Watching Windows auf dem Display
Reloop Touch heißt der auffällige 4-Kanal-Club-Mixer der inzwischen etablierten Marke Reloop. Etabliert will sagen, von anrüchigem Klonierer- und Billigtum freigesprochen. Tatsächlich sind die Produkte von Reloop nicht mehr „billig“ und das im zweifachen Sinne. Denn im Laden kostet der Touch 689,- Euro, was ihn preislich in der oberen Mittelklasse verordnet. Dabei ist er teuerer als vergleichbare 4-Kanal-Mixer. Aber halt – es ist der welterste DJ-Controller mit 7-Zoll-Touch-Display – also gibt es gar nichts Vergleichbares. Kann der Mixer mit der auffälligen 7-Zoll Touch-Oberfläche überzeugen?
Hardware: Der Reloop Touch in harten Fakten
Mit 56 cm x 36 cm ist der Reloop Touch zwar kein Riese wie z.B. Native S8, aber klein ist er auf keinen Fall. Nichts wirkt gedrängt oder zusammengestaucht an der Oberfläche, jedenfalls was die Hardware-Bedienelemente angeht. Jedes Bedienelement hat genug Abstand, um auch die Hektischen unter uns nicht zu beeinträchtigen. Dasselbe gilt für die Qualität der verwendeten Bauteile. Hier ist alles oberste Klasse, jeder Schwenk, Druck- und Zugpunkt sitzt. Nur die eigentlichen Kanalfader laufen mir persönlich ein wenig zu sandig; wenn schon leicht, dann fliegen, bitte. Dabei laufen die vier kurzen Fader der FX-Sektion mit einem schön leichtem Gegendruck.
Die Touch-Wheels sind hochauflösend und sollen ein „besonders griffiges Design für Pitchbending“ bieten; die Umrandung ist auch in etwa Fingerbreite geriffelt, die Seiten bestehen jedoch aus einem glatten Kunststoff. Griffiges Design heißt bei mir: Es ist gummiert.
Der Crossfader ist blitzschnell und fliegt richtig, allerdings fehlt es an einem direkten Zugang zur Crossfade-Kurve, das braucht man schon. Man kommt da zwar über die Einstellungen heran – ist aber in der Praxis untauglich.
Gefertigt aus dem mittlerweile üblichem matten Kunststoff, steht der Reloop Touch auch auf glatten Oberflächen rutschfest, dank der vier gummierten Pads auf der Unterseite.
Nur ein Anschluss unter dieser Nummer
Bei den Anschlüssen macht sich Minimalismus breit. Ein verstärkter USB-Port sorgt für guten Halt. Es gibt zwei Masterausgänge, einmal Cinch und einmal symmetrische Klinke. Vorne am Gerät Kopfhörerausgänge (3,5 mm und 6,3 mm) und Mic (6,3 mm), dieser mit eigenem Gain-Regler. Der Booth-Monitor scheint endgültig ausgestorben – kein Ausgang zu finden. Dabei ist der Klang klar und druckvoll, schnörkellos und durch die symmetrischen Ausgänge gut für den FOH gerüstet – aber leider nicht in XLR. Rauschen ist da nirgendwo, auch nicht im sonst so beliebten Versteck Kopfhörerverstärker.
Die Pads lassen sich gut spielen, sind aber leider ohne Velocity. Wer besser im Finger-Drumming werden möchte, findet im Paket einen Gutschein für eine solche Lektion von Melodics. Über die Pads kommt man an acht verschiedene Cue/Loop-Modes heran (Hot Cue, Roll, Slicer, Sampler, Cue Loop, Saved Loop, Beat Jump und Key Cue), mit denen man direkt in die Songstruktur eingreifen kann. Auch an einen Split-Mode wurde gedacht, so dass man z.B. oben 4 Cue Points und unten Loop-Längen zur Auswahl hat.
Ebenso liegt die Karte für den Touch-Display-Treiber und die Virtual-DJ-8 Vollversion dabei. Um das Ganze zu installieren, folgt man dem gut gemachten Video-Tutorial auf der Reloop Website oder führt sich die beigelegte Quick-Start Anleitung im DIN-A4 Format zu Gemüte.
Das EQing
Die EQs sind insofern ungewöhnlich, als dass es zwei Belegungen der drei Potis (alle mit Mittenrasterung) gibt. Einmal ganz klassisch als Low/Mid/High EQ, in der anderen Variante wird der große Low-Regler zu einer LPF/HPF-Kombi umgestaltet. Die kleineren Regler darüber übernehmen dann das Low/High-EQing. In Kombination mit der Filterkombi, wäre mir ein High/Mid lieber gewesen, daraus ergeben sich einfach mehr Klangfarben. Die Umstellung erfolgt zentral am Gerät selber.
