Zeitmanagement für Fortgeschrittene
Zeit als solches ist im Studioalltag eine kostbare Ressource. Zeit ist aber auch in Form von Takt und Taktung, Treiber für Musik und Zeit. Diesem Punkt hat sich nun die Firma SND angenommen und liefert mit dem ACME-4 eine Advanced Clock Management Engine. Sprich ein multifunktionales Gerät, das einen hochgenauen MIDI-Takt aus jedem Audio-Aufzeichnungssystem ableitet.
ACME-4 Advanced Clock Management Engine
Ebenso können analoge 16tel-Clocks als Taktquelle verwendet werden. Es erzeugt 4 Taktsignale, welche individuell beeinflusst werden können. Jedes Taktsignal verfügt über einen eigenen MIDI-Ausgang. Zusätzlich werden zwei Taktsignale als 24-ppq-Clock (“Roland-Sync”) ausgegeben. Die anderen beiden verfügen über analoge Trigger- und Reset-Ausgänge zur Ansteuerung von Sequencern und Arpeggiatoren. Jedes Taktsignal kann gegenüber dem Master-Takt zeitlich nach vorne oder hinten verschoben werden und zwar sowohl in extrem kleinen als auch in 16tel Schritten.
Auch der feine Versatz folgt dabei Tempoänderungen. Und das Ganze jitterfrei mit einem musikerfreundlichen Interface ohne Display. Und dazu weitestgehend selbsterklärend ist.
Was ist die SND ACME-4 nicht?
Es kann natürlich nicht schlechtes menschliches Timing kompensieren. Es kann allerdings sowohl im Band- als auch Studiokontext helfen, alles zu synchronisieren und wahlweise mit Swing zu versehen und zeitlich zu verschieben. Ebenso kann man einen Offset einstellen. Der Clou dürfte aber sein, dass wir Taktsignale eben nicht nur halbieren, sondern auch verdoppeln können.
Abgerundet wird SNDs ACME-4 durch die Speicherung von Parametern und deren Abruf per MIDI. Die Einstellungen aller Parameter lassen sich auf 12 Speicherplätzen ablegen, außerdem kann jeder Parameter auch direkt über MIDI ferngesteuert werden.
Wie gut ist die SND ACME-4 verarbeitet?
Generell hat man bei SND Wert auf vorzügliche Verarbeitungsqualität und Betriebssicherheit gelegt. Das fängt beim Gehäuse an, massives Blech, und setzt sich bei den verwendeten Buchsen und Steckkontakten fort. Eines der wenigen Geräte, wo der USB-Konrektor nicht wackelt wie eine „Fuchsschwanzsäge“.
Weiter fortgeführt wird es an den kalibrierten Reglern mit Mittenrasterung von ALPS. Generell ist die Verarbeitungsqualität im oberen Bereich ohne Fehl und Tadel, was neben den inneren Werten für den aufgerufenen Preis spricht.
Bedienung der SND ACME-4
Freunde des Displays werden nun an der ACME-4 selbiges vermissen, dieses ist hier aber nicht nötig. SND hat die Mensch-Maschine-Kommunikation auf eine einfache Bedienung heruntergebrochen und verfrachtet komplexe Konfigurationen, wie das Setup und die Erstellung von Swing-Patterns, in eine weitestgehend plattformunabhängige JAVA Software. Das könnte man als Anlass zur Kritik nehmen, könnte man. Allerdings muss klar sein, dass die Einrichtung solcher Geräte generell per Software und Display schnell gemacht und für solche „Automaten“ üblich ist. Und das klappt hier gut.
Quellen für die ACME-4
Die ACME-4 kann mit verschiedenen Taktquellen umgehen. Aus bekannten Gründen ist USB als Taktquelle hier die unzuverlässigste und sollte hier auch nur testweise verwendet werden.
Betrachten wir einfach mal die Ein- und Ausgänge: Der USB-Hostport dient neben der Kommunikation mit dem Rechner ebenso der Stromversorgung. Der Audioeingang wird für die Synchronisation der ACME-4 mit einem externen Takt verwendet. Als Quelle dient ein spezielles Audiosignal, der Clock-Ausgang eines analogen Sequencers oder auch ein Rechteck-LFO. Dieser Eingang kann auch mit einem Clicktrack befeuert werden.
Die als MIDI/Sync-Buchsen bezeichneten Buchsen können nun entweder DIN Sync oder MIDI ausgeben. Bei DIN Sync fehlen allerdings protokollbedingt einige Funktionen.
Die weiteren MIDI-Ausgänge liegen daneben. Neben den Buchsen 3 und 4 befinden sich hier auch Clock- und Reset-Klinkenanschlüsse, die wiederum analoge Sequencer oder ähnliches ansteuern können.
Auftakt, im Takt, im Vierteltakt, so soll es klingen
Wie zuvor erwähnt: USB als Taktquelle zu wählen, ist nicht zielführend. SNDs ACME-4 ist nun eben dazu gedacht, mehrere Geräte zu synchronisieren. Eine reine MIDI-Synchronisation ist hier nicht sinnvoll.
