 594 SC – Peavey Classic 20 MH – MESA/Boogie 1 x 12″ Thiele Box mit Creamback Celestion Lautsprecher – Shure SM57 – MOTU M4 – Mac mit Logic (etwas Hall hinzugefügt).
Wow, echt ne schöne Kantarre. Ich mag die SEs ja, weil die echt großartige Qualität liefern und einfach nur ein Viertel der Highline-Modelle von der Kreditkarte hobeln.
Beim Musicstore gibt’s die meinem Verständnis nach technisch gesehen gleiche Gitarre mit lediglich etwas anderer Optik für 844 Euro. lch verstehe deshalb nicht, wieso das ein besonders gutes Angebot sein soll.