Darf es ein bisschen flexibler sein?
Bei dem Richter Slide Tailpiece handelt es sich um eine Gitarrengurt-Erweiterung, mit der man die Länge des Gurtes während des Spielens verändern kann. Eine tolle Ergänzung für das Gitarrenequipment, die für mehr Flexibilität während des Gitarrenspiels und Live-Auftritte sorgt.
Inhaltsverzeichnis
Das Konzept des Richter Slide Tailpiece
Der ewige Kampf zwischen Optik und Haptik wird wohl bei keinem Instrument so stark ausgefochten wie bei Gitarristen. Ein entscheidender Punkt, wie ein Künstler vom Publikum wahrgenommen wird, ist tatsächlich der Position des Instrumentes zu entnehmen, das es am Körper einnimmt.
Eine tiefhängende Gitarre ist automatisch eine Art übertriebene Selbstdarstellung bei Männern und wurde schon immer als kraftvoll, männlich und mit einer ordentlichen Portion Rock’n’Roll verbunden. Der ewige Gegensatz kommt aus dem Jazz- bzw. dem Prog-Bereich, bei dem es teilweise völlig egal ist, wo sich die Gitarre befindet und wie die körperlichen Bewegungen hierdurch beeinflußt werden.
Aus spieltechnischen Gründen findet man in diesem Segment das Instrument dementsprechend deutlich höher Richtung Kinn gehängt, was zwar eine eindeutig leichtere Bespielbarkeit generiert, allerdings auch optisch zuweilen sehr grenzwertig aussieht. Nudelkönige wie John McLaughlin, Alan Holdsworth, Pat Matheny, John Petrucci oder Steve Howe haben schon immer die leichtere Bespielbarkeit einer hochhängenden Gitarre der Optik vorgezogen, während Künstler wie zum Beispiel Slash oder Zakk Wylde ihre Prioritäten mehr in der Optik als in der Haptik suchen.
Viele „Tiefhänger“ greifen deshalb auf einen klassischen Trick zurück, der das Beste aus beiden Welten zulässt. Während die Rhythmus-Passagen, die sich zumeist noch mit einem tiefhängenden Instrument von der rechten Hand recht gut und der linken Hand „es geht so“ greifen lassen, ist das extreme Abknicken des linken Handgelenks während des Solospiels, insbesondere wenn es um Alternate-Picking ohne Hammer-on und Pull-offs geht, faktisch kaum umsetzbar.
Was also macht man, um das Instrument nach oben zu bekommen? Man nimmt sich den nächsten Floor-Monitor, rechtes Bein drauf, Gitarre auf das rechte Bein und schon hat man das Instrument in der gleichen Höhe, als wenn man im Sitzen spielt. Bei extra Poser-Bedarf auch gerne einmal das linke Bein nehmen und die Kopfplatte aufrecht in die Höhe ragen lassen. Sieht beides sehr cool aus und macht aus der haptischen Not eine optische Tugend. Allerdings kann es auch hier zu dem Problem kommen, dass der Gurt, der in dieser Position natürlich nicht mehr von dem Gewicht der Gitarre gespannt wird, entweder sich ungünstig nach vorne über die Gitarre beugt oder aber im ganz ungünstigen Fall sogar von der Schulter herunterrutscht.
Was aber, wenn man auf einer Bühne ohne Wedges spielen muss oder aber die Wedges so klein sind, dass das Bein schräg steht und das Instrument droht herunterzurutschen? Wäre es nicht ein Traum, einen Gurt zu haben, der mit nur einem Griff zwischen zwei Längen wählen lässt und was sich zudem während der Show innerhalb von nur einer Sekunde umsetzen lässt? Dem Hoffenden kann geholfen werden!
Die Konzeption des Richter Slide Tailpiece
Das System ist in seiner Ausführung im Prinzip sehr einfach konzipiert. Letztendlich hat man als Künstler nur eine einzige Funktion, sprich das Ziehen am Endstück des Gurtes und später wieder das Drücken der Gitarre in die ursprüngliche Position. Man stellt einmal die Höhe ein, die man am Instrument haben möchte, wenn man am Gurt gezogen hat und das ist es im Prinzip auch schon.
In der Umsetzung ist die Führung des Gurtes allerdings ein ausgeklügeltes System, was man allerdings, wenn man es einmal eingefädelt und aufgesetzt hat, im Prinzip nie mehr verändern muss. Durch eine zusätzliche Bodenplatte wird die Reibung des Slide-Tailpieces am eigentlichen Gurt so weit erschwert, dass auch schwere Instrumente während der höheren Position bei normalen Bewegungen in der Spielposition bleiben. Das Instrument in die ursprüngliche Position zurückzudrücken, ist mit ein wenig Kraftaufwand verbunden, aber beileibe nicht in irgendeiner Form so schwergängig, dass es während des Spielprozesses irgendwelche Mühen machen würde.
Das Richter Slide Tailpiece gibt es übrigens in einer weiteren Ausführung mit dem Namen Fix. In diesem Fall bleibt die Gitarre in der hochgezogenen Position und lässt sich nicht mehr durch das Drücken des Instrumentes nach unten bewegen. Der Einsatzbereich ist insbesondere im Tonstudio zu suchen, wenn man zum Beispiel im Sitzen eine Passage einspielen möchte und sie dann im Stehen weiterführen möchte, ohne dass man mit zwei verschiedenen Spielhöhen arbeitet.
Gitarrengurt Erweiterung – Richter Slide Tailpiece in der Praxis
Man soll nicht glauben, wie eine vergleichsweise einfache Konstruktion das Leben eines Sologitaristen so unendlich mehr erleichtern kann. Für das Anheben der Gitarre braucht es tatsächlich nur einen stehenden Akkord bzw. einen stehenden Soloton, der für gerade einmal 1,5 Sekunden seiner Arbeit verrichten muss. Dies ist ungefähr die Zeit, die man benötigt, um die Gitarre in die höhere Spielposition zu bewegen, um dann den ganzen Solotechniken deutlich einfacher nachkommen zu können. Insbesondere Techniken wie Tapping oder Shredding mit Alternate-Picking sind in dieser Spielposition deutlich einfacher zu erledigen, als in der tiefhängenden Position.
Alles in allem eine fantastische Erfindung, die vielen Künstlern einen echten Mehrwert in ihrer Performance bieten wird.
Einerseits konnte ich die Arroganzler, die meinen, anderen Gitarrenspielern Vorschriften machen zu müssen, wo eine Gitarre zu hängen hat, noch nie ernst nehmen.
Andererseits gibt es diese leidvolle Diskussion tatschlich, und Show-orientierte Bands werden es wohl berücksichtigen müssen, und sich an Hilfsmitteln wie diesem bedienen. Klar wird ein AD/DC Tribute Gitarrist nicht nur den Sound 1:1 kopieren wollen.
Ansonsten empfiehlt es sich, genug Selbstbewußtsein zu entwickeln, sowohl seien eigenen akustischen wie optischen Stil zu entwickeln ;-)