FX-Fader am Reloop Touch
Sehr ausladend ist die Bedienung der FX-Sektion geworden, die ja nun auch in VDJ8 Multi-FX-fähig ist. Es gibt allein drei Fader samt Aktivierungsschalter für die Effekte pro Kanal und es hat sogar ein eigener Fader für die Videoübergänge Platz gefunden – top für jemanden, der das nutzt. Man kann über die ON-Schalter nicht nur Effekte aktivieren, sondern über Shift-Kombination auch die Effekte auswählen.
Touch und die Software
Natürlich ist das Merkmal des Reloop Touch das 7-Zoll große Multi-Touch-Display. Aber das gilt es erstmal zu installieren. Das geschieht in drei Schritten und sorgt dafür, dass das Touch-Display Positionsdaten ausgeben und Grafik darstellen kann. Als dritten Schritt lädt man sich die OEM-Vollversion von Virtual-DJ8 herunter, was übrigens ohne lästiges Registrieren vor sich geht, da man nur die Serienummer eingibt, um an den Download auf der atomix Website (Hersteller von VDJ8) zu kommen. Es ist die neuste Version mit dem entsprechenden Skin für die Touch-Oberfläche – denn mit der steht und fällt alles. Wer eine Vollversion von VDJ8 hat, kann einfach updaten und das Skin in den VDJ-Erweiterungen finden.
War mir vorher noch gar nicht klar, wie der Reloop Touch das Display in den Workflow einbindet, so sollte diese Erkenntnis ein wenig enttäuschen. Der Touch Screen ist im Prinzip nichts anderes als ein externer Monitor, auf dem der Desktop des Rechners (hier WIN 10) erweitert wird. Dieser ist dabei fest mit VDJ8 verbunden und wird nur aktiviert, wenn man die Software startet. Versuche, den Touch-Screen zu starten ohne VDJ8, schlugen fehl.
Faszinierend
OK, die Software geht an, man sucht den richtigen Skin und nach ein wenig Verwirrung steht fest: Man hat die Oberfläche auf dem Touch-Display und dem Haupt-Display gleichzeitig. Man kann zwar verschiedene Skin-Ausführungen wählen (der Touch-Screen springt immer auf die optimierte Reloop Skin), möchte man den Hauptschirm für etwas anderes nutzen (…gerade suuuper wichtige Dubplates per USB-Stick reingekommen…) muss man dort das VDJ8 Fenster minimieren. Alle Aktionen auf der Touch-Oberfläche werden auch auf dem Hauptskin ausgeführt.
Das extra an das Touch-Display angepasste Skin bietet zwei Hauptansichten: Browser und Decks. Die dritte Ansicht ist für Einstellungen gedacht. Der Browser springt einige Sekunden nach Benutzung wieder zurück zur Deck-Ansicht und beinhaltet die Option Mini-Decks. Mit dieser kann man den Verlaufsbalken eines Decks oben einblenden, damit man nicht am Ende des Tracks dumm dasteht.
Die Deck-Ansicht kann selber drei verschiedene Ansichten haben: 2-Deck, 4-Deck und Video. Die beiden ersten sind selbsterklärend, Video eigentlich auch. Nur gibt es hier noch drei verschiedene Größendarstellungen und sogar eine Fullscreen-Darstellung, wenn der Fokus auf VJ-ing liegt.
Display. Aber wofür?
Und nun frage ich mich ernsthaft: Was soll das? Ich verstehe den Mehrzweck des Touch Displays nicht, einmal abgesehen vom VJ-Aspekt. Das Skin ist zwar gut an die Größe angepasst, aber 7-Zoll sind immer noch recht klein – warum sollte ich auf den kleinen 7-Zöller starren, wenn der Haupt-Screen des Rechners 19-, 17-, 13-Zoll bietet? Das einzige, was mit dem Screen geht und sonst nicht möglich wäre, ist in zwei Wellenformansichten gleichzeitig zu scratchen – wegen der Multi-Touch-Oberfläche; und die XY-Pads mit denen man FX-Parameter steuern kann.
