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Test: Soldano SLO-30, Gitarrenverstärker Topteil

Legendensound 2.0!

2. März 2021

Wohl dem, der das große Glück der frühen Geburt hatte und mit seinen Fähigkeiten zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort war. So wie die Milliarden-Imperien von Steve Jobs und Bill Gates auf eben der Tatsache fußen, dass sie Anfang der Achtziger zur richtigen Zeit auf eine technische „Utopie“ setzten, gibt es auch im Gitarrenverstärkerbereich einige Namen, die zwangsweise mit einer bestimmten Epoche der Gitarrenwelt verbunden sind, wie es sie vorher noch nicht gab und auch nie mehr geben wird. Neben den beiden Protagonisten Marshall und Fender, welche die Klangwelt der E-Gitarre faktisch „erfunden“ haben, gab es in der ewigen Hochphase des Gitarrensolos, ca. 1986 – 1992, gleich mehrere Amp-Designer, welche dem Solo-Kult mit ihren Kreationen den richtigen Schliff verpassten, bevor Nirvana mit seinem Überwerk „Nevermind“ den Niedergang der Gitarrenhelden einläutete. Der wohl erfolgreichste Name der Amp-Schrauber seiner Zeit war Mike Soldano, der mit seinem SLO-100 einen DER Sounds der späten Achtziger definierte und nun mit dem Soldano SLO-30 den kleinen Bruder des extrem erfolgreichen Überfliegers aus dem Jahr 1987 vorlegt.

Test: Soldano SLO-30, Gitarrenverstärker Topteil

30 Watt Version der Soldano Slo-Legende

Der Soldano SLO-30: Preamp, Overdrive & EQ

Auch Mike Soldano ist es nicht entgangen, dass irgendwann einmal jedes High-End-Gitarrenstudio und jeder ambitionierte Gitarrist einen SLO-100 sein Eigen nennt und die Absatzzahlen in Zeiten vom Emulationen und Plugins deutlich zurückgehen. Da können auch die Lobpreisungen der Generation 50+ nichts daran ändern, über 4.000 Euro für einen Vollröhren-Head, der zudem nach einem Flightcase schreit und nur noch auf großen Bühnen oder im Studio seine Stärken voll ausspielen kann, wird bei der Generation Laptop schon aufgrund der Transportabilität keine Jubelstürme entfachen. Einem nicht unerheblichen Teil des musikalischen Nachwuchses muss man ohnehin erst einmal in einem A/B-Vergleich vor Augen führen, warum der DAW Plugin-Sound so gar nichts mit dem Original Soldano Sound zu tun hat, obwohl man die Frontblende so schön am PC nachgebaut hat.

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Wer jetzt gehofft hat, der „kleine“ Soldano käme auch mit einem „kleinen“ Preis daher, sieht sich leider enttäuscht. Bei einem Ladenpreis von 2.690 Euro huscht einem nun wirklich nicht der Ausdruck „Schnäppchen“ durch die Gehirnwendungen. Wer sich allerdings die stark von der Handarbeit geprägten Fertigung in den USA vor Augen führt, wird etwas mehr Verständnis für den Preis haben, wenngleich direkte Konkurrenten wie z. B. Diezel oder Friedman auf den ersten Blick anscheinend mehr fürs Geld bieten. Oder ist der Sound wirklich dermaßen jenseits von gut und böse, dass es den Aufpreis rechtfertigt?

Wohlan, es ist die Zeit der Verschlankung, sowohl in Sachen Abmessung als auch Gewicht und vor allem Leistung. So wurde die 30 Watt Version im A/B-Betrieb um zwei 6L6 Endröhren erleichtert, womit jeder Halbwelle nur noch eine Vakuumröhre zur Verfügung steht. Natürlich verhalten sich vier Endröhren bzgl. Kompression und Attack anders als zwei, der klangliche Grundcharakter hingegen bleibt erhalten. Des Weiteren hat Mike Soldano die Zeichen der Zeit bzgl. des Droptunings erkannt und dem Verstärker einen serienmäßigen Depth-Regler hinzugefügt, um das sehr beliebte Palm-Muted-Pumpen moderner Spielarten über die Endstufen-Klangregelung zu unterstützen.

Auch die Abmessungen sind zwar nicht im Bereich der Mini-Heads, wohl aber im MIDI-Bereich angekommen. Auf einem 412er Cabinet mag der Amp vielleicht etwas verloren wirken, auf einem hochkant gestellten 212er Cabinet hingegen macht er eine sehr gute Figur. Mit einem Gewicht von ca. 12 kg ist er für einen Vollröhren-Head zudem angenehm leicht und lässt sich gut mit einer Hand tragen. Der Head ruht auf vier stabilen, auf der Unterseite geriffelten Gummifüßen, deren Gummimischung leider etwas hart ausgefallen ist. Dies bedeutet zum einen etwas weniger Standfestigkeit auf einem Cabinet und zum anderen etwas weniger Dämpfung der vom Lautsprecher ausgehenden Schwingungen.

