Überarbeitung eines Studiokopfhörers
Schon sehr oft konnten wir in unseren AMAZONA.de-Tests feststellen, dass die Einordnung Hi-Fi vs. Studio nicht gerecht erscheint. In Bezug auf Kopfhörer sagt man den mit dem Stempel Hi-Fi eingeordneten Modellen oftmals den klassischen Badewannen-Sound nach. Im Bass- und Höhenbereich wird zum Wohle des fetten Sounds gerne mal etwas nachgeholfen, Musik hören soll ja Spaß machen und irgendwie soll es mega klingen. Musikern und Produzenten, egal ob Heimstudio-Betreiber, Semiprofi oder Mastering-Engineer, hilft das wenig, denn die eigenen oder fremden Mixes sollen schließlich neutral wiedergegeben werden, damit die richtigen klanglichen Entscheidungen getroffen werden können.
Das Unternehmen Sennheiser hat sowohl vermeintliche Hi-Fi- als auch Profi-Werkzeuge im Angebot. Aus dem Consumer-Bereich haben wir uns für den heutigen Test den HD 600 ins Studio geholt. Diesen gibt es seit Kurzem in einer 2019er Version. Wie er klingt, was er mitbringt und wo er sich am besten einsetzen lässt, erfahrt ihr im Test.
Sennheiser HD 600 – die 2019er Version im Überblick
Der HD 600 wird in einem schlichten, aufklappbaren Karton geliefert. Darin befindet sich neben dem Kopfhörer selbst nur eine Kurzanleitung sowie ein vergoldeter Adapter von 3,5 mm Klinke auf 6,3 mm Klinke. Das 3 m lange Kabel des HD 600 ist beidseitig am Kopfhörer befestigt und endet auf einem vergoldeten 3,5 mm Stereoklinkenstecker. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht sofort auffällt: Das Kabel kann gewechselt werden. Allerdings spendiert Sennheiser seinen Kunden in diesem Fall nur das erwähnte Kabel, ein Austauschkabel in Spiralform o. ä. liegt nicht bei. Egal ob man den Kopfhörer nun zum reinen Musikhören oder im Studio benutzt, eine Tasche für die Aufbewahrung und den Transport wäre schön gewesen.
Optisch bleibt sich Sennheiser beim HD 600 treu, die Verwandtschaft zu den Brüdern namens HD 300 oder HD 660 S ist nicht zu leugnen. Komplett in Schwarz ist der Kopfhörer gehalten und besteht vornehmlich aus Kunststoff. Entsprechend leicht ist er, 253 g bringt er auf die Waage. Beide Seiten des Kopfhörers lassen sich um einige Zentimeter ausfahren, ebenso lassen sich die Ohrmuscheln um einige Grad nach vorne bzw. hinten drehen. Der Auszug der Ohrmuscheln ist etwas schwergängig, das ging bei meinem letzten Sennheiser Test, dem HD 300, deutlich leichtgängiger.
Der Kunststoffrahmen des Kopfhörers zieht sich optisch bis zum Ende der Ohrmuscheln durch. Farblich ist der Kopfhörer komplett in Schwarz gehalten, der Vorgänger mit gleichem Namen besaß noch eine Art gesprenkelte Oberfläche, die absolut nicht mehr zeitgemäß war. Beim neuen Modell hat sich Sennheiser, wie nahezu alle anderen Hersteller auch, zur Farbe Schwarz bekannt. Eigentlich schade, denn etwas Farbe kann im sonst schon ohnehin sehr schwarz gehaltenen Tonstudio eigentlich nie schaden.
Wie trägt sich der Sennheiser HD 600?
Der Tragekomfort des Kopfhörers ist sehr gut. Die Ohrmuscheln aus Velours sitzen angenehm auf den Ohren auf und auch das Kopfband sitzt, ebenfalls mit gepolsterten Velours-Teilen ausgestattet, sanft auf. Der Anpressdruck ist groß genug, so dass der Kopfhörer nicht ungewollt davonsegelt, er aber dennoch sicher sitzt und man die typischen Kopfbewegungen inklusive nicken, mitwippen und drehen vollziehen kann. Auch längere Hör-Sessions funktionieren sehr gut mit dem 2019er Modell des HD 600.
Technische Daten zum HD 600 – 2019
Wie beim Vorgänger fällt die Impedanz des Kopfhörers mit 300 Ohm recht hoch aus. Während die meisten Hersteller mittlerweile auf geringere Impedanzen setzen, dem Smartphone-Musik-Hör-Trend sei Dank, belässt es Sennheiser konsequent, zumindest bei den aktuellen HD-Modellen, bei höheren Impedanz-Zahlen. Dennoch produziert das 2019er Modell des HD 600 auch an mobilen Abspielgeräten eine ausreichende Lautstärke.
