USB- und Podcast-Klassiker
Wenn wir unser Testarchiv durchstöbern, fällt uns hin und wieder auf, dass wir tatsächlich den ein oder anderen „Klassiker“ übersehen haben. Da war dann zum Beispiel gerade kein Testmuster zu bekommen oder es hatte sich auf die Schnelle kein Tester gefunden, weil alle ausgelastet waren und das Gerät rutschte irgendwann vom Radar.
So war es dann wohl auch beim Rode NT-USB: Seit 2014 steht das USB-Kondensator-Mikrofon sowohl gerade bei Podcastern und Gamern ganz oben in der Gunst als auch weit oben in den Verkaufscharts. Und nachdem ich bereits im Juni dieses Jahres die kleinere Version, das Rode NT-USB Mini, auf dem Prüfstand hatte, ist es jetzt wirklich höchste Zeit herauszufinden, wie es die große Originalausgabe über so lange Zeit geschafft hat, am Markt erfolgreich zu bleiben. Womit wir dann zudem auch einen weiteren weißen Fleck auf unserer Testarchivkarte getilgt hätten.
Technische Daten
Das Rode NT-USB ist ein USB-Kondensatormikrofon mit der Richtcharakteristik „Niere“ und einem integriertem Audio-Interface mit 16 Bit / 48 kHz; die Mini-Ausgabe des NT liefert da immerhin 24 Bit ab. Den Grenzschalldruckpegel gibt der Hersteller mit 110 dB SPL an (gegenüber 121 dB beim Rode NT-USB Mini), den Frequenzbereich mit 20 bis 20.000 Hz und den Dynamikumfang mit 96 dB. Alles keine Werte, die zu Jubelschreien Anlass geben, aber ok – entscheidend ist ja, was am Ende „hinten raus kommt“, um mal unseren Altkanzler zu zitieren. Wobei er da 1984 aber weniger Mikrofone, sondern vielmehr seinen Regierungsstil meinte. Treiber benötigt das NT-USB am Mac oder PC nicht (class compliant); über ein Apple Camera Connection Kit kann das Mikro auch an ein iPad angeschlossen werden.
Ausgepackt
Der überraschend voluminöse Karton ist gut gefüllt. Neben dem Mikrofon selber findet sich da auch ein stylisher Popschutz, der am unteren Gewinde vor das NT-USB geschraubt wird. Und dann hoffentlich auch tatsächlich besser funktioniert als der integrierte Lautfänger des Mini, der im absoluten Nahbereich mit Plopps, harten Konsonanten und Wind/Atemgeräuschen hoffnungslos überfordert ist.
Ebenfalls mit dabei ist ein „Dreibein-Tischstativ“. Das man aber möglichst schnell entsorgen und gegen eine vernünftige Version austauschen sollte. Warum? Weil Dreibein-Stative per se eine recht wacklige Angelegenheit sind und vor allem, weil Tischstative mangels Höhenverstellbarkeit nun mal zwangsläufig oft zu abstrusen Verrenkungen seitens des Sprechenden führen. Will ich hier beim Rode NT-USB in den Nahbereich kommen (also dorthin, wo Kondensatormikrofone allgemein ihre Stärken im Klang haben) muss ich schon weit hinunterbeugen, ohne Chance, dann noch das Skript auf dem Monitor zu sehen. Das mag ja für Leute bis 1,60 Meter funktionieren, sonst aber eher nicht. Hinzu kommt, dass dieses Stativ – abgesehen von den dezenten Gummierung der Füße – aus Kunststoff (aka Plastik) ist; das will so gar nicht zu dem sonst sehr wertigen Mikro passen und wirkt wie ein Aldi-Billigwürstchen auf einem Weber Summit Charcoal Grilling Center. Dass Rode selber dann im Handbuch von einem „hochwertigen Tischstativ“ schreibt, fällt wohl in die Rubrik „spezieller australischer Humor“.
Außerdem mit dabei: Ein USB-Kabel der Marke extralang (genau: sechs (!) Meter – wobei die Faustregel für USB 2.0-Kabel ja eigentlich lautet, dass mehr als fünf Meter zu Problemen beim Datentransport führen können), eine gepolsterte Transporttasche, ein Befestigungsring mit Stativgewinde und ein gedrucktes, mehrsprachiges kleines Handbuch.
Fehlt was? Nein, denn auch eine Gewindereduzierung von 5/8 auf 3/8 ist – wie bei der Mini-Version auch – vorhanden, nur schon im Befestigungsring des Stativgewindes versteckt; alles gut also.
