Von der Wabe zur Rundung
Wer den Namen Simmons Drums hört, denkt vermutlich sofort an vergangene Tage. E-Drums in Waben-Design und analoge „Piuuu, Piuuu“-Sounds aus den 1970ern. Das, was die ursprüngliche Firma ausmachte, ist allerdings längst nicht mehr existent. Da sich der Name aber als qualitativ hochwertig und innovativ eingeprägt hat, kam man auf die Idee, wieder E-Drums unter dieser Namensgebung zu produzieren. Wir entleeren also unsere Kopf-Festplatte von allem, was wir mit Simmons bisher in Verbindung brachten und gehen das AMAZONA.de Testobjekt mit der Bezeichnung SD1200 (hups, schon wieder eine Erinnerung) völlig frisch an.
Aufbau des E-Drumsets
Der Aufbau gestaltet sich (zunächst) einfach. Das Rack ist vormontiert und das Set im Grunde intuitiv aufzubauen. Das ist gut. Was nicht gut ist: Alle übrigen Teile sind in Plastiktüten, Plastikhüllen oder sogar zusätzlich mit Kabelbindern zusammengeknotet. Man kann es auch echt übertreiben! Ich habe exakt 25 Minuten gebraucht, um alle Teile von den vielen Plastikumhüllungen zu befreien. Der Aufbau erfolgte letztlich in weiteren 17 Minuten.
Das komplette Simmons Set ist in nur einer Kiste verpackt, was ich wiederum gut finde. So fällt die Öko-Bilanz nicht ganz so furchtbar aus, als wenn noch mehrere Kisten verwendet würden. Diese bringt dann aber auch zarte 35 kg auf die Waage. Nicht für jeden zu handhaben, da sollte man dem Rücken zuliebe zu Zweit rangehen.
Die Verkabelung ist dank Multi-Stecker an der Modulseite und klarer Beschriftung schnell erledigt. Die Klinkenstecker sitzen gut in den Buchsen. Die Buchsen selbst sind grundsätzlich gut auffindbar und zugänglich verbaut. Es liegen reichlich Gummibänder mit Klett-Enden bei, um die Kabel am Rack zu fixieren. Jetzt muss nur das Netzteil noch rückwärtig am Modul angeschlossen werden und der Spaß kann losgehen. Schade, dass kein Kick-Pedal beigepackt ist, so muss also die Fußmaschine eines anderen Sets herhalten. Blöd, wenn man dafür extra zum Proberaum fahren muss. Aber hey, es wird einem nix geschenkt im Leben. Nehmen wir diese akzeptable Hürde also würdevoll hin.
Wie gut ist das SD1200 E-Drumkit verarbeitet?
Die Verarbeitung des SD1200 macht einen guten Eindruck. Die sechseckigen Rack-Stangen sind eloxiert und verhindern durch ihre Form das Abrutschen der Pads beim Spielen. Das alleine ist ein großartiges Feature, was bei vielen Sets in dieser Preisklasse ein Manko darstellt. Die Pads sind mit Gewebefellen bespannt und bieten ausreichende Kesselmaße mit einer 12″ Snare, zwei 8″ Toms und einer 10″ Tom. Auch das Kickpad verfügt über ein Meshhead, ist aber in der Fellspannung nicht regulierbar.
Die Becken des Simmons SD1200, die eine wirklich gute Haptik und Spielbarkeit bieten, weisen die Größen 12″ (HiHat), 12″ (Crash) und 14″ (Ride) auf. Das Ride-Becken verfügt über drei Zonen, das Crash wie die HiHat über zwei Zonen. Leider sind die sehr kurzen Beckenarme, die in den vorderen Rack-Standbeinen integriert sind, nur im Winkel verstellbar. Der Abstand ist somit nicht wirklich zu regulieren und die Becken sind etwas zu weit vom Spielenden weg. Die Ride-Becken-Kuppe zu erreichen, erfordert entsprechend lange Arme.
Die Verbindungsteile des Racks sowie Teile der Pad-Halter sind aus Kunststoff gefertigt und machen leider keinen wirklich robusten Eindruck. Ob sie wirklich lange halten, ist zu bezweifeln. Die Klemme der HiHat hakt von Beginn an und macht ebenfalls keinen sehr soliden Eindruck.
Alle Hardware-Einstellungen erfordern einen Stimmschlüssel, was ungünstig sein kann, da bekanntermaßen nicht immer einer zur Hand ist, wenn man ihn braucht. Schon hier wird klar: Das SD1200 ist kein Set für einen regelmäßigen Auf- und Abbau. Am besten hinstellen und stehenlassen, dann macht es einen wirklich guten Job.
Das gesamte Simmons SD1200 Kit steht aber sehr stabil, es rutscht nichts und es wandert nichts. Auch bei „rauer“ Spielweise bleiben alle Teile in Position, auch wenn das Set ordentlich in Schwingung gerät.
