Die Kraft der zwei Herzen
Das Sanken CU-51 ist in gewisser Weise eine Premiere, denn bisher hatten wir bei AMAZONA.de noch kein Mikrofon dieses Herstellers im Test. Sanken fristet in Europa leider noch immer eine Art Nischendasein, dabei ist das Produktportfolio äußerst umfangreich. Von winzigen Lavaliermikrofonen, über Großmembranern bis hin zu Richtrohren, Grenzflächen und Stereomikrofonen – Sanken hat sie alle im Programm. Also ran ans CU-51, um zu sehen, wie es sich im Studio schlägt.
Sanken CU-51 Made in Japan
Sanken ist der älteste Mikrofonhersteller Japans und wurde bereits 1925 von Rihei Tekeuchi in Shinagawa, Tokyo gegründet. Ähnlich wie bei Neumann wurden bereits sehr früh Mikrofone für den Rundfunk hergestellt und die Entwicklungen auf die Erfordernisse von Radio, Film und TV angepasst. Viele Patente gehen auf das Konto dieses Traditionsherstellers, der auch Tonanlagen und Mikrofone für mehrere Olympische Spiele in Tokyo bzw. Sapporo lieferte.
Heute kennt man vorwiegend zwei viel jüngere Unternehmen aus Japan, die sich durch die hohe Qualität und innovative Produkte einen fixen Platz in den Tonstudios dieser Welt erobert haben. Audio Technica, die sowohl Mikrofone für den ambitionierten Einsteiger als auch für den anspruchsvollen Profi im Angebot haben, dürfte jedermann ein Begriff sein. Die Firma Sony hat sich durch Mikrofone wie das C-38b, das C-48 oder das C-800G besonders in den USA einen Legendenstatus erarbeitet. Von einem solchen Legendenstatus scheinen die Sanken Mikrofone weit entfernt zu sein.
Langsam aber sicher steigt die Zahl jener, die auch in der westlichen Welt auf die Mikrofone aus dem Land der aufgehenden Sonne aufmerksam werden. Für Grammy-Preisträger George Massenburg (Earth, Wind and Fire, Herbie Hancock …) ist beispielsweise das CU-44x eines der aufregendsten Mikrofone, die er in seinem Leben gehört hat. Bei Overheads geht er sogar noch einen Schritt weiter und sagt, es sei dafür das Beste von allen Kondensatormikrofonen. Solche Aussagen lassen aufhorchen.
Der Lieferumfang des Sanken Mikrofons
Das Sanken CU-51 kommt in einem Case, das noch eine Menge 80er Charme versprüht. Fancy Marketing und modernes Design bekommt man woanders. Hier geht es mit viel Nüchternheit nur um das Mikrofon an sich und um sonst nichts. Im Case gibt es ein Beiblatt mit den wichtigsten technischen Informationen und einen aussagekräftigen, individuellen Frequenzgang – da freut sich das Testerherz. Das Mikrofon selbst ist viel kleiner als gedacht, aber mit 430 g deutlich schwerer als sein Äußeres vermuten lässt. Das Design ist “Unscheinbarkeit at it’s best”. Die matte, braun-grünliche Lackierung erinnert mich an Camouflage, bei Außenaufnahmen dürfte das Mikrofon damit kaum zu entdecken sein. Im Studio wird dieses Mikrofon rein optisch keine Sängerherzen höher schlagen lassen. Ich persönlich würde es sehr begrüßen, wenn Sanken hier als Alternative auch eine vernickelte oder eine schwarze Variante anböte.
Schade ist, dass weder eine Aufhängung noch ein Stativgewinde zum Lieferumfang gehört. Der Anwender sollte bei einem Preis von über 2.000,- Euro schon eine Möglichkeit bekommen, das neu erworbene Mikrofon an einem Mikrofonständer zu befestigen. Der deutsche Vertrieb Gruppe 3 war so nett, mir eine Rycote Spinne für den Test zur Verfügung zu stellen. Für diese sollte man also noch rund 60,- Euro einplanen. Wenn Schockabsorption nicht wichtig ist, kann man sich auch einfach mit einer großen Mikroklemme behelfen, die hält das Sanken CU-51 sicher.
Technische Daten
Das Sanken CU-51 ist ein übertragerloses Kondensatormikrofon mit einer reinen Niere als Richtcharakteristik. Eine Besonderheit ist, dass das Wandlerelement aus zwei Kapseln besteht. Eine Kapsel ist für die höheren und eine für die tieferen Frequenzen zuständig. Zwar sind die Kapseln gleich groß, allerdings unterscheiden sie sich in mechanischem Aufbau und der Spannung der Membran. Ein Blick ins Innere offenbart eine sehr aufwändige und eigenständige Konstruktion.
Die Empfindlichkeit dieses Systems liegt bei sehr guten 31,6 mV, das Eigenrauschen ist mit 14 dB (A) angegeben, fällt in meinen Praxistests allerdings geringer aus und liegt beim Testmikrofon bei 11 dB (A). Der maximale Schalldruck beträgt laut Hersteller 138 dB SPL (1 % THD), das Sanken Cu-51 sollte sich also für alle Anwendungen im Studio eignen. Die Ausgangsimpedanz liegt bei 150 Ohm. Für den Betrieb erfordert das Kondensatormikrofon Phantomspeisung im Bereich zwischen 44 und 52 Volt, für den mobilen Einsatz dürfte der Stromverbrauch von 4 mA interessant sein.
