Sound
Aber genug gemeckert, was zählt ist und bleibt der Sound. Drücken wir die Daumen, dass das Gemini II hier wieder etwas Boden gut machen kann.
Als Vergleichskandidat nehme ich zuerst wieder mein geliebtes AKG C414 B-ULS her. Der Größenvergleich fällt schon mal beeindruckend aus, aber wie wir ja alle wissen: „Size doesn’t matter“.
Beide Mikros sind verkabelt, das sE-Netzteil erhält Strom. Durch Blinken der Betriebs-LED zeigt das Gerät an, dass es sich in der Aufwärmphase befindet, nach ca. 20 Sekunden wird das Signal vom Mikro freigeschaltet. Für eine perfekte Arbeitsweise empfiehlt es sich aber, den Röhren noch ein paar Minuten zu gönnen, um auf Betriebstemperatur zu kommen. Die Lüftungsöffnungen auf der Rückseite lassen uns einen Blick auf die Röhren werfen.
Die glimmen leicht orange. Das ist gut so, oft werden die Glühkolben bei Röhrengeräten mittels LED hell illuminiert, ein fast untrügliches Zeichen für eine Fake-Röhre, die irgendwo im Signalweg unter „ferner liefen“ werkelt.
Zunächst stelle ich die geringe Verstärkung am Preamp fest, die das Gemini benötigt. Das kommt natürlich auch dem Rauschverhalten zugute. Hier liegen beide Mikros in etwa gleichauf, für ein Röhrenmikrofon ein sehr guter Wert.
Zuerst der Gesangs- und Sprachtest. Klanglich ist das Gemini in bester sE-Tradition eher etwas hell abgestimmt, was auch am Frequenzgang erkennbar ist. Die Höhen sind sehr schön fein gezeichnet und reagieren gut auf Bearbeitung mit dem Equalizer. Wem der Sound also etwas zu höhenlastig erscheint, kann hier einfach gegensteuern. Die Mitten präsentieren sich schön straff mit einer klaren Artikulation. Die Tiefmitten sind nicht überrepräsentiert und auch hier greift der EQ sehr gut, auch Anhebungen können hier musikalisch eingesetzt werden.
Bei Nahbesprechung kommt der Röhrencharakter des Mikros mehr zum Tragen, der untere Mittenbereich klingt wärmer und cremiger, genau so, wie man es sich von einer Röhre vorstellt. Dabei unterbleibt jedes Dröhnen. Was weiterhin auffällt ist die geringe Neigung zum Poppen, hier liefert das zweilagige Schutzgitter auch ohne weiteren Filter schon einen guten Schutz.
Im Vergleich dazu liefert das C414 den etwas dunkleren Sound, der auch in den Tiefmitten schlanker gerät. Wenn man ganz nah an die Kapsel heran geht, dröhnt das AKG. Bauart bedingt ist so eine extreme Nahbesprechung beim sE-Mikro gar nicht möglich, hier ist immer 4 cm Luft zwischen Kapsel und Einsprechgitter. In der Auflösung liegen beiden Mikros gleichauf, das kann als Kompliment für das Gemini gewertet werden.
*lach* Meiner ist auch dick, Mann! (Mein alter Mercedes). Bloß ist dieser perfekt verarbeitet und wenn sE 1400.- Kröten für seine Maschendraht-Schleuder will, dann will ich auch eine Neumann-gleiche Verarbeitung, wenn ich schon einen Neumann-Preis hinaschen soll. sE hat extrem gut angefangen und sich einen sehr guten Ruf erarbeitet, wenn aber so offensichtliche Mängel ungesehen durch die Endkontrolle geht, dann Prost Mahlzeit
meckert Onkel Sigi
Aber der Test ist wieder ein echter Armin Bauer: informativ und praxisorientiert.
@Onkel Sigi Na ja, vielleicht mit dem feinen Unterschied, dass ein Neumann Röhrenmikrofon knappe 4000€ kostet.
Das ist ja wohl ihr Spitzenmodell, wenn da auch nur eines so durch die Endkontrolle kommt, habe ich nicht allzu viel Hoffnung für die Zukunft der Firma
Hab mir, trotz mäßigem Testergebnis, das Gemini II gekauft.
Und ich bin angenehm überrascht.
Die Verarbeitung ist einwandfrei und der Sound, im Vergleich zum Neumann TLM 103 (das kaum billiger ist – je nach dem, wo man es kauft), deutlich hörbar besser. Es ist transparenter und hat einen schönen, samtigen Klang (Bassstimme).