Eine Möglichkeit der sinnvollen Nutzung fällt mir noch ein: Man kann den Hauptschirm des Laptops für Videos in den Vollbildmodus versetzen – allerdings wären die Videos dann auch nur dort zu sehen – und welche Crowd starrt gerne auf einen Laptop? Um an externe Geräte zu gehen, müsste man diese erst verbinden. Dann hätte ich aber schon drei Displays laufen. Und selbst in der jetzigen Zweierkonfiguration benötigt ein QuadCore i5 mit 2,8 GHz und 8 GB im Leerlauf (ohne Audio) zwischen 14 und 25 Prozent. Und da auch das Touchdisplay mit einer ordentlichen Framerate aufwarten muss, ist der USB-Anschluss so schon ganz schön „voll“. Dann kommen noch die Touch-Gesten und schon rauscht der Lüfter auch bei Leerlauf ordentlich. Bei ganz langweiligen Veranstaltungen könnte man vielleicht noch unbemerkt die Lieblingsserie darauf schauen…
… aber lassen wir das. Ich finde keine rationale Erklärung, was mir das Touch-Display bringen soll – zumal der ganze Controller eh abhängig ist vom Rechner? Andere mögen da anders denken.
Hallo,
ich habe den Controller eben bestellt.
Aber nur als Backup. Aber 599,-) für ein Backup? Ja, denn das Killerfeature ist die VOLLVERSION von Virtual DJ! Wenn man nämlich vorhat diese zu kaufen kostet diese alleine aktuell 276,-
Damit relativiert sich der Controller auf einen Kaufbetrag von 323,- und ist damit ein sehr preiswertes und gleichzeitig akzeptables Gerät. Wenn man wie in meinem Fall beim Thomann noch eine günstige B-Ware ergattert sogar noch weniger.
Also: Kaufargument ist die Software. Allerdings möchte ich als MCX8000 User noch anmerken, dass ich lieber mit den kleinen Displays am Gerät arbeite als mit meine 13″ Mac Monitor – freier Blick auf das Publikum ist ein wichtiges Argument.
Wem die Software wurscht ist oder sie schon hat, für den sind andere Modelle wahrscheinlich besser geeignet.
Leider ist das größte Problem derzeit der Reloop Treiber den man nicht so einfach von einem Computer auf den anderen bringen kann. Man muß umständlich über den Reloop Support die Geschichte auf dem einen Computer deaktivieren um dann den Controller auf einen anderen Compter nutzen zu können. Keine Ahnung was die sich dabei gedacht haben.
Bzgl. VirtualDJ, das ist leider nicht ganz die Vollversion, sondern agiert nur als Vollversion zusammen mit dem Controller. Also wenn Du zum Beispiel die oben angesprochene MCX8000 nutzen willst, brauchst Du trotzdem die eigentliche VirtualDJ Pro. Dafür ist dann diese mit allen Controllern kompatibel.
So viel wie ich gehört habe wird Pioneer wohl neue Treiber herausbringen was dann die Ganze Geschichte mit den Computerwechseln vereinfachen wird.
@Bloom Warum sollte Pioneer etwas für Reloop entwickeln? Kann ich mir nicht vorstellen. Die haben doch selbst reichlich Controller…
Ich muss hier mal etwas korrigieren. Die Klinken Ausgänge sind leider nicht symmetrisch. Ich habe das im Vergleich zum Denon MC7000 und mit einem Oszilloskop geprüft.
Die Anleitung schweigt sich hierzu aus. Allerdings sind die Bildchen in der Grafik eindeutig. Hier ist die Headphone-Klinke 3polig und die beiden Ausgangs-Klinken nur 2polig gezeichnet. Das machte mich stutzig.
Da ich aber seit einiger Zeit einen digitalen Mixer im Case verbaut habe, fehlt mir nix. (div. Mics, Line-In, AUX, Filter…) Da sind dann auch die NICHT symmetrischen Ausgänge wegen der kurzen Leitungslänge kein Problem.
Im übrigen halte ich die Touch Bedienung überhaupt nicht für sinnlos.
Da der mobile DJ meist auch noch Licht machen muss, bleibt auch in der Lichtsoftware der Blick auf die wichtigen Infos am Touch frei. In meinem Falle ist das DMX Control V3.
Und das der Touch leider noch nicht mit anderer Software funktioniert, darf m. E. gern so bleiben. Ist schließlich endlich mal einer, der speziell für und mit VDJ entwickelt wurde. Seit dem MC6000 MK2 steht überall nur noch Serato dran. Und VDJ ist halt die Software, die die meisten Controller unterstützt. Da darf gern mal einer exklusiv für VDJ sein. :o)
Bin gespannt, ob sich da irgend jemand so viel Arbeit macht, wie die Jungs von VDJ. Zumal das Skin-Konzept solch einen externen PC Screen unterstützt.