Die frostige Mira mit dem warmen Ton
Gut 10 Jahre befindet sich die kleine Mira nun im Produktportfolio von Paul Reed Smith Guitars. Zunächst als US-Modell gestartet und daher mit einem entsprechend saftigen Preis ausgestattet, wurde die Mira nach einem kurzen Zwischenstopp innerhalb der S2-Serie in die preisgünstige SE-Serie von PRS eingegliedert. Diese in Fernost hergestellten E-Gitarren haben außer ihrem optischen Erscheinungsbild mit den Originalmodellen aus dem amerikanischen Stevensville nicht besonders viel gemeinsam, sie sind aber dennoch absolut konkurrenzfähige Instrumente in ihrer Preisklasse und besitzen schon auch eine gewisse Prise „PRS-Spirit“. Zum Test erreicht uns nun das 2019er Modell der Mira in einem eisigen Blau, hoffen wir mal, dass ihr Klang nicht genau so unterkühlt ist!
Die 2019er PRS SE Mira – Facts & Features
Der Kunde hat die Wahl zwischen zwei verschiedenen Farben, die PRS mit dem 2019er Modell der Mira anbietet. Neben dem eisigen Blau unseres Testinstruments ist die Gitarre noch in hochglänzendem Schwarz zu bekommen, dann aber mit einem Tortoise-Pickguard, im Gegensatz zu unserer Mira, auf deren Decke ein Mint-Pickguard für die Aufnahme der Potis und des Schalters dient und zugleich für eine insgesamt stimmige Optik sorgt. Blau oder schwarz ist technisch betrachtet relativ egal, denn beide Lackierungen werden auf einen Korpus aus Mahagoni aufgebracht.
Mahagoni ist auch das Holz der Wahl für den eingeleimten Hals. Der besitzt das PRS-eigene Wide-Thin-Profil, ist also eine der schmaleren Varianten des Herstellers. Die Rückseite wurde leider von der Lackierpistole nicht verschont, hier werden sich Spieler von naturbelassenen Hölzern sicher umgewöhnen müssen, denn das Finish wirkt speziell bei feuchter Greifhand etwas klebrig und hemmt daher den Spielfluss spürbar. Hinzu kommt die nicht ganz optimale Voreinstellung unseres Testinstruments mit einer unnötig hohen Saitenlage, obwohl hier, aufgrund der für ein Instrument in dieser Preisklasse hervorragenden Verarbeitung, durchaus mehr bzw. weniger drin gewesen wäre.
An der Verarbeitung des Halses gibt es hingegen nichts auszusetzen, sowohl das Palisandergriffbrett als auch die Bundierung mit den 22 Bundstäbchen ist sehr gut gelungen. Allenfalls der Sattel wurde vielleicht um einen halben Millimeter versetzt in seiner Position angebracht, da muss man aber schon genau gucken und fühlen, um hier etwas entdecken zu wollen. Selbst in der untersten Preisklasse des Herstellers muss man auf das typische Erscheinungsbild einer E-Gitarre aus dem Hause PRS nicht verzichten, gemeint sind damit die Bird-Inlays, die selbst auf dem Griffbrett der nur knapp 700,- Euro teuren Mira zu finden sind.
Wir streifen mit unserem Blick weiter Richtung Kopfplatte, die im gleichen Eisblau wie der Korpus lackiert wurde – „Matched Headstock“ könnte man es auch kurz und knapp nennen. Dort sitzt ein Schwung verchromter und geschlossener Mechaniken, die eine PRS-Gravur besitzen, von typischen No-Name-Mechaniken kann man also nicht sprechen. Die Gravur scheint Wunder zu bewirken, denn im Gegensatz zu vielen E-Gitarren dieser Preiskategorie arbeiten die Tuner an der Mira mehr als zufriedenstellend und nerven nicht durch übermäßiges Spiel oder gar Wackeln auf ihren Achsen. Grundsätzlich gab es während der Testdauer ohnehin keinerlei Probleme bezüglich der Stimmung, mag auch daran liegen, dass die PRS Mira gar kein Vibrato besitzt und der Besitzer somit gar nicht erst in die Versuchung gerät, die sechs Tuner ernsthaft herauszufordern.
SE Mira – Hardware & Elektronik
Ein Wrap-Around Stop-Tail-Steg auf zwei massiven Bolzen dient zur Aufnahme der Saiten, die von vorne eingefädelt, um die Brücke herumgeführt und dann über die sechs Messingreiter Richtung Kopfplatte wandern. Auffällig sind an dieser Stelle natürlich die Messingreiter, so etwas ist in dieser Preisregion schon eher eine Seltenheit und erinnert schon ein wenig an die US-Modelle des Herstellers.
Auch für die legendären 85/15 Humbucker, die gerne und oft in die USA-Instrumente des Herstellers eingesetzt werden, findet sich eine günstige Alternative aus Fernost. PRS verzichtet dabei auf kryptische Bezeichnungen und fügt dem Namen der beiden auf der Decke eingepflanzten Humbuckern ganz einfach den Buchstaben „S“ hinzu. Beide Tonabnehmer sind auch im Singlecoil-Modus verwendbar, dazu wird ganz einfach das Tone-Poti angehoben, ein qualitativ guter Dreiwegeschalter sowie der obligatorische Volume-Regler bilden Abschluss der Elektronik an der Mira. Die Bedienelemente wurden griffgünstig in das Pickguard eingesetzt, zudem besteht unter dem Tone-Poti noch genügend Luft, um den Regler im Eifer des Gefechts auch noch sicher anheben zu können.