Der dynamische und als offener Kopfhörer klassifizierte HD 600 bietet einen maximalen Schalldruckpegel von 97 dB, den Frequenzbereich gibt Sennheiser mit 12 bis 39.000 Hz an. Als offenes Modell bietet sich der Kopfhörer vor allem für die Bereiche Mix und Mastering an. Die Dämmungseigenschaften sind bauartbedingt recht gering, d. h. sowohl Außengeräusche als auch Signale vom Kopfhörer selbst dringen nur wenig gedämpft auf die andere Seite. Auch für Musikliebhaber bietet sich der HD 600 an, für Aufnahmen ist er dagegen weniger geeignet.
Wie klingt der HD 600?
Während des Tests muss sich der HD 600 von Sennheiser an diversen Abspielgeräten beweisen. Zum Einsatz kommen ein Kopfhörerausgang einer RME HDSP Karte, ein Drawmer CMC2, ein Apple iPhone SE sowie ein Mackie 1604 Pult. Als Vergleichskandidat kommt der AKG K812 zum Einsatz.
Der HD 600 bietet ein enorm gutes und ausbalanciertes Klangbild, das mir sofort gefällt. Beeindruckend ist der Bassbereich, den der HD 600 wirklich gekonnt ans Ohr bringt und dabei sehr präzise bleibt. Der Mittenbereich wirkt sehr aufgeräumt und auch frequenznahe Instrumente lassen sich gut auseinander halte, sofern sie denn gut gemixt wurden. Hier fällt auch auf, dass der HD 600 eine sehr gute räumliche Positionierung bietet. Verschiebt man einzelne Signale im Raum, setzt dies der HD 600 gekonnt um – super. Der Kopfhörer reagiert schnell auf kurze Anschläge, das Impulsverhalten ist sehr gut. Da kommen Kicks wunderbar schnell attack-reich ans Ohr – super.
Der Höhenbereich kommt mir beim Sennheiser HD 600 im Gesamtkontext etwas zu kurz. Das sind Nuancen und von meiner Seite aus meckern auf hohem Niveau, aber etwas mehr Brillanz hätte den Höhen gut zu Gesicht gestanden.
WIe schlägt er sich denn im Vergleich zum Ultrasone PRO 1480i? Der 600er wird zum mixen und mastern ja gerne genommen. In Amerika wahrscheinlich sogar lieber als hier in Beyerdynamic-Land D.
Hallo hectorpascal. Ich würde den Ultrasone in diesem Fall vorziehen.
Bedenkt man den 4fachen Preis der AKG-REferenz, sind die genannten Nuancen ja geradezu ein Ritterschlag für den Sennheiser. Insofern ganz sicher ein Tip für gegeldbeutelte Homerecorder, die einen vernünftigen „Monitor“ UND eine Hifiprodukt in einem wollen…Oder?
@dAS hEIKO Absolut, die Sennheiser Kopfhörer (auch der HD660S) haben mich beide sehr positiv überrascht
Ich habe vor etwa einem Jahr einen Kopfhörer in der 300,- € Liga gesucht als Ersatz für meinen Beyerdynamic DT 880 Pro. Mit diesem war ich grundsätzlich zufrieden, jedoch war mir das RollOff im Bass und Höhenbereich zu ausgeprägt.
Ich hatte damals einen ATH R70x, Sennheiser HD 600 und – als günstigere Variante – den AKG 712 Pro schicken lassen. Die 3 Kandidaten habe ich dann natürlich auch gegen den DT 880 Pro verglichen.
Der AKG war in der Auflösung deutlich unterlegen und ist quasi sofort durchgefallen.
Der Sennheiser hat mir gut gefallen. Er löst in den Mitten genauso gut auf wie der DT880, bietet jedoch deutlich mehr Höhen und Bass. Es ist dann aber doch der ATH geworden, da er im Bass noch etwas druckvoller zur Sache geht (ohne überzubetonen) und die Höhen noch etwas besser auflöst. Allerdings nur im direkten Vergleich hörbar. Ansonsten eigentlich sehr ähnlich zum Sennheiser. Allerdings ist der ATH nochmal deutlich leichter und damit einfach angenehmer zu tragen. Das war nachher tatsächlich der ausschlaggebende Punkt.
Habe ich es richtig verstanden, dass die Änderung des 2019er HD600 lediglich die Optik betrifft? Klanglich blieb alles beim alten?
@arnte Hallo Arnte,
ja, es hat sich lediglich die Optik geändert. Der R70X ist gerade auf dem Weg zu mir, der HD600 noch da, daher werde ich diese direkt miteinander vergleichen können. Bin gespannt ob ich zum gleichen Fazit komme wie Du :-)