Die neue Pole-Position im Bereich der Stagepianos?
Als ich die Ankündigung zur diesjährigen NAMM-Show für das Roland V-Stage las, war mein erster Gedanke: Da wagt sich Roland aus der Deckung und startet einen Frontalangriff auf Nord! Wie immer klingen die Versprechungen des Herstellers vollmundig: Es soll das „ultimative Spielerinstrument“ sein, das die Instrumentenklasse „neu definiert“. Dann schauen wir doch mal, was das neue Roland V-Stage Performance Keyboard kann.
Kurz & knapp
- Hervorragende Tastatur & Verarbeitung: Exzellentes Spielgefühl, stabile Bauweise, intuitive Bedienung und übersichtliches Layout
- Klanglich stark & vielseitige Sound-Engines: Authentische Klaviersounds, verbesserte E-Pianos, gute Orgelemulation und vielseitige Synth-Klänge
- Flexibles Layering & Splitting: Frei platzierbare Sounds, anpassbare Splitpunkte, speicherbare Szenen und nahtlose Soundwechsel
- Umfangreiche Effekte & Soundgestaltung: Direkter Zugriff auf MFX-Effekte, Reverb, Delay, Master-EQ, Kompressor und tiefgehende Klangformung
- Moderne Konnektivität & MIDI-Steuerung: USB-C für Audio/MIDI-Übertragung, Class-Compliant-Audiointerface und flexible MIDI-Steuerung
- Fazit: Top-Stagepiano mit Pole-Position-Anspruch, inspirierendes, vielseitiges Instrument mit starkem Live-Fokus und durchsetzungsfähigem Sound




Inhaltsverzeichnis
- Kurz & knapp
- Roland V-Stage
- Ein erster Blick von außen
- 88 Tasten Hammermechanik
- Vier Soundengines im Roland V-Stage
- Virtual Tone Wheel Organ
- Acoustic Piano – V-Piano
- Electric Pianos – Supernatural 2.0
- Die Synth-Sektion – Zen-Core für das Roland V-Stage
- Zur grundlegenden Soundarchitektur
- Split und Layer
- Masterkeyboard-Funktionen
- Total Effects und Master FX
- Einbindung ins Studio
- Der Vergleich mit anderen Herstellern
Roland V-Stage
Performance Keyboard mit zwei Modellen: 76 und 88
Roland bietet zwei Ausführungen: das V-Stage 88 mit einer gewichteten Hammermechanik und vollumfänglicher Klaviertastatur sowie eine 76er-Variante mit Waterfall-Tasten. Für diesen Test stand mir das V-Stage 88 zur Verfügung.
Die Kategorie der Live-Keyboards und Stagepianos – und da ordne ich jetzt mal ganz frech die von Roland eingeführte Bezeichnung „Performance Keyboard“ mit ein – wird im professionellen Bereich von Nord angeführt. Die roten Keyboards des schwedischen Herstellers sind zum Benchmark für Band-Keyboarder geworden. Zwar gab es in den letzten Jahren auch von anderen Herstellern sehr gute Alternativen, die vor allem etwas günstiger waren, aber ich habe den Eindruck, dass die Mitbewerber immer an Nord, insbesondere am Nord Stage, gemessen werden.
Roland schließt mit seinem V-Stage die Lücke zwischen den „klassischen“ Stagepianos, also der RD-Serie, und den Synthesizern wie dem Roland Fantom, zuletzt in der EX-Version erschienen.
Der Test des Geräts hat diesmal deutlich länger gedauert als sonst. Das lag schlicht daran, dass ich immer wieder Neues entdeckt hatte. Am Ende war ich überrascht, wie tief sich die Parameter des Roland V-Stage steuern lassen. Bei der Nennung der Features in diesem Bericht kratze ich letztlich nur an der Oberfläche. Ich rate daher allen, sich unbedingt selbst ein Bild von diesem Stagepiano und seinen Möglichkeiten zu machen. In Zeiten aussterbender Musikhäuser ist das nicht immer leicht und YouTube-Videos sowie User-Foren mit ihren Diskussionen sind zwar nützlich, aber ob ein Instrument zu mir passt, werde ich in tausend kalten Wintern nicht herausfinden, wenn ich nicht live davorgesessen habe.
