Wirrr sind die Rrroboterrrr ...
Der Roland AIRA VT-3 ist ganz frisch von der diesjährigen Pro Light & Sound in Frankfurt in mein Studio geflattert und möchte von mir auseinander genommen werden. Sinngemäß.
Was übrigens genau ein Vocoder ist und welche Varianten es gibt, erklären wir ausführlich in unserem Vocoder-Special. Dazu bitte HIER KLICKEN.
Bevor wir damit beginnen den AIRA VT-3 ausführlich vorzustellen. Hier kurz ein Überblick mit Links zu allen bisher erschienenen ROLAND AIRA-Tests:
- ROLAND AIRA VT-3 TEST
- ROLAND AIRA TB-3 TEST
- ROLAND AIRA TR-8 TEST
- ROLAND AIRA SYSTEM-1 TEST
- ROLAND AIRA SYSTEM-1M TEST
- ROLAND AIRA PLUG-OUT SH-101 TEST
- ROLAND AIRA PLUG OUT SH-2
Roland hat viel Erfahrung im Bau von Audio-Prozessoren und stellte in der Vergangenheit schon einige markante Raumsimulatoren her.
Unter dem Kürzel VT-1 (Voice Transformier) veröffentlichte ROLAND unter seiner Submarke BOSS 1996 ein handliche kleine, orange Box, die in Dance-Kreisen schnell zum Kultobjekt avancierte. Zum einen eignete sie sich hervorragend zur Bearbeitung von Vocals, zum anderen wurde sie aber in den Folgejahren besonders bekannt durch ihre Zweckentfremdung bei der Audiobearbeitung von Loops. Kein Wunder, dass der „BOSS VT-1 Voice Transformier“ heute ein viel gesuchtes Objekt ist und nur noch selten auf eBay anzutreffen ist.
Offensichtlich hat sich die ARIA Serie von ROLAND der Wiedergeburt seiner Klassiker verschrieben. TB-3 steht als Nachfolger für die ROLAND TB-303, TR-8 für den zeitgemäßen Clone der TR-808 und schließlich der hier vorgestellte VT-3 als Nachfolger der BOSS VT-1. Wir sind also gespannt, wie sich der Neuling angesichts seines berühmten Vorfahren so schlägt.
Was genau ist ein Voice Transformer?
Das Gerät ist ein Voice Transformer, vielleicht auf Deutsch am besten als „Stimmen-Umformer“ zu bezeichnen. Vorne singt man rein und hinten kommt dann etwas Unbekanntes, Ungehörtes und vielleicht auch Unerhörtes an die Lautsprecherbox. Wobei hier eher hinten reinsingen passen würde, da sich der Mikrofoneingang auf der Rückseite befindet.
Das Äußere
besteht beim Roland VT-3 aus einem hübsch gestylten „Blechkasterl“ mit grüner Umrandung, auf dessen Rückseite sich – wie schon erwähnt – eine XLR-Combobuchse befindet, welche entweder ein Mikrofonkabel mit XLR-Stecker oder symmetrischem Klinkenstecker aufnehmen kann. Für den XLR-Weg lässt sich eine Phantomspeisung mit +48V zuschalten, dadurch können auch Kondensatormikros als Eingabequelle verwendet werden.
Des Weiteren finden wir einen Stereoausgang, der entweder in üblicher Manier betrieben werden kann oder aber auf einem Kanal das unbearbeitete Originalsignal ausgibt und auf dem anderen das Effektsignal. So kann man bei Bedarf beide Signale getrennt in einem externen Mischpult zusammenführen. Ein Pedalanschluss zum Schalten der Bypass-Funktion, eine USB-Buchse sowie der Anschluss für das unvermeidliche externe Netzteil samt Ein-/Ausschalter vervollständigen die Rückseite.
Auf der Vorderseite befindet sich der Kopfhöreranschluss in Form einer Miniklinke sowie ein weiterer Anschluss für sog. „Plug-in Mikrofone“. Ein herkömmliches Mikrofon darf hier nicht betrieben werden, das funktioniert erstens nicht und kann im schlimmsten Fall zu Beschädigungen von Gerät und Mikrofon führen.
Auf der Oberseite gibt es ein Drehrad zum Anwählen der verschiedenen Stimmbearbeitungen, über vier großzügige Fader für Tonhöhe, Formanten, Mix Balance sowie Reverb-Anteil lässt sich die Stimme in Echtzeit ordentlich verbiegen. Sechs grün beleuchtete Taster vervollständigen die Oberseite und zeigen an, was gerade aktiv ist: einer der drei Speicherplätze (was sehr wenig ist), die „Manual“-Taste sowie „Robot“ für die Roboterstimmen und eine für „Bypass“. Dieser kann auch über einen Fußschalter ausgelöst werden, was bei spielenden Gitarristen, Keyboardern etc. eine oft bessere Lösung ist.
