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Test: Rupert Neve Designs Portico 5211, Mikrofonvorverstärker

Hochwertiger Mic-Preamp von Neve

23. August 2019
rupert neve designs portico 5211

Rupert Neve Designs Portico 5211, Mikrofonvorverstärker

In Zeiten des Sterbens großer Tonstudios müssen sich auch die Hersteller namhafter großer Konsolen am Markt anderweitig ausrichten. Was liegt da näher, als ihr Know-how statt in großen Tischen im handlicheren 19‘‘-Format unter das wachsende Volk vieler kleiner Studios zu bringen. Diesen Weg hat auch seit geraumer Zeit die Firma von Rupert Neve eingeschlagen bzw. dessen Nachfolgeunternehmen.

Geschichtlicher Hintergrund zu Ruppert Neve

1926 in England geboren avancierte der studierte Elektroingenieur mit seinen Aufnahmegeräten zu einem der führenden Hersteller der Branche und gelangte mit seinen Mischpulten zu Weltruhm. Die Firma wurde 1985 an Siemens verkauft und wurde mit AMS fusioniert. Im Jahr 1989 gründete Neve dann das Unternehmen Focusrite, seit 2005 besteht die aktuelle Firma Rupert Neve Designs. Darüber hinaus führte eine Kooperation mit sE Electronics zu drei Mikrofonmodellen, bei der RND maßgeblich an der Elektronik beteiligt war.

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Rupert Neve Designs Portico 5211

Ausstattung des Neve Portico 5211

Das Gerät selbst ist sehr hochwertig gefertigt, Kunststoffanbauten vermisst man völlig. Das Gain ist ein Schalter, die anderen Drehregler sind gerastert, womit man beide Kanäle exakt gleich einstellen wie auch reproduzieren kann.

Neben der groben Aussteuerungs-LED-Kette, der beleuchteten Hochpassfilter-Taste, der 180 Grad Phasendreher-Drucktaste und der Silk-Funktionsanzeige verfügt das Gerät über einen Gain-Schalter in den Stufen 6, 12, 18, 24, 30, 36, 42, 48, 54, 60 und 66 dB Verstärkung sowie einen gerasterten Drehregler zur Feinabstimmung zwischen -6 dB und +6 dB, womit sich sämtliche Verstärkungsgrade stufenlos zwischen 0 dB und 72 dB erzielen lassen.

Rupert Neve Designs Portico 5211

Das Hochpassfilter mit 12 dB pro Oktave ist ein Bessel-Filter, das ein optimales Rechteckübertragungsverhalten gewährleistet und somit eine konstante Gruppenlaufzeit im Durchlassbereich bietet. Die Frequenz dieses Hochpassfilters ist durch einen gerasterten Drehregler von 20 Hz bis 250 Hz einstellbar.

Es ist empfohlen, die untere Grenzfrequenz nicht zu hoch anzusetzen, da abgeschnittene und somit fehlende Tieftonanteile nur schwer rekonstruiert werden können. Hier ist also Vorsicht geboten. Bei weiblichen Stimmen ist es aber durchaus sinnvoll, im Vorfeld großzügiger zu filtern, um die nachfolgende Elektronik nicht unnötig mit Anteilen zu übersättigen, die man ohnehin nicht benötigt.

Rupert Neve Designs Portico 5211

Eine weitere Einstellungsmöglichkeit ist die zumischbare „Seide“, hier „Silk“ genannt, die nach der eigentlichen Vorverstärkerstufe stattfindet. Hier wird die harmonische Verzerrung der Mitten und Höhen durch den Übertrager von quasi null auf 1,5 % volle harmonische Verzerrung mit dem „Texture“-Potentiometer gefahren, nachdem man die „Silk“-Funktion aktiviert hat. Diese orientiert sich an den Charakteristika und der Obertonstruktur vieler Rupert Neve Vintage Class-A Verstärkerschaltungen.

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Die LED-Anzeige gliedert sich in -10 dBU, -2 dBU, +4 dBU, +6 dBU in Grün und in +14 dBU und 18 dBU in Orange sowie +22 dBU in Rot, die etwas länger leuchtet, um vor der anstehenden Verzerrung zu warnen, die 3 dB darüber zu warnen.