Ein erster Blick von außen
Das Roland V-Stage ist – in Anlehnung an die Farben der Fantom-Reihe aus dem Hause Roland – ebenfalls in Schwarz und Rot gehalten. Die Verarbeitung ist wirklich tipptopp: rote Seitenteile aus Holz (Gruß nach Schweden) und eine dunkle, metallene Oberfläche im Bedienpanel. Alles wirkt stabil und absolut solide. Das hat zur Folge, dass die 88er-Version des V-Stage auch gleich knapp 22 kg auf die Waage bringt.
Was die Haptik angeht, ist das Roland V-Stage ebenfalls sehr gut gemacht. Die Regler, Wheels, Drawbars und Taster fühlen sich extrem wertig an und verfügen über den nötigen Widerstand sowie gleichzeitig die nötige Flüssigkeit bei der Bedienung. Die Zuordnung der Regler ist kontrastreich genug, um auch bei schlechten Lichtverhältnissen alles erkennen zu können. Auf den ersten Blick sind alle wesentlichen Bedienelemente vorhanden, die für eine schnelle Handhabung der Parameter nötig sind. Und das Schöne daran: Alles ist sehr übersichtlich und intuitiv angeordnet.
Wenn ich daran denke, wie ich das erste Mal vor einem Nord Stage 4 saß und beim Versuch einer Programmierung oft nicht wusste, wo ich hinfassen darf – und bei der Bedienung auch eine ganze Zeit lang immer wieder die gleichen Fehler gemacht habe, wodurch ich mir die gesamte Arbeit an einem komplexeren Sound zerschossen habe, sodass ich von vorne beginnen musste –, dann fällt auf: Hier kennt man sich direkt gut aus und findet sich nach ein paar Handgriffen schnell zurecht.
Was sofort auffällt, ist das große Display in der Mitte des Bedienfelds. Es bietet genug Platz für alle wesentlichen Informationen und ist aufgrund des starken Kontrasts sehr gut ablesbar. Die Größe des LCDs von 4,3 Zoll ist in dieser Instrumentenkategorie außergewöhnlich.
Auch anschlussseitig hat das Roland V-Stage einiges zu bieten. Der guten Ordnung halber zähle ich es schnell mal auf: drei Control-Pedal-Anschlüsse, ein Sustain-Pedal-Anschluss, drei klassische MIDI-Buchsen (zweimal Out oder je einmal Out, Thru und In), ein USB-Memory-Steckplatz, ein USB-C-Anschluss (eine Neuigkeit!), zwei Steckplätze für External-Devices (MIDI-Geräte), zwei Main-Outs R/L (einmal als XLR-Symmetrieausgänge, einmal als Klinke-Balanced-Buchsen), ein Sub-Out R/L als Klinke (ebenfalls symmetrische Buchsen), ein Line-In-R/L, ein XLR-Mikrofoneingang (ohne Phantomspeisung) sowie die obligatorische Kopfhörerbuchse.
88 Tasten Hammermechanik
Die Tastatur des 88er-Modells bietet eine gewichtete Hammermechanik mit Ivory-Touch-Oberfläche und Druckpunktsimulation. Sie lässt sich sehr gut spielen und als Pianist fühle ich mich sofort wohl damit. Die Ansprache ist äußerst präzise und hervorragend auf die Tonerzeugung abgestimmt. Zudem verfügt sie über eine perfekt eingestellte Repetitionsrate.
Der Abschluss zum Gehäuse hin ist mit rotem Filz abgegrenzt, was nicht nur ästhetisch ansprechend ist, sondern auch unnötiges Klappern verhindert. Eigentlich scheint das nicht der Rede wert, aber da einige Hersteller darauf verzichten, sei es hier ausdrücklich erwähnt.
Welche Tastatur Roland im V-Stage letztendlich verbaut hat, finde ich in den Spezifikationen nicht. Ich vermute, es handelt sich um eine PHA-4. Ich habe lange das RD-2000 gespielt, dessen Tastatur – eine PHA-50 (ein Holz-/Plastik-Hybrid) – ich für ausgesprochen gelungen halte, da sie ein unglaublich gutes Spielgefühl vermittelt. Beim Roland V-Stage fehlen die Holzteile, aber es lässt sich ähnlich gut spielen.
Roland bleibt sich jedenfalls treu, wenn es um die Qualität der Tastaturen in ihren Stagepianos geht. Hier gibt es einfach nichts zu meckern – im Gegenteil: Punkt für das Roland V-Stage.