Das Rode NT-USB mal näher angeschaut
Würde es das Wort „massiv“ noch nicht geben, so hätte man es für das Rode NT-USB wohl erfinden müssen. Das mattschwarze Metallgehäuse macht mit seinen 530 Gramm – verteilt auf 184 x 62 x50 Millimeter einen enorm stabilen Eindruck, auch der Käfig, der fast die gesamte obere Hälfte einnimmt, könnte vermutlich sogar einen mittleren Tiger zurückhalten. In der Beziehung muss man sich wirklich keine Sorgen machen, wenn das Teil mal unsanft zu Boden geht.
Vorne – wie üblich bei Rode – der berühmte goldene Punkt (plus der Rode Schriftzug), damit auch wirklich jeder weiß, aus welcher Richtung das NT-USB zu besprechen ist, rückseitig die Info, dass dieses Mikro in Australien designt und in China zusammengeklöppelt wurde. Auf der rechten Seite zwei großzügig dimensionierte und daher gut bedienbare Drehregler: Einer für den Mixanteil von Mikrofon und/oder PC-Signal (etwa für ein Playback von dort), der andere für das Kopfhörer-Volume; die dazugehörige Buchse (Miniklinke) befindet sich direkt darunter. Was mir da noch – wie schon beim Mini – fehlt, ist eine Einstellmöglichkeit für die Vorverstärkung. Hier wird der größte Vorteil von USB-Mikrofonen – der unkomplizierte Anschluss direkt an den Rechner, ohne Umweg über PreAmps, Interfaces oder Mixer – gleichzeitig zum Nachteil, wenn ein Gainregler fehlt. Mikrofone wie das iRig Mic HD 2, das the t.bone SC 500 USB, das Audio-Technica AT 2020 USBi oder das Apogee MIC 96k beweisen, dass das ja durchaus möglich ist; teilweise gibt’s da sogar eine Clipping-LED. Da hilft dann nur, das Signal in der Recording-Software (falls diese das anbietet) oder in den Geräteeigenschaften unter Windows vorab zu pegeln – und/oder gleich den richtigen Abstand zum Mikro zu finden.
Dort, wo bei anderen, Nicht-USB-Mikros die XLR-Buchse sitzt, finden wir hier – wer hätte das gedacht – die USB-Buchse für Typ-B-Stecker. Was mir deutlich besser gefällt als die Buchse auf der Rückseite des Gehäuses beim Rode NT-USB Mini; dort ging es allerdings aufgrund des Magnet-Rundum-Schwenkstativ auch nicht anders.
Für den feinmaschigen Popschutz mit Metallgitter und dem schön aufgesetzten Rode-Logo hätte ich mir auch einen stabilen Metallrahmen samt Befestigung und kein Kunststoff gewünscht; sollte das Mikro mal samt Popschutz fallen, so fällt es ziemlich sicher (gemäß des unumstößlichen Marmeladentoast-Gesetzes) genau auf den Plastikschutz; der dann vermutlich durch das große Gewicht des nachfolgenden Mikrofons nicht unerheblich in Mitleidenschaft gezogen werden könnte.
Die Befestigung auf dem Stativ mit Hilfe des Befestigungsringes sitzt gut, das Mikrofon kann geneigt werden; unabhängig vom gewählten Winkel ist mir das aber – wie schon erwähnt – für den Nahbesprechungsbereich zu tief. Da ist die Anschaffung eines Schwenkarms angesagt.
Simpler Anschluss
Da das Rode NT-USB keine eigenen Treiber benötigt, gestaltet sich der Anschluss an meinen Testrechner (ein Windows 10 Notebook (64-Bit) mit i5-8250 Prozessor und 8 GB RAM) absolut unkompliziert. Anstöpseln, Windows erkennt das Mikro sofort und führt es fortan als Audiogerät meiner Wahl. In der Recording-Software (hier: Sound Forge Pro 12) muss ich dann nur noch als Treiber – mangels eigenem – den „Windows Classic Wave Driver“ eintragen, schon ist das NT-USB einsatzbereit.
Das Rode NT-USB im Einsatz
Für den Praxistest habe ich – wie gewohnt – eine unserer AMAZONA.de News aus verschiedenen Abständen und mal mit und mal ohne Popschutz eingesprochen. Die Empfindlichkeit des Mikrofons habe ich dabei in der Soundeinstellung von Windows jeweils etwas nachjustiert, um einen möglichst gleichen Pegel zu bekommen. Gain und Abstand sind dabei im Dateinamen vermerkt. Aufgezeichnet wurde in Wavelab, die Aufnahmen wurden nachträglich nicht aufgehübscht oder verändert; gespeichert wurde erst im WAV-Format, die Aufnahmen für den Upload hier dann aus technischen Gründen in mp3 (mit 320 kbps) umgewandelt.
