Der neue Kleine ist da!
Nun ist er da, der Dritte im Bunde. Nach dem gefühlt seit dem zweiten Weltkrieg gebauten JC-120 und dem im Herbst 2015 präsentierten JC-40, erblickt jetzt ganz neu der Roland JC-22 das Licht der Welt. Die Leistung wurde im Vergleich zum nächst größeren Modell noch einmal abgesenkt, was sich in einem kleineren Gehäuse und dementsprechend kleineren Lautsprechern äußert. Doch auch technisch wurde an das jüngste Mitglied der JC-Familie Hand angelegt. Wir sagen euch wo, wie und was der neue Kleine so drauf hat.
Facts & Features des Roland JC-22
Würde man die Aufnahmen zählen, in denen die Sounds eines Roland JC-Amps vorkommen, man wäre sicher eine ganze Weile beschäftigt. Tief im Ohr verwurzelt sind die Sounds von Police-Gitarrist Andy Summers, The Edge von U2 oder Steven Rothery von Marillion. Ganz zu schweigen von den vielen Tastendrückern, für die der große Jazz Chorus JC-120 eine wichtige Rolle im Sound darstellt. Die Erwartungshaltungen sind also dementsprechend hoch, zumal es ja auch noch etwas gutzumachen gilt. Denn der Vorgänger und größere Bruder JC-40 fiel bei uns damals im Test doch mit ein paar Schwächen aus. Allem voran mit einem unangenehm hohen Grundrauschen und, wie zu erwarten, mit seinem fiesen Overdrivesound.
Auf einen Verzerrer hat man beim neuen Roland JC-22 komplett verzichtet, und das aus gutem Grund. Ehrlich gesagt bin ich der Meinung, dass der verzerrte Sound des JC-120 über die Jahre einen deutlichen Teil zum Synonym „Rasierapparatsound“ beigetragen hat und schon immer als Verstärker für Overdrivesounds nahezu unbrauchbar ist. Das gleiche Schicksal ereilte ebenso den 2015 vorgestellten JC-40, denn auch dort arbeitet eine Verzerrerschaltung, die den Begriff eigentlich nicht verdient. Wer also unbedingt einen Amp von Roland verzerrt spielen möchte, der sollte also besser auf die Blues Cube Reihe zurückgreifen, denn diese Amps machen das ganz vorzüglich. Doch jetzt zurück zu unserem eigentlichen Thema, dem Roland JC-22.
Der Verstärker besitzt die Maße von 461 x 239 x 338 mm und wiegt ziemlich genau 12 kg. Das Design ist nach wie vor dasselbe, wie es schon seit 1975 am Urmodell zu finden ist – angetackerte Ecken- und Kantenschoner und die unverwechselbare Optik der hervorstechenden Alukalotten der Lautsprecher hinter der Frontbespannung sind mittlerweile zu einem Markenzeichen der Serie herangereift. Roland hat dem JC-22 zwei 6,5″ Lautsprecher (wie immer) aus eigener Produktion mit auf den Weg gegeben, befeuert werden die Speaker von einer Stereoendstufe, die eine Leistung von 30 bzw. 2x 15 Watt abgibt. Aha, also doch keine 22 Watt, wie der Name zunächst suggeriert. Na um so besser, denn Gitarrenamps können ja eigentlich nie laut genug sein.
Die Rückseite mit den Anschlüssen des Roland JC-22
Die Rückseite des kleinen Roland ist fast komplett offen, nur im unteren Teil sitzt ein schmales Brett und ermöglicht so den verlustfreien Transport von Kabeln oder der einen oder anderen Stompbox. Der Blick durch diese große Öffnung zeigt im Innern des Gehäuses eine ebenso tadellose Verarbeitung wie außen, auch wenn man auf die Verkabelung der Lautsprecher beim Einlagern von Equipment und/oder Kaltgetränken etwas Acht geben sollte.
Die Rückseite des Verstärkereinschubs bietet einen wahlweise seriell oder parallel betriebenen Effektweg, einen Kopfhöreranschluss und einen Line-Out, allesamt im 6,3-mm-Klinkenformat und in Stereo. Die im Roland JC-22 eingebauten Effekte Chorus und Reverb können hier mit dem Anschließen an die zwei entsprechenden Buchsen zu- bzw. abgeschaltet werden. Fußschalter dafür befinden sich leider nicht im Lieferumfang, aber hier dürften günstige Schalter mit einer Monoklinke am Ende des Kabels ebenso zuverlässig ihren Dienst verrichten wie die Roland-eigenen Modelle FS-5L, FS-6 oder FS-7.