Wie die Waterfall-Tastatur der 76er-Variante ausfällt, kann ich nicht sagen, da ich sie nicht gespielt habe. Was ich aber sagen kann, ist, dass Roland in früheren Modellen – gerade bei der Waterfall-Tastatur – sehr gute Arbeit geleistet hat. Sowohl beim VK als auch bei den V-Combo-Modellen hatte Roland einen deutlichen Qualitätsvorsprung vor Fatar – von Yamaha mit dem YC61, dessen Tastatur ich leider absolut misslungen finde, mal ganz abgesehen. Das lässt zumindest Gutes hoffen für diejenigen, die mit der kleineren Variante liebäugeln.
Einen kleinen Vorteil hat die 76er-Variante gegenüber der großen Tastatur noch: Sie bietet Aftertouch – das sei hier noch schnell erwähnt.
Vier Soundengines im Roland V-Stage
Vier verschiedene Sound-Engines arbeiten parallel im V-Stage. Da die Orgelsektion drei Parts hat und die Synthesektion zwei unabhängige Parts, komme ich nach Adam Riese mit der Piano- und Electric-Piano-Sektion auf sieben Parts. Das sollte erst einmal für jeden Keyboarder mit zwei Händen reichen.
Was soll es alles können? Das Roland V-Stage beherbergt vier verschiedene Sound-Engines: Die akustischen Klaviere werden mithilfe der V-Piano-Technologie via Modeling erzeugt und haben damit unbegrenzte Polyphonie. Der Bereich der E-Pianos wird durch Rolands SuperNATURAL-Tonerzeugung – eine Verbindung aus Sampling und Modeling – reproduziert. Die Orgeln werden über die Virtual Tone Wheel Organ-Technologie nachgebildet, ebenfalls mit unbegrenzter Polyphonie und drei unabhängigen Parts für Upper, Lower und Pedal. Abgerundet wird das Ganze durch Sounds der Zen-Core-Synthese, die sich mit Model Expansions erweitern lässt. Aber dazu später mehr.
Wie hoch die Polyphonie bei den Electric Pianos und Zen-Core ist, finde ich nirgends. In meinem Test bin ich jedoch – selbst bei aufwändigen Layer-Kombinationen – nicht hörbar an die Polyphonie-Grenzen gestoßen.
Schauen wir uns die Engines im Einzelnen an.
Virtual Tone Wheel Organ
Die Virtual Tone Wheel Organ von Roland ist eine sehr gut klingende Emulation von Vintage-Orgelklängen, die sich bereits in den V-Combo-Instrumenten und der VK-Reihe oder auch im Roland Fantom bewährt hat.
Im Roland V-Stage stehen vier verschiedene Tone-Wheel-Orgeltypen, zwei Transistor-Orgeltypen sowie vier Pfeifenorgeln zur Verfügung. Gesteuert werden die Sounds über die klassischen Drawbars, also die Zugriegel. Der dazugehörige Rotary-Effekt wird über Brake- und Slow/Fast-Buttons gesteuert. Diese Steuerung ist doppelt vorhanden: einmal im Bereich der Steuerelemente der Organ-Engine und zusätzlich direkt unterhalb des Pitch- und Modulationsrades. Die zuletzt genannten Knöpfe lassen sich aber auch frei zuordnen – da hat jemand mitgedacht. Im schnellen Spiel ist diese doppelte Steuerung wirklich ein Gewinn; das hätte ich nicht erwartet.
Natürlich lassen sich auch alle üblichen Parameter, die zu einem authentischen Orgelsound gehören, direkt steuern: Vibrato (V1 bis V3) und Chorus (C1 bis C3), Overdrive und Percussion (mit Variationsmöglichkeiten für Volume, Decay und Harmonic). Beim Overdrive gibt es drei verschiedene Typen: VK (entspricht dem Overdrive des Roland VK-7), G.Amp (die Simulation eines Gitarrenverstärkers) und Saturator (bei dem der Overdrive mit einem Filter kombiniert wird). Diese Variationen laden zum Spielen ein.
Zur Verfügung stehen in diesem Bereich drei unabhängige Sektionen: Upper, Lower und Pedal. Die Sounds lassen sich klassischerweise per Zugriegel steuern. Die Wege der Zugriegel sind im Vergleich zu anderen Keyboards etwas kürzer gehalten, aber nach kurzer Eingewöhnung ist das kein Problem mehr. Mit Druck auf die Taste „H-Bar Manual“ wird die aktuell eingestellte Zugriegelposition genutzt und nicht die eventuell hinterlegte Registrierung. Auch das ist ein sinnvolles Feature für den schnellen Zugriff.
