Neue Schallwandlertechnologie
Der amerikanische Hersteller Shure hat das Prinzip des dynamischen Tauchspulenmikrofons mit einer Innovation weiterentwickelt. Mit der patentierten Revonic Dual-Engine Schallwandlertechnologie bringt Shure unter dem Namen Nexadyne eine neue Kapsel auf den Markt, die es Sängern und Veranstaltungstechnikern ermöglichen soll, authentische Klangübertragung bei reduzierten Nebengeräuschen zu erreichen. Wir schauen in diesem Test auf die beiden dynamischen Gesangsmikrofone Shure Nexadyne 8/C und Shure Nexadyne 8/S.
Inhaltsverzeichnis
- Über Shure
- Shure Nexadyne – ein Tauchspulenmikrofon
- Shure Mikrofon mit zwei Membranen, eine Neuheit?
- Der Lieferumfang
- Technische Infos Shure Nexadyne 8/S und Shure Nexadyne 8/C
- Wieso der Gewichtsunterschied der zwei Nexadyne Mikrofone?
- Polardiagramme des Herstellers
- Frequenzdiagramme des Herstellers
- Shure Nexadyne 8/C und Shure Nexadyne 8/S in der Praxis
- Gibt es Alternativen zu den getesteten Shure Mikrofonen?
Über Shure
Das Unternehmen Shure gilt als eine der Pionierfirmen in der Tontechnik und begann bereits Anfang der 30er-Jahre mit der Entwicklung von Mikrofonen. Modelle, wie das vielen als Elvis-Mikrofon bekannte 55 Unidyne oder die Mitte der 60er-Jahre auf den Markt gekommenen Modelle SM57 und SM58, sind bis heute aus der Live-Tontechnik nicht mehr wegzudenken. Sie genießen unter Musikern und Technikern absoluten Kultstatus. In den 1990er-Jahren brachte Shure die ersten Funkmikrofone und kabellosen In-Ear-Monitoringsysteme auf den Markt und wurde innerhalb kürzester Zeit zum Weltmarktführer auf diesem Gebiet. Neben Mikrofonen bietet der Hersteller auch eine breite Palette an Ohr- und Kopfhörern für den Studio- und Liveeinsatz sowie diverses Zubehör an.
Shure Nexadyne – ein Tauchspulenmikrofon
Dynamische Mikrofone arbeiten nach dem Prinzip der Induktion. Ein elektrischer Leiter bewegt sich in einem Magnetfeld und erzeugt geringe elektrische Spannung, die verstärkt das hörbare Signal ergibt. Meist sind Tauchspulenmikrofone gemeint, wenn von dynamischen Mikrofonen die Rede ist. Aber es gibt noch eine weitere Bauform, die nach dem gleichen Prinzip arbeitet: das Bändchenmikrofon. Diese Sonderform lassen wir heute außen vor. Die neuen Mikrofone von Shure reihen sich in die Gattung der „konventionellen“ Tauchspulenmikrofone ein.
Shure Mikrofon mit zwei Membranen, eine Neuheit?
Ja und nein. Von Shure gibt es bereits ein Mikrofon mit zwei Membranen in einer Kapsel: Das Shure KSM8 Dualdyne Gesangsmikrofon war das erste dynamische Mikrofon, das mit zwei Membranen ausgestattet ist. Doch während beim KSM8 eine „aktive“ Tauchspule in Kombination mit einer „passiven“ Membran zum Einsatz kommt, ist das bei den Nexadyne Gesangsmikrofonen anders.
Bei der neuen Revonic-Schallwandlertechnologie sind zwei „aktive“ dynamische Tauchspulen in einer geschlossenen Einheit verbaut, die elektrisch phasenverdreht verschaltet sind. Durch aufeinander abgestimmtes Verhalten sollen zwei Ziele erreicht werden. Positive Eigenschaften werden optimiert, was einen verbesserten Frequenzgang und klareren Sound ermöglichen soll. Negative Eigenschaften werden im Gegenzug reduziert. Bedeutet, dass Umgebungsgeräusche stärker gedämpft sind. Außerdem werden das Rauschen und die Übertragung von Handgeräuschen vermindert.
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Der Lieferumfang
Die erste positive Überraschung sind für mich die schlichten Verpackungen der beiden Mikrofone. Hier wird auf glänzenden Kunstdruck mit bunten oder gar knalligen Farben verzichtet. Brauner Naturkarton mit dezentem Druck ist hier die Devise. Das ist in diesen Zeiten womöglich auch ein Statement in Richtung Natur und Umwelt – finde ich gut.
