Die John Lennon Gitarre in der Erwachsenen Ausführung!
Nur sehr wenigen Firmen ist es vergönnt, sowohl im E-Gitarren als auch im E-Bass Bereich echte Spuren zu hinterlassen. Neben Übervater Fender, der auch gleich noch die Erfindung des E-Bass für sich verbuchen kann, hat sich lediglich der Name Rickenbacker auf Gitarren- und Bassebene nachhaltig in die Köpfe der Musikbegeisterten eingebrannt. Auf der Habenseite im Bassbereich mit Namen wie z. B. Geddy Lee, Paul McCartney, Chris Squire, Glenn Hughes und Lemmy sehr stark aufgestellt, fallen auf der Gitarrenseite Namen wie John Fogerty, Roger McGuinn. Tom Petty und ganz weit vorne, die Beatles. Mit der Rickenbacker 350V63 Liverpool hat die Firma dann auch gleich einen Ableger parat, welcher sich stark an einem sehr bekannten Modell orientiert, aber dennoch ein echtes Eigenleben führt.
Die Konstruktion der Rickenbacker 350V63 Liverpool
Der Name des Instruments ist Programm, handelt es sich doch um das Schwestermodell des 325er Modells, jenem Instrument, das auch unter dem Namen „John-Lennon-Gitarre“ seinen Siegeszug antrat. Prinzipiell hätte dieses Instrument auch die Welt im Sturm erobern können, hätte das Instrument nicht eine Eigenart, welche den überwiegenden Teil der Gitarristen in die Flucht geschlagen hat. Das Instrument verfügt leider nur über eine extrem kurze 527 mm Mensur, was das Spielen für echte „Männerhände“ nahezu unmöglich macht. Vergleichsweise kleine Künstlerhände wie Selbige der Bangles Sängerin/Gitarristin Susanna Hoffs fühlten sich auf diesem Instrument pudelwohl, allerdings war der allgemeine Zuspruch bzgl. dieses Details eher gering.
Um dieses Manko des ansonsten legendären Instruments zu beseitigen, hat die Firma des 1918 in die USA immigrierten Schweizers Adolph Rickenbacher (welcher seinen Namen später in das für Amis leichter zu artikulierende „Rickenbacker“ änderte) das 325er Modell von den Eckdaten größtenteils übernommen, aber die Mensur gegen die kurze Gibson Mensur von 628 mm getauscht. Das Ergebnis ist ein rundum geglücktes Modell, welches mit allen Trademarks wie „Toaster Pickups“, semiakustische Bauweise und einem unglaublich geringen Gewicht von ca. 2,7 kg daher kommt.
Das in den USA gebaute Instrument basiert zum großen Teil auf dem Werkstoff Ahorn, aus dem der dreiteilige Hals und der zweiteilige Korpus besteht. Bis 2017 wurde das Instrument noch mit einem Bubinga Griffbrett versehen, ab 2017 mit Palisander (Caribbean Rosewood). Das Instrument verfügt über nur 21 Bünde, hat einen Trapez Saitenhalter, Deluxe Vintage Mechaniken und einen aus 6 Einzelreitern bestehenden Steg, welcher mit einem Schutzbügel überbaut ist (kann man entfernen, wenn er stören sollte). Das Instrument ist im Vergleich zu anderen Rickenbacker Modellen in Mono ausgelegt. Im Lieferumfang enthalten ist ein aufwändiger Koffer der gehobenen Klasse.
Die Pickups und die Schaltung
Nicht nur die Optik lässt eine Zeitreise um fast 6 Dekaden nach hinten zu, auch die verwendete Elektrik orientiert sich stark an den legendären Modellen der Sechziger. Einen sehr wichtigen Part am Original „Rici“ Sound (nicht nur bei der 12-saitigen Ausführung) spielen einmal mehr die Vintage Singlecoil Toaster Tonabnehmer, jene Einspuler, welche mit ihren sehr geringen Ausgangsleistungen und einem klassischen „hohlen“ Klangbild zu einem Großteil für den legendären Sound sorgen.
Im Prinzip erklärt es sich von selbst, aber der Sicherheit halber sei es noch einmal erwähnt. Diese Instrumente wurden in einer Zeit entwickelt, in der ein verzerrter Sound entweder ein Indiz für einen defekten / überlasteten Verstärker oder aber für ein anderweitig defektes Bauteil im Signalflus war. Eins jedoch war sicher, ein verzerrter Gitarrensound war UNTER KEINEN UMSTÄNDEN erwünscht. Die Vorstellung, dass Verstärker Jahrzehnte später einmal dafür konzipiert sein würden, auf Wunsch einmal möglichst VIEL Verzerrung produzieren zu können, hätte den Protagonisten seiner Zeit nur ein schallendes Gelächter entlocken können.
Dementsprechend war es auch im Sinne des Erfinders, Pickups mit vergleichsweise geringer Ausgangsleistung zu konstruieren, um die Vorstufe der Verstärker nicht zu überblasen. Cleane Sounds regierten die Gitarrenwelt, um sich in einem Solo kurz bemerkbar zu machen, wurde der hintere, meist schärfer klingende Pickup gewählt. Kanalwechsel? Mastervolume? PA? FOH? Von wegen. Von daher lag der Fokus auch zumeist darauf, eine möglichst abwechslungsreiche Palette an unverzerrten Sounds auf dem Instrument erzeugen zu können, was uns zu der ungewöhnlichen Reglerbelegung der Rickenbacker 350V63 Liverpool bringt.