Die Klänge, die hier ans Ohr dringen, sind auf höchstem Niveau – sowohl im Bereich der Tone-Wheels als auch bei den Transistororgeln. Die Hammond-Emulation ist extrem plastisch und transparent und gefällt mir sehr gut. Bei den Pfeifenorgeln ist die Auswahl eher gering; die Prinzipal-Registrierungen sind nicht mein Cup of Tea – aber das ist am Ende Jammern auf hohem Niveau.
Acoustic Piano – V-Piano
Die Pianosektion basiert auf dem V-Piano von Roland, das bereits vor 15 Jahren seine Klänge per Physical Modeling erzeugte und nicht mehr samplebasiert arbeitete. Die Technik hat sich stetig weiterentwickelt und Roland hat die Klänge in den letzten Jahren deutlich aufpoliert. Was seinerzeit für meinen Geschmack noch etwas starr und seelenlos klang, ist spätestens seit dem letzten Upgrade mit dem „German Grand“-Sound für das RD-2000, den Fantom EX und jetzt das V-Stage zu einem sehr guten, extrem variabel einsetzbaren und nuancenreich spielbaren Sound geworden.
Neben dem German Grand gibt es ein sehr gutes Upright Piano und – das darf inzwischen nirgends mehr fehlen – ein Felt Piano, das mir auf Anhieb ebenfalls sehr gut gefällt. Die Pianosounds bieten sowohl für das Solospiel als auch für den Bandkontext gute Varianten. Wer sich gegen Gitarren durchsetzen muss, kann die Brightness und die Stereobreite per direktem Zugriff regeln. Gekrönt wird das Ganze durch die Möglichkeit, mithilfe des Piano Designers – wie auch im Roland Fantom – alle möglichen Parameter und Klangvarianten einzustellen, z. B. die Öffnung des Deckels, die Größe und den Klang des Korpus, die Saitenresonanz, die Lautstärke des Pedals, Duplex Scale – bis hin zur individuellen Stimmung einzelner Saiten.
Die Pianosounds sind üblicherweise der größte Streitpunkt unter Pianisten und Keyboardern und bieten regelmäßig Stoff für Glaubenskriege in Foren und Kommentarspalten. Ich finde, dass es keinen universellen Allround-Pianosound geben kann – jedes Stück braucht seinen eigenen Klang. Und je variabler die Engine aufgestellt ist, desto besser kann ich mir meinen Favoriten zurechtbasteln. Wichtig ist mir, dass Tonerzeugung und Tastatur gut aufeinander abgestimmt sind oder sich entsprechend anpassen lassen. Das ist hier gegeben.
In den Sektionen Piano und Electric ist auch die Anschlagsstärke anpassbar. Mit der V-Piano-Engine kann ich mir genau den Sound zusammenbauen, den ich brauche – und das mit unbegrenzter Polyphonie. Und ich muss keine Samples herunterladen oder mir Gedanken darüber machen, wie viel Speicherplatz für das nächste Piano noch übrig ist und ob ich es am Ende nur in geringerer Auflösung einspielen kann, weil der Flash-ROM nicht reicht.
Electric Pianos – Supernatural 2.0
In diesem Bereich tummeln sich die klassischen Rhodes-, Wurlitzer-, Digital-Piano- und Hohner-Clav-Sounds – technisch gesprochen oder entsprechend der Benennung im Roland V-Stage: Tine, Reed, Digital und Clavinet. Die Electric Pianos waren bei Roland nicht immer treffsicher; da gefielen mir die Yamaha-Sounds oder etwa das Nefertiti MK1 und das 1976er Stockholm MK1-Sample von Nord schon deutlich besser. Aber offensichtlich hat Roland hier Handlungsbedarf erkannt und nachgebessert.
Während die Editiermöglichkeiten bei der SuperNATURAL-Tonerzeugung von Roland früher eher marginal waren, gibt es hier neben neuen Klängen auch eine höhere Editiertiefe mithilfe eines Piano Designers. Das ermöglicht Soundbastlern weitere Anpassungen, denn der Charakter jedes Sounds lässt sich nun über die Parameter Sound Lift und Detune direkt sowie über das Menü noch etwas differenzierter in Bezug auf Resonanz, Key Noises, Damper Noise und Hum Noise variieren.
