Softube Vocoder - die Stimme der Energie
Inhaltsverzeichnis
Vocoder sind faszinierende Geräte. Dazu hier gleich eine Beitragsempfehlung:
Seit ich das erste Mal Kraftwerks „Autobahn“ und Phil Collins „In the air tonight“ gehört habe, hat mich dieser Sound begeistert. Die Grundlagen stammen wie so oft in den Anfangszeiten der Musikelektronik aus der Militärtechnik , die Schaltungen wurden entwickelt, um Sprache zu codieren, über elektrische Leitungen zu transportieren und anschließend wieder zu decodieren.
Die analoge vintage Hardware ist teuer, rar und technisch anfällig. Eher durch Zufall habe ich vor Jahren die Doepfer Vocoder Module erstanden und bin somit im Besitz eines analogen Vocoders. Der Doepfer Vocoder klingt sehr gut, die Benutzung ist aber zeitaufwändig, es gibt eine Menge Patch-Punkte zu verbinden und natürlich ist das Thema schneller Reproduzierbarkeit im Produktionsalltag immer vorhanden. Einfacher zu bedienen und vor allem speicherbar war da mein ursprünglich erster „Hardware“ Vocoder im Korg MS-2000. Auch im Nachfolger Korg Radias war ein gut klingender Vocoder an Bord, den ich sehr gerne genutzt habe. Mein „jüngster“ Vocoder Neuzugang im Studio ist der Arturia Micro-Freak, der über ein Update die Vocoder-Funktion nachgereicht bekommen hat. Bis heute im Einsatz habe ich auch den Vocal-Designer von Roland im V-Synth XT, trotz seines Alters immer noch einer der umfangreichsten Vocal-Prozessoren, der jetzt von Roland für den Jupiter-X und Jupiter-Xm portiert wurde.
Warum ist ein neues Vocoder-Plug-in für die DAW für jemanden wie mich, der im Studio – ob tatsächlich genutzt oder nicht – ohnedies schon jede Menge Vocoder am Start hat, überhaupt von Interesse?
Natürlich, weil die Einbindung in die DAW speicherbares Routing und Automation ermöglicht, was die Hardware so nicht leisten kann. Wenn der Klang also stimmt, lohnt es sich immer, Vocoder-Plug-ins näher zu betrachten und bei Herstellern wie Softube, die einen guten Ruf betreffend der Modellierung von Vintage-Hardware haben, ist auch eine gewisse Erwartungshaltung vorhanden.
Installation und Einbindung des Plug-ins in die DAW
Nach der Installation über Softube Central ist das Plug-in in jeder Audio- und Instrumentenspur der DAW der Wahl als Insert-Effekt einsetzbar. Will man den Carrier-Synthesizer des Plug-ins über MIDI steuern, muss man zusätzlich eine MIDI-Spur anlegen, deren Ausgang zu dem Softube Vocoder Plug-in geroutet werden muss. Das ist nicht selbsterklärend, aber Softube hat Tutorial-Videos für alle gängigen DAWs produziert, dieses Prozedere funktioniert auch für mehrere Instanzen von Softube Vocoder in einem Projekt, man benötigt dann für jedes geladene Softube Vocoder-Plug-in eine eigene MIDI-Spur.
Das User-Interface des VST
Das User-Interface des Softube Vocoders ist sehr übersichtlich und in anthrazit-orange gehalten. Bei orange habe ich mich an ein bekanntes Vorgänger-Plug-in erinnert, aber Softube hat mir auf Nachfrage bestätigt, dass man sich bei der Farbgebung an Vintage-Vorbildern orientiert hat und es keine Berührungspunkte zum Orange Vocoder gibt. Die 3D-Renderings auf der Website zeigen dabei Potikappen mit hohem Wiedererkennungswert, es ist unschwer erkennbar, welchen japanischen Hersteller man im Grundsound modelliert hat.
Unterteilt ist das übersichtliche Interface in die Bereiche Carrier Synth, Resynthesis Control, Unvoiced, Freeze und Output. Es gibt dabei keine Untermenüs, alle Funktionen sind direkt editierbar. Als Bonus unterstützt der Vocoder die extended Features von Softube, mit extra Input- und Output-Meters.
Der Carrier-Synth
Der im Softube Vocoder eingebaute Carrier-Synthesizer ist sechsstimmig und kann mit den S hwingungsformen Sägezahn, Rechteck und Pulse sowie weißem Rauschen betrieben werden, eine Pulsbreitenmodulation ist möglich. Jede Stimme wird durch eine Attack-Hold-Decay-Lautstärkehüllkurve kontrolliert und die Tonhöhe kann für einen Vibrato-Effekt moduliert werden.
Der Synthesizer kann über MIDI gespielt werden oder es können die bis zu sechs Stimmen im Transpose-Chord-Mode auf einer einoktavigen Tastatur im User-Interface programmiert werden. Der so eigestellte Akkord kann über MIDI transponiert werden. In Cubase 12 Pro kann die Chord-Tastatur auch über die Parameter Automation des Plug-ins programmiert werden.