Das ist auch nötig, denn die aufgesetzten durchsichtigen Plastikknöpfe sehen zwar im Gesamtkontext der Gitarre schick aus, sie erweisen sich bei feuchten Fingern aufgrund ihrer glatten Oberfläche jedoch eher als unpraktisch. Das Volume-Poti kommt aber mit seinem weichen Lauf gut damit aus und erlaubt daher fast schon agile Volume-Swells.
In der Praxis
Handling/akustischer Grundsound
Direkt auf den Schoß gelegt und ohne eingestecktes Kabel liefert die perfekt ausbalancierte PRS SE Mira einen überraschend resonanten Grundsound, der zudem mit einem kräftigen Sustain ausgestattet ist. Die Vollmahagonikonstruktion mit dem eingeleimten Hals drückt also dem akustischen Ton bereits deutlich ihren Stempel auf, geradezu wuchtig ist der Klang, dazu kommt ein warmes und eher mittenbetontes Klangbild. Die Bespielbarkeit des Halses an sich könnte kaum besser sein, wenn … ja, wenn die lackierte Rückseite nicht wäre. Mir zumindest gefällt diese Art der Oberfläche als jahrzehntelanger Spieler (und ausgewiesener Fan) von weitgehend unbehandelten Hälsen nicht besonders. Das ist aber schließlich Geschmackssache und wer ohnehin nicht vor hat, irgendwelche technischen Kabinettstückchen auf dem Hals der Mira zu zelebrieren, der wird mit dem Bespielen der eisblauen Halsrückseite vermutlich keine Probleme haben. Und das mit der Saitenlage lässt sich recht schnell beheben, am besten lässt man die Gitarre im Laden schon auf seine persönlichen Bedürfnisse anpassen.
Elektrischer Sound
Druckvolle Akkorde, Riffs mit viel Power und gerne etwas Schmutz sind genau das Metier, in dem sich die kleine Mira gerne aufhält und ihre Stärken ausspielt. Das wird klar, wenn man die Gitarre mal ein paar Minuten über den Verstärker spielt und die vielseitigen Sounds durchforstet, die die Schaltung bietet. Es sind zwar nur drei Stufen, die der knackig einrastende Schalter zur Verfügung stellt: Da aber eine zusätzliche Singlecoil-Option zur Verfügung steht und darüber hinaus das Signal nicht an Qualität einbüßt, wenn das Volume-Poti etwas heruntergeregelt wird, bieten sich eine große Anzahl von nutzbaren Sounds, denen man einen gewissen Charakter nicht absprechen kann und die mit einer guten Dynamik aus dem Speaker gepfeffert kommen.
Besonders positiv überrascht war ich von der Qualität der Singlecoil-Sounds, die erstaunlich kraftvoll für einen gesplitteten Humbucker klingen und darüber hinaus sich auch mit Nebengeräuschen sehr zurückhalten. Natürlich kann und sollte man hier keine Strat-Sounds erwarten, die Singlecoil-Sounds der Mira SE bieten aber in jedem Fall eine sinnvolle Ergänzung zu der Power, die die beiden 85/15 Humbucker an Hals und Steg im Vollbetrieb zweifellos abliefern!
Klangbeispiele
Hören wir rein in den Sound der PRS SE Mira E-Gitarre, für die ich meinen Referenz-Amp Orange Micro Dark mit angeschlossener 1×12″ Celestion Vintage 30 Box sowie ein AKG C3000 Mikrofon zur Aufnahme verwendet habe. Effekte wurden keine benutzt, lediglich in Logic wurden noch die Pegel angepasst.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich es als fair empfinde, wenn in der „Minus“ Sektion von klebriger Halsrückseite gesprochen wird. Es handelt sich um einen lackierten Hals, und Hälse werden seit jeher lackiert. Es ist lediglich eine persönliche Präferenz, unlackierte Hälse zu bevorzugen.
Ein tatsächlich klebriger Hals, was ja durchaus passieren kann, wenn ein Lack nicht ordentlich abbinded, wäre in der Tat ein Defekt, der einen Umtausch des Instruments rechtfertigen würde.
Hier hingegen wird aufgrund einer persönlichen Vorliebe mittels entsprechender Wortwahl der Anschein eines Defekts erweckt, der aber keiner ist.
Das war dem Autoren sicher nicht bewusst, aber damit hat er der Gitarre einen Fehler bescheinigt, den sie gar nicht aufweist. Denn viele Menschen, mich eingeschlossen, haben überhaupt kein Problem mit lackierten Hälsen!
Warum aber die echten Minusse, namentlich die kleinen Verarbeitungsmängel, nicht in der Minus-Spalte stehen, erschließt sich mir nicht. Auch in dieser Preisklasse sollte die Gitarre ordentlich eingestellt kommen, und einen um einen halben mm versetzen Sattel darf es einfach nicht geben!
Anstatt ständig auf dem lackierten Hals herumzureiten, gerade so als wäre es ein echter Mangel, der echte Virtuosität verunmöglichen würde, sollte lieber auf die eher mäßige Qualitätskontrolle von PRS SE hingewiesen werden.
@yelemusic Sehe ich genauso. Ich habe es hier auch schon öfter geschrieben, für mich sind die mit billigem Wasserlack lackierten Hälse eine qualitative Verschlechterung (für den Hersteller aber eine kostenmäßige Verbesserung). Sie fühlen sich auch schlecht und billig an.
Ein um einen halben Millimeter versetzten Sattel würde ich allerdings reklamieren, das ist zuviel.
Die Farbe von der Gitarre ist allerdings echt ein Bringer.