Zahlreiche Effekte wie Chorus, Phaser, Delay, Wah, Lo-Fi und Compressor lassen sich zuordnen, eigene Effektketten sind programmierbar. Zudem runden Tremolo (je nach gespieltem Modell gibt es eigene Varianten – Case, Wurly, RD) und ein Amp-Simulator – im Mix als Pre- und Post-Variante positionierbar – die Sektion ab.
Aber wie klingt’s denn nun? Die Verbesserungen haben sich ausgezahlt, wie ich finde. Von Silvertop über alle Varianten der 70er-Electric-Pianos ist eine Menge geboten – durchweg in sehr guter Qualität und in allen Varianten, die man als Band-Keyboarder braucht.
Die Synth-Sektion – Zen-Core für das Roland V-Stage
In diesem Soundbereich kommt Rolands Zen-Core-Synthese zum Einsatz und es sind zwei unabhängige Parts (A/B) wählbar. Die Sounds sind in sechs Kategorien eingeteilt: Strings, Pad, Lead, Bass, Key und Other, jeweils mit Unterkategorien versehen, sodass die Soundsuche schnell erfolgen kann.
Im Bedienfeld hat man direkten Zugriff auf Attack und Release im Bereich Envelope, bei den Filtern auf Cutoff und für die Effekte auf zwei frei zuweisbare Regler.
In diesem Bereich können Sounds im SDZ-Format aus der Roland Cloud geladen werden. Die Anbindung an die Zenology Pro App eröffnet ein weites Feld für neue Sounds und ist kompatibel mit dem Fantom-EX-Synthesizer sowie dem Juno-D. Als Goodie gibt es für V-Stage-Besitzer kostenlose Model Expansions für JUPITER-8, JUNO-106, SH-101 und JX-8P über die Roland Cloud. Damit zieht das V-Stage in diesem Bereich ganz nah an den Fantom-EX heran.
Diese Expansions haben die manchmal doch etwas blassen Roland-Synthesizer-Samples auf eine neue Ebene gehoben. Die digitalen Sounds klingen nun deutlich analoger …
Überhaupt: Der Bereich der Other-Kategorie ist weit besser, als man zunächst vermuten könnte. Die Sounds laden allesamt zum Spielen und Improvisieren ein und was die Qualität angeht, hat Roland hier im Vergleich zu vielen Vorgängergeräten die Messlatte deutlich höher gelegt. Während ich beim RD-2000 beispielsweise mit vielen Sounds jenseits der Pianos hadern musste – nein, schlimmer: wirklich unzufrieden war, weil sie extrem lieblos daherkamen –, gibt es hier keinen Anlass zu meckern. Die Synth-Sektion wartet mit hoher Qualität auf und bietet Klasse trotz Masse: Pads, Leads, Naturinstrumente – alles da, was man im Alltag braucht.
Zur grundlegenden Soundarchitektur
Roland-typisch ist die kleinste Einheit ein Tone. Darüber hinaus gibt es Szenen, sogenannte Scenes, in denen die Klangauswahl der jeweiligen Parts, die Effekteinstellungen und der aktuelle Bearbeitungsstand abgespeichert werden können.
Diese Szenen lassen sich zu Scene Chains verbinden – besonders sinnvoll, wenn man innerhalb eines Sets oder sogar innerhalb einzelner Songs schnell umschalten will. Insgesamt stehen 512 Szenen zur Verfügung, die in Bänken von A bis H organisiert sind und zusätzlich eine zweite Buchstabenkombination wie AA, AB usw. nutzen.
Wichtig zu erwähnen: Beim Umschalten der Sounds gibt es keine unschönen Übergänge oder Abrisse durch Änderungen in der Effektzuordnung. Andere Hersteller nennen das Seamless Sound Switching, im Bereich der Scenes spricht Roland von Scene Remain.
Split und Layer
Die ausgewählten Tones der Parts lassen sich frei auf der Tastatur platzieren, sodass selbst definierte Layer möglich sind. Auch die jeweiligen Splitpunkte sind frei wählbar und die Oktavlage kann nach oben oder unten verschoben werden.
In jedem Part-Bereich gibt es Buttons für die Zuordnung bei Splits (Left/Right), und die Anzeige im großen Display erleichtert die Übersicht. Keine festgelegten Splitpunkte, umfangreiche Layer möglich – Punkt für Roland.