In jeder der beiden Packungen enthalten ist ein Hartschalen-Etui mit Reißverschluss sowie zwei mehrsprachige Faltblätter mit dem Hinweis auf weitere Informationen im Internet (QR-Code). Neben dem Mikrofon gehört die passende Klemme mit bereits eingeschraubtem Gewindeadapter zum Lieferumfang.
Die beiden Gesangsmikrofone (ohne Schalter) sehen auf den ersten Blick wie Zwillinge aus. Lediglich kleine Aufdrucke am Ende der Schäfte machen die Unterschiede deutlich. NXN8/S ist der dynamische Schallwandler mit der Richtcharakteristik Superniere. NXN8/C ist die Bezeichnung für den dynamischen Schallwandler mit der Richtcharakteristik Niere.
Technische Infos Shure Nexadyne 8/S und Shure Nexadyne 8/C
Neben den verschiedenen Richtcharakteristiken macht ein Blick in die technischen Daten weitere Unterschiede beziehungsweise Gemeinsamkeiten deutlich. Identisch sind die schwarzen Aluminiumgehäuse mit den gewohnten XLR-Anschlüssen. Die Frequenzgänge von 50 Hz bis 20.000 Hz teilen beide Schallwandler ebenfalls.
Weil für mich das Shure SM58 so etwas wie der Industriestandard ist, habe ich zum Vergleich und zur Einordnung der beiden neuen Mikrofone die technischen Daten des SM58 ebenfalls aufgelistet.
Shure Nexadyne 8/S (Superniere)
Impedanz: 450 Ohm
Empfindlichkeit @1 kHz: -51.0 dBV/Pa (2,81 mV)
Gewicht: 294 g
Shure Nexadyne 8/C (Niere)
Impedanz: 300 Ohm
Empfindlichkeit @1 kHz: -54.0 dBV/Pa (2,00 mV)
Gewicht: 258 g
Shure SM58 (Niere)
Übertragungsbereich: 50 Hz bis 15.000 Hz
Impedanz: 300 Ohm
Empfindlichkeit @ 1 kHz: -54,5 dBV/Pa (1,85 mV)
Gewicht: 298 g
Wieso der Gewichtsunterschied der zwei Nexadyne Mikrofone?
Werden die robusten Mikrofonkörbe (schwarz) abgeschraubt, ist es beim Vergleich der Kapseln deutlich sichtbar. Die Kapsel im Nexadyne 8/S (Superniere) ist erkennbar größer als die Kapsel im Nexadyne 8/C mit der Nierencharakteristik. Außerdem sind die Kapseln verhältnismäßig lang, weil hier ja jeweils zwei Tauchspulen untergebracht sind. An den Längsseiten befinden sich ringsherum mehrere Öffnungen, die mit feinem Gewebe hinterlegt sind.
Und da die Mikrofonkörbe jetzt abgeschraubt vor mir liegen, lohnt sich der prüfende Blicke in das Innere. Der Windschutz besteht nicht aus einfachem Schaumstoff, wie bei vielen anderen dynamischen Mikrofonen. Hier sind es vielmehr zweiteilige feine Kunststoffgewebe, die sich nicht so einfach zur Reinigung herausnehmen lassen. Neben dem Drahtgeflecht der Körbe sorgen diese Gewebe für Reduzierung unerwünschter Wind- und Pop-Geräusche. Zudem bilden sie eine Sperre gegen Feuchtigkeit.
Polardiagramme des Herstellers
Blicken wir besonders auf die linken Darstellungen, wo es um die Frequenzbereiche 250 Hz, 500 Hz und 1.000 Hz geht. Hier sind die Unterschiede der beiden Richtcharakteristiken deutlich zu sehen. Erkennbar ist die geringere Empfindlichkeit des Nexadyne 8/S, also der „Superniere“, in den Achsen 60 Grad bis 120 Grad. Störender Schall, der von den Seiten oder von schrägt hinten kommt, wird also reduziert. Im Gegenzug ist aber auch die gesteigerte Empfindlichkeit der rückseitigen Achsen zwischen 150 Grad und 180 Grad abzulesen.
Frequenzdiagramme des Herstellers
Das Nexadyne 8/C hat grundsätzlich eine leicht reduzierte Empfindlichkeit. Dies ist schließlich schon bei Bewertung der technischen Daten aufgefallen. Leichten Roll-off in den Bässen teilen beide Mikrofone ab etwa 200 Hz. Die Pegelspitzen liegen bei 3.500 Hz beziehungsweise knapp 4.000 Hz, was für gute Durchsetzungsfähigkeit spricht. Die „Superniere“ zeigt zusätzlich eine Überhöhung zwischen 9.000 Hz und 10.000 Hz. Hier kommt also noch eine Spur silbriger Glanz und „Feenstaub“ in den oberen Höhen dazu.