Eine Phantomspeisung für 48 V ist ebenso zuschaltbar. Gemessen werden allerdings nur 46 V, was allerdings der Norm von plus/minus 4 V noch absolut innerhalb der Toleranz liegt. Man darf nicht vergessen, dass hier viele Hersteller keine Sorgfalt walten lassen und es zu extremen klanglichen Einbußen kommen kann. Nicht so beim Neve 5211!

Rupert Neve Designs Portico 5211

Auf der Rückseite des Gerätes findet man einen sehr nützlichen Ground-Lift-Schalter. Ebenso bfinden sich hier die beiden Mirkofoneingänge wie auch je Eingang zwei gesonderte Ausgänge. Einmal linear zur Verstärkung sowie mit 6 dB Dämpfung. Das ist in dem Fall sinnvoll, wenn man die Übertrager wie auch die gesamte Elektronik zur Klanggestaltung durch Übersättigung „heiß“ anfahren möchte, aber die A/D-Wandler der nachfolgenden Kette nicht übersteuern möchte.

Das gesamte Chassis ist sowohl elektrisch als auch gegen hochfrequente Anteile geschirmt!

Der symmetrische Eingang ist nicht nur für Mikrofonsignale geeignet, sondern auch bei 0 dB Vorverstärkung für Line-Signale. Was die Impedanz anbelangt, so ist man mit 8.900 Ohm auf der absolut sicheren Seite, bedenkt man, dass ein Mikrofon um die 200 Ohm, ein Line-Signal über 1000 Ohm liegt. Verfärbungen des Signals treten somit messtechnisch faktisch nicht auf.

Auch der Rauschabstand ist mit 104 dBV bei Line-Signalen als auch bei 98 dBV beim Mikrofon mit 30 dB Verstärkung mehr als hervorragend. Die Leistungsaufnahme beträgt 35 Watt bei einem Gesamtgewicht von 5 kg.

Rupert Neve Designs Portico 5211

Abschließend gilt anzumerken, dass dieser Verstärker messtechnisch und schaltungstechnisch zu den modernsten und rauschärmsten Geräten neuester Generation angehört.

Klangliche Eigenschaften, Einsatz und Bewertung des RND 5211 Preamps

So habe ich den Neve 5211 gegen diverse andere, teils nicht mehr hergestellte Vorverstärker antreten lassen. Meine Bilder zeigen den Neve in Kombination mit einem Splitter, der die Mikrofone auf die verschiedenen Vorverstärker aufteilte.

Zur Anwendung kamen hier unter anderem der Neumann V476b, TAB V76, Salzbrenner-Stagetec Nexus Vorverstärker der 2. Generation wie auch der Zoom F8 Fieldrecorder Vorverstärker.

Rupert Neve Designs Portico 5211

Zum Einsatz kamen bei den Hauptmikrofonen immer die Kugeln von Neumann, Typ KM53, aus dem Jahr 1953 mit Röhre AC701 wie auch bei der Gitarren-Aufnahme das Neumann M50 Kleinmembranröhrenkondensatormikrofon sowie das Neumann M49 bei der Tenorsaxophon-Aufnahme.

Bis auf die Gitarren-Aufnahme handelt es sich um Live-Mitschnitte, wie an dem Übersprechen der anderen Schallquellen zu erkennen ist.

Die Funktion „Silk“ habe ich in den Klangbeispielen beim Saxophon und der Gitarre festhalten können.

Rupert Neve Designs Portico 5211

Allgemein kann ich sagen, dass der Neve 5211 sehr analytisch, detailgetreu und hell klingt sowie durch schnelle Einschwingzeiten überzeugt, gerade bei der exakten Abbildung von Percussion.

In einer anderen Aufnahmesituation der Aufzeichnung gefiel mir der insgesamt runder klingende Neumann V476b wesentlich besser. Der V76 liefert das im Höhenbereich eingegrenztere Signal bei jedoch förmlich dreidimensionaler Abbildung! Eine Plastizität wie hier hat bisher keiner der erwähnten Vorverstärker erreicht.