Was tun?
Nehmen wir beispielsweise eine MPC, eine AKAI Force oder eine DAW und „nageln“ wir einen Click-Track.
- Schritt 1: Clocksample von der SND Website laden
- Schritt 2: Dieses auf die MPC transferieren. Sample als Single-Shot einrichten, das Sample kann auch ein transientenreiches Signal als 1/16 Note sein, HiHat o. ä.
- Schritt 3: Das Signal auf einen Einzelausgang routen
- Schritt 4: Erstellen einer Spur, in der ein durchgängiges 16tel Muster programmiert wird, im Falle eines 4/4 Taktes also 16-mal
Im Falle von Ableton: eine Audiospur erstellen, diese als Ausgang für den ACME-4 konfigurieren und einen Clock-Generator in Ableton auf diese Spur legen – fertig. In beiden Fällen läuft ACME-4 sauber nach einem Takt mit.
„Für ernsthaftes Arbeiten benutze man den analogen Clock-Eingang.“ Diesen Hinweis aus dem ACME-4 Handbuch sollte man ernst nehmen. Generell gibt es hier mehrere analoge Wege. Der Pegel sollte hier für sauberes Triggern bei 0 dBm liegen.
So taktvoll
Die Bedienung des ACME-4 ist für eine musikalische Bedienung wie gemacht. Haben wir unser Basistempo, können wir nun nach Gehör den Offset, Swing oder Halftime/Doubletime einstellen. Hier ist es empfehlenswert, sich mit der linken Seite der Bedienoberfläche ein wenig zu befassen. Dort finden wir nämlich die Master-Sektion in der unteren Hälfte, die den internen Taktgenerator steuert.
Nach dem Einschalten haben wir immer das Basistempo von 120 BPM, das in 1 BPM Schritten erhöht oder verringert werden kann. Nun kann man jeden Kanal einzeln starten oder eben stoppen. Für jeden der vier Kanäle kann man hier ebenso einen tempoabhängigen Swing einstellen. Das funktioniert sehr gut. Hier muss man dann allerdings seinen MIDI-Fuhrpark schon etwas genauer kennen und wissen, wie die Geräte reagieren. Shift/Fine ermöglicht nun ein Vorziehen oder eine Verzögerung um maximal eine 1/32tel Note.
Mit Shift 1/16 lassen sich Taktverschiebungen in 1/16 erreichen. Alle Takte kleiner 8/8 können um maximal einen Takt verschoben werden. Bei allen anderen um 8/16. Der Clou ist allerdings, dass man Tempi verdoppeln oder eben verringern kann. Hier gibt es nicht allzu viele Geräte im Wettbewerb, die damit mit glänzen können. Was besonders gut und hervorzuheben ist, ist dass Start und Stopp immer taktgenau erfolgen.
Ausklang, Abgang, Sequenzen ohne Grenzen
SND hat der ACME-4 eine umfassende MIDI-Implementierung spendiert, die den Zeitmanager zu einer mächtigen Box werden lassen. Hier bleiben keine Wünsche offen. Sei es dass wir die Swingpatterns wechseln können – alle Bedienelemente können nun ebenfalls per MIDI ferngesteuert werden.
Damit kommen wir auch zum Einsatzzweck der ACME-4, der zentralen Synchronisation des Setups. Die Triggerung über ein analoges Referenzsignal mag etwas hintersinnig erscheinen, stellt aber in einem hybriden Setup den kleinsten gemeinsamen Nenner dar. Hierzu muss man anführen, dass das Verfahren Referenztrack/Clicktrack nun an sich nichts Neues ist. Was sich über die Jahre geändert hat, ist das Medium, auf dem aufgezeichnet wurde.
Beispielsweise werkelt bei hybriden Setups, die später in der DAW landen sollen, immer noch ein Clicktrack, der dann für die verschiedenen Tempi als AIFF- oder WAV-File bereit liegt und dann analoge Sequencer oder ähnliches triggert.
Hier hat man nun mit der ACME-4 den entscheidenden Vorteil, dass man mehrere Aufgaben mit einem Handgriff erledigen kann und alles in einem Gerät hat. Und dann auch die Möglichkeit hat, „live“ in das Zeitgeschehen einzugreifen.
Zu guter Letzt noch die technischen Daten der ACME4:
- Stromversorgung: über USB oder externes Netzgerät, 1 unit load (5 Volt, 100 mA max.)
- Bereich des internen Taktgenerators: 30-180 BPM
- nutzbarer Bereich bei externem Takt: 30-280 BPM
- Clock/Reset-Ausgänge: 0/5 Volt, 10 mS Impulsdauer
hinter snd steckt sebastian niessen, der schon für kraftwerk so einiges gebaut hat. hatte für einige zeit mal einen sam-16 zur verfügung, einen absolut genialen 3-spursequencer, den er leider nicht mehr baut. testet bitte auch unbedingt mal die fixed filter bank von ihm, so ein spulenfilter hat immer einen ganz eigenen klang (siehe vermona eq).