Der Frequenzverlauf des Sanken CU-51 ist recht geradlinig – zwischen 50 Hz und 16 kHz gibt es kaum nennenswerte Abweichungen. Erst im Bereich zwischen 16 kHz und 25 kHz gibt es eine leichte Anhebung um 3 dB – die für viele von uns bereits im unhörbaren Bereich liegen dürfte. Bemerkenswert ist, dass selbst bei einem Einsprechwinkel von 90 Grad dieser ebene Frequenzgang erhalten bleibt. Das wird jene Produzenten freuen, dessen Stimmakrobaten sich beim Singen gerne bewegen, denn selbst wenn sich die Einsprechrichtung ändert, bleibt der Klang beim Sanken CU-51 konsistent. Das ist keine Selbstverständlichkeit – viele Kondensatormikrofone mit Nierencharakteristik verändern ihren Klang in diesem Fall deutlich, besonders was die Abbildung der oberen Frequenzen und damit die Konsonanten und S-Laute betrifft.
Durch die Verwendung von PPS (Poly Phenyl Sulfid) als Membranmaterial ist das Sanken extrem widerstandsfähig und lässt sich auch bei Temperaturen von 60 Grad Celsius und 90 % Luftfeuchtigkeit einsetzen. Sanken scheint bei CU-51 also eine Vielzahl an Innovationen aus dem Ärmel gezaubert zu haben.
Und es hat Zoom gemacht!
So nun aber erstmal angeschlossen das Ding. „Check, one, two …“. Mehr brauchte es nicht, um mir ein “Wow” zu entlocken. Bereits nach einem kurzen Sprachtest hat mich das Sanken CU-51 in seinen Bann gezogen. Es handelt sich um ein wirklich sehr neutral abbildendes Mikrofon. Ein neutraler Frequenzgang wird heutzutage als dunkel wahrgenommen, denn fast jedes am Markt erhältliche Kondensatormikrofon pusht einen gewissen Bereich im oberen Frequenzspektrum. Viele von ihnen schlagen damit sogar über die Stränge, was bei Stimmen zu nervenden S-Lauten oder ausgestellten Mundgeräuschen führen kann. Auch klassische Instrumente wie Streicher können dadurch eine krächzige Note bekommen.
Beim Sanken könnte man im ersten Moment fast denken, man habe es mit einem Bändchenmikrofon zu tun. Mit einer äußerst unaufgeregten Abbildung der Höhen kommt das CU-51 meiner persönlichen Klangphilosophie sehr entgegen. In der Mischung füge ich dem Signal mithilfe eines EQs lieber ein wenig “Air” hinzu, anstatt mich bei Gesangsaufnahmen mit scharfen Frikativlauten oder De-Essern herumzuschlagen.
Da die Empfindlichkeit des Sanken CU-51 recht hoch ist, ist der Anspruch, was die Gain-Reserven des Preamps betrifft, sehr gering. In der Praxis benötigt das Cu-51 rund 6 dB weniger Gain als mein AKG 414 XLS und 11 dB weniger als das Austrian Audio OC818.
Zunächst ein paar Vergleichsaufnahmen an der Akustikgitarre im Abstand von 60 cm. Mit dem Myburgh M1 und dem Vox-O-Rama U49 habe ich gerade zwei große Kaliber bei mir im Studio. Das Golden Age Premier GA-47 hatte ich bereits für AMAZONA.de im Test. Diese drei Mikros sind allesamt Röhrenmikrofone, teilweise mit recht höhenbetonten Kapseln. Mein Neumann U47Fet packe ich ebenfalls dazu – mit seinem betonten Präsenzbereich ist es klanglich in etwa der Gegenentwurf zum Sanken CU-51.
Hier eine Sprachaufnahme um S-Laute, Mundgeräusche und den Nahbesprechungseffekt an der Stimme zu testen. Der Abstand zu den Mikros betrug 20 cm, hier kommt auch ein Austrian Audio OC818 zum Einsatz, das durch die Kapsel im CK12-Stil ein nach obenhin sehr offenes Klangbild besitzt. Zusätzlich habe ich das Melodium 42 B aufgestellt, um auch ein Bändchenmikrofon in der Runde zu haben:
Da mich das Sanken vom Charakter her wie gesagt fast an ein Bändchenmikrofon erinnert, hier noch einige Aufnahmen mit Mikrofonen dieses Typs. Zufällig habe ich gerade erstklassige Ribbon-Mics der englischen Edel-Schmiede Extinct Audio bei mir im Studio. Dies ist natürlich kein wirklich gültiger “Vergleich”, denn neben der komplett unterschiedlichen Wandlertechnik ist auch die Richtcharakteristik der Bändchenmikros eine Acht, während das Sanken eine reine Niere ist. Das Sanken ist also viel fokussierter und fängt weniger Raum und daher beispielsweise auch weniger „Bassdrum-Wums“ bei den Aufnahmen im Drum-Room ein. Interessant ist die unterschiedliche Abbildung aber trotzdem. Das Extinct Audio BM9 ist ein vollmundiges Bändchenmikrofon, während das Black-Ops untenrum schlanker agiert und sich überall dort anbietet, wo ein Royer 121 seinen Platz finden würde. Das Melodium ist übrigens ein französisches Bändchenmikrofon aus den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts:
Zu guter Letzt noch ein paar Akkorde an der Ukulele. Bemerkenswert, welch sanfte Note das Sanken CU-51 diesem Instrument verleiht:
Mit einer ordentlichen Spinne wäre die Sache natürlich perfekt. Für Studios, die diese schon besitzen und für andere Mikros nutzen, sollte das wiederum kein Problem sein.
Dafür bekommt man aber dennoch ein Produkt mit japanischer Präzision, das seinen Preis wert sein sollte. Vor allem, weil hier nicht einem Trend nachgegangen wird, sondern tatsächliche Neutralität geboten werden soll. Und über Farben kann man bekanntlich Streiten oder eben nicht.