Frontseite/Bedienpanel des Roland JC-22
Ganz links geht es los mit den Eingängen, eine Mono- und eine Stereoversion stehen zur Verfügung. Möglich wäre hier, neben dem normalen Anschließen der Gitarre, das Einklinken von Effektgeräten, die ihr Stereosignal nicht einbüßen sollen. Das Signal führt dann zuerst an einem Brightschalter vorbei, der das Höhenbild noch einmal anhebt. Danach folgt der Volume-Regler, der über die abgegebene Gesamtlautstärke der Endstufe entscheidet, denn einen Mastervolume-Regler gibt es nicht – wozu auch? Weiter geht es mit einer Dreiband-Klangregelung für Höhen, Mitten und Bässe, ehe ein Reverb-Poti sowie die beiden farblich abgegrenzten Regler für den Chorus (SPEED und DEPTH) die Möglichkeiten an der Frontplatte abschließen. Nun gut, der Netzschalter ganz rechts, mit der dazu gehörigen roten LED, sollte natürlich nicht unerwähnt bleiben.
Die Potis und der Schalter sind von guter Qualität und natürlich so tief im Gehäuse eingesetzt, dass bei einem Sturz des Amps nach vorne keine weiteren Schäden auftreten sollten.
Zwischenzeugnis
Der kleine JC-22 kann von seiner Verarbeitung und der gebotenen Ausstattung her überzeugen, das ergibt der erste genaue Check-up. Roland bewirbt diesen Amp als perfektes Frontend für das Pedalboard, dessen Effekte auch gerne in Stereo weiter verarbeitet werden möchten. Die Vorraussetzungen mit dem Stereoeingang und dem Stereo-Effektweg könnten beim JC-22 besser nicht sein, zudem kann der eingebaute Chorus den Klang der Stereoendstufe noch einmal ein gutes Stück in die Breite ziehen. Kann er? Hören wir uns den kleinen JC-22 jetzt an.
Ich hab mit Gitarren normalerweise nichts zu tun, aber angesichts des Designs des Bedienteils mit den Reglern hab ich kurz gestutzt – warum kriegt Roland den klassischen Look bei Amps hin, nicht aber bei ihren Synths? Ein System 8 mit dieser Gestaltung würde mir mehr zusagen, als das aktuelle Schwarz-Grün mit glänzenden Oberflächen, und das nicht nur ästhetisch, sondern auch aus praktischen Gründen.
Ich schätze mal, dass Roland eine ziemlich große Bude ist mit völlig getrennten Entwicklungsabteilungen für verschiedene Bereiche. Zumindest hoffe ich, dass es so ist und auch so bleibt, damit die Roland-Boutique-Entwicklung nicht auf Boss-Pedale und E-Drums abfärbt.
@andreas1303 – so weit ich weiss, eher das Gegenteil von ziemlich groß, zumindest verglichen mit dem grossen Namen. Was nicht ausschliesst, dass die linke Hand nicht weiss, was die rechte tut
Ich fürchte das hat einen Grund. Während Jazz typischerweise ein Traditionsgeschäfft ist, sind bei den Synthesizern die „Old Farts“ — also die Recken die schon die Racks von den Altvorderen auf die Bühne geschleppt haben — schlicht nicht die angestrebte Zielgruppe. Die dürften so um die 18 – 25 Jahre alt sein. Also zu einer Zeit als der Korg M1 schon auf dem absteigenden Ast war …
Hallo Thomas,
mein Neffe steht auf Jazz, Ich weiß nicht was die Familie falsch gemacht hat. Der studiert sogar Gitarre im Hauptfach. Er hat den JC-40 in seinem Setup. Für den ist das Design der Kiste „modern“ und „praktisch“ und für mich „retro“ Das AIRA Design schwarz/grün findet er nur an der TR8 und JP08 gut. MX1 verwirrt ihn mit dem blinken, JDXi ist nicht bühnentauglich und das System 1 tut in den Augen weh ohne Gegenlicht.
Als hätte sich der Jazz Chorus jemals an die verschwindend geringe Zielgruppe von Jazzern gerichtet. Lässt sich auch auf Fenders Jazz Bass und den Honda Jazz übertragen.
zum JC22:
schönes Konzept dieser Amp, aber wenn er keine Zerre verträgt, dann kommt er als Pedalplattform gar nicht in Frage und vollkommen am Markt vorbei entwickelt.
Ich meine Pedalplattform ist doch das Gitarristenthema dieser Tage
@Zwo5eins So rein mit ner Zerre davor klang es ziemlich unbrauchbar, das stimmt. Aber ich habe im Artikel ja geschrieben, dass es mit einem Speakeremulierten (Stereo-)Signal aus so nem Multimegateil ganz anders aussehen kann. Ich hatte nur leider keines da, sonst hätte ich das auch noch getestet.
Grüße in die Runde :)
Stephan
Finde das auch ein bisschen enttäuschend, dass er mit Zerre nicht klingt, weil ich eigentlich über einen Kauf nachgedacht hatte. Interessant wäre vielleicht noch, wie er mit einem Modeller wie dem Boss GT 1 oder 100 klingt. Er hat ja extra einen Stereoeingang.
Einen Roland JC hat man noch nie zum Zerren benutzt :)
@Zetahelix …der Amp soll ja nicht zerren… das OD Pedal soll zerren und der Amp soll das als Wohlklang ans Ohr bringen