Drum-Kick-Weltmeister für die DAW
Rop Papen stellt mit RAW-Kick einen neuen Kick-Drum-Synthesizer für Windows und MacOS vor. Die Suche nach der ultimativen Kick ist in der EDM-Music ein ganz eigenes Thema, um das sich gleichermaßen Mythen wie Tutorials ranken. Zur Lösung gibt es verschiedene Methoden: zum einen gibt es Sample-Bibliotheken, bei denen man sich durch 30.000 Samples klicken kann, bis das Richtige gefunden ist, was ungefähr so inspirierend wie das Telefonbuch ist. Der Vorteil ist, dass man keinerlei Vorwissen braucht. Der andere Weg ist, die Kick selbst zu machen. Der Vorteil ist hier, dass man alle Möglichkeiten hat, der Nachteil, ohne Vorwissen zu Klangsynthese pickt man im Dunkeln nach Körnern. Prinzipiell lässt sich ja mit jedem beliebigen Synthesizer eine Kick-Drum erstellen, je nach Geschwindigkeit der Hüllkurven halt mal besser, mal schlechter und so beginnt der Blick in die Ferne nach einem spezialisierten Werkzeug.
Die meisten Kick-Drum-Synthesizer beherrschen ja beides, Samples und Klangsynthese und Rob Papen RAW-Kick ist hier keine Ausnahme. Dabei geht Papen mit diesem neuen Plugin wesentlich weiter als mit Punch-BD, das nur Samples layern kann. RAW-Kick bietet hier ungleich mehr Modulationsmöglichkeiten. Dazu gleich mehr.
Die CPU-Last ist auch nicht zu verachten. Auf meinem Mac Mini 2018 zieht RAW-Kick ca. 0,86 % Rechnerleistung (Reaper, 44,1 kHz), im Vergleich dazu zieht U-He Repro 1 im HQ-Modus gerade mal 0,65 %. Das ist also eine ganze Menge Holz.
Installation von Rob Papen RAW-Kick
Für alle iLok-Gegner die gute Nachricht. Rob Papen Software arbeitet nicht damit. Stattdessen setzt der Niederländer auf ein eigenes Challenge-Response-Verfahren, bei dem sich die Autorisierung auch online im kostenlosen Nutzerkonto widerrufen lässt, ohne Zugriff auf den entsprechenden Rechner zu haben. Falls einem also mal die SSD abraucht, geht die Seriennummer nicht verloren. Eine Seriennummer gilt für einen Rechner, auf Anfrage erhält der Nutzer automatisiert eine zweite Seriennummer zur Autorisation eines zweiten Rechners. Das Plugin liegt als VSTi, AUi und AAX für Windows und MacOS vor.
RAW-Kick Klangerzeugung
Der RAW-Kick ist ein Ableger des RAW-Synthesizers aus gleichem Hause. Die Klangerzeugung teilt sich auch in drei identische Layer- und eine Master-Seite auf. Die drei Layer-Seiten der Klangsynthese können nach Belieben zugeschaltet werden.
Jedes Layer besteht aus den sieben Sektionen Kick, Filter, XY-Modul, LFO, Equalizer (Pre und Post), Effekte (FX 1 und 2) und der Modulationsmatrix. Im Layer-Control-Panel wird zwischen den beiden Synthesemodellen „Model“ und „Sample“ umgeschaltet, wie auch Lautstärke, Panorama und Startverzögerung eingestellt und ob das Layer auf MIDI-Noten reagiert, sprich als monophoner Synthesizer benutzt werden kann.
An dieser Stelle sei auch schon mal angemerkt, dass RAW-Kick neben der globalen Preset-Verwaltung ebenso eine Verwaltung für jedes Layer als auch für jede Sektion eines Layers besitzt. Für die Kick-Model-Sektion sogar nochmals unterteilt für die Wave-, RAW X/Y-, Noise-Sektionen und die Sample-Klangerzeugung. Was dann insgesamt zwölf Preset-Verwaltungen sind. So kann man stets auf das bisher erstellte zurückgreifen. Sehr vorbildlich!
Die Sample-Klangerzeugung von RAW-Kick ist nur mit dem Notwendigsten ausgestattet, doch es lassen sich hier auch eigene Samples einbinden. Bei der Model-Synthese sieht der Umfang aber schon anders aus.
Hingucker ist hier vor allem die Wave-Sektion. Hier gibt es einen durchstimmbaren Grundsinus, dem bis zu 16 harmonische Obertöne hinzugefügt werden können. Die Frequenzen der Obertöne sind festgelegt und lediglich in der Amplitude anpassbar. Die ungeraden Regler sind ganzzahlige Vielfache, also 1x, 2x, 3x etc. und die geraden Regler sind die jeweiligen Zwischenschritte zwischen den ganzzahligen Faktoren. Die Obertöne werden dann jeweils additiv hinzugefügt.
Der zweite wichtige Faktor von RAW-Kick ist die RAW-Sektion, die aus dem gleichnamigen Synthesizer von Rob Papen stammt und den Klang „roh“ macht. RAW ist letzten Endes ein Distortion-Effekt mit doppelter XY-Modulation. Einmal über das RAW-XY-Feld und dann noch mal über den LFO, der die X- und Y-Position des „Pucks“ beeinflussen kann. Der Puck läuft dabei auf einer Vektorbahn, die bequem per Maus editiert werden kann. Auch die wichtigen Rauschanteile können im RAW-Kick detailliert modelliert werden.
