Test: Sennheiser MK4

Die Spinne MKS4

Das MK4 kommt in einer todschicken Pappschachtel mit gepflegtem Eighties Appeal daher. Das mitgelieferte Verhüterli ist eine sinnvolle Beigabe. Der starre Mikrofonhalter ist robust, aber in der Praxis so wenig empfehlenswert wie alle starren Mikrofonhalter.

MK4 mit Mikrofonhalter

Die Mikrofonspinne MKS4 muss gesondert erworben werden. Gut, dass es sie gibt: Der Straßenpreis für das MK4 passenden Neumann-Spinne EA-1 liegt derzeit bei 215 Euro.

Die Spinne MKS4

Die MKS4  besteht aus verschraubten Gussteilen und ist dabei mindestens so robust wie die Neumann Spinne, kostet aber nur 90 Euro. Geheimtipp: Das M 147 und das TLM103 passen nicht perfekt, aber „gut genug“ hinein.

Sakrileg? Das Neumann M147 in der Sennheiser MKS4 in einem sE Reflexion Filter

Eine EA-1 für die Umkehrprobe besitze ich leider nicht, sehr wohl aber eine fantastische, zentralasiatische Universalspinne mit einer ganzen Schachtel voller Reduzierstücke und Adapter. Die entkoppelt auch das MK4 und zwar genau mit dem Reduzierstück, welches für EA-1 kompatible Mikrofone gedacht ist.

Das Mikrofon MK4

Erste Überraschung: Das MK4 ist ein recht großes und vor allem schweres Mikrofon. Es ist ist für eine Zielgruppe gedacht, bei der „size matters“; das sind vor allem Sängerinnen und Sänger. Vor allem das recht hohe Gewicht von 485 Gramm lässt jedoch befürchten, dass  sich das MK4 nicht zum neuen Budget-Industriestandard für Overhead-Aufnahmen entwickelt. Zum Vergleich: Ein Neumann TLM 102 wiegt nur 260 Gramm, AKGs C214 280 Gramm und das TLM 103 450 Gramm. Wie auch immer: Das Gussgehäuse des MK4 ist sehr resonanzarm und robust. Damit es noch „sennheisiger“ ausschaut, hat man ihm an der im Durchmesser leicht verjüngten Unterseite eine schwarze Plastikkappe spendiert, die sich durch das Lösen dreier Schrauben entfernen lässt, woraufhin leider auch die Seriennummer „flöten“ geht.

Das Mikrofon besitzt keine Schalter. Das vereinfacht die Innenverkabelung und verhindert eine Fehlbedienung oder – nach vielen Jahren – Kontaktprobleme. Im MK4 befindet sich überhaupt nur ein Kabel, und das verbindet die Kapsel mit der Leiterplatte. Anstelle eines schaltbaren Low Cuts gibt es, ähnlich wie beim AKG C214, ein festes Hochpassfilter zweiter Ordnung, welches bei 50 Hz einsetzt. Entgegen dem Neumann TLM 103 eignet sich ein unverbasteltes MK4 eher weniger für die Aufnahme ganz tiefer Frequenzen (die eigentlich nur bei Kirchenorgeln und Naturereignissen vorkommen, und beide wird man kaum mit einem Großmembranmikrofon mit Nierencharakteristik aufzeichnen). Für alle mir erdenklichen, musikalischen Anwendungen im Tonstudio (einschließlich der Abnahme von Kickdrums und Bassverstärkern) ist das Vorhandensein dieses Filters sinnvoll.

Das MK4 gehört mit 25 mV/Pa bereits zu den lauteren Kondensatormikrofonen, ein Mikrofonvorverstärker wird wenig gefordert. Dabei rauscht es mit einem Ersatzgeräuschpegel von 10db(A) (Herstellerangabe) nur wenig mehr als die allerbesten Großmembran-Mikrofone. Ich habe es zusammen mit einem TLM 103 an einem Monitorlautsprecher auf gleichen Ausgangspegel kalibriert, in einer Holzkiste voller Bettwäsche versenkt und beide Ausgangssignale über einen True Systems P2 in Adobe Audition aufgezeichnet. Durch das feste Hochpassfilter rauscht das MK4 im Bereich sehr tiefer Frequenzen weniger, ansonsten hat das TLM 103 leicht die Nase vorn. Ein lebender Mensch in einem schalldichten Aufnahmeraum verursacht in jedem Falle mehr Geräusche als diese beiden Mikrofone.

Sennheiser hat es geschafft, die Bedienungsanleitung für 8 Weltsprachen in ein unscheinbares, etwas freudlos wirkendes Büchlein zu packen. Es informiert den professionellen Anwender über die wichtigsten technischen Eigenschaften. Praxistipps für Einsteiger oder ein paar wärmende, gar inspirierende, Worte sucht man leider vergebens.