Die grüne Beleuchtung sieht hip aus und ist aus schrägem Winkel gut zu sehen, allerdings blendet die gerade aktive Haupt-LED um den Drehschalter herum beim direkten Daraufsehen. An oberster Stelle finden wir noch den Lautstärkeregler, welcher sowohl den Output der Klinkenausgänge als auch die Kopfhörerlautstärke regelt. Und gleich daneben befindet sich das Gain-Poti, mit dem das Mikrofon eingepegelt wird. Eine „Peak“-LED warnt dabei vor zu hoher Aussteuerung.
Innere Werte des Roland VT-3
Der Roland VT-3 ist sogar ein sehr brauchbares USB-Interface, das für den Einsatzzweck als Stimmenverfremder optimiert ist. So ist werksseitig eine Loop-back-Funktion aktiv, die den aufgenommenen Sound aus dem Rechner mit dem Mikrofoneingang mischt. So kann man sogar Overdub-Aufnahmen mit unterschiedlichen Effekten realisieren. Diese Funktion lässt sich aber ausschalten, wenn man sie nicht möchte. Zudem kann man den Roland VT-3 auch als reine Mikrofonvorstufe benutzen, man schaltet das Gerät einfach auf „Bypass“ und nimmt auf. Oder man regelt die „Mix Balance“ auf null. Oder man macht dies zusätzlich mit einer Halleinstellung, denn diese ist wieder unabhängig von der „Mix Balance“.
Wie wurde getestet?
Als Mikrofon habe ich mein geschätztes Røde NT 1000 verwendet, das ein Großmembraner aus „Down Under“ ist (Australien) und einen prima Grundsound hat. Bis auf ein leichtes Zischeln im oberen Mittenbereich ein sehr ausgewogenes Mikrofon mit einer schönen Grundtönigkeit. Der Roland VT-3 wurde zum Abhören dann zuerst an meine Samson C-Control (eine kleine, aber feine Signalmatrix) angehängt und von dort ging es direkt in einen Fostex CR-500 CD-Recorder. Der Aufnahmeweg in meinen Mac fand über die USB-Buchse statt, aufgenommen wurde wie immer bei mir mit dem Digital Performer von Motu.
Alle eingesprochenen Stimmen sind die meinige und die Soundfiles wurden weder komprimiert noch mit einem externen Gerät nachbearbeitet, es ist „VT-3 nackt“, quasi …
Wie klingt der Roland VT-3?
In meinen Ohren prächtig! Die Klangbeispiele sollen euch einen ersten Eindruck vermitteln, was so möglich ist. Und gleich vorab: Wer einen Ersatz für seinen BOSS VT-1 sucht – ja, das hat er voll drauf. Das Schöne: Bei Faderfahrten rasselt, scheppert, kracht rein gar nichts, der Prozessor des VT-3 arbeitet sauber und schnell. Das Gerät rauscht fast gar nicht und selbst der Mikrofoneingang ist von guter Qualität. Mein beim Test verwendetes Røde NT 1000 fühlte sich pudel-, nein eher känguruhwohl an dem Roland (Røde-Mikrofone kommen ja aus Australien).
Im ersten Soundfile wird „Auto Pitch 1“ verwendet mit einem in die tiefste Stellung gezogenen Pitch- und Formant-Fader, der im zweiten Teil des Files ganz nach oben gezogen wird. Die Mix-Balance stand komplett auf „Effect“. Der Hall stammt ebenfalls vom VT-3.
Hier wurde die Funktion „Robot“ eingeschaltet in Verbindung mit dem Vocoder:
Und hier wurde der Vocoder alleine verwendet:
Beim vierten Beispiel steht der Drehregler auf „Synth“ und das zuerst ohne Effekt gesprochene „Woow“ wird in den Effekt hinein gefadet.
Hier steht der Drehregler auf „Bass“:
Beim sechsten Beispiel wurde die Stellung „Radio“ gewählt und zusätzlich am Mikrofon gewackelt …
Das ist der „Scatter“-Effekt:
Und hier stand der Wahlregler auf „Direct“ und es wurde unterschiedlich gepitcht:
Was gibt es zu meckern?
Die Bedienungsanleitung – oh mei! Wenn ihr euch anstrengt, dann schafft ihr diese bestimmt NOCH kleiner, liebe Roländer. Auf einem riesigen Faltblatt befindet sich zwischen allen Sprachen irgendwo auch Deutsch, aber das ist stellenweise so klein geschrieben, dass es nicht einmal mehr die Lesebrille tut. Zudem findet sich nichts, aber auch gar nichts zu den technischen Daten des USB-Audiointerfaces. Dass man sogar mit (bzw. ausschließlich) 96 kHz aufnehmen kann, habe ich nur durch Ausprobieren festgestellt.