Um einen Parameter als Modulationsquelle oder Ziel in die Mod-Matrix zu übernehmen, kann man sich die in das Matrix-Pop-up-Menü manövrieren oder zieht man das Bedienelement einfach direkt in die Matrix. Leider werden über die Matrix modulierte Ziele nicht auch auf der Benutzeroberfläche animiert. Nur die Klangveränderung gibt Rückschluss auf die Modulierung. Das visuelle Feedback wäre das eine oder andere Mal schon eine gute Hilfestellung.
Man ist aber bei der Modulation nicht nur auf die Matrix beschränkt, sondern kann auch jeden Parameter einem MIDI-CC zuweisen. Es lassen sich sogar selbst die Amplituden der harmonischen Anteile modulieren.
Die Funktionen der anderen Layer-Sektionen von RAW-Kick sind geradezu selbsterklärend und werden niemanden vor Probleme stellen, der diverse Synthese-Grundkenntnisse besitzt.
Das aus dem Plugin heraus aufrufbare 61-seitige, englischsprachige PDF-Handbuch erklärt die Funktionen ausreichend, ohne sich jedoch mit tiefergehenden technischen oder physikalischen Details aufzuhalten, was hier und da für Neulinge doch etwas Klärungsbedarf hinterlassen könnte und den Schwerpunkt auf die Bedienung legt, frei nach dem Motto: Solange man weiß, wo man drehen muss, damit es sich gut anhört, ist der Rest egal. Was so auch ok ist, wollte es aber erwähnt haben.
RAW-Master
In der Master-Sektion wird den drei Layern schließlich der Feinschliff gegeben und über ein Oszilloskop übersichtlich dargestellt.
Für jedes Layer gibt es eine SAHCD-Hüllkurve. Start verzögert das Anspringen der Hüllkurve, Hold bestimmt die „Körpergröße“ der Bassdrum und Decay ist die Abklingzeit. Der dazwischen liegende Curve-Parameter legt dabei das Abklingverhalten zwischen linear und logarithmisch fest, hat aber keinen Einfluss auf die eigentliche Decay-Zeit.
Zwei vierbändige vollparametrische Master-EQs, davon einer parallel zumischbar, für alle Layer, als auch ein Mono/Stereo-Split-Filter, mit dem sich der Gesamt-Sound unter einer bestimmtem Frequenz zu einem Mono-Signal kollabieren lässt, führen zu noch mehr Kick-Druck oder Vinyl-Anforderungen.
Klangverrohung bei Rob Papens RAW-Kick
Der Name von RAW-Kick ist Programm. Von weichen, fetten ultratiefen Sinus-Monstern bis zu den abgefahrendsten, unerkennbaren Modulations-Percussions gibt es nichts, was RAW-Kick nicht kann. Das ist fast schon zuviel des Guten. Das äußert sich leider auch in den Presets, die größtenteils Schrott sind. Aber der Vorteil (hierzu seien beispielhaft Metasonix D-2000 / D-1000 genannt) ist: Es kann krank klingen, muss aber nicht.
Wer nur ein paar 808 Bassdrums sucht, ist mit RAW-Kick wahrscheinlich überfordert bzw. überbedient, auch wenn man sagen könnte: Warum zweimal Geld ausgeben? Zumindest lassen sich die Samples dann in RAW-Kick weiterverwenden. Aber wer auf der Klangsuche nach der ultimativen, individuellen Kickdrum ist, für den dürfte RAW-Kick die Erfüllung eines Traumes ein.
Die einzigen drei Kritikpunkte, die ich habe, sind die kontrastarme Parameterbeschriftung, selbst in der „Big-Screen“-Version, und ein Fehlen von Parameter-Locks in der Master-Sektion, vor allem aber bei den Lautstärkereglern von Layer und Master, die man beim Durchlaufen der Global-Presets jedes Mal wieder einstellen muss, denn RAW-Kick ist irgendwie immer zu nahe an 0 dBFS.
Die Audiobeispiele sind alle bei ca. -3 bis 0 dBFS, auf den Einsatz von Kompressoren etc. wurde verzichtet. Die Zusatzpercussions stammen von Xils-Labs STiX.
Als Alternative zu nennen wäre auch der Sonic Academy Kick 2…
@Elektromo Oder NI TRK-01, ISM Bazzism, Synapse Audio EKS Pro, D16 PunchBox,
Vengeance Metrum, Plugin Boutique BigKick
@Coin Oder jede beliebige Kick mit den Comps und oder Transientshaper der DAW.
Und natürlich Synth1.
@teofilo Wenn man weiß wie es geht braucht man generell nur wenige zusätzliche Werkzeuge. :)
@Coin ISM Bazzism ist einer meiner Favoriten.
@Round Robin Also der RAW klingt ja nicht schlecht.
Muss man mal sagen, bei dem offtopic.
Ich nutze den Kick 2, schmeiße 1, 2 Samples mit rein
und tune den Bass.
Der EKS Pro ist halt für 808 und 909 Sachen gut – bisschen altbacken.
Und hat leider kein Attack Parameter.
Der Bazzism ist für das Low End gut, aber allein bisschen mager.
Ich würde eine akustische Kick drüber legen.
Kick-Mix-Tipp: Einen Dipp setzen. Also Frequenzen absenken.
Mit einem schmalen Band/Glocke so bei 200 Hz – bis 500 Hz absenken.
Und die Kick bekommt mehr Wumms.
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Hinweis zum Ableton EQ8.
Der macht beim Low-Cut die Phase ein bisschen kaputt.
Also für den Low-Cut besser einen anderen EQ benutzen.
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Mastering Tipp: Einen Low-Cut bei 30 Hz setzen. (Brickwall-EQ)
Sonst sind die Boxen davon irritiert,
weil sie es darstellen wollen, aber nicht können.
Die Höhen bei 17, 18 KHz cutten – die hört eh niemand.