Test: Soldano SLO-30, Gitarrenverstärker Topteil

Vollröhrenamp Soldano SLO-30 für Rock & Metal

Für den Soldano Kenner wirkt die Vorderseite sehr klassisch, entspricht sie doch zu einem Großteil der SLO-100 Ausführung. Zunächst ein großes Hurra neben der Input-Buchse, der SLO-30 hat nun wie auch sein großer Bruder endlich einen Kanalwahlschalter, welcher von Hand bedient werden kann. Ungläubiges Staunen bei vielen Lesern? Ja, man glaubt es kaum, die ersten Soldanos konnten nur per Fußschalter bei der Kanalwahl gesteuert werden, was sich gerade im Studiobetrieb als eine Nerverei sondergleichen herausstellte. Daneben zwei weitere „Mikro-Switches“ für den Bright-Effekt und die Gain-Vorwahl des Normal-Kanals, welche die Ausrichtung Clean oder Crunch ermöglicht. Funktion selbsterklärend. Gefolgt vom Overdrive-Preamp folgt eine Dreiband-Klangregelung, welche auf beide Kanäle wirkt. Alle Potentiometer laufen sehr angenehm schwergängig und vermitteln eine hohe Wertigkeit. Zwei Master-Regler für die beiden Kanäle plus die Klangregelung der Endstufe in Form von Presence und Depth, zwei massive Standby- und Power-Schalter plus der legendären blauen LED runden das Gesamtbild ab. Darüber das bekannte Soldano Logo auf schwarzem Metallgitter. Klassisch, zeitlos und prägnant.

Test: Soldano SLO-30, Gitarrenverstärker Topteil

Die Rückseite des Soldano SLO-30

Im Vergleich zu vielen anderen Vollröhren Heads wirkt die Rückseite des Soldano SLO-30 geradezu spartanisch. Ein serieller FX-Loop, welcher aus klanglichen Gründen hinter der Endstufe sitzt und die Verwendung von Pedalen klanglich deutlich verbessern soll, Fußschalteranschluss, ein regelbarer Line-Out und zwei Speake- Out, fertig ist das Layout. Über einen etwas hakelig arbeitenden Dreiwegeschalter kann man die typischen Impedanzen von 4, 8 und 16 Ohm wählen, dazu noch die Kaltgerätebuchse zzgl. Hauptsicherung, fertig. Brauch es mehr für eine praxisgerechte Ausrichtung? Wir werden sehen, respektive hören.

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Soldano SLO-30 Test

Soldano SLO 30 Front im Studio

Das ist der Sound des SLO 30 in der Praxis

OK, genug der Vorrede, letztendlich warten alle User, die schon mal die Freude hatten, den SLO-100 zu spielen, auf die alles entscheidende Frage, wie viel kann die 30 Watt Version von der 100 Watt Version in Sachen Klangkultur in die Neuzeit hinüberretten. Die Antwort: sehr viel! Zunächst sollte man kurz die Spezifikationen des Soldano-Sounds zusammenfassen.

Natürlich kann dieser Amp auch jede Menge Crunchs und dezente Leads, aber der Fokus des Soldano-Sounds liegt erwartungsgemäß im High-Gain-Bereich. Die Besonderheit des Soldanos war immer, dass der Amp selbst bei sehr hohem Gain und der damit einher gehenden Kompression den Gitarrenton selbst bei passiven Pickups sehr durchsichtig und definiert gehalten hat. Wer kennt nicht das Problem des High-Gains, dass bei maximalem Halbwellen-Cut der Sound schnell in ein undefiniertes Gematsche kippt oder aber man im heimischen Zimmer noch einen passablen Sound erzeugen konnte, welcher jedoch im Bandkontext komplett aus dem Fokus verschwindet.

Eben dieses Problem hat Mike Soldano mit seiner exzellenten Mittenverwaltung zwischen ca. 1 kHz – 2,5 kHz immer hervorragend in den Griff bekommen, indem der Grundsound insbesondere in diesem Bereich prägnant, aber dennoch dezent bleibt, ohne dass es in den Ohren beisst. Der Amp klebt extrem am Signalfluss der Gitarre und setzt jedem Instrument seinen Soundstempel auf, ohne dass er ein „Gleichmacher“ im negativen Sinn wäre.

Es fällt in der Tat sehr schwer, sich nicht umgehend dem Sound des Soldanos zu ergeben. Nicht umsonst war ein Soldano auf jedem zweiten Hard ’n’ Heavy Album Ende der Achtziger zu hören (die restlichen Alben waren mit getunten Marshalls eingespielt, bei amerikanischen Bands waren es wahrscheinlich noch mehr. Der Amp bietet einen Rock- und Heavy-Sound der absoluten Oberliga und muss mit zum Besten gezählt werden, was die noch verbliebene Vollröhren-Head-Abteilung zu leisten im Stande ist. Inwieweit man bereit ist, für einen der legendärsten Sounds in Rock ’n‘ Roll History in dezent abgewandelter Form die Nachteile in Form von Transport und Ladenpreis in Kauf zu nehmen, muss jeder für sich selbst entscheiden.

