Der Verstärker am Hosenbund!
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Ich glaube, ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass der überwiegende Teil aller Musiker, die den reinen Proberaumeinsatzbereich verlassen haben, mittlerweile mit einem Inear System auf der Bühne arbeiten. Natürlich ist je nach Instrumentengattung bewegte Luft immer noch ein ganz anderes klangliches Erlebnis und selbst der beste Ohrhörer im ambitionierten vierstelligen Ladenpreisbereich schafft es nicht, die Direktabstrahlung eines 12-Zöllers in seiner Gänze klanglich 1:1 abzubilden, aber die Vorteile was räumliche Unabhängigkeit und Beweglichkeit angeht, übertrumpfen Inear Systeme letztendlich alles was klanglichen Purismus angeht. Moderne Rock/Pop-Shows mit entsprechendem Entertainment sind kabelgestützt nicht mehr zu realisieren, so dass sich bei High-End Live-Produktionen Backstage geradezu gigantische Senderracks auftürmen, um die entsprechenden Künstler mit Signalen zu versorgen. Was aber, wenn man im Rahmen seiner Bühnenfunktion keinen ausgedehnten Bewegungsrahmen mit entsprechender Bühnenshow braucht oder wie im Fall der Schlagzeuger gar nicht erst zur Verfügung hat? Hier setzen entsprechende Miniatur Inear Verstärker an, zu dem auch der uns zum Test vorliegende Rockboard HA 1 gehört.
Das Konzept des Rockboard HA 1
Wer aus dem musikalischen Bereich Cover, Theater oder Revues kommt, wird die Situation wahrscheinlich schon aus der eigenen Erfahrung her kennen. Die Sänger übernehmen den Showbereich, die Kommunikation mit dem Publikum und bis auf gelegentliche Einlagen bleibt die Abteilung Gitarre/Bass/Keyboards (Drums sowieso) auf ihrem zugewiesenen Platz, maximaler Bewegungsradius vielleicht 4 qm. In einem solchen Habitat ist es mehr als fraglich, ob man sich wirklich das Monitoring über eine Funkstrecke mit all ihren Nachteilen wie Batteriemanagement, Einstreuungen etc. zumuten möchte, insbesondere wenn das eigene Instrument womöglich ebenfalls bereits über ein Kabel mit dem Verstärker verbunden ist und einem die Beweglichkeit der Funkstrecke keinen räumlichen Gewinn bringen würde.
In diesem Umfeld ist ein kabelgestützter Verstärker deutlich sinnvoller, da die Signalübertragung nicht nur stabiler und resistent gegen Einstreuungen ist, sondern es zum Beispiel auch keinen Frequenzabgleich innerhalb der Band oder auf Festivals gibt. Ich musste erst letztens wieder auf meiner letzten Südamerika-Tour feststellen, dass mein sehr hochwertiges Sendesystem auf der LTE-Lücke von 823 MHz in Argentinien aufgrund nicht zu behebender krachenden Einstreuungen nicht zu gebrauchen war und ich kurzfristig auf ein Kabel umsteigen musste. Um dieses Segment zu bedienen, gibt es besagte Miniatur Inear Verstärker, die zumeist mittels einer Klammer am Hosenbund/Gitarrengurt befestigt werden. Auch der Rockboard HA 1 arbeitet nach diesem Prinzip, verfügt aber für diese Preisklasse über mehrere praxisgerechte Vorteile gegenüber der Konkurrenz.
Der unmittelbare Gegner des Rockboard HA 1 dürfte aktuell der Behringer Powerplay P2 sein, zumal sich die beiden Produkte im Ladenpreis um nur einen Euro unterscheiden. Das durchgehende Konzept eines Miniatur Inear Ear Verstärkers ist dabei durchgehend das Gleiche. Über einen unbedingt verriegelbaren XLR/TRS-Stecker, der ein Stereosignal aufnimmt, wird das Signal über eine Miniklinkenbuchse für den Inear Ohrhörer auf einen entsprechenden Pegel gebracht, der sich dann über ein entsprechendes Potentiometer in der Gesamtlautstärke regeln lässt.
Neben den zu erwartenden Ansprüchen an den Klang des Produktes sind es vor allem die Bereiche Verarbeitung, Haptik, schneller Zugang zum Batteriefach und Batterielaufzeit, die einen Miniatur Inear Verstärker auszeichnen. Fangen wir bei dem Rockboard HA 1 mit der Verarbeitung an. Der Rockboard HA 1 hat ein massives Gehäuse aus Aluminium, das auch harten Schlägen, die zwangsweise in seinem Einsatzgebiet auftreten werden, sehr gut trotzen dürfte und dennoch aufgrund der Materialwahl sehr leicht ist. Um an das Innenleben zu gelangen, müssten an den Stirnseiten je 2 Inbusschrauben gelöst werden, was jedoch im Normalfall nie von Nöten sein wird, da der Rockboard HA 1 über ein von außen zugängliches Batteriefach verfügt. Im Gegensatz zu einigen Mitbewerbern, bei denen der Batteriewechsel durch einen Druckschalter erfolgt, bei dem das Innenleben des Verstärkers einer Hülse gleich nach außen geschoben wird, hat sich Rockboard für ein deutlich komfortableres Batteriefach entschieden, das sich auch in der Handhabung als schneller entpuppt.
Eine sehr gute Detaillösung ist ebenfalls die Tatsache, dass der Deckel des Batteriefachs während des Öffnens an der Unterseite arretiert bleibt und nicht auf den Boden fallen kann. So ist gewährleistet, dass ein ggf. benötigter Batteriewechsel während einer Show in Sekunden erledigt werden kann. Der Deckel rastet zudem gut ein und bleibt durch seine vertiefte Platzierung im Gehäuse auch gegen ungewolltes Öffnen während der Show gut geschützt.