Masterkeyboard-Funktionen
Neben der Steuerung der internen Sounds ist das V-Stage auch in der Lage, externe MIDI-Geräte zu steuern. Eine einfache Tastenkombination mit Shift und dem jeweiligen On/Off-Button des Parts ermöglicht das Umschalten zwischen drei Modi: intern und extern, nur intern und nur extern.
Die aktuelle Einstellung ist an der Farbe des Buttons erkennbar: Rot steht für intern und extern, Blau für nur extern und Gelb für nur intern.
Total Effects und Master FX
Der letzte Schliff am Sound des Roland V-Stage
Für den direkten Zugriff stehen folgende MFX-Typen zur Verfügung: Filter, Mod, Drive, Lo-Fi, Delay und Other. Zudem gibt es einen separaten Delay-Bereich mit Tempoeinstellung und Feedback-Regelung sowie einen Reverb-Bereich mit sechs Halleffekten im Direktzugriff (Hall 1/2, Room, Plate, Shimmer und Other).
Der Master-EQ darf natürlich für den letzten Schliff im Mix nicht fehlen. Regelbar sind Höhen, Mitten und Bässe – im Mittenbereich lässt sich zusätzlich die Frequenz anpassen. Außerdem gibt es einen Master-Kompressor.
Das Sahnehäubchen ist das Mic In, das sich ein- und ausschalten sowie in der Lautstärke regeln lässt.
Einbindung ins Studio
Das V-Stage kann als Audiointerface (Class Compliant – Gott sei Dank!) sowohl die Stereosumme über USB übertragen als auch die einzelnen Engines via Roland-Treiber getrennt ausgeben.
Zum ersten Mal treffe ich an einem Keyboard auf einen USB-C-Ausgang für die Datenübertragung von Audio und MIDI. Ich musste mir erst einmal ein Kabel ausleihen, um Computer und Keyboard zu verbinden. USB-C bietet gegenüber dem bisherigen USB-2.0-Standard deutlich höhere Übertragungsgeschwindigkeiten – also auch hier ist die Innovation ein echter Fortschritt (Anmerkung der Redaktion: Nicht zwangsläufig. USB-C ist nur ein Steckerformat, hinter dem sich auch USB-2.0 verbergen kann. Roland schweigt sich über den USB-Standard des USB-To-Host-Anschlusses allerdings aus).
Der Vergleich mit anderen Herstellern
Roland, Nord, Yamaha, Dexibell, Korg
Die direkte Konkurrenz für das Roland V-Stage sind aus meiner Sicht das Yamaha YC88, das mehrfach erwähnte Nord Stage 4 und ein weniger bekanntes, aber mit vielen Features ausgestattetes Stagepiano von Dexibell: das Vivo S8. Korg hat mit dem SV2 zwar ein gutes Stagepiano im Programm, doch es ist bei Weitem nicht so umfangreich ausgestattet wie die genannten Konkurrenten. Das Korg Grandstage X hingegen sehe ich – wie ihr in meinem Testbericht nachlesen könnt – in einem ganz anderen Anwendungsbereich.
Von den genannten Modellen bietet Yamaha aus meiner Sicht die beste Tastatur, ist aber im Gegensatz zum V-Stage eingeschränkt, was Layer, Splits und die Anzahl der Parts angeht. Zudem klingt Yamaha – sorry – immer etwas HiFi-mäßig komprimiert. Das Dexibell hat ebenfalls eine sehr gute Tastatur, kombiniert Sampling mit Physical-Modeling bei den Pianos, bietet eine solide Tonewheel-Emulation und arbeitet mit vier Parts. Die Marke fliegt immer noch ein bisschen unter dem Radar, hat aber durchaus respektable Stagepianos im Programm.
Das Nord punktet mit einer äußerst umfangreichen Sound-Library und direktem Zugriff auf die Synth-Parameter, ist für meinen Geschmack aber deutlich unübersichtlicher in der Bedienung. Die Klaviersounds von Nord gibt es in Hülle und Fülle, neigen aber tendenziell immer zu einer gewissen Mittenbetonung.
Featuretechnisch sehe ich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Nord und Roland. Die Sounds des Roland V-Stage finde ich insgesamt etwas frischer und komplexer als bei der Konkurrenz. Das mag im Bandzusammenhang weniger ins Gewicht fallen, aber im Solospiel merkt man eben, dass Nord beispielsweise auf Multisampling oder eine komplexere Soundarchitektur verzichtet.