Die Hauruck Vintage Fender Strat, 3 Pickups – 3-Wege-Schalter Lösung erschien Rickenbacker wohl zu „hausbacken“, weshalb man eine ausgefuchste Schaltung aus einem Dreiwegeschalter und 5 Drehreglern zusammen lötete. Ähnlich wie auch bei anderen Instrumenten dieser Dekade, wurde der Steg-Pickup möglichst wenig in seiner Wirkungsweise reguliert, um im Solo / Leadfall mit einer einfachen Bewegung am Pickup-Wahlschalter sich schnell Gehör zu verschaffen. So auch bei der Schaltung der Rickenbacker 350V63 Liverpool, bei der in Schalterstellung 3 lediglich der Bridge-Pickup mit Volume- und Tone-Regler zu hören ist. Interessanterweise liegen die Volume-Regler bei dem Instrument beide vom Gitarristen aus gesehen unten, während sie bei nahezu allen anderen Instrumenten eher oben liegen. Dies zeigt auch die Wertigkeit des Volume-Reglers im Vergleich zum Tone-Regler.
In Schalterstellung 1 trifft die gleiche Schaltung für den Hals-Pickup zu. Interessant wird es in der Mittelstellung des Schalters, bei dem Hals- und Mitteltonabnehmer zu gleichen Teilen von den Hals-Pickup-Reglern geregelt werden und der Stegtonabnehmer stufenlos hinzugemischt werden kann. Der Mitteltonabnehmer ist demnach nicht alleine zu betreiben. Im direkten Vergleich zum Hals- und Mitteltonabnehmer klingt der Stegtonabnehmer deutlich dünner, leiser und schlanker. Um die vorderen beiden Tonabnehmer diesbzgl. anzugleichen, verfügt die Rickenbacker 350V63 Liverpool über den ominösen fünften Drehregler, der alle drei Tonabnehmer auf das gleiche leise und vergleichsweise dünne Vintage-Klangbild absenkt. Die Flexibilität der cleanen Sounds ist entsprechend groß, wie die o. g. Erläuterung lang ist.
Die Rickenbacker 350V63 Liverpool in der Praxis
Wer die klanglichen Charakteristika der Rickenbacker 350V63 Liverpool in ihrer ganzen Authentizität erleben möchte, sollte sich eines entsprechenden Verstärkers dieser Dekaden bedienen. Steht kein entsprechender Vertreter wie z. B. aus dem Hause Fender, Vox, Hiwatt oder Marshall bereit, sollte es zumindest der cleane Kanal eines entsprechenden Vollröhrenamps mit möglichst viel Headroom sein. Ein Hauch Saturation darf es mitunter auch sein, aber wirklich nur ganz dezenter Crunch. Alles, was darüber hinaus geht, würde ohnehin unmittelbar mit einem strahlenden Feedback bedacht.
Man merkt der Rickenbacker 350V63 Liverpool mit jeder Faser ihrer Konstruktion an, für wen dieses Instrument gemacht wurde. Selten erlebt man einen dermaßen akustischen Klang wie bei den jeweiligen Vertretern dieser Firma. Da seiner Zeit die akustische Gitarre aufgrund von Feedback an der Grenze ihrer Verstärkung angekommen war, kann man förmlich fühlen, wie das Unternehmen versucht hat, den akustischen Charakter zu halten und das Instrument dennoch in die Ära des Stadionrock einzuführen.
Dies gelingt außerordentlich gut, um nicht zu sagen hervorragend. Der angeleimte Hals erzeugt trotz der wenig massiven Bauweise ein unglaublich langes Sustain, während der ausgehöhlte Korpus das Schwingungsverhalten einer rein akustischen Gitarre über weite Strecken halten können. Das Ergebnis ist eine der weltweit best-klingendsten Semiakustikgitarren, sofern man sich auf cleane Sounds beschränken möchte. Die im Vergleich zum Schwestermodell verlängerte Mensur bewegt sich immer noch im Kurzmensurbereich, lässt aber eine deutlich bessere Bespielbarkeit zu, als die schon fast Mandolinen-anmutende John Lennon Mensur.
Das Instrument brilliert mit einem unglaublich fein aufgelösten, äußerst charakterstarken und natürlich auch legendären Sound. Es wird wohl kaum einen Menschen der ersten und zweiten Welt geben, der nicht mindestens 10 Welthits gehört hat, auf der eine Rickenbacker Gitarre eine entscheidende Funktion übernimmt. So auch bei der Rickenbacker 350V63 Liverpool, welche die Tradition klanglich nahtlos fortführt.
In einer Zeit, in der Musik sowohl gesanglich als auch instrumental über Harmonien und nicht über Frequenzen definiert wurde, lieferte Rickenbacker einen stabilen Untergrund, um Satzgesänge in jeder Lautstärke, die der Verstärker hergeben konnte, zu unterstützen. Dies ist auch heute noch der Fall, wobei es dem Instrument deutlich schwerer fallen wird, sich in den „mehr Druck, mehr Druck, mehr Druck“ Produktionen zu behaupten.
Die Soundfiles wurden mit dem oben abgebildeten Hughes&Kettner Triamp MKIII, einem 412 Marshall Cabinet mit Celestion G12T-75 Speakern und 2 Stck. SM57 aufgenommen.
I’m just a jealous guy. Schöne Sache, aber 14,99 € über meinem Budget.
Sach mal, dein Budget schrumpft schneller als die Polkappen!
Bei der Music Man haste vor einer Woche noch 3629€ über gehabt. Jetzt nur noch
ca. 2485,01€?!
Alles in Ordnung?
;-)
Klopapier- und Mundschutzkäufe fressen meine Reserven auf. ;-)
Nee, ernsthaft. Zahnärzte und gute Gitarristen sollten sich sowas leisten können. Mir reicht es auch ’ne Nummer kleiner.