Bei der Aufnahme war das Rode NT-USB auf dem mitgelieferten Stativ befestigt und wurde nicht bewegt. Aufgenommen wurde in einem normalen Raum, der nicht speziell schalltechnisch optimiert ist, heißt: Ein Raum mit ganz normalen Raumklang.
Grundsätzlich gilt bei der Aufnahme mit dem NT-USB: Während der Aufnahmen sollte man es besser nicht anfassen oder bewegen, da es sich da doch – wie bei USB-Mikrofonen üblich – ziemlich empfindlich zeigt; das ist dann wohl der Preis dafür, dass der PreAmp direkt im Gehäuse verbaut ist. Handgeräusche oder gar das Schieben des Stativs sind deutlich auf der Aufnahme zu hören.
Von meinem Rode Broadcaster bin ich es gewohnt, relativ nah am Mikro zu sprechen, um den Nahbesprechungseffekt zu nutzen. Der kommt bei der Nierencharakteristik des Broadcaster zwar nicht so zum Tragen wie bei der Achter-Charakteristik, ist aber dennoch deutlich zu hören. Bei der Aufnahme habe ich dem Broadcaster noch einen Schaumstoffüberzieher als weiteren Popschutz spendiert, da der interne aus der Entfernung so seine kleinen Schwächen hat. Aufgenommen wurde über ein Mackie 802-VLZ Pult mit den guten Onyx-PreAmps. Hier mal als Vergleich eine Aufnahme mit dem Broadcaster.
Beim Rode NT-USB dagegen fällt der Nachbesprechungseffekt doch eher sehr dezent aus, wie diese Aufnahme aus ca. 5 cm Entfernung (mit Popschutz) beweist. Dafür klingt die Aufnahme dann etwas transparenter, höhenbetonter. Nicht schlechter – eben ein wenig anders.
Rücke ich ein paar Zentimeter weiter vom Rode NT-USB ab, sinkt der Bassanteil naturgemäß weiter ab. Der Sound wird etwas mittiger. Was auffällt: Speziell in dieser Entfernung scheint der mitgelieferte Popschutz bei den Plosivlauten leichte Probleme zu haben.
Mit zunehmenden Abstand (20 bzw. 30 cm) ändert sich der Klang dann nur noch unwesentlich. Die Aufnahmen klingen klar und transparent, die leichte Plosivlaut-Probleme der 10cm-Testaufstellung sind hier nicht mehr zu hören.
Den fehlenden „Bauch“ der Aufnahme kann man dann auch nachträglich per EQ-PlugIn hinzufügen, falls man es etwas runder mag:
Aus einem halben Meter Entfernung dann (wie schon zuvor mit nachregulierter Gain-Einstellung in den Soundeinstellungen von Windows) ist zwar jetzt auch deutlich natürlich etwas Raumanteil zu hören, aber trotzdem hat die Aufnahme nichts von ihrer Klarheit verloren.
Bis auf einige kleine Plosiv-Probleme im 10cm-Bereich hat der Popschutz einen guten Job gemacht. Mal reinhören, wie es ohne klingt? Wird gemacht. Hier mal der Nahbereich (5cm) ohne den Plosiv-Zisch-Fänger; der Gainregler in den Voreinstellungen musste dazu etwas heruntergedreht werden, da sich der Popschutz im Nahbereich anscheinend auch etwas auf das Volume auswirkt.
Da habe ich auch schon schlimmere Aufnahmen gehört – das NT-USB scheint nicht extrem anfällig für Plopps und Windgeräusche zu sein. Verzichten sollte man aber trotzdem nicht auf das Gitter.
Das Eigenrauschen des Rode NT-USB hält sich wirklich im Rahmen und fällt nicht weiter störend ins Gewicht; das habe ich bei anderen USB-Mikrofonen schon deutlich ausgeprägter erlebt.
Und sonst noch?
Der Kopfhörerausgang am Rode NT-USB hat ordentlich Power; je nach Kopfhörer muss man da schon recht vorsichtig zu Werke gehen, will man sich nicht aus Versehen die Trommelfelle wegblasen; das hätte ich gar nicht erwartet. Das ankommende Signal ist da auch gut verständlich, nicht vermatscht oder irgendwie mittig.
Der Mix-Regler zwischen Mikrofonsignal und Playback vom Rechner trennt in den extremen Regionen sauber. Allerdings sollte hier klar sein, dass sich damit nicht die beiden Signale auf dem Rechner aufnehmen lassen; aufgezeichnet wird lediglich der Mikro-Input. Wer also damit dann zum Beispiel bei einem Let‘s Play etwa den Spielesound plus seine Kommentare aufnehmen will, muss sich nach einer anderen Lösung dafür umschauen. Man kann sich damit aber zum Beispiel einen Backingtrack aufs Ohr geben lassen und dazu singen, um eine saubere Gesangsspur zu bekommen.