Die Batterielaufzeit des Rockboard HA 1 wird vom Hersteller mit 12 Stunden angegeben, was dem normalen Durchschnitt dieser Produktklasse entspricht. Benötigt werden 2 AAA-Batterien, dem Produkt liegt ein Satz Batterien bei. Mit den Abmessungen von 141 x 30 x 36 mm (L x B x H) und einem Gewicht von 111 g ist der Verstärker als sehr handlich zu bezeichnen, so dass er sich tatsächlich in nahezu jeder Tasche transportieren lässt. Um den Rockboard HA 1 am Hosenbund oder dem Gitarrengurt zu befestigen, wurde seitlich ein extrem stark gespannter Clip angebracht, der zwar ein gewisses Maß an Kraft für das Öffnen benötigt, sich dafür aber auch sehr sicher am Kleidungsstück/Gitarrengurt fest-„beißt“.
Wie üblich im Inear Bereich verwendet auch der Rockboard HA 1 eine Mini-Klinkenbuchse, um den entsprechenden Ohrhörer anzuschließen. Dieses Format hat sich auch bei allen Ohrhörerverkabelungen durchgesetzt, da reguläre 6,35 mm Klinkenstecker trotz ihrer größeren Stabilität zu viel Platz in Anspruch nehmen würden. Der Verstärker liefert einen maximalen Output von 2x 110 mW an 16 Ohm, was ebenfalls den gängigen Standardwerten entspricht. Für die Signaleinspeisung wird eine XLR/TRS-Kombibuchse verwendet, die das bevorzugt symmetrische Signal des Monitormischers/AUX-Wegs aufnimmt. Über eine Status-LED wird der Betriebszustand des Rockboard HA 1 angezeigt.
Als Besonderheit verfügt der Rockboard HA 1 über einen Mono-Stereo-Schalter, der ein bekanntes Problem des Inear Monitorings löst. Bekanntermaßen bietet ein aufwändiges Inear Monitoring die Möglichkeit, die Bühne auch bzgl. des Stereobildes akustisch sehr gut abzubilden. Wer damit leben kann, dass sich dieses akustische Bild bei einem Blick nach hinten um 180 Grad dreht, kann sich damit seinen perfekten Bühnensound generieren. Wer sein Setup jetzt aber mit anderen Musikern teilt und mit dieser Stereoabbildung nicht klarkommt, hat ein Problem. Ebenso gibt es viele Musiker, die nur über ein Ohr das Inear Monitoring nutzen und den zweiten Ohrhörer entfernen, um den Bühnensound entsprechend mitzubekommen. Auch hier gibt es das Problem des Stereobildes, da die Instrumente, die auf dem Kanal des entfernten Ohrhörers liegen, nicht wahrgenommen werden.
Für diese Situationen hat der Rockboard HA 1 selbigen Mono-Stereo-Schalter, bei dem man bei Bedarf mit einem Handgriff sein Stereobild auf Mono umschalten kann. Eine sehr sinnvolle und praxisgerechte Einstellung, die sich auch während der Show aufgrund der guten Griffigkeit des Schiebereglers blind hinter dem Rücken schalten lässt.
Der Rockboard HA 1 in der Praxis
Ich schätze Praxistests, die im Prinzip sich nur auf die Umsetzung der zuvor beschriebenen Punkte konzentrieren und deshalb entsprechend kurz ausfallen. Um eben einen solchen Test handelt es sich hierbei. Der Rockboard HA 1 macht in jederlei Hinsicht, was er soll und was man im Vorfeld angenommen hat. Der Klang des Verstärkers ist neutral und wird primär vom verwendeten Inear Ohrhörer vorgegeben.
Der Verstärker verfügt zudem über ausreichen Headroom, um auch eine hohe Lautstärke ohne Sättigung wiedergeben zu können, bietet einen gleichmäßigen Regelweg und gestaltet sich von der Handhabung her denkbar einfach. Die Mini-Klinkenbuchse greift beherzt zu und hält den Ohrhörer ausrechend fest, so dass ein versehentliches leichtes Ziehen am Ohrhörerkabel den Stecker dennoch nicht unmittelbar aus der Buchse befördert.
Ein sehr guter Verstärker, der zudem über ein ausgezeichnetes Preis-Leistungs-Verhältnis verfügt. Insbesondere im direkten Vergleich zu der Konkurrenz für mich z. Zt. die erste Wahl in diesem Produktsegment.
Hallo Axel,
danke für den Test. Habe zwei Nachfragen:
1. Hat der Stick einen eingebauten Limiter?
2. Den Behringer hast Du erwähnt, kannst Du einen Vergleich zum Fischer ziehen?
Schon einmal danke sehr!
@El_Wumme Hi
– die Bedienungsanleitung geht nicht explizit darauf ein, aber ich gehe davon aus, dass der HA-1 auch einen Limter besitzt, da heutzutage nahezu jeder Inear Live Verstärker damit ausgerüstet ist.
– der Fischer Amp ist ebenfalls ein gutes Produkt, aber preislich in einer ganz anderen Liga. Musst du selber entscheiden.
@Axel Ritt Ich würde eher vom Gegenteil ausgehen. Wenn der Hersteller nicht mit einem Limiter wirbt, ist ziemlich sicher keiner drin.
Tatsächlich schreibt er ja:
„Dieser Kopfhörerverstärker kann hohe Schalldruckpegel erzeugen. Eine fortgesetzte, ungeschützte Exposition gegenüber diesen hohen Schalldruckpegeln kann zu dauerhaften und irreversiblen Hörschäden führen. Wenn Sie einen Hörverlust oder ein Klingeln in den Ohren bemerken, sollten Sie einen Arzt konsultieren.“