Im direkten Vergleich hat Roland – von meinem Klavierhocker aus betrachtet – eine Nasenlänge Vorsprung auf der Zielgeraden. Und wenn ich für den nächsten Gig die Wahl hätte zwischen diesen vier Modellen? Ich würde das V-Stage mitnehmen.
Control Pedal ist ein Expression Pedal?
was ist ein felt Piano?
@Numitron Ein gedämpftes Piano durch eine Filzeinlage, damit es softer klingt.
@Filterpad ahhhh. Danke!
warum nicht auf deutsch?
OK, bin eher synthnerd.
4.000€.. naja
@Numitron Ich hätte mir auch einen etwas günstigeren Preis gewünscht, angesichts des Funktionsumfangs und im Vergleich zum Nord Stage 4 88 aber ok.
@Numitron „…warum nicht auf deutsch?“
Den Begriff gibts schon sehr lange, und wenn man DEN Klang will, sucht man nach DEM Namen.
Wird aktuell auch immer beliebter.
Ist auch logisch: Das ist ein schöner, warmer Klang, der die Vorteile hat, die man auch mit einem E-Piano hat, würde ich sagen. Kann man viel besser einbauen als Steinway oder sowas. Einfach…warm.
@mort76 OK. sorry..
kann eh Englisch.
kannte es halt nicht.
bin aber mehr synthnerd. 😎
bei den Eltern steht aber ein nettes Pianino mit derselben Fähigkeit.
„Hier kennt man sich direkt gut aus und findet sich nach ein paar Handgriffen schnell zurecht.“
Ich will jetzt nicht den Eindruck erwecken, dass ich rassistisch eingestellt bin, aber ich habe noch nie erlebt, dass die Bedienung eines fernöstlichen Instruments auch nur ansatzweise intuitiv war. Genau das habe ich aber von amerikanischen und europäischen Instrumenten häufig erlebt. Die waren oft hardwareseitig lausig zusammengeschustert, aber die Software war bedienbar, ohne einen Blick in das Handbuch zu werfen. Wenn das tatsächlich so ist, käme das einer Zeitenwende gleich. Du beziehst dich darauf, dass die Programmierung des Nord kompliziert und die des Roland einfach wäre. Ich muss allerdings eingestehen, ich habe weder an einem aktuellen Nord, noch an einem der neuen Rolands gesessen. Vielleicht pflege ich da ja alte Vorurteile.
@Tai Ich würde sagen: Jeder Jeck ist anders … mancher sitzt auch vorm Digitalpiano und findet den Einschaltknopf nicht …. ;-) aber ich empfinde es als intuitiv …
@Tai Ich hatte mal ne Tenorposaune von Yamaha, die fand ich sehr intuitiv. Gut, den FS1R oder den Brennstoffzellenantrieb für Jagduboote vom gleichen Hersteller nicht so 😉
@Tai beim akai s1000 (passt gut zum Emulator 3 Artikel) hat Chris Hugget (Oscar und später novationl an der Software mithewirkt.
dank Italo brutalo (war hier Mal ein Interview).kenne ich einen günstigen Anbieter der leuchtfolie für das Display!
Hi Marcus
Vielen Dank für den ausführlichen Test. Das scheint mir wirklich die erste ernsthafte Konkurrenz zu den Nord Stage Instrumenten zu sein; die Ähnlichkeiten sind ja auch kaum zu übersehen :-)
Ein paar Detailfragen würden mich noch interessieren:
– Wie viele Splitzonen sind möglich?
– Wie lassen sich die Zen-Core-Sounds editieren? z.B. LFO, Resonanz etc. Ist dies alles am Display möglich, oder hat man es eher mit Preset-Sounds zu tun, die nur begrenzt editierbar sind?
– Wie verhalten sich die Potis bei gespeicherten Werten? (Gibt es einen Abholmodus? Oder wird man wie bei Nord mit Parametersprüngen konfrontiert?)
@Martin Andersson Hallo Martin,
im Grunde kannst Du jeden Part ja beliebig zuordnen, insofern gibt es so viele Splitzonen wie Zonen. Mache ich mich verständlich?
Jeder Part ist individuell splitbar – also Organ UP, LOW, PEDAL, dann APiano, Piano, Synth A, Synth B.