Drei Speicherplätze für Eigenkreationen sind bei den Möglichkeiten viel zu wenig, ein Minimum von sechs oder besser neun wären viel besser. Platz wäre auf der Oberfläche des Gehäuses noch reichlich gewesen.
Was am Roland VT-3 aufgefallen ist
war die weitestgehende Rauschfreiheit des Mikrofon-Vorverstärkers sowie die extrem geringen Stör- und Nebengeräusche des Gerätes insgesamt, die faktisch nicht hörbar sind.
Der Spaßfaktor ist bei diesem Gerät sehr hoch und man kann es sehr kreativ einsetzen. Die großen Taster und vor allem die griffigen Fader mit ihrem gut dosierbarem Widerstand sind live wie im Studio eine Freude.
Ich konnte im Test das Gerät ausschließlich mit 96 kHz betreiben, hatte aber die Wahl, ob mit 16 oder 24 Bit. Es scheint keine Möglichkeit zu geben, eine andere Samplerate einzustellen.
Der Kopfhörerverstärker ist halt nicht so der Allerkräftigste. Fürs Overdubbing beim Recorden ist er schon okay, in einer lauten Bühnensituation zum schnellen Überprüfen des Sounds ist das aber zu leise, was er maximal kann.
Für wen ist der Roland VT-3 das richtige Gerät?
Für alle, die gerne singen! Wenn man sich seinen kindlichen Spieltrieb bewahrt hat, kommt man gar nicht mehr weg von diesem Kasterl. Schick designt macht es sowohl zu Hause, im Studio wie auch auf der Bühne eine gute Figur, zudem ist es nicht sehr teuer. Den VT-3 kann ich mir auch gut bei der Filmvertonung vorstellen, bei diversen Theaterprojekten und bei Electronic Acts sowieso. Der Klang genügt professionellen Ansprüchen, lediglich der Ausgangspegel des Gerätes ist bei -10dBu angesiedelt, was man so allgemein als den „HiFi-Pegel“ kennzeichnet. Macht aber nix, macht das Gerät nicht schlechter.
BOSS VT-1 vs ROLAND AIRA VT-3
Der „Neue“ macht seinen Job hervorragend. Den Boss VT-1 ahmt er nicht nur perfekt nach, sondern steckt ihn dank zusätzlicher Möglichkeiten und eines deutlich niedrigeren Rauschspannungsabstandes auch locker in die Tasche. Zieht man dann noch in Betracht, dass ein gebrauchter VT-1 heute ca. 50,- Euro mehr kostet als ein neuer VT-3, stellt sich die Qual der Wahl kaum noch. Höchstens irgendwo auf einer sentimentalen Ebene. ;-)
Vielen Dank für diesen guten ersten Eindruck: Das Gerätchen scheint ja einiges zu können und hat immerhin drei Speicherplätze mehr als der VT-1 :)
Was ich jetzt aber nicht auf der Bedienoberfläche gesehen habe, ist der Schalter für den Dialekt-Modus.
Oder wird das softwareseitig eingestellt…..
Am 1. April erhielt ich die Nachricht, dass demnächst ausser Bayrisch auch Hessisch, Sächsisch und Schwäbisch als Download angeboten wird. Angewählt wird es dann durch dreimaliges Wiederholen einer Zauberformel, die beim Einschalten des Gerätes in die Klinkenbuchse hineingebrüllt werden muss….. ;-)
Musikalische Grüße von
„Onkel Sigi“
@Onkel Sigi Ei gudde,
isch maan wenn des de gudde Onkel Ludwisch noch elebbe täde könnt.
Ich war ja skeptisch, das Onkelscher Siggii des Gerät antesten derf, awwer isch maan, des hädd er schee gemachd.
Ich habs mal ewwe bestellt :-)
ps: Wenn man zum hessischen Beschwörungsruf Licher kippt, erscheinen einem Die Amigos :-D
@TobyB Verflixt. Mundart in Schriftform; jetzt brennen meine Augen ganz fürchterlich.
Oder „füschdalisch“ wie ihr sagen würdet. :)
Ich hab mir das Ding aber auch heute vormittag spontan bestellt; stand eigentlich nicht auf der Liste, aber der Test hier hat das Gerätchen spontan ins Blickfeld gebeamt….
Hallo Andreas,
Ich kann auch Hochdeutsch, bin eh nur nen Immie, a Zugezoschener. Und das Platt was die hier in der Wetterau babbeln, verstehen wir beide nicht ;-) Hier Gibts so eine Mundartband Kork, nicht Korg, die singen immer von der ruure roiwe robb maschine, die Klingen dann wie die Amigos durch die VT3 Einstellung Roboter. :-)
@TobyB Gott bewahre!!!