Amps wie Soldano sind wie Heroin, einmal angetestet und du bist dem Stoff für immer verfallen. Nichts in der VST- oder Modeling-Welt wird dir jemals wieder so einen Kick verpassen und du wirst alles tun, um dir den Original-Sound wieder in die Ohren einführen zu können. Drum überlege dir gut, ob du es jemals mental verkraftest, Amps dieser Klasse „in echt“ zu spielen, du kannst nie mehr zurück …

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Fazit

Mit dem Soldano SLO-30 gelingt es Amp-Legende Mike Soldano hervorragend, die Brücke zur SLO-100 Legende zu schlagen. Der Amp bietet bis auf die leicht anders klingende Endstufe eine 1:1 Kopie des 4.000 Euro Monsters und überzeugt klanglich in allen Bereichen. Der berühmte Soldano Sound ist in allen Schattierungen zu greifen und bietet eine perfekte Basis für jegliche Form des Rock ’n’ Roll und allen seinen Spielarten. Ein legendärer Sound, jetzt auch mit 33 % Preisnachlass.

Antesten nur in Begleitung eines „Nicht-Gitarristen“ empfohlen!

Plus

  • Sound
  • Verarbeitung
  • Legendenstatus

Preis

  • 2.690,- Euro
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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    … Klasse High Gain Sequenzen …. bringen den Amp gut rüber

    Aber DER SPRUCH…

    „ Einem nicht unerheblichen Teil des musikalischen Nachwuchses muss man ohnehin erst einmal in einem A/B-Vergleich vor Augen führen, warum der DAW Plugin-Sound so gar nichts mit dem Original Soldano Sound zu tun hat, obwohl man die Frontblende so schön am PC nachgebaut hat.“

    …. ist einfach Geil!

    Zum Schluss zwei Fragen:

    1. Über welche Speaker wurde der Amp gespielt?
    2. Wie fühlt sich die Effektivität der Klangregelung an …. eher in Richtung Marshall oder eher Boogie?

    Beste Grüße
    Rainer

    • Profilbild
      Axel Ritt RED

      1.) Marshall 412 mit Celestion G75 T
      2.) Ein Mittelding … etwas mehr als Marshall, etwas weniger als Boogie …

  2. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Ergänzung von meiner Seite ….
    Auszug PDF:

    4. LINE OUT- Line level taken from the power amp output, not the preamp.
    ….

    9. EFFECTS LOOP RETURN JACK – Use a high-quality shielded guitar cable to connect from the output of your effects unit to the return of the amp.

    Ich glaube NICHT, dass der Effektloop HINTER der Endstufe liegt. Was soll denn das für ein „Loop“ sein?
    Wohl aber der LineOut.

    Siehe o.a. Auszüge aus der Anleitung.

    Bitte prüfe das nochmal …. es könnte zu Irritationen führen.
    Gruß Rainer

    • Profilbild
      Axel Ritt RED

      Jungs, natürlich liegt der FX-Loop nicht hinter der Leistungsausgang, das versteht sich doch von selbst!

      Der FX-Loop liegt aus klanglichen Gründen hinter dem Master und verträgt sich vom Pegel her mit allen FX-Pedalen.

      Sorry für die unglückliche Formulierung.

  3. Profilbild
    OscSync AHU

    Das High Gain-Beispiel finde ich jetzt gar nicht sooo geil wie erwartet. Überraschend fuzzy und wattig untenherum. Im Ausklang erkennt man dann aber schon die Magie des SLO-Sounds.
    Es wäre vielleicht noch erwähnenswert, dass die SLO-Schaltung so etwas wie der Pate oder Urahn zweier anderer Amps ist, die bis heute den Sound harter Musik prägen (so hatte ich es zumindest verstanden): der Mesa Rectifier und Peavey 5150 bzw. 6505.

    • Profilbild
      Axel Ritt RED

      @OscSync die Soundbeispiele werden von mir immer ohne jegliche EQ o. ä. Bearbeitung aufgenommen und nicht editiert, so wie man es von anderen Tests her kennt.

      Dadurch gibt es immer wieder Über- oder Unterpräsenzen verschiedener Frequenzen, die man je nach Geschmack im Mixdown entsprechend seines persönlichen Geschmacks bearbeiten kann.

    • Profilbild
      Armin Bauer RED

      @OscSync Auch der Yamaha T-50/T-100 reiht sich da ein, wurde er doch Anfang der 90er vom Meister persönlich für Yamaha entworfen.
      Ich habe einen und wollte einen Choke einbauen, da der im Originaldesign drin war und Yamaha das aus Kostengründen geändert hat.
      Da Yamaha den Amp komplett „vergessen“ hat, habe ich nach einem Tip Soldano angeschrieben.
      Zwei Tage später waren alle meine Fragen beantwortet, Schaltpläne mit handschriftlichen Notizen da und es konnte los gehen.
      Welche Firma hat sonst noch soviel Ehrgefühl, dass sie sich um vor Jahrzehnten abgelieferte Auftragsarbeiten immer noch gern und ausführlich kümmert? Super!

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