Voll auf die Ohren
Der Rolls RA-62c ist ein 6-Kanal-Kopfhörerverstärker für flexibles Monitoring in unterschiedlichsten Szenarien. Der Verstärker bietet neben ganz klassischen Ausgängen für Kopfhörer auch weitere Funktionen, die den Rolls zu einem flexiblen Tool im Studio machen. Ich habe das Gerät mit verschiedenen Kopfhörern getestet und mir die interessanten Features angesehen.
Inhaltsverzeichnis
Was ist der Rolls RA-62c?
Es ist ein Kopfhörerverstärker. Nicht so spannend, oder? Na ja, kommt darauf an. Das Unternehmen aus Salt Lake City im Bundesstaat Utah, USA gibt es seit 1989 und begann mit dem Bau von Verstärkern, Mischpulten und Equalizern für professionelle Anwendungen.
Der Rolls RA-62c ist schon seit fast zehn Jahren im Programm der Amerikaner und hat sich im Markt behauptet – nicht zuletzt wegen den Monitoring-Funktionen und dem Input-Panning, was man bei den Mitbewerbern kaum findet.
Ein Kopfhörerverstärker soll im Wesentlichen den Musikern den individuell besten Sound bereitstellen. Dies ist meistens nicht das Summen-Stereosignal, sondern ein spezieller Mix der beispielsweise den Click-Sound, das Schlagzeug oder sogar spezielle Anweisungen aufs Ohr gibt (z. B. Count-Ins). Der Mixing Engineer nutzt dazu Systeme, wie den Rolls, um dem Künstler eine optimale Kulisse für seine Darbietung zu bieten.
Die Ausstattung des Rolls RA-62c
Auf der aufgeräumten Frontplatte des 19“ Rack-Gerätes mit einer Höheneinheit finden wir die sechs identisch aufgebauten Kanäle. Jeweils mit einer 6,3 mm Klinkenbuchse und einer 3,5 mm Klinkenbuchse ausgestattet, die laut Hersteller auch parallel betrieben werden können.
Eine mit „Clip“ bezeichnete LED zeigt an, ob sich der Eingangspegel noch im grünen Bereich befindet oder zum unkontrollierten Verzerren (Clipping) neigt. Ein ungerasterter Volume-Regler mit weißer Kennzeichnung ist für die Lautstärke zuständig. Dazwischen finden wir den Mix-Regler, dessen Funktion ich im nächsten Abschnitt beschreibe.
Rechts neben den sechs Kanälen haben wir einen Mono/Stereo-Schalter. Dieser summiert den linken und rechten Kanal und produziert ein Monosignal aus beiden Anteilen. Wenn das Main-Eingangssignal Mono ist und nur über einen Kanal eingespielt wird, dann verteilt der Stereo/Mono-Schalter dies zu gleichen Teilen auf beide Seiten.
Dann ein Drehregler mit der Bezeichnung „Main Input Pan“ neben einer 6,3 mm Klinkenbuchse mit der Aufschrift „Main Input“. Das Panning ist letztlich ein Balance-Regler, der in der 12:00 Uhr Stellung das Signal zu gleichen Teilen an den linken und rechten Kanal sendet. Leider hat dieser Regler keine Rasterung auf Mittenstellung.
Der Main-Input auf der Frontplatte spiegelt die Inputs auf der Rückseite des Gerätes, allerdings für einen Stereo-Klinkenstecker, wie er beispielsweise aus dem Headphone-Out eines Mischpults kommt.
Anschlüsse
Auf der Rückseite haben wir ganz links die Buchse für das externe Netzteil. Dies ist eine Steckerwarze mit 12 V bei 700 mA Leistung. Dann kommen die Inputs, wahlweise als symmetrische XLR-Buchsen, 6,3 mm TRS-Buchsen (symmetrisch/unsymmetrisch) und sogar zwei unsymmetrische Cinch-BNuchsen (RCA), jeweils getrennt für den linken und rechten Kanal.
Dann noch für jeden Kanal je zwei 6,3 mm Klinkenbuchsen, beschriftet mit „DIRECT INPUT“ und „OUTPUT“. Und nicht zu vergessen: Der Rolls hat auf der Frontplatte einen On/Off-Schalter, sehr lobenswert!
Die Direkt-Input-Funktion des Rolls RA-62c
Wie zuvor erwähnt, ist es bei Geräten wie dem Rolls RA-62c üblich, jedem der Kopfhörerkanäle ein individuelles Signal zuzuführen, damit der Künstler seinen optimalen Klang bekommt. Beim Rolls würde man diese unterschiedlichen Mixe auf die Direct-Inputs auf der Rückseite führen. Im Allgemeinen wird dieses Signal als Cue Mix bezeichnet.