Tipp: Wer sich etwas mehr mit der Technik von Mikrofonen befassen will, dem möchte ich den interessanten Artikel von meinem AMAZONA.de-Kollegen Jörg Kirsch ans Herz legen: Wissenswertes zur Auswahl und Beurteilung von Schallwandlern. Hier der Link.
Shure Nexadyne 8/C und Shure Nexadyne 8/S in der Praxis
Schon optisch gefallen mir die Mikrofone gut. Die edel wirkende schwarze Ausführung vermittelt einen hochwertigen Eindruck. Auch in der Hand fühlt sich das gut an. Wie nicht anders von einer etablierten Marke wie Shure zu erwarten, ist die Verarbeitung auch dieser Gesangsmikrofone wieder auf höchstem Niveau. Den Gewichtsunterschied von 36 g zwischen den beiden Testkandidaten nehme ich an der Hand nicht wirklich wahr. Letztendlich bewegen wir uns hier in üblichen Bereichen, was die Gewichte für Live-Gesangsmikrofone betrifft.
Beide Mikrofone zeichnen sich durch eine schöne Klarheit im Sound aus. Der Nahbesprechungseffekt ist vorhanden, aber nicht extrem ausgeprägt, so wie ich das teilweise bei anderen Mikrofonen erlebt habe. Das Shure Nexadyne 8/S klingt noch eine Spur silbriger in den Höhen als sein Pendant mit der Nierencharakteristik. Hier macht sich durchaus die kleine Anhebung der Frequenzen zwischen 9.000 Hz und 10.000 Hz bemerkbar. Bei der Übertragung von Handgeräuschen kann man ebenfalls zufrieden sein. Natürlich sind sie nicht vollkommen eliminiert, aber die unerwünschten Störgeräusche sind reduziert.
Dann geht es auch schon zu den Tonaufnahmen. Hier habe ich mein Shure SM58 gegen das Shure Nexadyne 8/C und das Shure Nexadyne 8/S ins Rennen geschickt. Der Klang des SM58 dürfte in weiten Kreisen bekannt sein, sodass dieser Vergleich zu besseren Einordnung der zwei neuen Mikrofone hilfreich ist.
Die Tonaufnahmen sind mit dem M-Audio Interface Fast Track PRO und der DAW Steinberg Cubase gemacht (.wav Datei). Die Eingangspegelregler (Gain) im Interface stehen bei jeder Aufnahme in identischer Position. Außerdem sind weder Equalizer noch Kompressoren eingesetzt. Auch sind die Pegel der jeweiligen Aufnahmen nicht verändert worden. Aus Cubase heraus habe ich eine MP3-Datei exportiert. Zum Anhören und zur besseren Beurteilung der klanglichen Unterschiede empfehle ich die Verwendung von Kopfhörern.
Es sind durchaus feine Unterschiede festzustellen, wenngleich ich diese gering finde. Was die Handgeräusche betrifft, so schneidet auch das „klassische“ SM58 nicht schlecht ab.
Gibt es Alternativen zu den getesteten Shure Mikrofonen?
Um es klar zu sagen: nein. Die Technik ist neu und mir ist kein dynamisches Handheld-Mikrofon bekannt, das mit zwei aktiven Tauchspulen arbeitet. Sollte ich hier etwas übersehen haben, schreibt es mir bitte in die Kommentare.
Was also als Vergleichsparameter losgelöst von der Richtcharakteristik herangezogen werden kann, ist der Preis. Das Shure Nexadyne 8/C ist für 369,- Euro zu haben und auch das Shure Nexadyne 8/S kostet 369,- Euro. Damit liegen die beiden Mikrofone in Regionen, die nicht als besonders preiswert einzustufen sind.
Hier tummeln sich Schallwandler wie zum Beispiel das Telefunken M81 Universal Dynamic, für das 319,- Euro hinzublättern sind. Möchte man 389,- Euro locker machen, wäre das Heil Sound PR37 ein geeigneter Kandidat. Und wer die 400,- Euro Hürde nehmen will, für den könnte vielleicht das Sennheiser MD 445 ein Mikrofonen sein, das den Gesang glänzen lässt. Der Preis: 478,- Euro.
Neben dem klassischen Handheld-Design gibt es auch noch Schallwandler, die durch ihr spezielles Design Aufmerksamkeit erregen. Das Heil Sound The Fin Black/Blue könnte so ein Kandidat für 339,- Euro sein. Seine besondere Formgebung flimmerte schon weltweit in dem Science-Fiction-Abenteuer „Die Tribute von Panem“ über die Kino Leinwände.