Die Amigos waren mein absolut grauenvollstes Fernseherlebnis: Nachts um 1/2 3 aufgewacht und in eine Dauerwerbesendung geraten. „Die größten Erfolge“ der Amigos auf 5 CD´s + Interview-CD „Was Sie schon immer über die Amigos wissen wollten“. Ich saß 15 Min. völlig paralysiert da, unfähig, den Ausschaltknopf zu betätigen…
@Armin Bauer Und weißt du nun wenigstens alles über die Amigos, was du immer schon wissen wolltest (dich aber nicht zu fragen trautest)?
Nee, alles nicht, aber:
1. Die Amigos haben nur ein CD-Cover, allein die Hintergrundfarbe ist unterschiedlich und Der mit der Gitarre steht manchmal links, manchmal rechts.
2. Die eben erwähnte Gitarre ist einziges Instrument im Bild, wird eifrig geschrubbt, ist aber immer unhörbar.
3. Die Originalstimmen sind komplett ausgeblendet, es ist nur das Hallsignal zu hören.
Alles in Allem also ein Hörgenuss, den sich kein Musikliebhaber entgehen lassen sollte…
@Armin Bauer Aber es gibt da tatsächlich etwas (und hiermit sind wir komplett off topic), das das noch schlägt, und zwar die DVD zum Abschiedskonzert der Flippers.
Da bin ich mal eim Zappen hängengeblieben (MDR wahrscheinlich) und hab mir das an dem Abend reingezogen und am nächsten Tag sofort die DVD gekauft.
Übelstes Vollplayback, debile Texte („Dann macht es bum bum bum bänge bum bum bum.
Ich hab ein Herz aus Schokolade.“) und wie gewohnt den besten Drummer ever. Dazu das passende Publikum, über das die Kamera immer wieder gerne und ausgiebig schwenkt, mit vielen Rollatoren oder vollkommen betrunkenen Teilnehmern von Junggesellenabschieden.
Schau dir das mal an, es ist wirklich unbeschreiblich.
@Armin Bauer Hallo Armin,
einmal im Jahr machen die hier immer ihr Festival der guten Laune in Hungen, da brennt hier der Kittel. Für die eisenharten Fans hat die Stadt Hungen den Amigos schon eine Wegtafel „zu den Amigos“ spendiert. Ich mach mal Foto, wenn ich da vorbeikomme. :-D Um mal ganz elegant die Kurve zu kriegen, mein VT3 hat mir grade ne Mail geschrieben und möchte abgeholt werden.
:-)
Danke für den Test. Eine Anmerkung nur: Ich finde, ein eindeutiger Minuspunkt ist der fehlende Eingang für ein Carrier-Signal, was bei einem „richtigen“ Vocoder doch Standard ist.
@Jakspin Hallo! Ich möchte mich auch für den Test bedanken und mich greekotronic anschließen: der fehlende Carrier-Eingang ist für mich der Grund, mir den VT-3 nicht zu kaufen. Ich denke zwar, dass weder der VT-1 noch der VT-3 als vollwertiger Vocoder gedacht ist, aber schade ist das schon. Wahrscheinlich hätte man den wirklich niedrigen Preis auch nicht halten können.
Da bleibe ich lieber doch bei meinem (analogen) MAM VF-11. Der ist zwar nur grau und mono, hat aber einen Carrier-Eingang, mit dem der Sound sehr flexibel wird. Außerdem kann er als Filterbank eingesetzt werden. Äpfel mit Birnen möchte ich hier allerdings auch nicht vergleichen :-)
Danke für den Test!Schade das nicht mehr auf die USB-Audio Funktion eingegengen wurde! Mich würde vor allem die Integration in Ableton Live interessieren. Kann ich da direkt Aufnehmen per USB?
@tuonodriver Griass Di tuonodriver,
ich selber habe kein Live, kann es also nicht genau sagen. Aber normalerweise sollte das gehen, wenn Live die Samplerate von 96 kHz unterstützt.
Mit musikalischen Grüßen
„Onkel Sigi“
@Onkel Sigi Hallo,
zumindestens beim Mac, da frisst Live das Audio Signal was im der Treiber serviert.
Also die tiefen Stimmen klingen ganz cool damit, die hohen Stimmen aber zu sehr nach Helium und künstlich.
Die 9 restlichen „Charakter“ sind leider allesamt Schwachsinn. Sowas finden Kinder vielleicht lustig, aber ansonsten sehr eintönig und musikalisch kaum verwendbar.
Da benutze ich lieber den creamware scope sonic core mit gelieferten Vocoder, der hat sich mal richtig gründlich gewaschen und ist ausgereift bis ins Detail.
Und Onkel Sigi ist ein lustiger Geselle
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