Nun kann man über die Main-Inputs ein Signal einspeisen, das für alle gleich ist. Ich habe von Anwendern gehört, die hier den Click einspeisen oder das Talkback-Mikrofon, um alle Musiker gleichzeitig zu informieren. Gerne spielt man hier auch die Rhythmus-Sektion (Schlagzeug, Percussion und Bass) ein. Damit hier kein Klangmatsch entsteht, haben wir bei jedem der Kopfhörerkanäle einen Mix-Regler, der das Verhältnis zwischen Main-Input und Direct-Input regelt.
Verarbeitung und Erwartung an den Rolls RA-62c
Der Rolls ist gut verarbeitet, gar keine Frage. Die Epoxoidplatine im Inneren ist durchkontaktiert, das Chassis ist aus stabilem Stahlblech gefertigt, die Aufdrucke sind gutablesbar und die Drehregler haben einen sehr angenehmen Drehwiderstand.
Weniger gut hat mit das externe Netzteil gefallen, dessen Stecker nicht verriegelbar ist und auch die XLR-Buchsen auf der Rückseite haben keine Verriegelung. Der Platz zwischen Volume- und Mix-Regler ist etwas eng bemessen und kann für Menschen mit größeren Händen etwas fummelig werden.
Zu meiner Erwartungshaltung: Ein Kopfhörerverstärker verbindet sich entweder mit einem Funksystem oder direkt verkabelt mit den Kopfhörern. Dazu muss er genügend Leistung bringen, damit im Ernstfall auch sechs hochohmige Kopfhörer laut genug mit Signalen versorgt werden können. Dazu sollte das Gerät auch bei hohen Pegeln rausch- und verzerrungsfrei frei sein. Schauen wir uns an, ob dies in der Praxis beim Rolls gegeben ist.
Die technischen Daten des Rolls RA-62c
- Input Impedance: 10K Ohms unbalanced
- Max Input Level: +18 dBV
- Max Gain: 20 dB/Channel
- Frequency Response: DC – 30 kHz
- S/N Ratio: 90 dB
- THD: <0,008%
- Crosstalk: – 65 dB
- Maße: 48 cm x 4,5 cm x 17 cm
- Gewicht: 3 Kilogramm
Der Rolls RA-62c in der Praxis
Für meinen Test stehen mir drei unterschiedliche Kopfhörer zur Verfügung:
- Der Neumann NDH-30 mit 120 Ohm Nennimpedanz und einer Empfindlichkeit von 104 dB SPL
- Der Beyerdynamik DT 770 Pro mit 250 Ohm und einem Kennschalldruckpegel von 96 dB
- Der Philips Fidelio X2HR mit 30 Ohm und einer Empfindlichkeit von 100 dB
- Neumann NDH30
- Beyerdynamic DT 770 Pro
- Philips Fidelio X2HDR
Der Rolls wurde dabei an die Line-Out-Buchsen 3 und 4 des Universal Audio Apollo TWIN X Quad angeschlossen, die mit einem Referenzpegel von +4 dBU unabhängig vom Lautstärkeregler spielen.
Methodische Tests
Beim Einspielen von weißem Rauschen konnte ich nachvollziehen, dass die Kanäle überwiegend unabhängig voneinander arbeiten. Ich habe die drei Kopfhörer kurz vors Clipping eingepegelt. Und wenn man einen oder zwei abzieht, dann verändert sich der Pegel des verbleibenden Kopfhörers nicht.
Dies ist auch unabhängig davon, ob ich den 250 Ohm Beyerdynamic abziehe oder einen der anderen Kopfhörer.
Auch ist die Einstellung des jeweiligen Pegelreglers identisch, d. h. bei identischer Pegeleinstellung kommen die internen Amps langsam ins Clipping. Natürlich ist bei dieser Einstellung der Phillips mit 30 Ohm viel lauter als der Beyerdynamik.
Interessanterweise gilt dies auch, wenn ich zwei Kopfhörer an einem Kanal betreibe. Das Clipping kommt immer erst bei einer Reglerstellung von ca. 13:00 Uhr (wie bei den Tests zuvor auch).