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Fazit

Abschließend muss ich sagen, dass der Neve 5211 ein hervorragend konstruiertes, sehr hochwertiges Gerät ist, das als Hauptverstärker in einem kleinen Studio nicht fehlen sollte. Allerdings ergibt es meiner Ansicht nach keinen Sinn, sich zehn dieser Einheiten anzuschaffen, um ein Orchester mit 20 Mikrofonen abzunehmen, die Qualität wird dadurch nicht merklich gesteigert.

Maßgeblich ist der Verstärker für wichtige Schallquellen wie Hauptmikrofonie, Sänger und führende Instrumente. Hier kommt sein Potential voll zur Geltung.

Verglichen mit der Peripherie der ARD-Anstalten, die ich gewohnt bin, hätte ich mir in der Preiskategorie und dem Anwenderkreis einen zweiten, separat wählbaren Eingang gewünscht, der bei der Festverdrahtung mancher kleinerer Studios zu mehr Flexibilität geführt hätte, sowie einen unsymmetrischen dritten Ausgang, der auf eine gesonderte Abhörschiene gelegt werden kann. Aber das ist wohl Jammern auf hohem Niveau.

Plus

  • hochwertige Verarbeitung und "amtlicher" Klang
  • gerasterte Drehregler, die Einstellungen 1:1 auf den anderen Kanal übertragen lassen und auch reproduzierbar machen

Minus

  • im Vergleich zu den genannten Vorverstärkern eine leichte Schärfe im Klang

Preis

  • Ladenpreis: 2.159,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    Marco Korda AHU

    … und ich dachte immer, bei mir im (Home-)Studio ist Kabelchaos, aber was ich auf den Bildern hier sehe… das – ähm – beruhigt mich doch gewaltig :-)))).

    Zum Test: ein paar Details hätte ich mir vielleicht noch gewünscht, leider kann ich mir das aber ohnehin nicht leisten. ich dachte immer: Neve kann man „blind“ kaufen, da ist immer Qualität drin. Vielleicht hat der Autor es auch deswegen dabei belassen. Danke für die Mühen.

    • Profilbild
      Niels Reckziegel

      @Marco Korda Da es sich um fliegende Aufbauten im Live Bereich handelt and verschiendenen Orten und alle Signale gesplittet wurden zwecks Vergleichbarkeit lässt sich eine komplexere Verkabelung wohl kaum vermeiden.
      Welche Inhalte währen wünschenswert gewesen ohne subjektiv abzuschweifen? Technische Fakten sind soweit alle erwähnt.

      • Profilbild
        Marco Korda AHU

        @Niels Reckziegel Ich war vom Fazit überrascht, als es da hieß, der Neve habe eine leichte Schärfe im Klang. Das ist mir weiter oben nicht aufgefallen. Ich hätte gerne gewusst, wie sich das ableitet. Gibt es da im Frequenzgang Auffälligkeiten? Ist der linear? Gibt es Betonungen irgendwo, die das erklären könnten?
        Ansonsten habe ich das nicht ironisch gemeint, dass ich mich für die Mühen bedankt habe. Das mit den Kabeln war auch keine Kritik, sondern beschreibt dann wohl eher meine zwanghafte Natur :-)

        • Profilbild
          Niels Reckziegel

          @Marco Korda Ich habe die Anmerkung nicht negativ aufgefasst, sondern für mich eine Verbesserung meiner Leistung erhofft, indem ich auf berechtigte Wünsche eingehen kann.
          Das Wort Harsh habe ich nicht verwerndet, da ich weitgehend neutral sein wollte und bin nur im Gesamturteil darauf eingegangen im Vergleich mit den anderen Verstärkern, wo das dann meiner Meinung nach zutrifft, aber das ist Geschmackssache. Einfach in die Beispiele intensiv hineinhören. Messtechnisch gibt es keine Erklärungen, Mikrofone sind auch alle Linear im Frequenzschrieb und klingen doch soo unterschiedlich….

  2. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Endlich mal ein knapp gefasster Test hier auf Amazona, der ohne das überhandnehmende copy/ paste der jeweiligen Hersteller (Marketing) Unterlagen auskommt. Zudem von jemandem, der in der Lage ist kritisch zu vergleichen, anhand Ausbildung, Profession und Best Practices.

    Danke Niels. Ich würde gerne mehr von Dir und anderen lesen, die es einfach können.

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