Das Kickpad hat auf der Unterseite einen Klettbelag, der verhindert, dass es wegrutscht. Das funktioniert auf Teppich sehr gut, quasi wie einbetoniert. Klasse! Ein weiteres, oft auftretendes Manko bei günstigen E-Drumsets.
Auch beim HiHat-Controller hat man sich Gedanken gemacht. Die Unterseite ist vollflächig gummiert. Außerdem verfügt er über zwei herausdrehbare Dorne. Der Controller bewegt sich auf dem Teppich ebenfalls keinen Millimeter. Trotz teilweise schlicht wirkenden Bauteilen überwiegen insgesamt die Vorteile in der Konstruktion.
Die Becken-Pads sind im Anschlagsgeräusch recht leise, was mir sehr gut gefällt – dem Nachbarn sicher auch. Leider reagiert die Stelle, die genau über dem an der Unterseite angebrachten Trigger, besonders intensiv auf Stick-Schläge, was sich in der Lautstärke des wiedergegebenen Sounds bemerkbar macht. Ansonsten lassen sich die Pads im Gesamten sehr gut spielen. Die Snare- und Tom-Pads sind mit Meshheads (Gewebefellen) bespannt und lassen sich in der Fellspannung über herkömmliche Vierkant-Spannschrauben regulieren (wirkt sich tonal nicht auf das Sample aus). Leider ist das beim Kickpad nicht möglich. Die beiden 8″ Tompads sind etwas klein bemessen, was Anfängern, die noch nicht über eine gewissen Treffsicherheit verfügen, etwas schwerfällt, punktgenau zu landen.
Bedienung des Soundmoduls
Das ebenfalls in einen Kunststoffhalter eingesteckte Modul sitzt dort sicher und lässt sich gut bedienen. Der aufsteckbare Tablet-Halter macht auch seinen Job. Allerdings kann es bei sehr heftiger Spielweise vorkommen, dass sich das Tablet tatsächlich heraus-vibriert. Hier sollte man also ab und zu kontrollieren, ob das Tablet noch mittig im Halter steckt. Das Display (kein Touchscreen) ist groß genug dimensioniert und gut ablesbar, wenn auch etwas überladen mit Funktionen. Die Darstellung der Drumsets ist gut gemacht und fällt positiv ins Auge.
Die zugehörige App ist ebenfalls schön gemacht und bietet in vier übersichtliche Felder aufgeteilt die Möglichkeit, Sets zu wechseln, Audioaufnahmen zu starten, die Songs aus dem iPad zu kontrollieren und das gesamte Kit zu editieren. Leider sind die in der App dargestellten Sets optisch anders als im Modul visualisiert, was etwas irritiert. Per Bluetooth verbunden funktioniert die Konnektivität recht gut.
Wie klingt das Simmons SD1200?
Die 764 eingespeicherten Sounds sind vielfältig und abwechslungsreich. Wie oft bei günstigen E-Drumsets fehlt es den Standard-Drum-Sounds an Natürlichkeit. Man hört sofort, dass es gespielte Samples sind. Bei den elektronischen Drumsounds (SDS 7 oder 9, Nails, Junkyard) kommt hingegen wirklich Freude auf. Hier kommt es nicht auf „echte“ Drums an und die Kreativität beginnt. Wer sagt, dass E-Drums unbedingt einem akustischen Schlagzeug nacheifern müssen?
Bei einigen Snare-Samples fällt auf, dass der Wechsel der Dynamikstufen deutlich hörbar ist. Ab einer bestimmten Intensität wechselt der Sound, was so sicher nicht ideal ist. Hier besteht Verbesserungsbedarf. Wechselt man in den Utilitiy-Mode, um Einstellungen vorzunehmen, wirkt sich dies auf die Latenz der Sounds aus. Man sollte also Einstellungen vornehmen und erst danach wieder in den Spiel-Modus wechseln.
Das SD1200 beinhaltet außerdem Bearbeitungsmöglichkeiten für EQ, Filter oder Envelope (Hüllkurven). Da kann man die Sounds sehr schön mit „verbiegen“. Das geht besonders gut mit Hilfe der App. Per WAV-Import lassen sich dazu auch eigene Samples ins Modul laden und einem beliebigen Pad zuweisen.
Leider befinden sich lediglich vier Playalongs im Modul. Allerdings kann man ja per App oder Aux-In zu seinen Lieblingssongs spielen.
Wer, wie ich, verzweifelt versucht, den Pegel des eingebauten Metronoms in den Griff zu bekommen, sollte den nicht beschrifteten fünften Kanalzug (ganz rechts) in zweiter Bedienebene zu Hilfe nehmen. Hier wurde vermutlich die Beschriftung vergessen.