Klangtests
Zum Vergleich habe ich die internen Kopfhörerverstärker des Apollo X6 von Universal Audio herangezogen, die einen anerkannt guten Ruf haben. Neutral und dynamisch ohne jegliche Färbung spielen alle drei Kopfhörer am Apollo mit mehr als ausreichend Maximalpegel, auch der DT 770 Pro. Der Rolls kann noch etwas lauter, bevor die Clipping LED aufleuchtet.
Positiv: Der Rolls rausch praktisch gar nicht. Selbst bei voll aufgedrehtem Pegel ist hier ein minimales Rauschen wahrnehmbar, was in der Praxis im Bereich des Unhörbaren liegt.
Um es kurz zu machen: Der Apollo schlägt den Rolls klanglich in nahezu jeder Disziplin. Im Vergleich ist der RA-62c deutlich heller sogar mit einer leichten Tendenz zur Schärfe, insbesondere wenn man sehr laut hört. Der Apollo bietet viel mehr Kraft in den unteren Lagen und das Klangbild verwischt nicht, wenn es komplex und dicht wird (Beispiel „Make Us Stronger“ von Ghost Rider).
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Auch in Sachen Abbildung und Natürlichkeit liegt der Universal Audio klar vorne. Bei schnellem Umstecken bemerkt man, wie die einzelnen Instrumente mehr Raum und Struktur haben. Der Rolls ist hier dichter gedrängt und in Sachen Detailreichtum eher oberflächlich (Beispiel „Chitlins Con Carne Remastered 2012 von Kenny Burrell).
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Bei „Dreaming“ von Amanda McBroom bekommt die Stimme beim RA-62c zu viel Präsenz und Schärfe.
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Einordnung der Tests
Der Rolls erfüllt alle Erwartungen. Wirklich? Ja, denn das Gerät soll nicht den High-End-Nerd, den Mixing- oder Mastering Engineer ansprechen. Es geht beim RA-62c nicht um das letzte Quäntchen Klangqualität, sondern um einen zuverlässigen Betrieb, rauschfrei und ohne Verzerrungen auch bei hohen Pegeln und das bekommt man beim Rolls RA-62c definitiv. Ja, er könnte etwas ausgeglichener und feiner klingen, aber der Musiker im Studio bekommt das Kopfhörersignal als Stütze für seine Performance. Dafür und für den wirklich günstigen Preis von 379,- Euro bekommt man ein gutes Paket vom Team aus Salt Lake City.
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Glaube da würde ich einen von Lake Audio vorziehen. Man stelle sich ein Audiointerface vor und dann dieses Gerät dahinter. Dann schaut man sich KH-Verstärker von Lake Audio an. Ich denke in Sachen Größe und Preis,-Leistung hat man in den Fall mehr davon meiner Ansicht nach.
@Filterpad Ich habe für sowas ein Gerät von Samson in halber 19″-Breite, und ich hätte das Ding gerne in voller Breite gekauft. Dann würde es direkt ins Rack über die Interfaces passen, ohne, daß ich einen 19″-Boden und Klettband brauche wie derzeit.
Also, ich finde DIESEN Formfaktor viel praktischer, wenn man wenig Platz auf dem Schreibtisch, aber ein Rack hat.
@mort76 Total verständlich! 😊
@mort76 Gibt´s doch, den Samson S-Phone.
Sieht so aus als wäre der inzwischen eingestellt, Restposten oder gebraucht sollten aber zu kriegen sein.
Macht bei mir seit Ewigkeiten seinen Job.
@Armin Bauer Mir ging es eher um die Vorteile des Formfaktors ansich.
Der Samson IST hier jetzt schon im Rack, und eine Verbesserung an der Stelle würde einfach nix bringen. Hätte ich vorher dran denken müssen.
Beim Kopfhöterverstärker ist der Klang nicht erstrangig. Wer das nicht so sieht kann ja, zumindest auf dem Mac, drei Apollo X6 zu einem aggregated Device zusammenschalten und hat dann 6 hochwertige Kopfhörer Outs. 😇
Knapp 400€ finde ich dagegen ziemlich hingelangt, wenn ausser der Verarbeitung nichts besonderes bei ist. Kopfhörerverstärker sind ja keine Raketentechnik. Das erledigen Standardmodule.
@Tai ja, hab den von Uli um 40 Euro oder so. 😎
kleines Gehäuse, 4 Potis und nicht viel mehr.
mackie hat auch etwas ähnliches.
lustigerweise haben die auch schon Pulte von Behringer geklont!
vielleicht die Retourkutsche wegen der Streits in den 90ern?
Uli hat ja schon damals dreist geklont.
mackie hat damals geklagt.