Softube Vocoder – die Resynthese
Die Resynthese ist das Herzstück des Softube Vocoders. 4, 8, 12, 16 oder 20 Frequenzbänder können im Anteil geregelt werden, Emphasis, spektrales Verhalten und Shape werden für alle Bänder gemeinsam eingestellt. In der Unvoiced-Sektion kann das Filter- und Gate-Verhalten des Vocoders bei hochfrequenten Signal- bzw. Sprachanteilen wie z. B. „s“ oder „t“ eingestellt werden, was für die Sprachverständlichkeit des resynthesierten Signals essentiell ist. Generell kann festgestellt werden, je mehr Bänder, desto besser die Sprachverständlichkeit, je weniger, desto „roboterartiger“ der Effekt.

Die Intensität der einzelnen Bänder wird mit der Maus geregelt. Mit gehaltener Taste kann die Balkenanzeige wie ein Fader gesteuert werden.
Die Freeze- und Output-Sections:
In der Freeze-Section kann der gerade aktive Frequenzstatus der Analysefilter eingefroren werden. Die Funktion wird manuell per Schalter am User-Interface, per MIDI oder synchronisiert zur Clock der DAW mit Auflösung von ganzer Note bis 16tel Note ausgelöst. Schickt man Drumloops oder rhythmisch gespielte Instrumente mit Triolen oder punktierten Noten durch Freeze mit 8tel oder 16tel, können sehr spannende Dinge passieren.
In der Output-Section kann die Stereobreite geregelt werden (die Frequenzbänder werden im Stereopanorama aufgeteilt), das Wet/Dry-Verhältnis eingestellt und die Gesamtlautstärke eingestellt werden.
Praxis und Klang des Softube Vocoders
Die Vorteile des Plug-ins gegenüber Hardware sind offensichtlich. Es ist auf einem halbwegs aktuellen PC mit i7 Prozessor problemlos möglich, mehrere Instanzen parallel laufen zu lassen und per MIDI und Parameterautomation zu automatisieren. Das Ganze ist so tight, dass man bei einem Drumloop mehrfach Frequenzbereiche bearbeiten, bouncen und zu dem laufenden Loop und Vocoder in das Projekt einsetzen kann, um diese dann getrennt voneinander zu mischen und über den Loop zu legen, ohne dass es Phasing oder andere Artefakte gibt. Generell hat der Klang mehr Druck, wenn man das Originalsignal nicht im Plug-in dazumischt, sondern auf einer eigenen Audiospur im Projekt belässt und die Balance mit dem Mischpult in der DAW regelt. Die Einstellung mit 20 Frequenzbändern war in puncto Sprachverständlichkeit in meinem Setup schwerer in den Griff zu bekommen als die Verwendung von 16 Frequenzbändern. Das Interface ist „straightforward“ und selbsterklärend, der Klang sehr gut.
Wie bei vielen Plug-ins, die sich an analogen Vintage-Vorbildern orientieren, wird es auch hier Kritiker geben, die zweifeln, dass die Wärme und die kleinen Fehler und Schwankungen der Hardware vollständig identisch modelliert werden konnten. Ich finde diese Diskussion nicht zielführend, weil man mit entsprechenden Plug-ins den Sound noch weiter in diese Richtung aufpolieren kann, wenn man noch mehr Vintage-Charakter möchte.
Der Softube Vocoder macht in der Praxis bei unterschiedlichen Klangquellen wie Drumloops, Stimmen, Geräuschen immer eine gute Figur und lässt sich auch als Gitarreneffekt verwenden.
Schade ist hingegen, dass man kein externes Signal für den Carrier-Synth einspeisen kann, das schränkt das mögliche erreichbare Klangspektrum im Vergleich zu den Möglichkeiten der Hardware Vocoder ein.
Wer mit der Idee spielt, den Vocoder als Klangbestandteil in seine Musik einzubauen, sollte sich den Softube Vocoder unbedingt näher anschauen. Auf der Softube Homepage kann man eine Testversion des Softube Vocoders runterladen und aktivieren – try it!
Der Softube Vocoder on YouTube
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Geilster Review-Titel ever! 👌
@Synthaesthet Schön wenn subtiles gewürdigt wird
Danke für den guten Review. Ich selbst habe den Roboter-Sound absichtlich benötigt und bin dabei auf das Waves OVOX gestossen. Das Ding begeistert mich noch immer. Ich hab gezielt Roboter-Sounds benötigt, die ich per MIDI zum singen bringen musste (mit meiner Stimme). Das hat mit OVOX sehr gut geklappt. Den Softube Vocoder hatte ich leider nicht auf dem Schirm. Falls Interesse an den Roboter-Songs besteht, 7 von 10 sind auf Soundcloud: https://soundcloud.com/vschmid/sets/robots
Als kostenloses Plugin gibt es auch noch den TAL-Vocoder. Den habe ich auch schon erfolgreich eingesetzt.