„Diesem Punkt hat sich nun die Firma SND angenommen und liefert mit dem ACME-4 eine Advanced Clock Management Engine.“
Das liest sich als ob das Gerät grade erst veröffentlicht wurde…dabei gibt es diese Clock gefühlt schon seit 10 Jahren.
Der USB-Konrektor wackelt also nicht wie eine „Fuchsschwanzsäge“ – das ist in der Tat sehr zu begrüssen! ;)
Ich hab ein über 80 Jahre altes Metronom, das könnte ich doch mit einem Mikro abnehmen und als Triggerquelle für das Gerät hier benutzen?
Mir kommen da jetzt einige echt interessante Einsatzmöglichkeiten in den Sinn…
Das sollte gehen, wenn es genug Transienten bei ca. 0dB liefert. Ich beschreibe ja nur im Ansatz das Nageln eines Tapes oder einer Spur, zur Verwendung als Clicktrack. Was ja nur eine Möglichkeit ist. Ich habe ja hier daheim nicht ohne Grund verschiedene Möglichkeiten Clocks zu generieren, angefangen mit EHX Clockworks, Eightstepper, Clicktrack auf Tape etc. oder eben mit MIDI Prozessoren. Schwieriger ist dann eher die Auswahl der passenden MIDI Klangerzeuger. Ich hab da schon von Notenhängern, bis Systemabsturz oder einfrieren alles durch.
Ich würde wirklich gern mal meinen Gerätepark testen im Bezug auf das Timing. Bei mehreren Sequencern kommt man ja nicht umhin, sich für eine Master-Slave-Kombination zu entscheiden.
Die Firma Innerclock Systems hat da ja ihren Litmus-Test. Sowas ähnliches für jeden zugänglich wäre toll. Die meisten Geräte haben ja mehrere Sync-Möglichkeiten, dann dazu halt Master oder Slave, das interessiert mich sehr.
Es bräuchte ja „nur“ eine Software, die eine Audiodatei mit dem Resultat stastistisch analysiert. 16tel von möglichst impulshaften Signalen in 96 oder auch gern 192kHz aufgenommen. Also in der Samplingfrequenz und bzgl. der zu analysierenden zeitlichen Länge variabel, das wär’s.
Du kannst dir ja mal diesen Thread auf Gearspace durchlesen.
https://bit.ly/3yTywR1
Wenn du dir das Kabel lötest, kannst du Daten direkt aus dem Midikabel aufnehmen und mit der Software analysieren. Details stehen im Thread. Wenn die Software Links noch funktionieren steht einem Test nichts im Weg.
@Green Dino Ah, SEHR interessant! Vielen Dank 👍 Die im Thread eingangs erwähnte Seite ist down, aber man findet einfach Alternativen und weitere Threads zu dem Thema. Super!
Software: http://www.users.on.net/~mcdds001/mmmmqac/midi_jitter.html
anderer Thread: https://modwiggler.com/forum/viewtopic.php?t=229943
Die Midi Latency Analyser Software v2 ist von dem selben User, der auch den von mir verlinkten Gearspace Thread gestartet hatte. Auf den letzten Seiten im GS Thread hatte er MLA v2 gepostet.
Ob das im ersten Post eine alte Version oder eine ganz andere Software war, weiß ich jetzt nicht mehr – MLA v2 kann aber prinzipiell das selbe und noch viel mehr.
Den Adapter um Midi als Audio für die Analyse aufnehmen zu können kann man schnell selbst löten. :)
Wenn du den Links von Green Dino folgst, solltest du verwertbare Messergebnisse erhalten. Zeit als solches ist bei der Musikproduktion immer gerne ein Thema was unter den Tisch fällt. Allerdings spätestens wenn man einen hybriden Ansatz fährt, muss man sich damit befassen. Also Impulserzeugung, Triggerarten, Frames usw. relative und absolute Zeitangaben. Am Ende soll ja alles im Takt erklingen.
Danke für den Artikel. Zum syncen handelt es sich hierbei sicherlich um ein sehr hilfreiches Tool. Ich frage mich nur, ob die gut 500€ Aufpreis im Vergl. zur E-RM Multiclock gerechtfertigt sind (Vermutlich Ansichtssache). Sehe die Vorteile des ACME-4 für mich eigentlich (nur) in der Tempofunktion.
Würde das Gerät jedenfalls sehr gerne mal neben der Multiclock testen
@Spamn Ich denke es sind die Details die da den Unterschied machen und den Preis auch rechtfertigen. Wenn man nur die verschiedenen Geräte synchron halten möchte, würde ich zur ERM greifen, wenn man aber mit Zeit und Tempi kreativ spielen möchte und Wert auf komplette MIDI CC Steuerung legt, dann ACME-4. Zumal ich hier noch den Vorteil zweier Clock/Reset Ausgänge habe.