Die Editiermöglichkeiten sind in den Bereichen TONE (attack, decay, release), FILTER (cutoff, resonance), MFX, LEVEL, PART EQ, VELOCITY, PITCH, MONO/POLY editieren. Das reicht fürs Anpassen eines Sounds, aber ein wirklich tiefes Editieren im Bereich der Synthiepatches wie im Fantom etwa ist das natürlich nicht. Da macht die Masse der Sounds die Variabilität aus. Die Öffnung zu ZEN-CORE erlaubt ja auch die Einbindung von Patches, die man downloaden kann aus der ROLAND Cloud.
Die Frage zu den Potis ist wichtig, aber ich habe sie beim Testen nicht beachtet – sorry! Bei den Drawbars gab es den erwähnten H-BAR-MANUAL-Button, der die aktuellen physische Positionen der Drawbars abholt.
Beste Grüße
Marcus
@Marcus Grube Danke, Marcus, für Deine Antwort.
„im Grunde kannst Du jeden Part ja beliebig zuordnen, insofern gibt es so viele Splitzonen wie Zonen.“
Heisst das: auch bis zu sechs Splitpunkte? Oder ist es nur ein (freiwählbarer) Splitpunkt?
Zen-Core
Das erinnert an einen Rompler, während ein Nord Stage einen voll-editierbaren Synthesizer mit unterschiedlichen Synthese-Arten bietet. Für viele Musiker reicht der Rompler-Ansatz bestimmt, aber wer von Grund auf eigene Sounds kreieren möchte, könnte dies am V-Stage (wenn ich Dich richtig verstanden habe) nicht.
@Martin Andersson Hallo Martin,
mir ist – glaube ich – noch nicht ganz klar geworden, worauf Du abzielst bzw. was Du vorhast. Die Parts kannst Du ja Zonen zuordnen, und die Splits sind pro Part individuell einstellbar …
Hilft das?
Beste Grüße
Marcus
@Marcus Grube Danke, Marcus, das beantwortet die Frage. Der Hintergrund ist, dass der Nord Stage maximal drei Splitpunkte hat und somit vier Zonen, auf die die Instrumente verteilt werden können, was auch überlappend möglich ist. Dennoch ist man an die vier Zonen gebunden. (In der Praxis kam ich aber immer gut damit klar.)
Der V-Stage ist diesbezüglich flexibler, wenn für jeden Klangerzeuger eigene Splitpunkt definiert werden können.
Es wundert mich ja, dass es Jahrzehnte gedauert hat, bis Yamaha und Roland das Nord Konzept kopiert haben. Die meisten Sound-Beispiele hier im Test schlägt mein Stage 4 in Punkto (zugegebenermaßen subjektiver) Klangqualität allerdings deutlich, vor allem wirken die Sounds allesamt kaum durchsetzungsfähig. Das lässt sich aber vmtl mit einem Eingriff in der Effekt-Sektion schnell ändern. Auf jeden Fall bin ich nach dem höchst positiven Testfazit jetzt neugierig und werde das Ding im Musikhaus meines Vertrauens mal antesten :)
Auch wenn es sich für manche so anfühlt, als dass Nord die Multi-Stagekeboards erfunden hätte, so ist dem nicht so. Die gab es schon lange vor Nord überhaupt. Und sogar Roland war mit dem Vor-Vorgänger VR 760 früher dran, als Nord. Als Eigentümer eines VR 760 kann ich nur sagen, dass mir schon damals die Tastatur besser gefallen hat, als die der Nord Keyboards. Darüber hinaus ist die Bedienung auch bereits sehr intuitiv gewesen, weshalb die VR immer noch hier ist.
Bei den neuen VStages gefällt mir die Positionierung der Räder und das fehlen des rolandtypischen Joystick überhaupt nicht.
Ansonsten zeigt der Test, dass es ein rundum gelungenes Keyboard ist.
Der Preis jedoch ist wie beim Erscheinen des 760er damals recht hoch und für manchen Interessenten eine echte Hürde.
Danke für den Test.
Ich wollte einen Nord Stage 4 73 kaufen und dann kam Roland mit diesem sicherlich coolem Teil raus. Habe mich dann an die Tastatur des Fantom 8 erinnert und an die virtuellen Flügel aus demselben! Was hab ich gekauft?
NordStage 4 :-) und das als Montage M8X Besitzer :-) ernsthaft ich mag die Nords einfach trotz ihrer Unzulänglichkeiten. Simplify your Life im Prinzip brauche ich den den Montage M nicht mehr wirklich, auch wenn sich beide in jeder Hinsicht ergänzen, selbst die Tasten ergänzen sich . NordStage 4 ist einfach eine schöne authentische Basis.